Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
1Pet 3,15 - Seid aber jederzeit bereit ...! (2)1Pet 3,15 - Seid aber jederzeit bereit ...! (2)
„Seid bereit jederzeit“, des Herrn Kommen zu erwarten zum Sterben - zum Leiden - zum Leben - zum Dienen - zum Gehorchen - ja, zu all diesem „seid jederzeit bereit“ - das durften wir in den vorangegangenen Lieferungen besprechen, und dann kündigte ich an: „Seid aber - als rechte „Abermenschen“ - jederzeit bereit“
7. zum Lieben!
Das schreibt sich so leicht: zum Lieben! - doch darüber zu schreiben dünkt mich so schwer, fast unmöglich, daß ich beinahe bereue, dies angekündigt und begonnen zu haben! Aber wie schon gesagt: Zum Dienen (Punkt 5) gehört Gehorsam (Punkt 6) und Liebe! - Dann aber auch wiederum - kann es Köstlicheres geben als hiervon zu schreiben? Schwebt da nicht stets und unablässig jenes einzig herrliche Urvorbild vor uns, das Gott, unser Vater, Selbst uns gab, indem Er Seinen Sohn uns schenkte, worin Seine Liebe zu einer verlorenen Welt und zu uns ihre wunderbarsten Triumphe feiert? (Joh 3,16; 1. Joh.-Brief) Schwebt nicht ferner jenes andere Urvorbild vor uns, das der Sohn uns mit Seiner Liebe gab, von der Paulus rühmt: „Der mich („uns“) geliebt und Sich Selbst für mich („für uns“) dahingegeben hat“ (Gal 2,20 und Eph 5,2), oder bezogen auf Seine Gemeinde: „... wie auch Christus die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat“ (Eph 5,25)?! Ja, fühlen wir nicht sogar den lieblichen Hauch der „Liebe des Geistes“, von der der Apostel schreibt in Röm 15,30? In allen diesen kostbaren Vorbildern finden wir Anleitung darüber, was „Liebe“ ist, und in der Gemeinschaft mit Dem, der Liebe ist, finden wir auch die Kraft zum Lieben - wir müssen diese nur nehmen!
Manchmal schon durfte ich in den „Handreichungen“ über die Liebe schreiben, so anläßlich der Frage aus dem 1. Joh.-Brief im 17. Jahrbuch - aber wie ernst ist es doch, über Liebe zu schreiben! Sieht man seine eigene Liebeleere nicht dabei stets vor Augen? Ist es nicht so, daß man noch selber viel zu viel Liebe sucht, d. h. zu empfangen sucht, als daß man bereit wäre, Liebe zu geben? Und wie mancher Junggläubige (und nur solche Jungen im Glauben?) beschwert sich über die mangelnde Liebe in der (örtlichen) Gemeinde, statt daß er selber einen „Sack voll Liebe“ mit hineinbrächte! Täte er es, dann würde er sich vor Gegenliebe vielleicht kaum zu bergen wissen! Denn es ist ein eigen Ding um die (christliche) Liebe: Wer sie bei anderen sucht, wird stets enttäuscht; wer sie aber mitbringt, der weckt sie in anderen. Genau so machte es Gott - indem Er liebte und liebt uns, die wir nicht liebenswert sind, schüttet Er die Liebe in unser Herz aus durch den Heiligen Geist (Röm 5,5), und wir können nicht anders: Wir müssen lieben; „wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat!“ (1Joh 4,19) Das ist gleichsam ein Grundgesetz!
Aber daß wir uns ja nicht selber betrügen: Liebe besteht nicht in Worten, auch nicht in sentimentalen Gefühlen! - Liebe ist Tat, ist Wahrheit, sonst ist sie gar nicht da, höchstens eine Karikatur von ihr, ein Scheinlieben! Die Liebe ist ja, wenn überhaupt vorhanden, auch in sich selbst ohne Maß, ohne Kalkulation, ohne Berechnung, ohne Einschränkung; halbe Beweggründe schaffen keine ganze Liebe. Ihr Betätigungsfeld mag beschränkt, mag klein sein, sie selber ist groß, ja unbeschränkt, ist keine „tote“ Gewohnheit; sie gibt, wenn echt, ihr Letztes, ihr Alles, ihr Bestes! Denn Liebe ist - wir sehen es an den Urvorbildern - Hingabe, ist Wille für den anderen (gegen sich selbst)!, ist Opfer, ist - darum auch Leiden! Liebe ohne Leiden? Unmöglich! „Wem nie aus Liebe Leid geschah, geschah aus Lieb' auch Liebe nicht!“ hat die große Dulderin, die Preußenkönigin Luise gesagt - und wie recht hat sie! Eine Liebe, die nicht bereit ist, sich ganz zu opfern, wenn sie auch darunter zerbricht, ist nicht dem göttlichen Urbild entsprechend!
Freilich, nur Gläubige können so in Wahrheit lieben, Wahrheit in der Liebe, Liebe in der Wahrheit betätigen (Eph 4,15), nur die biblische Liebe läßt sich in dieser Weise offenbaren; die irdische Liebe ist davon ja nur ein unendlich schwaches Abbild! Was auch an „Liebe“ auf der Welt ist, es ist alles durch Ichsucht, durch Selbstliebe befleckt - die an sich nicht Unrecht ist, wenn sie ihr Gegenstück hat: „Liebe den Nächsten wie dich selbst!“ sagt der Herr Jesus, sagt Gott (vgl. z. B. Lk 10,27)!, sagt Sein Wort (z. B. Jak 2,8)!, aber sie hat's eben meist nicht, dieses Gegenstück! - Die irdische Liebe, selbst die höchste, die Mutterliebe, ist nicht ganz rein, obwohl sie sogar in der Tierwelt noch, wieviel mehr in der Menschenwelt, erhabene Größe offenbart; und die Gattenliebe, die Kindesliebe, die Liebe zu den Kindern, die Geschwisterliebe, die Freundesliebe - o ja, viel Schönes bringt sie zuwege, und ohne Liebe wäre es in der Welt nicht mehr zum Aushalten - aber, aber überall steht das Ich, das „liebe“ Ich, das „heilige“ Ich (wie man in Spanien sagt) daneben und entweiht die echte, weil selbstlose Liebe, die Liebe um ihrer selbst willen! Es ist ja auch wichtig zu sehen, daß jene „Liebe“, die in der Welt eine so große Rolle spielt, die Erotik, in der Heiligen Schrift nicht zu finden ist! Die beiden Worte im griechischen Grundtext des Neuen Testamentes für „lieben“ und „ liebhaben“ enthalten nichts dergleichen, und das kommt daher, weil sie ihr Urbild eben in Gottes Liebe und in Seiner Zuneigung zu uns haben ... (1Kor 13)!
Doch ich habe nicht den Raum, weiter hierüber zu schreiben.
Noch einige praktische Bemerkungen!
Die Liebe braucht Betätigungsfelder, sie kann nicht ohne solche sein. Sie braucht „Fronten“, und sie hat in der Schrift deren wenigstens drei: 1. Gott und Seinen Sohn, Liebe zum Herrn; 2. die Kinder Gottes; 3. die durch Liebe zu gewinnenden Ungläubigen (auch die Feinde, siehe z. B.
Lk 6,35)!. Wollte ich über dies alles schreiben, es würde ein Buch! Aber es ist ja auch gänzlich unnötig, da dies „Buch“ schon geschrieben ist: die Bibel! - Nur drei möglichst kurze Hinweise:
1. „Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort!“ sagt der Herr in den verschiedensten Variationen (vgl. z. B. Joh 14,21-24 und 1. Joh.-Brief; 2Joh V. 6 usw).. Er wartet auf den Erweis unserer Liebe!
2. „Ein neues Gebot gebe Ich euch, daß ihr einander liebet, gleichwie Ich euch geliebt habe.“ (Joh 13,34 und viele andere Stellen, besonders im 1. Joh.-Brief, aber auch oft bei Paulus, vgl. z. B. Röm 13,8-10; Eph 5,1.2; 1Kor 13 usw., auch bei Petrus: z. B. 1Pet 1,22; 2Pet 1 u. a). Dies gilt auch für die christliche Ehe! Wie oft sagt das Wort den Männern (den Frauen nur einmal indirekt: Tit 2,4)!, ihre Weiber zu lieben, vgl. vor allem Eph 5,22-33 u. a.! - Doch beachten wir, daß unsere Liebe zueinander kontrolliert und reguliert, in Schranken gehalten, ausgedehnt und begrenzt wird durch unsere praktische Liebe zu Gott (vgl. 1Joh 5,2 und siehe dazu Jahrb. 10, Frg. 10)!; ebenso andererseits ist in der Schrift betont, daß unsere Liebe zu Gott sich beweist in der zu unseren Brüdern. (1Joh 4,20, und siehe Jahrb. 17, Frg. 9)!
3. „Die Liebe des Christus drängt uns“ - wozu? ihnen, den Ungläubigen, das Wort der Versöhnung nahezubringen (2Kor 5,14 usw.; vgl. Lief. 2, S. 38). Zu diesem Zwecke suchen wir, ohne die Grundsätze der Wahrheit irgendwie zu verleugnen (eine ernste Sache)!, wie Paulus „allen alles zu werden, um auf alle Weise etliche zu gewinnen“ (1Kor 9,19-22). - Genug von diesen drei „Fronten“ - jeder Leser denke dem weiter nach!
Und nun - „seid aber jederzeit bereit - zum Lieben“! Wir spüren, indem wir dies jetzt noch einmal vor unser inneres Auge stellen, die Schwierigkeit der Aufgabe dieses Bereitseins! Wir fühlen uns so unfähig, wir sehen die Hindernisse, wir spüren die Blicke der Kritik, des Übelwollens bei anderen, der Feindschaft Satans und seiner Getreuen, wir stolpern über das Zukurzkommen anderer in puncto „Liebe“ und machen es selber doch nicht besser - aber wir sehnen uns nach mehr Gnade, um mehr lieben zu können, wir möchten dem Herrn durch unsere Lieblosigkeit oder unseren Liebemangel keine Schande mehr machen, wir wollen Ihn nicht so oft betrüben durch unvollkommenes Halten Seines Wortes oder durch gewohnheitsmäßiges Dienen an den Seinen oder der Welt, ohne den stets frischen Zustrom der Liebe von oben - kurz, wir möchten mehr lieben in Wahrheit, wie können wir es? Wie sollen wir's nur machen, wir Armen, wir liebeleeren Geschöpfe? Wo ist die Hilfe, wo die Kraft? O nur nicht verzweifeln! „Wer da hat, dem wird gegeben“ - und „Bittet, so wird euch gegeben!“ sagt Sein Wort. (Lk 8,18; Mt 7,7 usw). „Wen Weisheit mangelt, der bitte von Gott, und sie wird ihm gegeben werden!“ (Jak 1,5) Sollte das für die Liebe nicht zutreffen? O versuchen wir's nur! Und wenn Liebe - „Licht und Liebe“ (1. Joh.-Brief) - das Wesen Gottes ist und wenn wir in Christo Jesu die Liebe verkörpert sehen und wenn wir „durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt werden durch den Geist“ (2Kor 3,18) - dann gibt's hier sicher für uns einen Weg, um mehr lieben zu lernen, d. h. mehr der Natur Gottes entsprechend wandeln zu können, wie es ein Paulus - auch nur ein Mensch! - konnte und uns darin voranging, so, wenn er uns ermahnt: „Ziehet die Liebe an!“ (Kol 3,12ff)., und selber vorbildlich handelt nach 2Kor 12,15! - Ja, laßt uns mehr leben im Anschauen der Herrlichkeit Christi Jesu, auf den Knien, d. i. gebeugt, Ihn betrachtend in Seinem Wort; und sicher: wir werden besser lernen zu lieben wen, wie und wo es Sein herrlicher Wille ist, sind wir doch selber „Heilige und Geliebte“ und „angenehm gemacht in dem Geliebten“! (Kol 3,12; Eph 1,6) Laßt uns Ihm, wo es nötig ist, unser Zukurzkommen bekennen (auch hierfür gilt 1Joh 1,9)! und dann aufs neue „wandeln in Liebe“! (Eph 5,1) Es ist wohl und gut möglich, denn Sein lebendiges Wort sagt es uns, und es sagt uns nie zuviel! „Seid aber jederzeit bereit“ ... zum Lieben! „Alles bei euch geschehe in Liebe!“ (1Kor 16,14)
Seine genügende Gnade helfe uns dazu!
F. K.
(Fortsetzung folgt, s. G. w.)!