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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Wohin gehst Du? (5) - Erkenntnis und WandelWohin gehst Du? (5) - Erkenntnis und Wandel
Nur ein wirkliches Gotteskind ist und bleibt ewig errettet. Man darf deshalb die Bekehrung nicht zu leicht nehmen. Dazu ist das Herzblutopfer unseres Herrn zu kostbar. Nur eine ganz entschiedene Abkehr von der Welt und sich selbst und Hinkehr zu Ihm schafft die Grundlage für einen fruchtbaren Wandel (1Joh 2,15-17). Wer die Gnade des Herrn als Ruhekissen ansieht (Röm 6,1.2), dem kann man wohl mit ziemlicher Gewißheit die Gotteskindschaft absprechen. Je mehr ein wahrer Christ sich in sein wunderbares Verhältnis zu seinem Heiland versenkt, um so dankbarer wird er werden und bestrebt sein, seine Dankbarkeit durch einen geheiligten Lebenswandel sichtbar zum Ausdruck zu bringen.
Es ist eine sehr ernste Tatsache, daß man in Kreisen von Kindern Gottes, denen der Herr viel Licht über Sein Wort hat schenken können, oft Selbstüberhebung, Übersättigung, Formengeist, Richtsucht, Trägheit, Oberflächlichkeit, Weltsinn, Kopferkenntnis, Abweichen und Zurückbleiben findet.
Andere in der Erkenntnis nicht soweit vorangeschrittene Gemeinden machen dagegen mitunter einen viel lebendigeren Eindruck. Woher kommt das? Mit dem Erkennen hat das Ausleben nicht Schritt gehalten (1Kor 13,2; Jak 1,22). „Die Erkenntnis (für sich allein) macht stolz, die Liebe aber erbaut.“ (1Kor 8,1) Nur „dem Demütigen gibt Gott Gnade“. (1Pet 5,5; Jak 4,6) Erkenntnis wirkt Verantwortung (1Tim 1,14). Möchten wir solchen Geschwistern gegenüber, die sich einfältig und treu bemühen, ihre nach unserer unmaßgeblichen Meinung geringere Erkenntnis in die Tat umzusetzen, mehr Phil 3,13-16 zur Anwendung bringen!
Andererseits läßt sich nicht verkennen, daß manche Gläubige sich scheuen, eine klar erkannte Schriftwahrheit alsbald auszuleben. Bequemlichkeit, Menschenfurcht und Mangel an Aufrichtigkeit lassen sie eine eindeutige Stellungnahme umgehen. Sie sind „Kautschukchristen“. Kompromisse kennt aber Gottes Wort nicht. „Wer Meine Gebote hat und sie befolgt, der ist es, der Mich liebt; wer aber Mich liebt, wird von Meinem Vater geliebt werden, und auch Ich werde ihn lieben und Mich ihm offenbaren.“ (Joh 14,21) „Der Herr ist für mich, ich fürchte mich nicht: was können Menschen mir tun?“ (Ps 118,6) Siehe auch 2Kor 12,9!
7. Gesetz und Gnade.
Bei dem Zustandekommen des Erlösungswerkes ist jede Tätigkeit des Menschen als zwecklos ausgeschaltet worden. Dem Selbsterlösungstriebe des Menschen trug Gott durch die Schaffung des Gesetzes Rechnung. Der Mensch hat jedoch völlig versagt (Röm 7 und Gal 3). Nun darf er ruhen von allen seinen vergeblichen Anstrengungen. „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30) Im Zeitalter des Gesetzes endete die Woche nach sechs Tagen der Arbeit mit dem Sabbat als Ruhetag. In der gegenwärtigen Zeit der Gnade (Röm 10,4) beginnen wir die Woche mit dem ersten Tage, dem Sonntage, dem Tage der Auferstehung unseres Herrn, dem Tage der Erquickung und Sammlung. Er drückt auch den folgenden Tagen sein Gepräge auf. Gott Selbst bereitet jetzt unsere Werke! (Eph 2,10; Kol 3,23) Welch wunderbarer Wechsel!
Natürlich sind wir auch im Neuen Testamente nicht ohne Gesetz. Wir leben im „Gesetze Christi“ (1Kor 9,21; Gal 6,2; 1Tim 1,8.9; Jak 2,8). „Denn das Gesetz des Geistes, der das Leben in Christo Jesu verleiht, hat uns von dem Gesetz der Sünde und des Todes frei gemacht.“ (Röm 8,2) „Wer aber bis in das vollkommene Gesetz der Freiheit hindurchgeschaut hat und dabei beharrt, indem er kein vergeßlicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter ist, ein solcher Mensch wird in seinem Tun selig sein.“ (Jak 1,25) „Freiheit in Zucht“ soll das Kennzeichen unseres Wandels sein. (Gal 5,13.14)
Diese Freiheit fordert mehr als das Gesetz vom Sinai (Mt 5,17-48; Eph 4,28). Nur in ihr wird unser Leben ein fruchtbares. (Mt 7,16-20; Lk 6,43.44; Joh 15,5; Kol 1,10; Jak 2,26)
8. Der Name „Christ“.
Zum ersten Male findet sich die Bezeichnung „Christ“ in der Apg 11,26: „In Antiochia legte man zuerst den Jüngern den Namen ‚Christen‘ bei.“
Die Christen waren solche Leute, die ihren Mitmenschen von ihrem Herrn, Jesus Christus, erzählten und die, was die Hauptsache war und zur Prägung dieses Namens führte, die Echtheit ihres Bekenntnisses durch ein ihm entsprechendes Leben bewiesen. Später wird dieser Name zur allgemeinen Kennzeichnung der Christo Angehörenden (Gal 5,24), wie der Ausruf des Königs Agrippa zeigt: „Beinahe bringst du es fertig, mich zu einem Christen zu machen!“ (Apg 26,28)
Die Bibel übernimmt auch diesen Namen ausdrücklich: „Leidet er aber als Christ, so schäme er sich dessen nicht, sondern mache Gott durch diesen Namen Ehre.“ (1Pet 4,15.16)
Er ist also der den Kindern Gottes in Seinem Worte gegebene. Wir sollten mithin keinen anderen Namen führen!
Der Glaube des Christen ist an eine Person geknüpft, an den auferstandenen, zur Rechten Gottes des Vaters in dem Himmel thronenden und doch allezeit bei den Seinen weilenden Sohn Gottes. Christen besitzen ihren Herrn in vierfacher Weise: im Worte, im Herzen, um sich und über sich. Für Ihn werben wir um die Herzen der Menschen, nicht dagegen für irgendeine Sache oder Vereinigung. „Dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn vom
Himmel her zu erwarten“ (1Thes 1,9.10) ist Zweck und Inhalt unseres Christenlebens. Unsere Arbeit hat in den Augen des Herzenskündigers nur dann Wert, wenn ihre einzige Triebfeder die innige Liebe zu Ihm aus reinem Herzen und ungeheucheltem Glauben ist (1Tim 1,5; Off 2,4) und wenn sie sich völlig in den Bahnen des Wortes Gottes bewegt. (1Kor 9,24.27; 2Tim 2,5)
Wir bekennen uns zu Ihm und damit zu Seinem Worte als Ganzem. Wir brauchen daher weder eine Spezialbenennung noch eine bekenntnismäßige Verfassung.
Jesus bedeutet Retter, Heiland und Erlöser; Christus heißt Gesalbter, Gekrönter und Herrscher. Seinen ersten Namen hat Er wahrgemacht, als Er in Menschengestalt auf diese Erde kam; den zweiten wird Er verwirklichen, wenn Er in Herrlichkeit wiederkommt, um Sein Tausendjähriges Friedensreich aufzurichten. Wir werden dann mit Ihm herrschen in alle Ewigkeit (Off 22,5). Freuen wir uns, uns nach Ihm nennen zu dürfen, Seinen Namen zu tragen, der über alle Namen ist!
Kinder Gottes, die unter Ablehnung jeglicher Parteistellung nur „der Richtung auf Jesum hin“ angehören wollen (Phil 3,14; 1Joh 1,3), stoßen nun aber kirchlichen und staatlichen Behörden gegenüber mit der einfachen und schlichten Bezeichnung „Christ“ auf Schwierigkeiten. Ihnen wird in der Regel entgegengehalten, daß „wir doch alle Christen sind“ und daher diese Angabe zur spezialisierten Erkennbarkeit ihrer inneren Einstellung nicht ausreiche. Um nun den diesbezüglichen Forderungen der Behörden gerecht zu werden (Röm 13,1; 1Pet 2,13), erscheint es angebracht und ausreichend, ihnen gegenüber den Namen „Christ ohne Sonderbekenntnis“ zu führen.
Zweiter Abschnitt:
Die Gemeinde Gottes. „Sollte sich mein Kommen aber verzögern, so sollst du daraus entnehmen, wie man sich im Hause Gottes zu verhalten hat; denn das ist ja die Gemeinde des lebendigen Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit.“ (1Tim 3,15.16)
1. Begriff, Stellung und Aufgabe.
Die Gesamtheit aller „Menschen Gottes“, ohne Rücksicht auf ihr etwaiges Sonderbekenntnis (Joh 10,14-16; Eph.
4,1-6), bildet die „Gemeinde Gottes“ im biblischen Sinne. Wie die Erlösung des einzelnen Menschen, so war auch die Schaffung der Gemeinde bereits vor Grundlegung der Welt von Gott dem Vater und Gott dem Sohne beschlossen (Eph 3,9). Die Verwirklichung dieses göttlichen Ratschlusses ist jedoch erst als Frucht des Todes unseres Herrn Jesus Christus in die Erscheinung getreten. „Christus hat die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie dahingegeben, um sie zu weihen, indem Er sie durch das Wasserbad des Wortes reinigte, und um so die Gemeinde für Sich Selbst in herrlicher Schönheit hinzustellen, ohne Flecken oder Runzeln oder ähnliche Fehler, vielmehr so, daß sie heilig und ohne Tadel sei.“ (Eph 5,25-27) Von dieser Seiner Gemeinde sagt der Herr, daß „die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollen“ (Mt 16,18). Sie hat Ihn zur Grundlage, den Sohn des lebendigen Gottes, den Fels der Ewigkeiten! (Jes 26,4; 1Kor 3,11; 1Pet 2,4)
Eine schöne Begriffsbestimmung der Gemeinde gibt uns der Apostel Paulus. Er schreibt im 1. Korintherbriefe (1,2): „an die Gemeinde Gottes, die zu Korinth ist, an die Geheiligten in Christo Jesu, an die berufenen Heiligen, samt allen, die anrufen den Namen unseres Herrn Jesu Christi an jedem Orte, bei ihnen und bei uns.“ (Miniaturbibel).
Die Schrift spricht von der Gemeinde in mannigfachen Bildern, um ihre Vielseitigkeit darzutun. Sie ist beispielsweise die Braut, das Weib des Lammes (2Kor 11,2; Eph 5,31.32; Off 19,7; 21,9), der Leib Christi (1Kor 12,27; Eph 1,22.23; 5,30), der neue Mensch (Eph 2,14-16), der Tempel Gottes und das Haus Gottes (1Kor 3,16.17; 2Kor 6,16; Eph 2,20-22; 1Tim 3,15; Heb 3,6; 1Pet 2,5) und die kostbare Perle (Mt 13,45.46).
Sie ist die „Herausgerufene“ (Gal 1,4; Miniaturbibel). In Verbindung mit ihrem himmlischen Haupte gesehen, heißt sie: „der Christus“ (1Kor 12,12; Elberfelder Bibel).
Sie ist ferner die Schar der „Auserwählten“ (Kol 3,12; 1Pet 2,9; Eph 1,4; 2Thes 2,13) und der „Erstgeborenen“. (Jak 1,18; Heb 12,23)
Durch die Gemeinde soll jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in der Himmelswelt die vielgestaltige Weisheit Gottes kundgetan werden. (Eph 3,10) Wahrlich, eine sehr hohe und verantwortungsvolle Aufgabe! Und ihre Glieder sollen sein „unsträfliche Gotteskinder inmitten einer verkehrten und verdrehten Menschheit, unter der ihr als helleuchtende Himmelslichter in der Welt erscheint“. (Phil 2,15)
2. Die Einheit des Leibes.
Die Gemeinde Gottes bildet eine unzerstörbare Einheit. Sie ist durch den einen Geist zu einem Leibe zusammengeschlossen (1Kor 12,13). Und sie wird durch die Liebe, das Band der Vollkommenheit, zusammengehalten. (Kol 3,14; siehe auch Eph 4) Örtliche Gemeinden sind daher nur Teile des Ganzen. Als Sonderbezeichnungen für sie kennt die Schrift nur die Ortsnamen. (1Kor 1,10-13)
Nicht ganz zutreffend ist der Ausdruck „Christliche Gemeinschaft“. Eine jede Gemeinde besteht durch die Gemeinschaft ihrer Glieder mit dem himmlischen Haupte; Gemeinschaft ist also etwas praktisches. (1Joh 1,3)
Unschön und mißverständlich für die Kenntlichmachung eines Kreises von Kindern Gottes ist der Name „Christliche Versammlung“. Am passendsten erscheint wohl für eine Vereinigung von Gläubigen die Bezeichnung „Christliche Gemeinde“, der dann die Angabe ihrer örtlichen Lage zur Unterscheidung beizufügen ist.
Von der Zusammengehörigkeit aller Kinder Gottes sollte auch unser Benehmen Geschwistern gegenüber zeugen, mit denen wir in Erkenntnisfragen nicht völlig übereinstimmen (Ps 133; 1Kor 13), namentlich in Gegenwart von Ungläubigen! Man sollte auch nicht davon reden, daß Christen „die Einheit des Leibes zerreißen“, wenn sie sich nicht ausgerechnet einem bestimmten christlichen Kreise angliedern. Die sichtbare Einheit aller Gläubigen wird erst in der Ewigkeit zum Ausdruck kommen. Sie hier auf Erden bereits in die Erscheinung treten zu lassen ist heute nicht mehr möglich und auch nicht unsere Aufgabe. Wer oder was gibt uns außerdem das Recht, zu behaupten, daß wir „die allein Richtigstehenden“ sind, zumal, wenn der Wandel mit der Lehre nicht übereinstimmt? Stellen wir uns weiter einmal vor, alle Christen ständen unter einheitlicher irdischer Zentralgewalt: wäre das nicht Papsttum auf „biblischem Boden“? Würde nicht die Entfaltung der freien Persönlichkeit zum mindesten beeinträchtigt werden, die doch für den Bau des Reiches Gottes ausschlaggebend ist? Wir sind das „Salz der Erde“ (Mt 5,13). Das Salz wirkt aber nur dadurch, daß es in anderen Stoffen oder Flüssigkeiten aufgeht. So sind auch wir Christen über die ganze Erde zerstreut, um Leuchttürme für schiffbrüchige Seelen auf dem Ozean des Lebens zu sein.
Auf der anderen Seite bieten die Gotteskinder durch ihre Zerrissenheit der Welt ein geradezu trostloses Schauspiel. Sie, die doch in bewußtem, einheitlichem Gegensatz zu der Masse der bloßen Formchristen stehen, ein lebendiges Zeugnis dessen sein wollen, was die Gnade des Herrn aus verirrten und verlorenen Sündern zu schaffen vermag, sind untereinander in eine unübersehbare Zahllosigkeit von Gruppen und Parteien zersplittert, die sich manchmal feindseliger gegenüberstehen, als dies im Verhalten der Nichtchristen zu ihnen zum Ausdruck gelangt. Dank der Trennungspolitik Satans sind es oft ganz unwesentliche Meinungsverschiedenheiten gewesen, die diese Abspaltungen aus geistlichem Hochmut und aus Unduldsamkeit, besonders in letzter Zeit, bewirkt haben (Vergleiche schon 1Kor 3,1-4; 11,17-19). Andere Trennungen wieder sind ausschließlich durch persönliche, meist eifersüchtige Reibungen zwischen einzelnen Brüdern hervorgerufen worden. Jede dieser Richtungen behauptet, nur dem Worte Gottes gehorsam zu sein und verschanzt hinter dieser Redensart die Herrschsucht und den ungebeugten Eigenwillen ihrer Führer! Suchenden Menschenkindern aber wird durch solch fleischliches Benehmen der Weg zum Frieden erschwert, wenn nicht gar versperrt. Welch schwere Verantwortung laden diese falschen Führer auf sich! Auch von ihnen gilt in entsprechender Anwendung das Wort des Herrn: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ (Mt 7,20)
(Fortsetzung folgt, s. G. w.)!
H. J. M.