verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 20 - Jahrgang 1935
Röm 12,21 - Ein beherzigenswerter Rat (5)Röm 12,21 - Ein beherzigenswerter Rat (5)
(Fortsetzung). „Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm 12,21)
Diesen kostbaren Grundsatz der Schrift fanden wir in einigen Typen des Alten Testaments, wie in David, Gideon und Joseph, verwirklicht, und zwar stets unter besonderen Segnungen des HErrn, was ja auch nicht anders sein kann; wenn jene Männer so nach Gottes Gedanken handeln, ob sie auch dies Schriftwort persönlich noch nicht kennen, so wird Gott Sich unbedingt zu ihnen bekennen. Und wenn wir daher in unserem praktischen Leben die gleiche Gesinnung beweisen, indem wir - was ich in der 1. Lief. Durchführte -, im Glauben uns der Sünde für tot haltend (Röm 6), diese somit durch das Gute (im letzten Grunde Christus)! überwinden, statt uns von ihr überwinden zu lassen, so werden auch wir den Segen Gottes mit uns haben und reichlich genießen. Es kommt wirklich nur darauf an, in allem nach Seinem Willen zu fragen, d. h. um ihn zu tun, so müssen wir die herrlichsten Erfahrungen von Seiner Gnade und Treue machen und dadurch zu einem Segen für andere werden, was doch auch unseres Herzens Begehren ist. Wieviel liegt doch in dem „Laß dich nicht ...!“ Die Gefahr ist täglich da, aber die Kraft zum Überwinden des Bösen auch, nur muß sie genommen und benutzt werden! Denn wer sich vom Bösen überwinden lassen will, hat's zunächst leichter, aber sein ferneres Leben wird auch schwerer, trüber, ungesegneter sein. Man zahlt stets einen zu hohen Preis, wenn man nicht gehorsam und treu und dem Willen Gottes ergeben bleiben will. (Vgl. Lot und erst recht Lots Weib oder z. B. auch Ananias und Sapphira)!
Heute nun möchte ich, wie ich letztens ankündigte, ein neutestamentliches Beispiel für unseren Grundsatz betrachten, und zwar das des Stephanus.
Es würde zu weit führen, wollten wir die ganze, wenn auch der
biblischen Zeit nach nur kurze Lebensgeschichte dieses Mannes (
Doch genug mit diesen unvollkommenen Bemerkungen, durch die ich nur dartun möchte, welch ein gesegneter, vom Herrn gebrauchter, vom Geiste inspirierter Mann in seinem Tun und Reden dieser Stephanus gewesen ist, er, der seine Rede mit „dem Gott der Herrlichkeit“ beginnt und am Schlusse derselben die Herrlichkeit schaut, er, der stets Gott den rechten Platz gibt und der von den Dingen, die Israel gehören, unablässig so redet, wie die Schrift redet, ja, der sie reden läßt (vgl. 1Pet 4,11)!; darum auch solche Wirkung auf seine Zuhörer, die ihn wohl steinigen konnten, die sich aber ohne Frage dem gewaltigen Eindruck seiner Rede nicht entziehen konnten.
Inwiefern verwirklicht er nun unseren Grundsatz? O in mehrfacher Weise, so auch dadurch, daß er sich - wie sein göttlicher Meister, Christus Jesus - ungerecht verdächtigen ließ, ohne sich dieserhalb zu wehren (6,10ff). Hätte er sich gewehrt, ob dann wohl „sein Angesicht wie das eines Engels“ gestrahlt hätte, wie man wohl annehmen darf? (V. 15) Dann ferner in der Anrede 7,2 „Brüder und Väter“! Meinte er dies echt und wahrhaft so? Es gibt Gläubige, die gar zu gern in den Anreden und im Benehmen ihrer Geschwister im Herrn gegen sie selbst Falschheit entdecken wollen und nicht glauben, daß etwa herzliche Anreden (z. B. in Briefen)! so herzlich gemeint seien, sie wittern überall Heuchelei! Das ist traurig und wirft kein gutes Licht auf ihren eigenen Charakter. Stephanus jedenfalls hat offensichtlich, wie später Paulus in Apg 22,1, mit diesem sich noch immer Einsmachen mit denen, die seine erbittertsten Feinde waren, etwas anderes bezweckt, als ihnen etwas vorzuheucheln! Wenn sie sich durch seine Liebe nicht gewinnen ließen - schlimm für sie, er hatte es echt gemeint, er überwand das Böse mit dem Guten. Laßt uns diesen kleinen Punkt auch beachten, laßt uns auch nicht, wenn mal etwas zwischen uns und diesen und jenen gekommen ist, sofort unsere Anrede in eine wesentlich kühlere Form abgleiten lassen! Und wenn wir mißverstanden werden, so ist das bei weitem nicht so schlimm, wie wenn unsere Liebe tatsächlich am Erkalten wäre!
Sehr bemerkenswert aber erscheint mir sein Verhalten nach V. 51.52. Er mußte zu diesem Schluß gelangen - ja, Schluß, denn wenn er auch hätte weitersprechen wollen, sie hätten ihn nicht mehr dazu kommen lassen in ihrer jetzigen Verfassung (V. 54). Aber bei ihm sieht man, daß dieser furchtbar ernste Schluß durchaus nicht in fleischlicher Erregung gesprochen war, sonst wäre der Geist betrübt gewesen und die nächste, die Endszene, hätte nicht eintreten können. Nein, Stephanus blieb stets auf der geistlichen Höhe, mit der er vorher gehandelt, gearbeitet und geredet hatte (6,10.5). Er war hier nicht hingerissen durch das Fleisch, dem Fleisch ließ er keine Wirksamkeit mehr zu, er konnte im Geist vollenden, was er im Geist angefangen hatte (Vgl. Gal 3,3)!. Er ließ sich nicht vom Bösen überwinden, und darum konnte er - und das war der so überaus herrliche Ausklang seines kostbaren Lebens! - das Böse überwinden mit dem Guten, und zwar ganz in der Gesinnung Jesu Christi, nämlich so, wie dieser am Kreuze Selber gehandelt hatte. Ich sage noch einmal, der Schluß seiner Rede war nicht fleischlicher Zorn, es war ein überführendes Zeugnis gegen sie (wie in Vollkommenheit Mt 23)! unmittelbar unter Geistesleitung und im abhängigsten Gehorsam gegen Seine Stimme, gemäß Joh 16,8. Und zwar sprach er ohne Überleitung vom vorherigen, es war Gottes abschließendes Urteil, das er aussprach in völligster Übereinstimmung mit Ihm, dem er gedient hatte, und darum teilte er nunmehr auch des Herrn Verwerfung. In allem war er das bis zuletzt vom Heiligen Geist gebrauchte Gefäß Gottes, zuerst in Gnade, dann in Gericht. Nein, wahrlich, er hatte sich nicht vom Bösen überwinden lassen! Er hätte es getan, wenn er dies Letzte verschwiegen hätte, aber „Männer Gottes“, das sind solche, die für Gottes Ehre unter allen Umständen eintreten, sind keine Feiglinge! Und so ist der triumphierende Schluß dieses Lebens ein triumphierendes Überwinden des ihm angetanen Bösen mit dem Guten, nämlich mit der Gesinnung Christi bis zum letzten Atemzuge. „Wer so stirbt, der stirbt wohl!“ „Gedenket eurer Führer, die euch das Wort Gottes verkündigt haben, und das Ende ihres Weges anschauend, ahmet ihren Glauben nach!“ (Heb 13,7) Ja, welch ein Ausklang! Er ist voll Heiligen Geistes (V. 55), er sieht unverwandt gen Himmel, und dann öffnete sich seinem Blick die Herrlichkeit Gottes, er schaut Jesum (V. 56) stehend zur Rechten Gottes, so, als wolle Er hinabkommen, Seinem treuen Knecht beizustehen, und dann spricht er sein letztes Zeugnis von diesem Jesus aus (V. 56), ein Zeugnis, das dem des Herrn Selber entsprach (Mk 14,62). Das alles geschah noch im Synedrium, nicht erst unter dem Steinhagel der gegen ihn fanatisierten Feinde Christi. Dann aber wird ihm gleichsam das Ende zuteil, das sie dem Herrn bereitet hätten, wenn sie die Erlaubnis gehabt hätten (vom Römer), jemanden richterlich zu töten (Joh 18,30-32): Sie steinigten den Stephanus (V. 58). Um ihn war die Hölle los, aber über ihm war der Himmel geöffnet, und dann - wie der Herr Seinen Geist in des Vaters Hände übergeben hatte (Lk 23,46), womit Er Sein letztes Wort am Kreuz sprach, so sprach Stephanus fast mit gleichen Worten sein erstes Wort während der Steinigung aus: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (V. 59), und als letztes spricht er ein ähnliches aus wie das, welches der Herr Jesus als erstes am Kreuz gesagt hatte (Lk 23,34): „HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ (V. 60), und so entschläft er im Frieden. Und Saulus schaut zu! Was mochte in seiner Seele vorgehen? (Vgl. 22,20)!
So überwand Stephanus das Böse mit dem Guten, uns ein Beispiel hinterlassend, daß wir seinen gesegneten Fußspuren nachfolgen. Und viele Märtyrer sind ihm im Leben und im Sterben nachgefolgt. Die Gesinnung des Herrn Jesus, wie sie so wunderbar in der „Seines Zeugen Stephanus“ (22,20)! widerstrahlt, hat herrliche Wirkungen gehabt in der Geschichte der Märtyrer aller Zeiten seit damals. Verständlich! Was aber lernen wir, gegenwärtig nicht in Märtyrerzeiten lebend, daraus? Nun, möge es dem Heiligen Geist gelingen, uns in Christi Bild zu verwandeln durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit (2Kor 3,18), ähnlich dem, wie es bei Stephanus der Fall war! (V. 55ff). Und mögen wir, wenn wir je nach Beispielen suchen für unser Leitwort, diese köstliche Stelle uns zum Muster nehmen, die uns „Sieg auf der ganzen Linie“ zeigt, aber genau die gleiche Art von Sieg wie beim HErrn: die durch scheinbares Unterliegen! Das ist stets ein des Herrn und der Seinen würdiges „Überwinden des Bösen mit dem Guten.“
Wie herrlich ist doch überall Sein Wort! Er sei ewig gepriesen!
(Forts. folgt, s. G. w.)!
F. K.