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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Joh 12,33; 18,32 – Welches Todes Er sterben sollte!Joh 12,33; 18,32 – Welches Todes Er sterben sollte!
Zweimal finden wir im Neuen Testament den Ausdruck: „Welches Todes Er sterben sollte!“, und zwar in Joh 12,33 und 18,32. Wenn Gott uns in Seinem Worte denselben Gegenstand zweimal mit den gleichen Worten vorstellt, so gewiß nicht ohne Grund. Es ist daher wohl der Mühe wert, in Gedanken ein wenig dabei zu verweilen, „welches Todes Jesus für uns starb“.
Fassen wir diese Worte als Frage auf, so lautet die Antwort: Er sollte Sich an das Kreuz erhöhen lassen. Er sollte den Kreuzestod sterben, jenen qualvollen Tod. Das damit verbundene körperliche Leiden war so furchtbar, daß es nicht zu beschreiben ist. Die Tatsache, daß der Kreuzestod bei den verschiedensten Völkern Anwendung fand, ist sicherlich ein Beweis dafür, daß die Sünde den Menschen unter anderem grausam gemacht hat. Auch die Römer wandten diese Art Hinrichtung an, aber nicht bei ihren Bürgern, sondern nur bei den von ihnen unterworfenen Völkern bzw. bei Sklaven. Der Kreuzestod war entehrend.
Den Ausdruck „erhöht“ finden wir dreimal im Evangelium Johannes. Das erstemal in Kapitel 3,14.15: „Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, also muß der Sohn des Menschen erhöht werden, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe!“ Die kurze, aber merkwürdige Geschichte von der ehernen Schlange findet sich in 4. Mose 21,6-9. Ein ernstes Gericht war über das ganze Volk gekommen wegen seiner Herabwürdigung der Speise aus dem Himmel. „Jehova sandte feurige Schlangen unter das Volk, und sie bissen das Volk; und es starb viel Volks aus Israel.“ Als dann Moses für das Volk um Erbarmen flehte, wurden zwar die feurigen Schlangen nicht weggenommen - wenigstens wird das nicht vermerkt -, aber Gott gab ein Heil- und Rettungsmittel. Aber auch nur ein Mittel! Moses machte auf Befehl Gottes eine Schlange von Erz und tat sie auf eine Stange, so daß alle sie sehen konnten. Wenn ein Gebissener zu der ehernen Schlange aufschaute, blieb er am Leben. So hat Gott auch heute in Christus Jesus ein Rettungsmittel gegeben, und zwar für alle Sünder. Aber auch nur ein
Mittel! Der Sohn des Menschen wurde ans Kreuz erhöht. Der Tod, das Gericht und das ewige Verderben sind dadurch nicht aus der Welt weggenommen worden, jedoch empfängt ein jeder das ewige Leben, der an den an das Kreuz erhöhten Sohn des Menschen glaubt.
Das zweitemal finden wir den Ausdruck „erhöht“ in Joh 8,28: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß Ich es bin, und daß Ich nichts von Mir Selbst tue, sondern wie der Vater Mich gelehrt hat, das rede Ich.“ Gott hatte dem Volk Seinen Sohn als den Messias vorgestellt. Er offenbarte Sich als solcher durch Sein Wort und durch die Zeichen, die Er tat, Zeichen, die niemand anders je getan hatte noch tun konnte. Aber die Juden verwarfen Ihn, und in ihrer Feindschaft gegen Gott gingen sie selbst soweit, Jesus an das Kreuz zu „erhöhen“. Sie wollten Ihn nicht als den von Gott gesandten Messias anerkennen. Sein Wort galt ihnen nichts. Einst würden sie ihre Tat bereuen. Aber dann würde Er ihnen nicht mehr als ihr Messias vorgestellt werden. Dann würde Er als der von Seinem Volk und von der Welt Verworfene eine ganz andere Stellung einnehmen. Dann, wenn Er vom Himmel her den Heiligen Geist auf diese Erde senden würde, um Zeugnis von Ihm abzulegen, würden sie erkennen, wer Er ist, aber dann würde es zu spät sein, Ihn als Den aufzunehmen, als welcher Er unter ihnen geweilt hatte. Dann, nachdem von ihrer Seite alles an Bosheit geschehen war, würden sie erkennen, daß Er es war und daß die Worte, die Er an sie gerichtet hatte, von dem Vater waren.
Ein drittes Mal finden wir das Wort „erhöht“ in Joh 12,32 und 33: „Und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu Mir ziehen. Dies aber sagte Er, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ Fürwahr, es geht eine wunderbare Kraft aus von dem Kreuz von Golgatha! Der Gekreuzigte ist es, der alle zu Sich zieht! Er ist der große Anziehungspunkt. Für alle! Kein Mensch auf der ganzen Erde ist ausgeschlossen. Man muß sich geradezu dagegen sträuben, um nicht zu Ihm gezogen zu werden.
Das erstemal werden wir hingewiesen auf die Notwendigseit des Erhöhtwerdens, das zweitemal auf das Zeugnis, das eine Folge dieses Erhöhtwerdens ist, und das drittemal auf die Anziehungskraft.
Möchten doch noch viele - indem sie erkennen, welches Todes Er starb - sich überwinden lassen und nicht länger dieser wunderbaren Liebe widerstehen! „Dies sagte Er, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ (Joh 12,33). „Die Juden sprachen zu ihm (Pilatus): Es ist uns nicht erlaubt, jemand zu töten; auf daß das Wort Jesu erfüllt würde, das Er sprach, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ (Joh 18,31.32).
Auf Seiner letzten Reise hinauf nach Jerusalem hat Jesus dreimal zu Seinen Jüngern über Seine Tage der Leiden gesprochen, zunächst in den Gegenden von Cäsarea Philippi: „Von der Zeit an begann Jesus Seinen Jüngern zu zeigen, daß Er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tage auferweckt werden müsse.“ (Mt 16,21). Von Leiden, Tod und Auferstehung ist an dieser Stelle die Rede, aber das Kreuz wird noch nicht erwähnt. Das zweitemal, als sie in Galiläa waren, sagt der Herr: „Der Sohn des Menschen wird überliefert werden in der Menschen Hände, und sie werden Ihn töten, und am dritten Tage wird Er auferweckt werden.“ (Kap. 17,22.23). Auch hier erwähnt Er das Kreuz selbst nicht, obwohl dieses schreckliche Kreuz doch allezeit vor Seinen Blicken stand und Er alles wußte, was über Ihn kommen würde. Erst bei Seinem dritten Reden von Seinen Leiden sagt Er ausdrücklich, daß Er gekreuzigt werden würde: „Und als Jesus nach Jerusalem hinaufging, nahm Er die zwölf Jünger auf dem Wege besonders zu Sich und sprach zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden Ihn zum Tode verurteilen; und sie werden Ihn den Nationen überliefern, um Ihn zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten Tage wird Er auferstehen.“ (Kap. 20,17-19). Nun hatte Er ihnen alles gesagt. Jetzt wußten sie: Der schmachvollste, der qualvollste Tod würde Sein Teil sein.
Aber „sie begriffen das Gesagte nicht“ (Lk 18,34). Sie träumten von Herrlichkeit und Macht. Jakobus und Johannes wollten, der eine rechts, der andere links von Ihm in Seinem Reiche sitzen. Gewiß, einmal wird Er auf Seinem Throne sitzen und herrschen, aber „der Sohn des Menschen war nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Am Kreuze sollte Er den Preis bezahlen, Sich Selbst zum Opfer geben und die Strafe erdulden, die wir verdient hatten. Dort, am Schandpfahle hangend, sollte Er für uns ein Fluch werden, um uns von dem Fluch des Gesetzes loszukaufen, „denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holze hängt“! (Vgl. Gal 3,13 mit 5. Mose 21,22.23). Die Stelle aus dem 5. Buch Mose ist wohl so aufzufassen, daß die Leichname von Menschen, die wegen eines todeswürdigen Verbrechens getötet worden waren, in einzelnen Fällen als ein Zeichen besonderen Gerichts an einem Holz zur Schau gestellt wurden (Vgl. Jos 8,29; 10,27). Aber der Sohn des Menschen wurde lebend an das Kreuz geschlagen. Seine Hände und Seine Füße wurden durchgraben, und alle Seine Gebeine zertrennten sich. Durch Judas verraten, von Petrus verleugnet, von allen verlassen, hing Er am Kreuze. Alle Seine Bekannten standen von ferne; eine Rotte von Übeltätern umzingelte Ihn. Römische Soldaten würfelten am Fuße Seines Kreuzes um Seine Kleider und warfen das Los über Sein Gewand. Alle Vorübergehenden schüttelten die Köpfe über Ihn. Die Sonne verfinsterte sich, und Gott verließ Ihn.
O laßt es uns nie vergessen, welches Todes Er sterben mußte, um uns retten zu können!
Aus „Botschafter des Heils“