Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 7 -Jahrgang 1920
„Wie wird's mein?“„Wie wird's mein?“
Ein Wort an bekümmerte Seelen, die nicht wissen, wie sie zur Gewißheit ihrer Errettung gelangen. „Wie wird's mein? Bitte, sagen Sie mir, wie wird's mein?!“ Mit diesen Worten kam nach einer Versammlung eine junge Frau zu mir. Sie war tief bekümmert um das Heil ihrer Seele. Gottes Gnade hatte ihr die Augen aufgetan über ihr schuldiges Leben. Wenn auch nach dem Urteile der Menschen ihr Leben tadellos war, so hatte sie doch erkannt, daß ihr Leben in dem Lichte Gottes, der auch in das Verborgene des Herzens hineinsieht, anders aussah als in dem Lichte und Urteile der Menschen. Sie wußte, daß sie vor Gott nicht bestehen könne und die Vergebung ihrer Sünden haben müsse, um nicht verloren zu gehen. Hast du, lieber Leser, das schon erkannt?
Willig, mit jeder Sünde und der Welt zu brechen, suchte sie in tiefem und heiligem Ernste Vergebung im Gebet und Flehen zu Gott. Aber ihre Gebete erschienen ihr klang- und kraftlos, und wenn sie sich suchte zur Inbrunst durchzuringen, so fand sie letzten Endes doch, daß auch ihr inbrünstiges Ringen nur ein Schall, all ihr Glauben leer und haltlos war und sie nicht in den Besitz der Vergebung und des Friedens brachte.
Wohl wußte sie aus der Schrift, daß sie nur durch Glauben in diesen Besitz gelangen könne. Aber wie sollte sie es machen? Was hieß das: „glauben“? Alles, was in der Bibel stand, das glaubte sie unbedingt als Wahrheit.
War das genug? Sollte sie jetzt glauben, wie man ihr schon gesagt hatte, daß sie die Vergebung ihrer Sünden und ewiges Leben habe, und dann würde sie es haben? Das kam ihr vor, als ob jemand sagte, sie solle glauben, daß sie auf der Bank 10000 Mark habe, und sie würde sie haben. Wo war die Sicherheit?
Nein, so konnte es nicht sein! Oder war ihr Glaube zu klein oder zu schwach? Aus dieser Seelennot heraus rang sich die Frage: „Wie wird's mein?“ Und wie manche Seele bewegt diese Frage!
Teurer Leser, wenn die Geschichte dieser jungen Frau dein Bild ist, so laß mich dir zunächst sagen, daß bei allem Glauben an alles, was in der Schrift steht, und an alles, was über den Herrn Jesus gesagt ist, du doch noch nicht an den Herrn Jesus glaubst. Dies ist etwas ganz anderes. Es ist der Glaube an eine Persönlichkeit. Als der Kerkermeister fragte: „Was muß ich tun, auf daß ich errettet werde?“, war die Antwort nicht: „Glaube an alles, was Gott gesagt hat“, sondern: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“. (Apg 16,30.31).
Um errettet zu werden, ist die Frage nicht, was du glaubst, sondern wem du glaubst. Immer wieder sagt die Schrift: „... jeder, der an Ihn glaubt ...“, „wer an den Sohn glaubt ...“, „wer an Mich glaubt ...“ usw. Nicht das Wissen und Glauben von Bibelstellen errettet dich, sondern eine Person, der Heiland errettet dich, nicht auf deine guten Werke hin, sondern als Antwort auf deinen Glauben hin an Ihn.
Vielleicht sagst du: „Wie soll ich das verstehen? Ich glaube doch an den Herrn Jesus!“ Laß mich dir nochmals sagen, daß zu glauben an alles, was von dem Herrn Jesus gesagt ist, noch kein persönliches Glauben an den Herrn Jesus ist. Wenn du an den Herrn Jesus glaubst, dann hast du auch die Vergebung deiner Sünden und weißt dich im unzweifelhaften Besitz der empfangenen Vergebung, denn die Schrift kann nicht gebrochen werden, und sie sagt: „Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen“ (Apg 10,43). In dem Augenblick, wo du an Ihn glaubst, empfängst und hast du die Vergebung deiner Sünden. Dieses „glauben“ und „empfangen“ ist so untrennbar verbunden, daß du das eine nicht tun kannst, ohne das andere zu haben.
O, wie sind doch unsere Herzen durch die Sünde von Gott entfremdet, und wie stehen wir Ihm in Unglauben gegenüber, daß es uns so schwer wird, Ihm zu glauben, während es uns doch gar nicht schwer wird, an einen Menschen zu glauben!
Ich will ein Bild aus dem täglichen Leben gebrauchen, um dir zu zeigen, wie wir ohne weiteres Menschen glauben und wie wir auch sofort auf den Glauben an die Person hin uns in dem unzweifelhaften Besitz dessen wissen, was sie uns anbietet.
Da ist ein junger Ehemann, der in dieser Zeit der Kohlennot ohne jede Feuerung ist. Besorgt geht er aus seiner kalten Wohnung, um zu versuchen, irgendwo etwas Brennmaterial aufzutreiben. Alle seine Bemühungen sind indes vergebens. Tief niedergeschlagen wendet er sich schließlich seinem Hause wieder zu. Da erblickt er den Sägemüller aus dem Tal. Er kennt ihn als einen reichen und guten Mann, und eine leise Hoffnung steigt in seinem Herzen auf. Ehe er aber ihn anreden kann, spricht dieser schon zu ihn: „Wenn Sie in Not um Holz sind, kommen Sie zu mir! Ich habe unter der Eiche am Torweg meiner Sägemühle einen großen Stoß Abfallholz stehen, wenn Sie wollen, nehmen Sie es umsonst!“ Unser Freund weiß nicht, wie ihm geschieht. Gerührt nimmt er des Sägemüllers
Hand und dankt ihm von Herzen für das Holz. Alle Traurigkeit ist verschwunden. Mit schnellen Schritten und glücklich im Herzen eilt er nach Hause, um seiner Frau die gute Botschaft zu bringen, daß er jetzt Holz habe. Da sieht er seinen Bruder in der Ferne, der auch kein Holz hat, freudig ruft er ihm zu: „Ich habe Holz, du kannst dir morgen etwas holen!“
Beachte, lieber Leser: eine Minute zuvor war der Mann bekümmert, er hatte nichts, und eine Minute später ist der Mann glücklich und weiß, er hat Holz und kann sogar abgeben. Was ist geschehen? Wie kam das? Hat er das Holz mit seinen Augen gesehen? Hat er es schon mit seinen Händen aufgeladen und nach Hause gefahren? Nichts davon. Er hat es weder gesehen noch betastet, und doch weiß er frei von jedem Zweifel, daß er Holz hat, daß das Holz unter der Eiche am Torweg sein Besitz ist.
Und nun nimm deine Bibel und schlage Off 22,17 auf. Dort liesest du fast die gleichen Worte: „... Wen da dürstet, der komme!“ Damit wird die verlangende, nach ewigem Leben dürstende Seele eingeladen, in ihrer Not zu Ihm zu kommen; und dann heißt es weiter: „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ Dieses ist das Wort des Herrn, jenes andere war das Wort des Sägemüllers. Als dieser zu dem jungen Manne sagte: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie das Holz umsonst“, da ist es dir ganz selbstverständlich, daß nach diesen Worten der Mann das Recht hatte, das Holz zu nehmen und zu sagen: es ist mein. Nun aber der Herr zu dir sagt: „Wer da will, nehme das Wasser des Leben umsonst“, ist es dir zweifelhaft, ob du das Recht zu nehmen hast, und zu gewagt, zu bekennen: es ist mein. Woher kommt das? Weil du dem Herrn Jesus nicht so glaubst, wie du dem Sägemüller glauben würdest. Glauben genug an eines Menschen Wort, aber Unglauben gegenüber Gottes Wort.
Der junge Mann glaubte dem Sägemüller sofort aufs Wort und in demselben Moment, da er ihm glaubt, weiß er auch, daß er das Holz hat. Er überlegt nicht einen Augenblick, ob es nun auch wirklich so ist. Warum nicht? Ein solcher Gedanke kommt ihm gar nicht. Aber warum kommt ihm kein zweifelnder Gedanke? Weil er den Mann kennt, und er weiß, daß der nichts sagt, was er nicht so meint. Siehe, das ist Glaube an die Person des Sägemüllers, und das ist Glaube an die Person des Heilandes, des Herrn Jesu Christi.
So wie der junge Mann mit der vollen Gewißheit des Glaubensvertrauens auf den Sägemüller sagt: „Ich habe Holz“, obgleich er noch keinen Spahn in seiner Hand hat noch es mit seinen Augen gesehen hat, so wirst du mit der vollen Gewißheit des Glaubens an den Herrn Jesus sagen: „Ich bin gerettet; ich habe ewiges Leben“, obgleich du in dir keinen sicht- und fühlbaren Beweis finden magst. O, wie hat doch die Sünde unsere Herzen von Gott entfremdet, daß es uns leichter ist, einem Menschen zu glauben als Gott!
Und Gott weiß, daß es so ist. Er kennt unser ungläubig Herz. Er sagt in Seinem Worte: „Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen - das Zeugnis Gottes ist größer; denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches Er gezeugt hat über Seinen Sohn. Wer an den Sohn glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst; wer Gott nicht glaubt, hat Ihn zum Lügner gemacht, weil er nicht an das Zeugnis geglaubt hat, welches Gott gezeugt hat über Seinen Sohn“ (1Joh 5,9.10).
In solchen Worten führt Gott dir, armes, zweifelndes Herz, es vor Augen, wie du täglich das Zeugnis der Menschen annimmst, wie du glaubst, was Menschen dir sagen und bezeugen; und daraufhin handelst du! Aber Gottes Zeugnis ist größer! Er kann nicht lügen! Gibt es ein Zeugnis, welches sicherer, größer, fester ist? Muß nicht jedes Bedenken Seinem Wort gegenüber schwinden? Aber Sein Zeugnis nimmst du nicht an und wagst nicht, daraufhin zu handeln! Und fragst du: welches Zeugnis meint der Apostel hier? So höre die Antwort: „Denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches Er gezeugt hat über Seinen Sohn. Und dies ist das Zeugnis: daß Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in Seinem Sohn“ (1Joh 5,10.11). Gott bezeugt dir, daß ein Mittler da ist zwischen Gott und Menschen, der das Lösegeld für dich gezahlt hat (1Tim 2,4-6), daß Er Seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden und als den Heiland der Welt (1Joh 4,10.14), daß Christus für unsere Sünden starb (1Kor 15,3), daß Er um unserer Missetaten willen zerschlagen, daß die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm lag (Jes 53,5), daß Gott so die Welt geliebt hat, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren werde, sondern ewiges Leben habe (Joh 3,16). Und der Herr Jesus bezeugt dir: Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und glaubt Dem, der Mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen“ (Joh 5,24). Und wiederum: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 6,47).
Kann Gott mehr tun? Kann Er deutlicher reden? Er gibt den Mittler. Der Mittler bezeugt: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Und noch mehr: „Alle Propheten geben diesem Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen“ (Apg 10,43). Und der Heilige Geist läßt es dir durch Johannes schriftlich niederlegen, daß du „wissen“ (nicht hoffen) sollst, daß du „ewiges Leben“ hast durch den Glauben an Ihn: „Dieses habe ich euch geschrieben, auf daß ihr wisset, daß ihr ewiges Leben habt, ihr, die ihr glaubet an den Namen des Sohnes Gottes“ (1Joh 5,13).
Sind das alles lose Worte, leere Redensarten? Sind das nicht Worte deines Gottes, zuverlässig und gewiß? Und du armes, geängstigtes, vom Unglauben geknechtetes Herz stehst vor solchen Zeugnissen deines Gottes und machst Ihn mit deinen Unglaubenszweifeln „zum Lügner“, nicht mit Worten, aber damit, „daß du nicht geglaubt hast an das Zeugnis, welches Gott gezeugt hat über Seinen Sohn“ (1Joh 5,10). Ein samaritisches Weib, eine Maria Magdalena, eine große Sünderin im Hause des Pharisäers, ein Kerkermeister ..., alle wurden „errettet durch Gnade mittelst des Glaubens“ (Eph 2,8). Gott führt alle diese dir vor Augen, damit auch du an Ihn glauben möchtest und errettet werdest, aber du seufzest und sagst: „Ich kann nicht glauben!“ Wem kannst du nicht glauben? Menschen, sagt Gott, kannst du glauben (1Joh 5,9). Kannst du nicht dem Herrn Jesus glauben?
Mißtraue dem Herrn nicht länger! Er kann dich nicht segnen und erretten mit dem Unglauben in deinem Herzen. Vertraue Ihm! Nimm Sein Zeugnis an! „Wer Sein Zeugnis angenommen hat, hat besiegelt, daß Gott wahrhaftig ist“ (Joh 3,33). Der Herr sagt dir damit, was der Glaube tut. Wenn du Ihm glaubst, so setzest du gleichsam unter Sein Wort dein Siegel, daß Er die Wahrheit geredet und du danach handelst.
Bedingungslos sagt der Herr Jesus: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Damit sagt Er dir, daß mit deinem Kommen untrennbar deine Annahme Seinerseits verbunden ist. Glaube Ihm! Setze das Siegel des Glaubens darunter, daß Er wahrhaftig und es zweifellose Wahrheit ist: Ich kam und ich bin angenommen! Bekenne es! An Ihn glauben heißt Sein Wort annehmen, sein Siegel darunter setzen und auf Sein Wort hin handeln, indem du Ihn von jetzt an als deinen Herrn bekennst und Ihm dienst. „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ Er will geben, du aber mußt nehmen! Was du auf Sein Wort hin nimmst, das ist dein! Dieses Nehmen geschieht nicht mit deinen Händen, sondern mit deinem Herzen. Du fragst: Wie kann ich mit dem Herzen nehmen? Du tust das Tag für Tag. Ehe deine Hand sich ausstreckt, etwas zu nehmen, hast du es schon mit deinem Herzen genommen und weißt, daß das, was deine Hand nimmt, bereits dein ist. Ehe die Hände des jungen Mannes das Holz nahmen, hatte er es mit seinem Herzen schon genommen. Als der Sägemüller sagte: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie das Holz“, da fand dieser verborgene Vorgang des Nehmens in seinem Herzen statt. Da ging etwas im Herzen vor, welches er sich zwar selbst in den Einzelheiten nicht klar machte, welches aber trotzdem stattfand, und zwar viel schneller, als ich es beschreiben und in Worte kleiden kann. Was war das? Er wurde sich bewußt, das Holz dort ist für dich zum Nehmen da, und der Sägemüller selbst gibt dir das Recht dazu. Und in einem Moment verbindet sich mit des Sägemüllers Wort sein Glaube und sein Wille zu „nehmen“, und er nimmt und hat und weiß sich im Besitz desselben. Das alles geschah in einem Nu in seinem Herzen und fand seinen Ausdruck in den Worten des Dankes. Sein Dank offenbarte das, was in seinem Herzen vorgegangen war. Er nahm, ohne eine Hand zu bewegen; er nahm mit seinem Herzen.
Siehe, das ist der Akt des Nehmens im Herzen auf Grund des Glaubens an eine Persönlichkeit. Das sind die Vorgänge in der Seele, schneller, als Worte sie beschreiben können, wenn das Herz im Glauben den Herrn und Sein Wort erfaßt. In dem Augenblick wird der Glaube zur nehmenden Hand, mit dem dein Wille zum Nehmen - der
Glaubensgehorsam - verbunden ist (Röm 1,5; 16,26). Ein wunderbarer Moment ist dies in dem Leben eines Menschen, wenn diese Handlung des Herzens, dieser Akt des Glaubens im Annehmen der Gnade und der Vergebung stattfindet; wenn ein Mensch im klaren Glaubensgehorsam den Herrn Jesus zu seiner Errettung ergreift, sich Ihm anvertraut und überläßt und in dem Moment gerettet ist.
Ich möchte diesen Augenblick auch vergleichen mit dem, wenn ein Kranker sich den Händen des Arztes übergibt. Er weiß zuvor: ich muß operiert werden oder zugrunde gehen. Er weiß, der Arzt hat Hunderte in gleicher Lage gerettet, und derselbe garantiert ihm Rettung, wenn er kommt und sich ihm anvertraut. Er glaubt das alles völlig, aber er geht nicht zu ihm. Aber dann kommt eine Stunde, wo er alles, was er bisher geglaubt hat, für sich zur Tat des Glaubens macht. Er geht zu ihm, vertraut sich ihm an und überläßt sich seinen Händen. So geht die Seele im Glauben zu dem Herrn Jesus, vertraut und überläßt sich Ihm und - ist gerettet.
O, sagst du, das ist zu einfach und zu leicht. Ja, liebe Seele, da heißt es eben „umsonst“ zu nehmen. Du kannst gar nichts dabei tun als nur annehmen, nur so kannst du es empfangen. Warum nur so? Weil du so völlig verdorben und verloren bist, daß du es dir eben „schenken“ lassen mußt aus lauter Gnade. In diesem dir zu leicht erscheinenden Wege erkenne dein gänzliches Verlorensein! Aber diesem „Umsonst“ liegt das teuer bezahlte „Lösegeld“ zugrunde. Der Glaube beugt sich darunter und nimmt in Demut und Schuldbekenntnis die Errettung umsonst an.
Vielleicht aber sagt jemand: Ich fürchte, mir etwas einzubilden und mich zu täuschen. Wenn ich eine gewisse Freude oder sonst innere Gefühle oder Erlebnisse hätte, dann könnte ich wissen, daß ich ewiges Leben habe.
Sage mir, woher war der junge Mann seiner Sache so gewiß, daß er dem Sägemüller so innig danken konnte, daß er glücklich heimgehen und seiner Frau berichten konnte, Holz zu haben, da er ihr doch kein Stückchen vorzulegen hatte? Hatte er eine Vision gehabt? Hatte er eine innere Stimme oder inneres Gefühl gehabt, daraufhin er dann wußte, Holz zu haben? Nichts derartiges hatte er. Was hatte er denn, daß er sich so sicher im Besitz des Holzes wußte? Er hatte nichts anderes als Grundlage seiner Gewißheit als die Person des Sägemüllers und dessen Wort: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie sich das Holz!“ Nichts weiter hatte er. Aber dies war ihm völlig genug. Und war es nicht genug? Dir und keinem Menschen in der Welt würde es nach solchen Worten einfallen, zu denken, der junge Mann könne sich etwas einbilden, was nicht wahr sei; - es sei denn, daß der Sägemüller unwahr oder unzuverlässig gewesen wäre; dann allerdings wäre die Sache fraglich und ungewiß.
Wenn du den jungen Mann nach solchen Worten des Sägemüllers noch zweifelnd oder bekümmert und niedergeschlagen gesehen hättest, würdest du ihn nicht gefragt haben: Trauen Sie dem Sägemüller nicht? Und wenn du nach so vielen und so oft in Seinem Worte wiederholten Bezeugungen des Herrn, daß, wer an Ihn glaubt, gerettet ist und ewiges Leben hat, noch zweifelnd und bekümmert bist, dann laß mich dich fragen: Traust du dem Herrn Jesus nicht? Genügt Er und Sein Wort dir nicht? Ist Er unwahr oder unzuverlässig? Deine Furcht, dir etwas einzubilden, kommt aus der Wurzel des Unglaubens an den Herrn Jesus. O, wie mannigfaltig sind doch die Überlegungen, die aus dem Unglauben hervorgehen!
Aber, sagst du, dieser junge Mann war glücklich und freute sich, ich aber bin nicht glücklich und habe weder Freude noch Frieden in meinem Herzen. Armes Herz, wie kannst du auch Freude und Frieden haben, wenn du dem Herrn Jesus nicht glaubst?! Sage, wann war der junge Mann glücklich?, etwa ehe er dem Sägemüller glaubte oder nicht vielmehr erst, nachdem er ihm geglaubt hatte? Würde er diese Freude in seinem Herzen gehabt haben, wenn er dem Sägemüller nicht getraut oder ihn für einen losen Schwätzer gehalten hätte? Nimmermehr! Aber in dem Augenblick, als er ihm glaubte, in dem Augenblick zog auch Freude in sein Herz ein. Die Freude war die Folge seines Glaubens. Die inneren Gefühle des Bewußtseins der Errettung sind die Frucht (aber nicht die Wurzel) des Glaubens. Der Glaube an den Herrn Jesus ist die Wurzel, auf der die Frucht der Freude und des Friedens wächst. Du kannst die Frucht nicht haben vor der Wurzel - die Wirkung nicht vor der Ursache - die Freude nicht, bevor du dem Herrn vertraust.
Wenn dein Mann auf der Reise von Leipzig nach Berlin wäre, und du hörtest die Nachricht, der Zug sei entgleist, so würdest du sofort voll banger Sorge sein. Wie kommt es, daß du plötzlich so tief bekümmert bist? 1. Du hörst die Nachricht von der Entgleisung, 2. du glaubst sie, 3. du weißt, der Zug ist entgleist, und die Folge ist: du bist in Sorge um deinen Mann. Da kommt ein Telegramm. Klopfenden Herzens öffnest du es, und plötzlich erhellen sich deine Züge, du liest: „Ich bin gerettet, gänzlich unversehrt und wohl. Ich komme mit nächstem Zuge. Dein Karl.“ Wieder nach derselben Reihenfolge sind die Vorgänge in deinem Herzen: 1. Du hörst, 2. du glaubst, 3. du weißt, er ist gerettet, und die Folge ist: Du freust dich! Und so kannst du auch die Freude deiner Errettung nicht eher haben, als bis du dem Herrn Jesus glaubst, der da sagt: „Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh 6,47), oder „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). 1. Du hörst die
Botschaft, 2. du glaubst sie, 3. du weißt, daß du angenommen bist, und die Folge ist: du freust dich unter Dank und Lob, daß Er für dich starb. Jener süße Klang des Glaubens, der so leise und froh dann dein Herz durchzieht: „Er hat mich angenommen! Er ist mein und ich bin Sein!“, das ist die Stimme des Heiligen Geistes, der deinem Geiste Zeugnis gibt, daß du Gottes Kind bist; (Röm 8,16) und zum ersten Male fangen deine Lippen an, Ihm Dank zu stammeln.
Denke dir, etwas später nach dem Empfang des Telegrammes wären dir Bedenken gekommen, ob auch wohl wirklich dein Mann gesund sei, würde dadurch nicht sofort deine Freude gestört sein? Was würde nun geschehen? Würdest du auf deine Freude achten und sagen: „Wenn ich die Freude fühlte, dann wüßte ich, daß mein Mann gerettet ist“? Solch törichter Gedanke käme dir nicht, du würdest vielmehr das Telegramm deines Mannes hervorholen und nochmals lesen: „Ich bin gerettet, gänzlich unversehrt und wohl“ und würdest sagen: „Es ist alles gut. Ich kenne ihn, er hätte es nicht telegraphiert, wenn es nicht so wäre.“ Deine Gefühle würden dir nicht maßgebend sein, sondern die Worte deines Mannes.
Oder wenn dem jungen Manne nach der Begegnung mit dem Sägemüller auf dem Nachhausewege Zweifel gekommen wären, ob es auch alles betreffs des Holzes wahr sei, so wäre es natürlich mit seiner Freude vorbei gewesen. Aber ein solcher Gedanke kam ihm gar nicht - konnte ihm gar nicht kommen, denn er kannte den Mann. Der Mann war ihm Bürgschaft für die Wahrheit und Wirklichkeit, aber nicht seine Gefühle. Oder denkst du, daß ihm gar der törichte Gedanke gekommen wäre, auf seine Gefühle zu achten, um zu wissen, ob er Holz habe? Was hatten seine Freude und seine Gefühle mit der ganzen Sache zu tun? Von seinen Gefühlen hing doch gar nichts ab. Alles hing doch von der Zuverlässigkeit des Sägemüllers ab. - Und, Seele, sag, was haben deine Freude und deine Gefühle mit dem Ursprung und der Gewißheit deiner Rettung zu tun? Alles hängt von der Zuverlässigkeit deines Heilandes und Seines Wortes ab.
Aber so betört der Feind die Seelen. Er sucht immer wieder die Blicke auf das eigene Herz, auf die Gebete, die Gefühle usw. zu lenken, als ob davon alles abhinge, und macht dich unglücklich, indem er deine Augen von Christo wegwendet. „Aber“, sagst du, „empfindet man denn gar nichts, ehe man weiß, gerettet zu sein?“ Gewiß hast du auch innere Gefühle zuvor, aber sie sind ganz anderer Art. Ich will nochmals auf den jungen Mann zurückkommen. Was empfand er, als er den Sägemüller sah? Er fühlte seine große Not. Ihm kam die Hoffnung, jener könne ihm helfen, und das Vertrauen, er könnte ihm gütig sein. Und derart sind die Empfindungen, die die Seele hat, wenn sie sich dem Herrn naht. Ist es nicht so? Hattest du nicht das tiefe Gefühl deiner Not und deines Verlorenseins? Bewegte dich nicht die Hoffnung: „Er kann dich annehmen, und das Vertrauen: Er ist voll Gnade, Er wird dich annehmen?“ Das sind Empfindungen im Herzen einer Seele, die sich zu Jesus wendet. Der Glaube an Ihn aber bringt die Errettung und die Dankbarkeit eines friedevollen Herzens.
O, wie viele, vom Unglauben geplagte Seelen gibt es, deren Blick immer wieder auf das, was sie sind und was in ihnen ist, gerichtet ist. Sie sind unglückliche Opfer des Betruges des Feindes. Unser Heil und Leben ist einzig und allein an die Person des Sohnes Gottes, unseres Herrn Jesus Christus gebunden. Alles steht und fällt mit Ihm. Wie verschwindet da jede Schwierigkeit. Seine Person löst jeden Zweifel und jede Frage. Der Blick des Glaubens ruht auf Ihm, aber nicht auf irgend etwas in uns - seien es unsere Gebete, unsere Reue, unser Glaube, unser Friede - nichts steht mehr vor unserem Blick, als nur Er allein und Sein Werk und Sein Wort. Unser Herz möchte alle jene Dinge zur Grundlage unseres Friedens machen oder doch für die Gewißheit unseres Heiles haben, aber es gibt nur eine Grundlage für die Sicherheit und Gewißheit unserer Errettung, und die ist Er, Sein Werk und Sein uns gegebenes Wort.
Jeder Blick in dich hinein macht dich unglücklich, und jeder Blick um dich entmutigt und bringt Unruhe, nur der unverwandte Blick des Glaubens auf Jesus macht dich froh und glücklich. Zu jeder Zeit, - sei es daß du versucht wirst oder bestürzt und niedergeschlagen bist, in deinem Hause, in deinem Geschäft - überall und immerdar richte dein Auge auf Jesus und vertraue Ihm! Jedes Blicken nach einem Halt für deinen Glauben außer Ihm kommt aus dem Unglauben und ist eine Herabsetzung der Allgenugsamkeit Seiner Person und Seines Werkes.
Ewiges Leben kann durch kein Wirken von uns aus erlangt werden, sondern nur auf dem Grunde des Glaubens „umsonst“ als das Geschenk, „die Gabe“ Seiner Gnade. Der Glaube an Ihn „empfängt“ es. Glauben und Besitz - „glauben“ und „haben“ hat Gott zusammengefügt, und „was Gott zusammengefügt, das soll der Mensch nicht scheiden“.
Jeder, der an Ihn glaubt, empfängt Vergebung der Sünden. (Apg 10,43).
Jeder, der an Ihn glaubt, geht nicht verloren. (Joh 3,15.16).
Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet. (Joh 3,18; 5,24).
Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben. (Joh 3,36).
Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben. (Joh 6,47).
O, teures Herz, laß mich dich zu dem Herrn Jesus hinführen! Da ist Er! Da ist dein Arzt! Da ist die
Quelle des Wassers des Lebens! Sieh Ihn an! Glaube Ihm! Nimm, und du hast! und so ist es dein! und dann danke Ihm für die „Gabe“ des ewigen Lebens! Bekenne von dieser Stunde an, daß du an Ihn glaubst und Er jetzt dein „HErr“ ist! Folge Ihm nach - getrennt von der Welt, verbunden mit den Gläubigen, die „verharren in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg 2,41.42)! Suche eifrig im verborgenen Gebet und im Lesen Seines Wortes den ständigen Umgang mit dem Herrn, und du wirst die selige Freude der Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus haben (1Joh 1,3.4). v. d. K.