Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 5 -Jahrgang 1917
Joh 1,37 ; Apg 16,25 - „Was wirkt unser Wort?“Joh 1,37 ; Apg 16,25 - „Was wirkt unser Wort?“
Ist es uns schon einmal zum Bewußtsein gekommen, welch einen ungeheuren Einfluß Worte ausüben können auf Zuhörer, besonders auch auf solche, die von dem Redenden nicht besonders angeredet sind? Hier in obigen Stellen haben wir zwei köstliche Beispiele für letzteren Fall. Gegenteiliges ließe sich vielleicht auch in der Schrift finden.
Das Wort Gottes stellt das gesprochene Wort nicht als etwas Gleichgültiges hin, etwa wie die meisten Weltmenschen es sich denken, denen gänzlich unbewußt ist, daß die Worte aufbewahrt werden und für dieselben einst Rechenschaft abgelegt werden muß (Mt 12,36,37). Daher haben sie nicht im mindesten acht auf ihre Reden und lassen oftmals die oberflächlichsten Redensarten, gemeinsten Witze, lästerlichsten Lügen und Verleumdungen, gepaart mit beständigem Mißbrauch des Namens Gottes usw. aus ihrem Munde hervorsprudeln, wodurch sie einen Herzenszustand offenbaren, der nicht im geringsten gezügelt ist, weder von dem eigenen menschlichen Verstande noch von dem Gewissen, geschweige dem ihnen gänzlich unbekannten Heiligen Geiste (Mt 15,18ff. u. a). Und der Erfolg ist auch demgemäß, verschieden natürlich je nach Charakter und Anlagen der Hörenden.
Wie ernst werden wir Christen vor solchen Dingen gewarnt in der ganzen Schrift, man lese nur nach, wie oft z. B. in den Timotheusbriefen von „Geschwätz“ und dgl. tadelnd die Rede ist, und wie herzandringend uns die Sünden der Zunge im Jakobusbrief und etwa in Eph 5 gezeigt werden! Worte sind Taten, sie wirken oft sogar tiefer und bleibender als diese, da sie zunächst weniger bemerkt werden als die mehr ins Auge fallenden Taten. Wie sollten daher auch z. B. die Eltern darauf achten, untereinander in Gegenwart ihrer Kinder nichts zu reden, was diesen schaden, das kindliche Gemüt vergiften und bleibende Eindrücke in der leicht empfänglichen Kindesseele hinterlassen könnte, die doch weich wie Wachs alles aufnimmt, was die „Großen“ sagen, besonders das, was geheimnisvoll und doch laut genug für Kindesohren behandelt und besprochen wird.
Doch genug hiervon! Ich möchte vielmehr, auf meine beiden Stellen zurückkommend, zeigen, wie kostbar die Wirkung aus dem Geist gezeugter Worte auf die Hörer, ob diese nun absichtlich oder nur nebenbei - wie hier wohl der Fall ist - sein kann.
Johannes des Täufers größtes Interesse war das, abzunehmen, während Christus zunähme (Joh 3,30), und so bemühte er sich, seine eigenen Jünger dem Messias zuzuführen. Sein wichtigstes Mittel zu diesem Zwecke war die klare Verkündigung Dessen, den er selber erst erkannt hatte als Den, der Er war, als das „Lamm Gottes“, und zwar durch die göttliche Offenbarung anläßlich der Taufe Jesu (V. 29-34). Da kann er nicht mehr anders, als von Ihm rühmen; der Mittelpunkt seiner Verkündigung ward das Lamm! Und solche Worte waren es, die zwei seiner Jünger bewogen, forthin dem Herrn Jesu nachzufolgen. Vielleicht hätte Johannes auf keine andere Weise seine Jünger dazu zu bewegen vermocht, ihn, ihren geliebten Meister, zu verlassen und sich dem Fremden, durch jenen ihnen erst als der Größere bekannt, anzuschließen; aber diese offenbar gar nicht direkt an sie gerichtete Bezeugung des Lammes („siehe!“ nicht „sehet!“), dieses herrliche Rühmen Dessen, der von allen Treuen in Israel erwartet ward, das überwand sie, und - „sie folgten Jesu nach“. Und nicht nur das, nein, sie wurden vielmehr fortan selber Wegweiser zu Jesu!
Ähnlich in jener Geschichte aus Pauli Arbeit. Was brachte die beiden Glaubensgenossen dort im Gefängnis dazu, trotz der wahrscheinlich unsäglichen Schmerzen, zu beten und noch mehr: zu singen mitten in der Nacht? Die Liebe des Herrn, für den leiden zu dürfen für die echten Junger Herrlichkeit ist (1. Petrus 4,12ff. u. a). Sie mochten nicht daran denken, daß sie Zuhörer hätten bei ihrem Gebet und Lobgesang, dennoch hatten sie solche, und Gott ließ in Seiner unbegreiflichen Gnade gerade den in jener Nacht im Gefängnis Befindlichen das Evangelium mittels des Gesanges zweier der treusten Zeugen verkünden! In der Ewigkeit werden wir erfahren, ob dieses Beten und Singen nicht unmittelbare Frucht gezeitigt hat. „Die Gefangenen hörten zu!“ Wunderbare Szene, sicherlich den meisten unvergeßlich, solange sie lebten! - Ach, möchten wir so erfüllt sein von der Liebe des herrlichen Herrn, daß unser Leben, auch in irdischen
Nöten, in Wandel, Wort und Lied bezeugte, was Er uns ist, denn auch wir sind umgeben von „Gefangenen“ (Lk 4,18; Eph 2,2; Apg 26,18), die uns zuhören und vielleicht mehr auf uns achten, als wir ahnen. Vielleicht wird gar manchmal infolge eines treuen Zeugnisses eines der Seinen durch Gottes Macht in irgendeinem Herzen aus der Umgebung eine Herzens-Erschütterung hervorgerufen, für denselben nicht minder ernst und folgenreich als jenes physische Erdbeben, das Gott auf das Gebet und den Gesang des Paulus und Silas hin in Philippi im Gefängnis damals „aller Bande“ lösen ließ (V. 26).
Geliebte Geschwister, seien wir doch ja vorsichtig mit den Worten, die aus unserem Herzen und Munde hervorgehen, und vergessen wir auch nie, daß „aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Lk 6,45)! Besonders laßt uns da vorsichtig sein, wo wir mit anderen Menschen, die nicht zu uns gehören, zusammen sind, die, uns womöglich gänzlich unbewußt, auf unsere Worte hören, wie z. B. in der Straßenbahn oder der Eisenbahn oder sonst an öffentlichen Orten. Wenn wir uns dort miteinander unterhalten, so ist es gewiß gut, nicht nur etwa geschäftliche u. a. weltliche Angelegenheiten zu besprechen oder diese wenigstens in solcher Weise, daß auf die Mithörenden eine gute Wirkung ausgeübt werde. Ungleich köstlicher ist es aber, solche Dinge zu besprechen, wodurch, wie uns selbst, ebenso den unberufen Hörenden „Gnade dargereicht“ wird (Eph 4,29). Auch wenn wir mit Unbekehrten reden, laßt uns darauf achten, auch bei weniger wichtigen Gesprächen nicht in den Ton und das Wesen der Welt zu verfallen (vgl. Röm 12,2; Eph 5,4)!. Wie beschämend ist es, wenn Gläubige in weltlicher Umgebung „mit den Wölfen heulend“ oberflächliche und häßliche Redensarten gebrauchen, ja sogar mit der Welt witzeln, wie es leider oft vorkommt! Unser Herz ist eben ein böses Ding, geneigt zu allem Ungöttlichen, wenn nicht durch den Heiligen Geist beherrscht und von Ihm erfüllt.
Dies ist sehr ernst, und lieber hätte ich dies gar nicht berührt, sondern noch einmal auf jene beiden köstlichen Bibelstellen hingewiesen. Aber die Schrift spricht selber so ernst von diesen Zungensünden der Gläubigen, und wir müssen oft genug beschämt die Notwendigkeit dieser häufigen Hinweise zugeben, daß wir gut tun, dieses auch zu betrachten und zu beachten und uns zu beugen und durch das Wort reinigen zu lassen (Eph 5,26) von solchen uns etwa noch anhaftenden Untugenden.
Wieviel köstlicher, wenn, wie mir ein Geschichtlein bekannt ist, ein Mensch sich retten läßt allein infolge des Eindrucks, den ein gehörtes Gespräch zwischen zwei vor dem Betreffenden gehenden Gläubigen auf ihn ausübte! Gepriesen sei der HErr, der solche Macht in das menschliche Wort gelegt hat!
Wie weniges bedarf es, um andere Menschen unsagbar zu segnen, wenn nur Werkzeuge da sind, die sich brauchen lassen zu Seinem Preis und nach Seinem Willen - ja, wenn nur freie offene Kanäle da sind, durch die „das Wort in Gnade“ (Kol 4,6) fließen kann und in Kraft Heiligen Geistes die Ohren und Herzen der Hörer erreicht. Das sehen wir an unseren beiden Stellen und das können wir aus ihnen lernen, wenn es dem Herrn gefällt, sie uns kostbar zu machen. - Er segne uns Sein Wort also und mache an uns auch im Sinne dieser beiden Stellen Sein teures Wort wahr: „Auch ihr zeuget“ - „ihr werdet Meine Zeugen sein“ (Joh 15,27; Apg 1,8). Gepriesen sei Sein herrlicher Name für und für!
F. K. (z. Zt. b. Militär).