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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 16 - Jahrgang 1931
Mt 16,6.11.12; Mk 8,15; Lk 12,1 - Hütet euch vor dem Sauerteig! (2)Mt 16,6.11.12; Mk 8,15; Lk 12,1 - Hütet euch vor dem Sauerteig! (2)
(Fortsetzung).
In der letzten Lieferung haben wir uns zuerst allgemein mit obigem Thema beschäftigt, um dann näher einzugehen auf den „Sauerteig der Pharisäer“. Nach des Herrn Jesu Worten ist der Sauerteig der Pharisäer wie auch der Sadduzäer ihre Lehre, und diese wird bezüglich ersterer in der Stelle Lk 12,1 deutlicher gekennzeichnet als „Heuchelei“, also als Scheinleben. Ich denke nicht weiter auf das schon Geschriebene einzugehen, jeder Leser hat jene Lieferung und kann den Aufsatz nachlesen, aber ich möchte unter vielen noch ein Gebiet nennen, auf dem viel Scheinleben herrscht unter den Gläubigen, besonders unter denen, die da in ihrer Lehre klar und schriftgemäß zu wandeln wünschen. Es ist das Gebiet der praktischen Bruderliebe, d. h. nicht das der theoretischen. In der Theorie, in der Lehre mag viel von Bruderliebe, ja auch sogar von der Liebe zu allen Menschen (um des Herrn willen) geredet werden, aber wie sieht es in der Praxis aus?! Wie gar so leicht ähnelt die nichts weniger als praktische Liebe der von Jak 2,15.16: „Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt (Gedenket an die leidenden Geschwister in Rußland!)!, und jemand unter euch spricht zu ihnen: Gehet hin in Frieden, wärmet euch und sättiget euch! Ihr gebet ihnen aber nicht die Notdurft des Leibes, was nutzt es? Also ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, an und für sich tot“. Das ist dann solcher Glaube, der wohl von sehr schöner und durchaus biblisch richtiger Lehre redet, der aber in der Praxis des täglichen Lebens versagt. Vielleicht ist er ein „Versammlungsglaube“, d. h. ein Glaube, der in den christlichen Versammlungen sich brüstet mit seiner hohen Erkenntnis und Schriftgemäßheit, aber wenn - ich rede aus trauriger Kenntnis und Erfahrung - ein christlicher Sammler, irgendeiner - nach unserer Überzeugung! - nicht gerade biblischen „Richtung“ an der Tür erscheint, um für ein Heim oder Notleidende oder sozial Gefährdete usw. um eine noch so kleine Gabe zu bitten, dann heißt es: „wir stehen anders, wir stehen biblisch, Sie gehören einer schriftwidrigen Organisation an, wir können Ihre Sache nicht unterstützen, das verbietet uns unsere Überzeugung, u. dgl. m.“ - und der Sammler (z. B. von der „Heilsarmee“), der sich gefreut hat, an der Tür eines Bruders im Herrn zu stehen, darf bitter enttäuscht seinen Pilgerstab weitersetzen! „Hütet euch vor dem
Sauerteig der Pharisäer, welcher Heuchelei ist.“ Zugegeben, daß oftmals Vertreter von gefährlichen Sekten kommen, z. B. von Sabbatariern und sogen. „Bibelforschern“, die wir um der Wahrheit willen nicht unterstützen dürfen, da ihre Sache antichristlich ist - aber warum sollen denn andere wirklich christliche oder auch sehr notwendige christlich-soziale Bestrebungen darunter leiden?! Und ist nicht der Hauptgrund für solche Lieblosigkeiten armen Gläubigen anderer „Benennungen“ (christlicher Parteiungen) gegenüber eben die „Benennung“, der man selber angehört, oder, wenn man sich rühmt, keiner anzugehören, eben dieser „Ruhm“?! O über den Sauerteig des Selbstruhms anders stehenden Gläubigen gegenüber! Wieviel Lieblosigkeit, ja noch Böseres (Härte), hat dieses Sichrühmen seiner hohen biblischen Erkenntnis, seines Richtigstehens (gegenüber anderen) schon hervorgebracht! Wie oft ist dadurch der Herr entehrt worden, denn solche und andere unerkannte, fortgesetzte Lieblosigkeiten gerade auf der Basis pharisäischer Gerechtigkeit und - gewiß auch tatsächlicher - Richtigkeit und Schriftgemäßheit der Überzeugungen entehren den Herrn und Sein Werk („Auf daß sie alle eins seien!“) mehr als ein gelegentliches Zukurzkommen, für das es eine schnelle Heilung gibt. (1Joh 1,9; 2,1) Laßt uns, die wir um unserer erkannten „Stellung in Christo“ willen uns leicht besser dünken, uns - gerade angesichts so unendlich vieler Not unter Gottes Volk (auch zuerst wieder in Rußland)! - noch unter folgendes Wort stellen: „Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen. Wer aber der Welt Güter hat“ - er braucht deswegen wirklich noch nicht reich zu sein im landläufigen Sinne!! - „und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?!“ (1Joh 3,16.17) Geschwister, das gelte uns innerhalb jeden Kreises, dem wir angehören mögen, aber das gelte auch über den „eignen“ Kreis hinaus, wenn der Herr uns Gelegenheiten schenkt oder Liebesbeweise über unsere „eigenen“ Grenzen hinaus fordert! (Mk 14,7; Gal 6,9.10! Phil 4,5 u. a). Daß wir doch ja nie die Liebe - und Liebe ist Opfer, ist Hingabe, ist Leiden! - durch unsere „Rechtgläubigkeit“, unsere richtige, unentbehrliche Lehre, unsere vor Gott biblisch einwandfreie Überzeugung, weinen gehen lassen möchten! Lesen wir 1Kor 13 von Anfang an, und hüten wir uns vor dem Sauerteig, dem Bösen der pharisäischen Lehre, vor der „Heuchelei“, als wenn es nur von der Richtigkeit der Lehre abhinge, ob wir dem Herrn wohlgefällig seien oder nicht! Nicht als ob ich je die „Lehre“ als minderwertig, sekundär, überflüssig ansähe - ganz im Gegenteil! Ich schrieb schon darüber in der vorigen Lieferung! , aber wenn wir die Lehre nicht mit dem „wirklichen Leben“ (1Tim 6,19) füllen (wie ich dort betonte), wenn wir sie auf Kosten des wahren Lebens, auf Kosten des tätigen Glaubens einseitig betonen, so verfallen wir dem Sauerteig der Heuchelei - und davor uns zu hüten, mahnt uns der Herr, der Mund der Wahrheit, Er, der stets das war, was Er redete (Joh 8,25), und der auch bei uns ein Seiner Natur entsprechendes Leben zu sehen wünscht. Mögen wir uns dies tief einprägen lassen durch Seinen Geist, durch den wir in Sein Bild umgewandelt werden! (2Kor 3,18)
Noch vieles ließe sich über die besprochenen Dinge hinzufügen wie auch über manch andere Gebiete des „Sauerteigs der Pharisäer“ (z. B. auch auf dem der Religion, auch der Sittlichkeit [Ethik], auch der Kunst und Literatur usw)., aber ich breche hier ab, um in der nächsten Lieferung, so Gott will, auf den „Sauerteig der Sadduzäer“ zu sprechen zu kommen, der uns nicht minder beschäftigen muß, wie der der Pharisäer, welcher Heuchelei ist. „Hütet euch vor dem Sauerteig!“
Der Herr gebe uns Gnade, uns selbst zu „reinigen von jeglicher Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit völlig durchführen in der Furcht Gottes“! (2Kor 7,1) Das Leben ist voller Gefahren, „auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12,29), und es ist wahrlich nicht einerlei, ob wir Kinder Gottes nur heißen oder ob wir es in Wahrheit sind! (1Joh 3,1-3! 2. und 3. Johannes Brief)! Aber „Seine Gnade genügt“ für uns! (2Kor 12,9) Ihm sei die Ehre und der Ruhm!
F. K.
Forts. folgt, s. G. w.!