Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
Kol 2,1; 4,13.15.16 Of 3,14-22 - „Laodicäa im Lichte des Kolosserbriefes“Kol 2,1; 4,13.15.16 Of 3,14-22 - „Laodicäa im Lichte des Kolosserbriefes“
Viermal erwähnt Paulus in dem Briefe an die Kolosser die Gläubigen in Laodicäa (Kol 2,1; 4,13.15.16). Was will uns das sagen? Geschah es nur, weil Laodicäa nahe bei Kolossä lag? Auch andere Gemeinden lagen nicht weit von Kolossä. Wenn der Apostel schreibt: „Ich will, daß ihr wisset, welch großen Kampf ich habe um euch und die in Laodicäa“ (2,1) ... „daß niemand euch verführe“ (2,4) ... „euch als Beute wegführe“ (2,8) ... „niemand euch um den Kampfpreis bringe“ (2,18) usw., so können wir daraus vielmehr entnehmen, daß der geistliche Zustand der Gläubigen in Kolossä denen der Gläubigen in Laodicäa gleich oder ähnlich war. Dieses wird uns weiter bestätigt durch die nachdrückliche Anordnung: „Wenn der Brief bei euch gelesen ist, so machet, daß er auch in der Gemeinde der Laodicäer gelesen werde und daß auch ihr den aus Laodicäa leset“ (4,16). Die Wahrheiten also, die Paulus in diesem Briefe den Kolossern ans Herz legte, die ihrem geistlichen Zustande und den ihnen drohenden Gefahren entsprachen, paßten für die Laodicäer so, daß er ausdrücklich und ausschließlich die Weitergabe des Briefes an sie anordnete, so daß der Brief an die Kolosser zugleich auch an die Laodicäer gerichtet war, und man ihn auch den „Brief an die Laodicäer“ nennen könnte.
Viel Liebliches und Gutes war in der Mitte der Kolosser. Der Heilige Geist konnte Zeugnis geben von „ihrem Glauben in Christo Jesu“ und von ihrer „Liebe, die sie zu allen Heiligen hatten“ und von „der Hoffnung“, die für sie im Himmel war (1,4). Er berichtet auch mit Freude von ihrer „Ordnung“ und der „Festigkeit ihres Glaubens“ (2,5). Das alles war die Frucht der „Worte der Wahrheit des Evangeliums“, das zu ihnen gekommen war. Aber das Wort der „Wahrheit“ soll nicht bloß „fruchtbringend“, sondern auch „wachsend“ sein (1,6). Was sie jetzt nötig hatten, war, „erfüllt zu werden mit der Erkenntnis Seines Willens“, um zu „wachsen durch die Erkenntnis Gottes“ (1,9.10) ... „zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes“ (2,2). -
Die Wahrheit - die wunderbare Tatsache, daß sie mit Christo, dem Haupte im Himmel, vereint waren, wird nun vor ihre Seelen gestellt (1,18). In dieser Wahrheit lag ihre Bewahrung vor den Gefahren der „Philosophie“, der „Überlieferungen“ und der „Menschensatzungen“. Was hatten sie mit den Dingen des Fleisches und der Welt zu tun? Wenn das Haupt nicht zur Welt gehörte, dann doch auch der Leib nicht. Konnte etwas von der Welt dem Leibe des himmlischen Hauptes zur Auferbauung dienen? Waren sie durch das Kreuz Christi nicht den Elementen der Welt gestorben? (2,20). Was hatten sie dann mit der Philosophie und den Überlieferungen der Menschen zu tun? Mit diesen Dingen der Welt und des Fleisches sich einzulassen hieß „das Haupt nicht festhalten“ (2,19). Die Folge mußte „Aufgeblasenheit“ sein, wie wir es später in Laodicäa finden (Off 3,17). Alles, was wir als Glieder des Leibes Christi für unser Wachstum brauchen, muß vom Haupte (Christus) ausgehen. Nur vom Haupte aus „empfängt“ - und darf Sein Leib „Darreichung“ empfangen, wenn er „das Wachstum Gottes“ wachsen soll (2,19); aber die Dinge der Welt und des Fleisches können „das Wachstum Gottes“ nicht fördern, sie können uns nur von Christo weg und zum Wesen der Menschen und der Welt zurückführen.
Der Herr sagt uns gerade das, was wir brauchen. Er sieht die Angriffe des Feindes und die Gefahren im voraus (wenn sie auch für uns noch in der Ferne liegen). So war es bei den Kolossern und Laodicäern. Der Herr lobt manches, aber Er sieht: Gefahr ist im Anzuge. Seine Belehrungen sollen sie bewahren, nicht in die Schlinge des Feindes zu gehen. Wie groß ist Seine Sorge um uns! Beide, die Kolosser und die Laodicäer, empfingen die gleichen Wahrheiten, aber die Wirkung war ganz verschieden. Was wird die Wirkung dieser Wahrheit auf dich sein, lieber Leser? Wenn du diese Unterweisungen Seines Geistes nicht im Glauben annimmst und verwirklichst, so wirst du den Schlingen des Feindes (Philosophie, Überlieferungen,
Menschensatzungen usw). nicht entgehen. Du wirst „als Beute weggeführt“ werden (2,8) und in Laodicäa landen. Beide Gemeinden (Kolossä und Laodicäa) sollten aus dem Briefe lernen, daß alles für sie von oben, von.dem Haupte kommen muß und nichts von der Welt noch von Menschenweisheit. Christus sollte ihnen alles sein. Aus Off 3 aber ersehen wir, daß die Laodicäer keinen Nutzen davon hatten. Sie gingen auf die ihnen vorgestellte Wahrheit nicht ein. Christus war ihnen nicht alles. Er stand draußen, vor der Tür. Andere Dinge, die Dinge der Menschen, waren drinnen. Und sie waren ganz zufrieden damit. So wie sie waren, so wie sie es hatten, so gefiel es ihnen. Das weitere Licht der Wahrheit, das sie vor diesem Zustande der Selbstzufriedenheit hätte bewahren können, nahmen sie nicht an. Laodicäa zeigt uns, daß, wenn wir unsere himmlische Stellung, Ihn als das „Haupt“, fahren lassen, alles dahin ist und unsere „Armut“, „Blindheit, „Blöße“ und „Schande“ sichtbar wird.
Dies sind ernste Unterweisungen. Der Herr gebe, daß wir alle sie ernst nehmen. Heute mag der Herr bei mir die Dinge finden, die Er lobend bei den Kolossern und Laodicäern als die Frucht des Evangeliums anerkannte; nehme ich aber das Wort der Wahrheit nicht in allen Teilen gehorsam an, verweigere ich z. B. das Wort: „Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (3,2), oder „halte ich nicht fest das Haupt“, so werde ich bald Dinge annehmen, die nicht von dem Haupte sind, aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst (2,19). Das Haupt (Christus) festhalten, das heißt für mich persönlich den „eigenen Kopf“ aufgeben. Ist Er das Haupt, so muß unser Haupt fallen, wir und alles, was Fleisch ist, muß verschwinden. Dann bleibt nur Er und Er allein; dann ist Er alles, und Er allein hat zu reden, zu bestimmen, und Seinem Worte ist alles willen- und bedingungslos unterordnet.
Lassen wir die uns in Seinem Worte geschenkten Unterweisungen außer acht, so sind wir in Gefahr, in Selbstzufriedenheit den Weg von Kolossä nach Laodicäa zu gehen - lau zu werden und in den Zustand zu kommen, von dem der Herr spricht: „Ich werde dich ausspeien aus Meinem Munde!“ (Off 3,16). Wie warnend und wie traurig-ernst! Das ist der letzte Bericht von einer Gemeinde von Gläubigen, denen mit so großer Sorgfall die Wahrheit des Kolosserbriefes ans Herz gelegt wurde. „Wer ein Ohr hat zu hören, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! (Off 3,22).
A. - v. d. K.