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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
Jes 8,20 – „Lehrt die Schrift, dass die Gemeinde Christi neue Pfingsten vor der Ankunft des Herrn erleben wird?“Jes 8,20 – „Lehrt die Schrift, dass die Gemeinde Christi neue Pfingsten vor der Ankunft des Herrn erleben wird?“
„Zum Gesetz und zum Zeugnis! Wenn sie nicht nach diesen Worten sprechen, so gibt es für sie keine Morgenröte.“ (Jes 8,20)
Von gewisser Seite wird behauptet, daß Pfingsten sich wieder wie zur Zeit der Apostel offenbare, daß wieder eine Ausgießung des Heiligen Geistes geschehe und daß die ursprünglichen Wunderwerke des Geistes sich wieder unter uns zeigen. Unserem Gott ist alles möglich und gewiß - Er kann gewaltigere Pfingsten geben als damals im Anfang dieses Zeitalters. Es ist jedoch nicht die Frage, was unser Gott kann, sondern was Er tut und ob Sein Wort uns die Hoffnung gibt, das wir jetzt in dieser spätherbstlichen Zeit wieder Frühlingsblumen pflücken werden; das heißt, ob wir durch ringendes Gebet wieder Zeichen und Wunder erlangen sollen, oder ob wir durch Glauben und nicht durch Schauen wandeln sollen. (2. Kor. 5,7)
Das Wort gibt uns einen ziemlich prophetischen Umriß der Geschichte der christlichen Gemeinde. Nirgends jedoch finden wir, daß die wunderbaren Wirkungen der ersten apostolischen Zeit sich wiederholen werden; diese Wunderwirkungen waren im großen und ganzen vorüber, bevor der Kanon der Schrift fertig war, denn in den späteren Episteln und am Ende der Apostelgeschichte kommen solche aufsehenerregenden Episoden kaum mehr vor.
Nein, die Pfingsten wiederholen sich nicht, denn die nächst zu erwartende Begebenheit ist das Laubhüttenfest, d. h. das Kommen des Herrn für Seine Gemeinde. Wenn nun die Schrift uns keine Auskunft darüber gibt, daß wir neue Pfingsten erleben werden - und trotzdem behaupten einige vielleicht ernste, eifrige, doch oberflächliche Seelen, daß sie schon diese zweiten Pfingsten haben -, so ist die Gefahr vorhanden, daß solche nicht echte Pfingsten, sondern nur nachgemachte haben.
Wir sind nach der Schrift völlig überzeugt, daß wir keine neuen Pfingsten zu erwarten haben, sondern daß wir in Demut dem Herrn und Seinem Worte treu bis ans Ende bleiben sollen, indem wir die selige und reinigende Hoffnung
Seines Kommens festhalten und in Bereitschaft auf die Ankunft unseres Herrn stehen. (Tit 2,11 - 14,1; Joh 3,1-3)
Solche, die sich angeblich der neuen Pfingsten freuen, berufen sich vielfach auf die Weissagung Joels, die Petrus am Pfingsttage anführte: „Und es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, daß Ich von Meinem Geiste ausgießen werde auf alles Fleisch ...“ (Joel 2,28-32; Apg 2,17-20) Und sie behaupten, daß das, was sie nun haben, die Erfüllung dieser Weissagung ist. Doch auf diese Art und Weise kann und darf man nicht mit der Schrift umgehen, sonst läuft man Gefahr, angeklagt zu werden, daß man nicht aus Lauterkeit redet, sondern daß man das Wort Gottes verfälscht (2Kor 2,17), denn die Weissagung Joels hat gar nichts mit der Gemeinde Christi zu tun, sie findet ihre endgültige Erfüllung auf dem Berge Zion und in Jerusalem (Joel 2,32). Damals, zu Pfingsten, sagte Petrus: „Dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist.“ (Apg 2,16) Die Weissagung fing also an, sich zu erfüllen, als der Heilige Geist ausgegossen wurde, und zwar nur auf Israeliten. Das Volk aber im großen und ganzen verwarf nicht nur den Herrn Selbst, sondern auch das Zeugnis des Heiligen Geistes, und so findet die völlige Erfüllung erst nach der großen Trübsal statt, das heißt, nachdem die Gemeinde allezeit bei dem Herrn sein wird.
Später (in Apg 10) wurde dann den Nationen die Tür der Gnade aufgetan. Und als der Heilige Geist auf Kornelius und auf seine Freunde fiel, sagte Petrus nicht mehr, daß es das sei, was von dem Propheten Joel geredet ist, sondern er dachte nur an das Wort des Herrn : „Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geiste getauft werden.“ (Apg 11,16) Wenn eltiche behaupten und lehren, daß die Weissagung Joels jetzt in unseren Tagen in Erfüllung geht, so muß man solche unter die „Unwissenden und Unbefestigten“ rechnen, die „die Schriften verdrehen zu ihrem eigenen Verderben“. (2Pet 3,16)
Nein, die Heilige Schrift gibt uns ein ganz anderes Bild von dem Zustande in der christlichen Gemeinde und von der bekennenden Christenheit in den letzten Tagen, bevor der Herr kommt. Das Wort zeigt uns eine Gemeinde wie Philadelphia, die „eine kleine Kraft“ hat, die „das Wort bewahrt und den Namen nicht verleugnet“, und zu dieser sagt der HErr: „Halte fest, was du hast.“ (Off 3,8-13) Auf der anderen Seite sehen wir eine Gemeinde wie Laodicea, die reich geworden ist - der Herr aber steht draußen vor der Tür (Off 3,14-22). Hier zeigt uns der Heilige Geist den Zustand der Gemeinde in den letzten Tagen; daß die Gemeinde aber neue Pfingsten erleben solle, davon findet man in der Schrift keine Spur.
Der Herr Selbst hat Seinen Jüngern vieles von den letzten Zeiten gesagt, aber von einem zweiten Ausgießen des Heiligen Geistes sagte Er nichts. Ein Hauptpunkt in den Reden des Herrn zu den Seinigen ist, daß sie wachen sollen (Mt 24,42; 25,13). Er sagt auch, daß die Liebe der Vielen erkalten wird wegen des Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit (Mt 24,12), und weiter redet Er von der Erscheinung vieler falschen Propheten und fragte einmal: „Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn Er kommt, den Glauben finden auf der Erde?“ (Lk 18,8)
Auch der Apostel Paulus, vom Heiligen Geiste inspiriert, entwirft uns ein Bild von den letzten Tagen dieses Zeitalters, aber von einem „neuen Pfingsten“ sagt weder er noch der Herr etwas. Im Gegenteil, er schreibt, wie der Geist ausdrücklich sagt, daß „in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen und auf die betrügerischen Geister achten werden usw.“ (1Tim 4,1-4) und daß schwere und gefahrvolle Zeiten da sein werden (2Tim 3,1-10), und ferner: „Böse Menschen und Gaukler werden im Bösen fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ (2Tim 3,13)
Ebenso gibt uns der Apostel Petrus ein ähnliches Bild, indem er schreibt: „Zuerst dieses wissend, daß in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden.“ (2Pet 3,3) Also ist hier wieder kein Sterbenswörtchen, daß die Gemeinde neue Pfingsten zu erleben habe, nein, in geistlicher Hinsicht geht es bergab, und Paulus berichtet von einem „Abfall“ (2Thes 2,3). Es ist deshalb kaum nötig, noch mehr darüber zu schreiben, denn jeder in dem Worte der Wahrheit bewanderte Bruder weiß genau, daß wir den Herrn Selbst zu erwarten haben und nicht neue Pfingsten. Wohl schenkt der Herr gnädiglich durch den Heiligen Geist bald hier, bald dort herrliche Erweisungen, wofür wir Ihm sehr dankbar sind. Wir dürfen sehen, daß viele teure verlorene Sünder aus allen Völkern sich zum Herrn bekehren, auch, daß der Herr viele lange verschlossene Türen auftut und daß das Wort in der Macht des Geistes verkündigt wird. Trotzdem ist das keine neue Ausgießung des Heiligen Geistes, denn durch alle Jahrhunderle hindurch hat der Herr Erweckungen gegeben, vielleicht viel mehr, als die Geschichte davon zu erzählen weiß; der Tag wird alles klar machen.
Was sind nun diese „neuen Pfingsten“, womit man sich rühmt? Wir sind völlig überzeugt, daß es wieder eine von dem Feinde nachgemachte Sache ist. Echte Pfingsten sind das nicht, denn die Zeichen wahrhaftigen Pfingstens fehlen vollständig, und es trägt die deutlichen Anzeichen, daß der Teufel selbst die Rolle des Heiligen Geistes spielt!! Das ist eine furchtbare Sache! Doch dürfen wir uns nicht so sehr darüber wundern, „denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam“ (2. Thess. 2,7). Und das offenbart sich schließlich in der Person des Gesetzlosen, d. h. in dem Antichrist oder dem Tiere, welches die Welt mit großer Freude annehmen und anbeten wird. (Off 13)
Was sind die Zeichen der echten Pfingsten? Eins ist sicher, dieses krankhafte Verlangen nach Zeichen und Wundern finden wir dort nicht. Wohl wurden solche gegeben, aber alles geschah in nüchterner Art und Weise. Die Apostel redeten sofort in anderen Sprachen als ein Beweis, daß der Heilige Geist ausgegossen sei, und das bedeutete weiter, daß das Werk der Erlösung vollbracht und von Gott angenommen sei. In der Kraft des Geistes wurde dem Volke Israel in der Stadt Jerusalem das Heil angeboten. Es waren gottesfürchtige Juden aus der Zerstreuung dort (Apg 2,5). Und die Zungen offenbarten ihnen, daß hier etwas Neues geschehen sei. Gewiß dann, als Petrus mit den Elfen aufstand, um das Wort zu verkündigen, redete er in der alltäglichen Sprache, die alle vollkommen beherrschten. Viele bekehrten sich, ließen sich taufen, und solche verkauften ihre Güter und verteilten den Erlös dafür, denn sie rechneten darauf, daß der Herr gleich kommen würde. Das Volk Israel jedoch verwarf das alles und steinigte bald darauf den Stephanus, einen Mann voll Glaubens und voll Heiligen Geistes. Das waren die echten Pfingsten. Ein weiteres Kennzeichen davon war auch, daß, als Ananias mit Saphira den Heiligen Geist belog, ein sofortiges Gericht auf sie fiel. (Apg 5,1-11) Die echten Pfingsten waren ein wunderbares
Geisteswehen für das Volk Israel; Zeichen und Wunder wurden getan. Alles das war jedoch umsonst, denn trotz alledem jagten schließlich die Bewohner von Jerusalem die Gläubigen fort (Apg 8,1). Nun kamen sie nach Samaria, und wieder wurden große Zeichen gegeben; denn obwohl die Bewohner dort ein Mischvolk waren, rechneten sie sich doch zu Gottes altem Bundesvolk.
Zuletzt kam das Evangelium zu den Nationen (Apg 10). Hier geschah aber wieder etwas Neues, denn der Heilige Geist fiel unmittelbar auf Kornelius und seine Freunde ohne Auflegung der Hände, und sie redeten in Sprachen, in diesem Falle, um den Israeliten zu zeigen, daß Gott den Nationen die Buße zum Leben gegeben hat. (Apg 11,18)
Nun werden die Zeichen und Wunder immer seltener, und das Reden in Sprachen kommt nur einmal noch in Apg 19,1-7 und wieder nur bei Juden vor, damit sie der herrlichen Dinge teilhaftig werden sollten, die in Jerusalem am Anfang geschahen (denn sie hatten sich schon längst auf die Taufe Johannes taufen lassen, um sich darauf vorzubereiten), und weiter, um ihnen selbst den Beweis zu liefern, daß der Heilige Geist schon gegeben sei. Doch diese außergewöhnlichen Zeichen und Wunder verschwanden immer mehr und mehr. Unser Gott kann immer Wunder tun, und Er tut Herrliches durch Gebetserhörungen, doch führt Er uns jetzt Wege des Glaubens und nicht Wege des Schauens.
In der Geschichte Israels bemerken wir, daß Gott ähnliche Wege ging. Als das Volk aus Ägypten zog, geschahen große Zeichen und Wunder, auch traf die Gesetzesübertreter ein schnelles Gericht. Alles das ließ jedoch allmählich nach, und als das Volk dann Jahrhunderte später aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkehrte, finden wir keine Spur mehr von aufsehenerregenden Zeichen und Wundern. Doch sehen wir, wie die gute Hand Gottes über ihnen war. (Esra 8,31)
Es ist klar, große Zeichen und Wunder finden wir nur in den Anfangszeiten der Geschichte des Volkes Israel und ebenso in den Anfangszeiten der Gemeinde. Gott bestätigte das Zeugnis durch Zeichen und Wunder, solange die volle Offenbarung Seiner Gedanken und Worte noch nicht gegeben war. So sehen wir aus der Schrift, daß die Gemeinde nicht „neue Pfingsten“ zu erwarten hat, denn was für die Anfangszeiten der Gemeinde paßte, nämlich die Gaben der Weissagung und des Zungenredens, soll man jetzt wegtun, da das Vollkommene gekommen ist, nämlich die ganze Heilige Schrift, denn „Wenn sie Moses und die Propheten nicht hören, so werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.“ (Lk 16,31)
Jetzt heißt es, tiefere Erkenntnis Gottes zu erlangen, und Wunderbares hat Gott aus Seinem Worte in dem letzten Jahrhundert ans Licht gebracht, besonders in Verbindung mit dem Geisteswehen, welches vor zirka 100 Jahren geschah, als viele Gläubigen sich nicht mehr durch die menschlich gemachten Mauern der verschiedenen Denominationen scheiden lassen wollten, sondern in der Erkenntnis ihres Einsseins in Christo anfingen, sich in Seinem Namen allein zu versammeln, und das Wort Gottes allein zur Geltung gelangte.
Paulus betete für die gläubigen Epheser, nicht daß sie neue Pfingsten erleben oder in Sprachen reden möchten, sondern daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, ihnen „gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis Seiner Selbst ...“ (Eph 1,17-19) oder „auf daß sie völlig zu erfassen vermögen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf daß sie erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes.“ (Eph 3,18.19) Wenn man solche Gebete vergleicht mit dem seelischen, ja oft hysterischen Geschrei nach der Fähigkeit, in Sprachen reden zu können, so fühlt man instinktiv, wie erhaben und herrlich das erste und wie abstoßend und nutzlos das zweite ist.
Selbst ernste Seelen haben sich über diese sogenannten „neuen Pfingsten“ gefreut, weil es ihnen schien, auch Gutes darin zu finden. Aber der Feind hat solchen betrogenen Seelen einen „Stein“ gegeben, der keinen Nährstoff in sich hat.
Das letzte Wort der Ermahnung Petruslautet: „Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.“ (2Pet 3,18) Niemals werden die Gläubigen aufgefordert, sich nach angeblichen äußeren Pfingstzeichen und Wundern auszustrecken, sondern nach dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu (Phil 3,14). In der geistlichen Erfahrung soll man schon in dem Gelobten Lande sein, wo der geistliche Kampf wütet nach Eph 6,10-18; hier sind die Zeichen und Wunder, wie bei dem Ausgang aus Ägypten, nicht mehr zu finden. „Die Liebe vergeht nimmer; seien es aber Prophezeiungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden. Denn wir erkennen stückweise, und wir prophezeien stückweise; wenn aber das Vollkommene gekommen sein wird, so wird das, was stückweise ist, weggetan werden.“ (1Kor 13,8-10)
F. Btch.