Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
Heb 13,2 - „Der Gastfreundschaft vergesset nicht ...“Heb 13,2 - „Der Gastfreundschaft vergesset nicht ...“
Wenn es nötig war, den Hebräern zu schreiben und sie zu ermahnen, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen, wieviel mehr haben wir nötig, in dieser ernsten und bedrängten
Zeit uns das Wort ins Gedächtnis zu rufen. Der Herr kennt uns, Er weiß, was für vergeßliche Hörer wir sind und wie leicht wir vergessen, dem Worte zu folgen, besonders wenn es uns unbequem ist oder gar Opfer erfordert. Deshalb erinnert Er uns, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen. Er will nicht, daß wir den Segen derselben verlieren, „denn durch dieselbe haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt“. Dies Wort allein sollte schon genügen, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen. Es ist nicht nötig zu wissen, ob es der Mühe wert ist, diesem oder jenem, der uns vielleicht gering erscheint, Gastfreundschaft zu erweisen. Schickt der Herr ihn uns ins Haus, so sollen wir auch um des Herrn willen gastfrei sein, dann werden wir auch den Segen der Gastfreundschaft empfangen, denn ohne ihr Wissen haben etliche Engel beherbergt. Vielleicht hat der Herr dir einen Gast ins Haus geschickt, vielleicht war es einer der „Geringsten“ der Herde Christi, aber du dachtest nicht daran, ihn zu speisen; du wünschtest, er möge bald die Tür von draußen schließen. Vielleicht hattest du selber Mangel, oder deine Zeit war kostbar. Er hielt dich auf - und du vergaßest der Gastfreundschaft, und in der Herrlichkeit mußt du erkennen, welch ein Segen dir verloren ging. Gott hatte dir den Bruder gesandt, um dein Haus durch Gastfreundschaft zu segnen - Engel hättest du beherbergt - aber - du vergaßest!
1. Petrus 4,9 heißt es: „Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren.“ Welch ernste Mahnung für uns in dieser Kriegszeit! Wir wissen oft selber nicht, was wir essen und trinken sollen, und sind so leicht geneigt, schon zu murren, daß unser Tisch so schmal gedeckt ist - und dann noch Gäste zu Tisch haben und nicht murren? Wird uns da nicht zu viel zugemutet? In PetrusTagen war kein solcher Hungerkrieg. Muß man dann dies Wort auch in der Jetztzeit auf sich anwenden? Jawohl, Geliebte! Gottes Wort in seiner Kraft steht fest zu allen Zeiten - gepriesen sei Er! -, denn das gilt auch von dem Worte: „ Euer Vater aber weiß ...“ (Mt 6,32). Wie ermahnt uns deshalb der Herr: „Ohne Murren!“
Gastfreundschaft mit Murren verherrlicht Ihn nicht und bringt uns keinen Segen. Aus eigener Kraft würde es in dieser Kriegszeit schwer sein, gastfrei zu sein ohne Murren, aber im Aufblick zu Ihm, aus Liebe zu unserem Herrn, der nie einen Menschen, der zu ihm kam, hungernd entließ (vgl. Mk 8,1-10! Wie übte Er Gastfreundschaft)!., wird es uns zu einer tiefen Freude werden, Gotteskindern Gastfreundschaft zu erzeigen.
Man möchte sagen: „Geschwister, die Geld und Gut haben und denen es somit auch im Kriege noch verhältnismäßig leicht gemacht ist, können wohl gastfrei sein ohne Murren; wer aber nichts hat als eine große Familie und die eigenen Kinder kaum satt machen kann, oder wo vielleicht durch Krankheit das kleine Vermögen aufgezehrt ist, solche könne das Wort nicht treffen, gastfrei zu sein ohne Murren.“ Aber das Wort Gottes sagt einfach: „Seid gastfrei ohne Murren.“ Davon ist kein Kind Gottes ausgeschlossen. Aber du sollst es nicht sein über Vermögen. Du sollst nicht denken, du müßtest deinem Gäste etwas ganz Besonderes an Speise vorsetzen. Nein, gewiß nicht! Jeder nach dem er von Gott empfangen hat. Die Liebe Christi wird geben, was sie besitzt. Hast du Überfluß, laß deine Gäste daran teilhaben; hast du Mangel, so teile von deinem Mangel ohne Murren. Der Herr wird dir vergelten.
Röm 12,13 wird uns gesagt: „An den Bedürfnissen der Heiligen nehmet teil, nach Gastfreundschaft trachtet.“ Dieses Wort ist wohl das größte der Ermahnungen, die wir betrachten. Die Bedürfnisse der Heiligen und die Gastfreundschaft sind in dieser Stelle zusammengeschlossen. Geschwister, kennt Gott uns als solche, die an den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen und die danach trachten, Gastfreundschaft auszuüben mitten in den schwierigsten Umständen dieser Zeit? An den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen heißt nicht, freundliche, teilnehmende Worte sagen, das sollen wir sicher tun, sondern das heißt, praktisch eingreifen und, soweit es bei uns steht, in den Bedürfnissen Hilfe leisten. Möchten wir lernen, es in „Einfalt“, „Bereitwilligkeit“ und „Freigebigkeit“ zu tun (Röm 12,8).
Bruder, Schwester! Trachten wir in diesen bedrängten Tagen danach, Gastfreundschaft zu betätigen? Das ist mehr als gastfrei zu sein ohne Murren. Uns selbst Gäste um des Herrn willen ins Haus zu bitten ist mehr als Gäste, die der Herr uns sendet, ohne Murren aufzunehmen. Die Vereinsamten, die Witwen, die Waisen, die Lazarusse, die unter Kummer oder Sorgen Niedergebeugten, die, die der Herr dir aufs Herz gelegt, lade sie in dein Haus, und soweit du es vermagst, erquicke und stärke sie, stille mit dem, was der Herr dir anvertraut hat, ihre Bedürfnisse nach Leib und Seele (vergl. Lk 14,12-14).
Und wenn unerwartet Geschwister von auswärts kommen? Ja, ist das nicht eine besondere, eine goldene Gelegenheit, praktisch das Wort des Herrn verwirklichen zu können: nach Gastfreundschaft trachtend? Aber da steigen Gedanken im Herzen auf: Nachtbesuch kostet Wäsche - woher Seife nehmen in der Kriegszeit? - es gehl nicht - gern würde ich meine Zimmer bereitstellen - aber die Zeiten sind zu schlecht - und - du machst es vielleicht so, wie es in einer Gemeinschaft geschah, als unerwartet ein auswärtiger, in der Arbeit des Herrn stehender Bruder in die Versammlung kam: Am Schluß der Versammlung hielten sich einige ängstlich von dem Bruder fern, um ihn nicht einladen zu müssen. Man wartete, bis andere es getan, und sagte dann erleichtert: „Wir hatten schon Sorge, den Bruder aufnehmen zu müssen.“ Alsdann ging man und begrüßte den Bruder mit herzlichen Worten. Liebe Geschwister, das ist ein trauriges
Bild vom Trachten nach Gastfreundschaft. Solche trachten nicht danach.
Gewiß sind nicht alle in gleicher Lage, Nachtherberge bereiten zu können. Aber die, welche es können, sollten ihr Vorrecht höher schätzen und die Gnade erkennen, mit der Gott sie gesegnet hat. Von der Lydia laßt uns lernen (Apg 16,15). Sie nahm die Brüder, die am Worte dienten, in ihr Haus auf, ja, sie trachtete nach Gastfreundschaft, denn sie nötigte sie, in ihr Haus einzukehren. Wie auch die Verhältnisse sein mögen, an den Bedürfnissen der Heiligen kann jedes Kind Gottes teilnehmen und ebenso nach Gastfreundschaft trachten. Möge der Herr den Wunsch in unseren Herzen lebendig machen, auch in dieser Zeit des Mangels nach Gastfreundschaft zu trachten und an den Bedürfnissen der Heiligen teilzunehmen, auf daß der Herr auch hierin verherrlicht werde.
Nun möchte ich noch einige Worte der Schrift anführen, welche die drei Punkte unserer Betrachtung noch weiter beleuchten und uns zur Gastfreundschaft ermutigen.
1Tim 3,2 und Tit 1,8 wird uns gesagt, was einen Bruder, der einen Aufseherdienst ausüben will, kennzeichnen soll. Neben den Dingen, die da angeführt werden, wird die Gastfreiheit genannt. Und weiter wird 1Tim 5,10 gesagt, daß Witwen nur dann in die Gemeindelisten eingetragen werden sollten, wenn sie gewisse Kennzeichen eines gottseligen Lebens trugen, und wieder finden wir: „... wenn sie Fremde beherbergt hat.“ Wenn Gott Gastfreundschaft zu einem Prüfstein unseres Lebens gemacht hat, sagt uns das nicht deutlich, wie hoch Gott sie bewertet? Wie sind doch Seine Augen auf unser Leben gerichtet! Liegt in diesen Worten keine Ermutigung, gastfrei zu sein?
Bruder! Es lohnt sich, die beiden obigen Stellen genau anzusehen. Es ist nicht genug, „lehrfähig“ zu sein und „mit der gesunden Lehre“ ermuntern zu können - alle diese
Dinge wünscht der Herr in deinem Leben zu finden. Und, gelieble, betagte Witwe, hat Seine Gnade diese Dienste in 1Tim 5,10 in deinem Leben vollbringen können? Glückliches Leben, in welchem die Marksteine Seines Wohlgefallens gefunden werden! Teure Schwester, welche köstliche Aufgabe ist dir für die kurze Zeit deines Erdenwallens geworden! Sieh' dir in diesem Verse das schöne Gebiet des Schwesterndieses an. Zwar findest du kein Wort von Lehren und von Evangelisieren, aber du findest die Dinge genannt, die Gott in dem Leben der Schwestern zu finden wünscht. Kaufe deine Zeit aus, nimm dich der Kleinen an, beherberge, wasche der Heiligen Füße, leiste den Bedrängten Hilfe, gehe dem guten Werke nach gegen alle, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens (Gal 6,10). Und wenn.du arm bist, denke an die hungernde Witwe in 1Kön 17,9ff., sie nahm Elia, den der Herr ihr sandte, auf und gab ihm vorweg, als dem Knechte Gottes, das Letzte, was sie hatte. Und wie segnete es ihr Gott! Er vergißt nicht, was wir um Seines Namens willen den Seinigen tun. Er ist ein großer Vergelter. (Heb 6,10).
Geliebte Geschwister, lasset uns mit dem, was der Herr uns anvertraut hat - sei es viel oder wenig - sei es Geld oder Güter oder Lebensmittel -, als Ihm verantwortlich umgehen, besonders in dieser Zeit der Not. Er mahnt so treu in Seinem Wort: „Der Gastfreundschaft vergesset nicht.“ - „An den Bedürfnissen der Heiligen nehmet teil.“ - „Wer sparsam säet, wird auch sparsam ernten.“ -„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ (2Kor 9,6-8). - „Des Wohltuns und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen“ (Heb 13,16). Und heute sind es oft wirklich „Opfer“, die mit dem „Mitteilen“ verbunden sind.
Laßt uns auch die drei Richtlinien beachten, die das Wort unterscheidet: die erste umfaßt alle Menschen - auch die Feinde und Undankbaren. - Möchten wir den Bettler, der hungernd an unserer Tür um Essen bittet, nicht gewohnheitsmäßig abweisen, sondern des Wortes gedenken: „Brich dem Hungrigen dein Brot“ (Jes 58,7; Hes 18,16; Röm 12,20). „Lasset uns das Gute wirken gegen alle!“ (Gal 6,10).
Die zweite umfaßt die Hausgenossen des Glaubens. Die Schrift sagt: „Laßt uns das Gute tun gegen alle, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens. Auch hierin sollen wir „Nachahmer Gottes“ (Eph 5,1) sein, „der ein Erhalter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen (1Tim 4,10). Für die Brüder soll uns selbst unser Leben nicht zu kostbar sein (1Joh 3,16).
Die dritte umfaßt die Arbeiter des Herrn. Gott stellte allen (für die in Israel gesorgt werden sollte) die Leviten voran. Und an das diesen Gesagte knüpft der Apostel die Verordnung des Herrn an betreffend Seiner Arbeiter (1Kor 9,13.14). In bezug auf diese ermahnt das Wort in so besonderer Weise: „Wer im Worte unterwiesen wird, teile aber von allerlei Gütern dem mit, der ihn unterweist“ (Gal 6,6). „Wenn wir euch das Geistliche gesät haben, ist es etwas Großes, wenn wir euer Fleischliches ernten?“ (1Kor 9,11). Diesen göttlichen Grundsatz des „Gebens und Empfangens“ (Jes 58,7; Phil 4,15) wandte der Apostel selbst auf die Juden und Heiden an, als er sagte, daß sie, die „ihrer geistlichen Güter teilhaftig geworden sind, schuldig sind, ihnen auch in den leiblichen zu dienen“ (Röm 15,27).
Wenn Gott uns solche Richtlinien in Seinem Worte gegeben hat, ist es dann nicht wichtig, sie zu beachten? Können wir so tun, als ob es gleich wäre, wie wir Gutes tun? Wie betrübend ist es, Gläubige zu sehen, die diese Anordnung des Herrn geradezu auf den Kopf stellen, die viel mehr für mildtätige Werke der Welt übrig haben als für die Hausgenossen des Glaubens und die Arbeiter des Herrn. Warum? Oft mag es Unwissenheit sein; aber ach, oft ist es auch, weil an dem Ausposaunen und von Menschen Gesehenwerden das Herz noch Wohlgefallen findet. Der Herr sagt: „Sie haben ihren Lohn dahin“ (Mt 6,1-4). Tue der Welt Gutes, aber sorge, daß das dementsprechende „Viel mehr“ für die Hausgenossen des Glaubens nicht ausfällt. Sonst bist du kein treuer Verwalter.
Laßt uns darum den göttlichen Unterweisungen der Schrift folgen und 1. in schuldiger Sorge acht haben auf die leiblichen Bedürfnisse derer, die als Arbeiter im Werke des Herrn stehen (Sie haben Arme mit dem Worte zu bedienen, die nichts haben, und andere wieder, die nicht willig sind, nach der Verordnung des Herrn zu handeln, um so mehr sollten solche, die vom Herrn gesegnet sind, für sie eintreten)., 2. in besonderer Weise Gutes erweisen den Hausgenossen des Glaubens, und zwar ohne Unterschied, und 3. unser Herz darin selbst nicht der Welt verschließen. In allem aber laßt uns an das Wort, das der Herr Selbst gesagt hat, denken: „Geben ist seliger als nehmen“ und das rechte Zartgefühl im Geben bewahren.
So wollen wir denn der Gastfreundschaft nicht vergessen, denn ohne ihr Wissen haben etliche Engel beherbergt, und gastfrei sein ohne Murren. Und mehr, lasset uns trachten nach Gastfreundschaft und an den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen auch in dieser ernsten Kriegszeit. Eine große Verantwortung haben wir als Kinder Gottes, und besonders, wenn Gott uns Güter anvertraut hat. „Vergesset nicht!“ Der Herr helfe uns, daß Sein Name an uns gepriesen werde (3Joh 5-8). Der Herr spricht: Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird (Off 22,12).
E. K.