verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 16 - Jahrgang 1931
Die Verheißungen an Abraham (2) - Staub der ErdeDie Verheißungen an Abraham (2) - Staub der Erde
(Fortsetzung)
Betrachten wir nun die Verheißungen, die dem Abraham gegeben wurden, etwas genauer, so finden wir, daß Gott drei verschiedene Bilder gebraucht, um die Fülle Seiner Verheißungen auszudrücken. In 1. Mose 13,16 sagt Er: „Ich will deinen Samen machen wie den Staub der Erde, so daß, wenn jemand den Staub der Erde zu zählen vermag, auch dein Same gezählt werden wird.“ In Kapitel 15,5 fordert Er ihn auf: „Blicke doch gen Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und Er sprach zu ihm: Also wird dein Same sein!“ In Kapitel 22,16.17 endlich spricht Jehova: „Ich schwöre bei Mir Selbst ..., daß Ich dich reichlich segnen und deinen Samen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist.“
Staub der Erde - das ist der Inhalt des ersten Bildes. Etwas Irdisches wird vor unsere Augen gestellt, ein Stoff, bildsam, formbar und Zeichen des Vergänglichen. Gott hatte einst den Menschen aus diesem Stoffe, Staub von dem Erdboden, gebildet (1. Mose 2,7), und wir alle tragen das Bild dessen von Staub, solange wir auf Erden wandeln (1Kor 15.49). Einst freilich werden wir das Bild des Himmlischen tragen. Aber zuvor kehrt unser Leib zur Erde zurück - es sei denn, der Herr komme, um uns heimzuholen - der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen (Pred 12,7), denn der Mensch ist Staub, und zum Staube kehrt er zurück. (1. Mose 3,19)
Gleich solchem Staube sollte die Menge des Samens Abrahams sein, unzählbar einerseits, und andererseits dem Erdenstoffe gleich, aus dem der Leib des Menschen gebildet war. Deutete die Verheißung auf die unzählbare Menge Israels, des irdischen Volkes, so wies sie zugleich auf Ursprung und Ende des menschlichen Daseins. Nur Gott allein konnte aus dem Staube Leben hervorbringen (vgl. auch 2. Mose 8,16-19), und so stand Ihm allein die Verfügung über Sein Volk zu. Er allein gebot über die Größe und die Bildsamkeit Israels, sei es in Gnade oder auch in notwendigem Gericht. Niemand vermochte den Staub der Erde zu zählen - das hebräische Wort für „zählen“ hat hier zum Unterschied von 1. Mose 15,5 den Sinn des Abteilens und Begrenzens - niemand hatte die Möglichkeit, in Israels Dasein aus eigener Macht heraus einzugreifen, wenn nicht Gott die Macht verlieh. Kein Pharao konnte die Nachkommenschaft Abrahams begrenzen (2. Mose 1,12), und kein Volk der Erde hat es im Laufe der Geschichte vermocht, Israel auf die Dauer zu unterdrücken oder gar auszurotten. Doch Gott Selbst mußte gar oft den „Staub Jakobs“ (4. Mose 23,10) nach Seinen Gedanken bilden. Wenn auch in dem Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen (1. Mose 28,14), was durch Christus und Seine Herrschaft im Tausendjährigen Segensreiche der Fall sein wird - die Herrschaft Salomos war ein Vorbild davon: 2Chr 1,9 - so waren doch auf dem Wege zu dieser endlichen, großartigen Erfüllung der Verheißung ernste Gerichte nötig und wiederum auch liebliche Handlungen der Gnade. So lesen wir einmal, daß der König von Syrien Israel vernichtet und sie gemacht hatte wie den Staub, den man zertritt. (2Kön 13,7)
Andererseits aber werden die Feinde des treuen Überrestes aus Israel, die auch die Feinde Christi sind, zermalmt werden wie der Staub der Erde (2Sam 22,43). Gnade und Gericht halten sich die Waage, und stets zum Heile des geliebten Volkes. Das Ende aber der Wege Gottes ist Segen im Überfluß.
Sterne des Himmels.
Wir gehen weiter und fragen: Ist Abraham nur der Vater des irdischen Volkes Gottes, ist er nicht unser aller Vater? Das Wort Gottes beantwortet uns diese Frage: „Darum ist es aus Glauben, auf daß es nach Gnade sei, damit die Verheißung dem ganzen Samen fest sei, nicht allein dem vom Gesetz, sondern auch dem vom Glauben Abrahams, welcher unser aller Vater ist“ (Röm 4,16). „Erkennet denn: Die aus Glauben sind, diese sind Abrahams Söhne. Die Schrift aber, voraussehend, daß Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigen würde, verkündigte dem Abraham die gute Botschaft zuvor: ‚In dir werden gesegnet werden alle Nationen.‘ Also werden die, welche aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet“ (Gal 3,7-9).
Das gehl uns persönlich an. Sei es dem Glauben nach, den wir mit Abraham teilen, - wir sind seine Söhne; sei es dem wahren Samen Abrahams nach, in welchem die Verheißungen erfüllt werden sollten, unserem Herrn Jesus Christus, der dem Fleische nach ein Sohn Abrahams war (Mt 1,1), - wir sind in Christo Abrahams Söhne: „Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr denn Abrahams Same und nach Verheißung Erben“ (Gal 3,29). Und diese unsere Stellung wird in dem zweiten Bilde ausgedrückt, das Gottes Verheißung dem Abraham vorstellte, in den Sternen des Himmels.
In 1Mo 13 hatte Gott zu Abraham gesagt: „Hebe deine Augen auf und schaue von dem Orte, wo du bist, gen Norden und gen Süden und gen Osten und gen Westen!“ Aber hier im 15. Kapitel des 1. Buches Mose führt Er ihn hinaus und spricht: „Blicke doch gen Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst!“ Der Blick des Glaubensmannes wird emporgerichtet, weg von der Erde, und er schaut die fernen Himmelskörper, die ihre Bahnen weit ab von den Kindern dieser Erde ziehen, nach göttlich großen
Gesetzen. „Kennst du die Gesetze des Himmels, oder bestimme du seine Herrschaft über die Erde?“ (Hiob 38,33).
Die Sterne des Himmels gehorchen freilich anderen Gesetzen als das Leben auf der Erde. Es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit, jeder einzelne ist eine Schöpfung Gottes für sich. Abraham sollte sie zählen, wenn er es konnte („Zählen“ bedeutet hier soviel wie „Zusammennehmen, Addieren“). Aber wie könnte ein Mensch die Abertausende erfassen, deren jeder einzelne aus Seiner Hand hervorging? Gott aber sprach zu ihm: „Also wird dein Same sein!“, gleich an Art, nicht nur an Menge (das Wörtchen „also“ bezeichnet im Hebräischen die Art und Weise), den wunderbaren Werken des Schöpfers. Fürwahr, unsere himmlische Stellung ist erhaben über jedes irdische Maß hinaus. Sie entspricht nicht dem Gesetz, das Israel auf Erden gegeben wurde, sondern dem neuen Gesetz, dem vollkommenen der Freiheit, der himmlischen Gnade.
Gott bestätigt Abraham nach seiner Glaubenstat auf dem Berge Morija die Verheißung (1. Mose 22,17) und teilt sie auch Isaak mit, darum, daß Abraham Seiner Stimme gehorcht hatte (1. Mose 26,4.5). Jakob dagegen, dessen zweiter Name Israel wird und dem irdischen Volke Gottes verbleibt, wird zu Bethel die Verheißung des Staubes der Erde erneuert und nicht die der Sterne des Himmels (1. Mose 28,14), ein bedeutsames Zeichen der Genauigkeit des göttlichen Wortes.
Wir müssen nun allerdings beachten, daß durch das Alte Testament die Verheißung des Samens als gleich den Sternen des Himmels von Israel selbst galt. Mose wandte sie so an in 2. Mose 32,13 und noch dreimal im 5. Buch Mose (1,10; 10,22; 28,62). Desgleichen unter David (1Chr 27,23), im Buche Nehemia (9,23) und schließlich im Worte Jehovas an Jeremia (33,22). Und das mit Recht, denn der neutestamentliche Sinn der Verheißung war jenen Männern nicht geoffenbart worden. Gott redete im Alten Bunde nur in Bildern von Seiner himmlischen Gemeinde, und es sind nicht sehr viele Bilder dieser Art. Erst im Neuen Testament enthüllt sich die ganze, wunderbare Fülle des göttlichen Geheimnisses. Dort zeigt Gott völlig, daß Er auch außerhalb des irdischen Rahmens einen Segenskreis hat, den wir, die Gläubigen der Gemeinde, einnehmen. Unser Bürgertum, unsere Hoffnung, unser Erbteil sind in den Himmeln (Phil 3,20, Kol 1,5; 1Pet 1,4). Dieser unserer himmlischen Berufung würdig zu wandeln sei unser ständiges Begehren!
(Schluß folgt, s. G. w).