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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 17 - Jahrgang 1932
Joh 1-21 - Der Fremdling vom Himmel
Der Fremdling vom Himmel (1)Der Fremdling vom Himmel (1)
Einige Gedanken über das Johannesevangelium.
Das Johannesevangelium schildert uns die Herrlichkeit des Herrn Jesus von besonders erhabener Warte aus. Wir tun einen Blick in die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Gott Selbst, in der Gestalt des Sohnes, das göttliche Licht und das ewige Leben, findet in diesem Evangelium eine überwältigende Darstellung. Das Wort von Ewigkeit her „ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater“. (Kap. 1,14)
In den gleichen Eingangsversen wird uns der ganze hoffnungslose Zustand des Menschen vor Augen geführt. Der Mensch war tot in Sünden und Vergehungen. Nichts war in ihm, an das Gott hätte anknüpfen können. Das Licht wurde von der Finsternis nicht erfaßt; die Welt, die durch Ihn ins Dasein gerufen wurde, kannte Ihn nicht; die Seinigen nahmen Ihn nicht an.
In einer solchen Welt fand der Herr der Herrlichkeit keinen Platz. Er wurde von den Juden weder verstanden noch anerkannt. Sie konnten keine Herrlichkeit in Ihm erblicken; denn die Finsternis erfaßte das Licht nicht. In einer Welt, die ihren Schöpfer nicht kannte, ging der Sohn Gottes als Fremdling einher, ein göttlicher Fremdling auf Erden. -
Die anderen Evangelien weisen diese Züge nicht in so starkem Maße auf. Im Matthäusevangelium wird das Volk der Juden als Gottes Volk anerkannt (Kap. 1,21; 2,6), und der Herr erscheint in ihrer Mitte als der wahre Erbe des Thrones Davids. Er ist gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (Kap. 15,24). Im Lukasevangelium macht Er Sich in besonderer Weise mit dem treuen Überrest der Juden eins, indem Er Sich gleich diesem durch Johannes taufen läßt (Kap. 3,21). Diese Taufe findet sich in allen drei Evangelien, aber nicht im Johannesevangelium. Wohl wird berichtet, daß der Herr bei dem Täufer war (Kap. 3,26), aber Sein Platz war nicht inmitten des Volkes als ihr König oder ihr Prophet; denn Der, welcher vom Himmel kam, war über allen, und Sein Zeugnis nahm niemand an (Kap. 3,31.32). Das Licht vom Himmel strahlte in die Finsternis, aber die Finsternis ertrug es nicht. Feindschaft und Unglaube widerstanden dem Herrn Jesus, wo immer Er auftreten mochte.
Deshalb finden wir in unserem Evangelium den Herrn so oft allein. Wohl trat Er immer wieder unter die Volksmenge, um Licht und Leben in mächtigem Zeugnis zu offenbaren, aber die Juden hatten nur Schmähungen, Steine und schließlich das Kreuz für Ihn bereit. Die Strahlen des Lichtes drangen nicht in ihr Gewissen, nicht in ihr Herz. So verbarg Er Sich zeitweilig vor ihnen, bis die Stunde kam, da Er Sein Leben freiwillig dahingab. In Kap. 5,13 entwich Er, weil eine Volksmenge an dem Orte war. Als Ihn die Volksmenge zum König machen wollte - es war nur ein fleischliches Begehren -, entwich Er auf den Berg, Er Selbst allein (Kap. 6,15). Als Seine Brüder nach Jerusalem hinaufgegangen waren, ging auch Er hinauf zu dem Feste, nicht offenbarlich, sondern wie im Verborgenen (Kap. 7,10). Wie hätte auch die Herrlichkeit des Laubhüttenfestes, die in Ihm beruhte, in Erscheinung treten können, solange die Juden ihren gottentfremdeten Zustand bewahrten? Im 8. Kapitel verwarfen sie Seine Worte und hoben Steine auf, damit sie auf Ihn würfen: „Jesus aber verbarg Sich und ging aus dem Tempel hinaus.“ (V. 59) Im 9. Kapitel verwarfen sie Seine Werke und suchten Ihn wiederum zu greifen, aber Er entging ihrer Hand (Kap. 10,39). Und nach der Auferweckung des Lazarus ratschlagten sie, Ihn zu töten: „Jesus nun wandelte nicht mehr frei, öffentlich unter den Juden, sondern ging von dannen hinweg in die Gegend nahe bei der Wüste.“ (Kap. 11,53.54) Schließlich redete Er noch einmal zu der Volksmenge, die weniger gehässig als die eigentlichen Juden war, aber auch sie verstand Ihn nicht: „Dieses redete Jesus und ging hinweg und verbarg Sich vor ihnen.“ (Kap. 12,36)
Der Abgesonderte unter Seinen Brüdern blieb allein. Die Juden nahmen Ihn nicht an, die Welt kannte Ihn nicht. Das war der Empfang, den man dem Sohne Gottes auf Erden bereitete, und unter diesem Zeichen stand der ganze Weg des Herrn inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts. Dennoch gab es Menschen, die einen Blick in Seine Herrlichkeit tun durften. Mochte die Volksmenge Ihn suchen müssen, da nur ein fleischliches Bedürfnis sie leitete
(Kap. 6,24-26) - der Sünder fand jederzeit den Weg zu Seinem Herzen! Der Herr wandte Sich dem Verlorenen zu. Mit ihm blieb Er allein. Der Fremdling vom Himmel, von den Menschen verworfen, verband Sich mit dem Ausgestoßenen. Sie begegneten einander außerhalb des Lagers. An der Jakobsquelle beschäftigte Er Sich mit dem sündigen Weibe aus Samaria (Kap. 4), ohne Zeugen: denn die Jünger waren in die Stadt gegangen, Speise zu kaufen (V. 8). Den Kranken am Teiche zu Bethesda, der im Gegensatz zu seinen Genossen von allen menschlichen Hilfsmitteln entblößt war, machte Er gesund und fand Ihn allein im Tempel (Kap. 5,14). Das ehebrecherische Weib, das die Schriftgelehrten und Pharisäer zur Steinigung führen wollten, wurde mit Ihm allein gelassen. (Kap. 8,9) Der blinde Bettler, den Er gesund gemacht, wurde von Ihm gefunden außerhalb des Lagers, denn die Pharisäer hatten ihn von sich gestoßen, ihn hinausgeworfen (Kap. 9,35). Niemand durfte sich in Sein Werk mit einem Sünderherzen mischen. Er blieb mit den Verachteten, den Ausgestoßenen allein. Ihnen offenbarte der Sohn Gottes Seine Herrlichkeit und Seine wunderbare, tiefe Liebe. Mit jenen Armen der Herde erfreuen auch wir uns der Liebe unseres Herrn . Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. (Kap. 1,16)
Th. Bu.
Forts. folgt, s. G. w.
Erstellt: 13.05.2024 22:00, bearbeitet: 27.10.2024 17:15