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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
1Kor 1,2 - „Gottes Gemeinde“1Kor 1,2 - „Gottes Gemeinde“
Wer aufmerksam die ersten Kapitel des ersten Korintherbriefes betrachtet, dem wird es auffallen, wie der Apostel sich bemüht, den Korinthern die Gemeinde als das zu zeigen, was sie in den Augen Gottes ist. Wir sind immer geneigt, die Wahrheiten der göttlichen Dinge von unserer Seite aus anzuschauen, aber nicht von der Seite Gottes aus. Die Gemeinde ist nicht, wie wir sie so gern ansehen, eine Versammlung von Gläubigen gleicher Überzeugung und gleichen Glaubensbekenntnisses oder eine Zusammenkunft von Gläubigen zur gegenseitigen Erbauung, sondern sie ist Gottes Gemeinde. Die, aus denen sich Gottes Gemeinde zusammensetzt, sind „aus Ihm“ (1Kor 1,30), d. h. aus Gott. In Gottes Gemeinde ist der Mensch vollständig ausgeschlossen (Gott hat ihn am Kreuz für immer abgetan). Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Christus ist uns von Gott geworden Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit, Erlösung (1Kor 1,24.30). Wir haben, sagt der Apostel, den Geist empfangen, der aus Gott ist, auf daß wir die Dinge erkennen, die uns von Gott geschenkt sind (1Kor 2,12), und im dritten Kapitel sagt der Apostel, daß wir Gottes Mitarbeiter, Gottes Ackerfeld, Gottes Bau sind (V. 9), und er fragt: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geist in euch wohnt?“ (V. 16).
Jemand mag sagen, die Tage der Apostel sind längst dahin, und die Gemeinde ist tief gesunken und hat durch ihre Untreue ihre Herrlichkeit verloren. Aber wessen Herrlichkeit trug sie? Ihre eigene oder Gottes? Sicherlich Gottes! So wie Gott durch den Propheten Hesekiel (16,14) Sein irdisches Volk daran erinnerte: „Meine Herrlichkeit habe ich auf dich gelegt, spricht der Herr Jehova“, so auch mit der Gemeinde. Israel mochte das vergessen haben, aber Gott hatte es nicht vergessen. Und können wir es vergessen, daß die Gemeinde „Gottes Gemeinde“ ist, die in Christo Jesu in allem reich gemacht worden ist? (1Kor 1,2.5).
Die Schrift spricht oft von dem Überrest. Was den Überrest zu allen Zeiten kennzeichnet, ist, daß er zurückkehrt zu Gott und zu Seinen Gedanken. Auch wir müssen zurückkehren zu den Gedanken Gottes über Seine Gemeinde, zu dem, „was wir von Anfang gehört haben“ (2Joh 2,24). Der Heilige Geist, der durch den Apostel Paulus es den Korinthern vor Augen führte, daß sie Gottes Gemeinde seien, der ruft auch uns zu dieser großen Wahrheit und Tatsache zurück.
Laßt uns einen Augenblick auf Israel, das Volk Gottes nach dem Fleische, blicken. Moses sagt 5. Mose 7,7: „Ihr seid das geringste unter allen Völkern“. Die Herrlichkeit dieses „geringsten“ aller Völker aber war, daß es Jehova angehörte; Israels Wert lag allein darin, daß es Gottes Volk war. Abgesehen von dieser Tatsache war es nichts. Was hätte es der Klage bedurft, daß der Eber aus dem Walde den Weinstock zerwühlte, wenn es nicht Gottes Weinstock gewesen wäre, den Er Sich aus Ägypten herausgerissen hatte (Ps 80,8-13). Und ist es nicht ebenso mit der Gemeinde? Nach dem Fleische gesehen, finden wir in ihr nicht viele Weise, Mächtige und Edle, sondern das Unedle und Verachtete (1Kor 1,26-31). Was der Gemeinde aber den Wert verleiht, ist, daß sie Gottes Gemeinde ist. Und wie in den vergangenen Tagen, so kehrt auch heute der Überrest (die Treuen) zu Gott und zu Seinen Gedanken zurück.
Ein schönes Beispiel für die Rückkehr der Treuen zu Gott und Seinen Gedanken finden wir bei Elia. Die Weise, wie der Heilige Geist ihn uns vor Augen führt, ist sehr bemerkenswert. Die ersten Worte, die wir von ihm hören, sind: „So wahr Jehova lebt, der Gott Israels, vor dessen Angesicht ich stehe.“ (1Kön 17,1). Über seine Beziehungen und Umstände wird uns nichts mitgeteilt als nur, daß er von den Beisassen Gileads war. Warum? Der Heilige Geist hatte nicht nötig, weiteres zu berichten. Er stand so abseits von dem Abfall, der ihn umgab, daß Er nur das eine niederschreiben ließ, was Elia kennzeichnete: daß er vor Jehova stehe, und zwar stand er vor Jehova als dem Gott Israels. Niemand stand ihm zur Seite; ganz allein trat er für die Rechte Jehovas ein.
In dem vorhergehenden Kapitel sehen wir die Könige Israels, die das Volk in den Abfall von Jehova führen. Hier sehen wir einen einzelnen Zeugen, der für Gott Stellung nimmt als für den Gott Israels und der das Volk zu seinem Gott zurückruft. Die Frage für ihn war: Wem gehört Israel, diesen Königen und Baal oder Jehova? Sieh, wie völlig Elia für die Rechte Jehovas in Israel eintritt! Obschon das Volk in zehn und zwei Stämme zerspalten war, baut er doch den Altar aus 12 Steinen nach der Zahl der Stämme der Söhne Jakobs, zu welchen das Wort Jehovas geschehen war und Er gesprochen hatte: „Israel soll dein Name sein“ (1Kön 18,31). Israel war der Name Jakobs, in dem das Verbundensein mit Gott lag. Er empfing ihn von Gott, als er Ihm von Angesicht zu Angesicht begegnete, und dieser Name wurde ihm bestätigt, als Gott ihm in Bethel erschien (1. Mose 32,28-30; 1. Mose 35,10). Beachte auch, wie Elia in seinem Gebet Ihn anredet als „Jehova, Gott Abrahams, Isaaks und Israels. Heute werde kund, daß Du Gott in Israel bist“ (1Kön 18,36). So behauptete Elia das Verbundensein dieses Volkes mit Gott, und als Jehova der rechte Platz zuerkannt wurde, da antwortete Er durch einen fruchtbaren Regen, mit dem Er Sein mattes Erbteil erquickte.
An Elias Nachfolger, Elisa, sehen wir, wie er, um mit Elia verbunden zu bleiben, alle Plätze verlassen mußte, die die Zeichen des Abfalls trugen (Gilgal, Bethel, Jericho), wie er dann aber auf der anderen Seite des Jordans das doppelte Maß des Geistes Elias' empfing. Und in den köstlichen Kapiteln Joh 13-17 sehen wir, wie der Herr sucht, die Jünger aus den jüdischen Verbindungen zu lösen und sie mit den himmlischen Dingen zu verbinden. Er sagt ihnen, daß der Vater Ihm alles in die Hände gegeben und daß Er von Gott ausgegangen und zu Gott hingehe. Sie hatten Ihn kennen gelernt in Seinem Wandel in der Welt, getrennt von der Welt, Gott lebend. Nun ging Er fort, und Er will, daß sie auch dort, wohin Er ging, Teil mit Ihm haben sollten, aber mit Befleckungen von der Welt konnten sie kein Teil mit Ihm dort haben, deshalb mußten ihre Füße gewaschen sein.
In den ersten Kapiteln unseres Briefes (1. Kor). stellt der Apostel den Heiligen vor Augen, daß sie Gottes Gemeinde sind, um sie zur Höhe ihrer Berufung zurückzuführen. Er sagt ihnen, daß sie aus Gott in Christo Jesu sind und von Gott berufen worden seien in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus (1Kor 1,9.30).
In den folgenden Kapiteln zeigt Er ihnen dann, wie unvereinbar es damit sei, daß sie fleischliche und böse Dinge in ihrer Mitte hatten (1Kor 3-6).
Und in dem zehnten Kapitel will er, daß sie nicht unkundig sein sollen über die Gnadenerweise, die die Väter empfingen, wie auch über die Gerichte Gottes, die den Vätern zuteil wurden, als sie ihrer Berufung nicht entsprachen, weil alles das, was Gott mit Israel tat, für sie niedergeschrieben war zur Warnung und Ermahnung.
Ob Israel sich der Gnadenerweisungen Gottes bewußt war oder nicht, die Tatsache blieb, daß die Wolke der Gegenwart Gottes alle überschattete und daß alle durch das Meer gingen und alle auf Moses in der Wolke und in dem Meer getauft wurden, d. h. auf Moses als dem von Gott erwählten Mittler, der Seine Vorsätze zur Ausführung bringen sollte und durch dessen Mittlerschaft sie offensichtlich mit Gott und seiner befreienden Macht verbunden waren. Wenn ihr Wandel und Verhalten später im Widerspruch zu dieser Tatsache stand, indem sie sich von Gott und dem von Gott erwählten Mittler und Führer abwandten und einen anderen Führer begehrten, so hob das die Tatsache nicht auf, daß sie als Sein Volk mit Seiner Gegenwart und Kraft verbunden waren (4. Mose 14,4).
Und noch mehr: Tag für Tag empfingen sie ihre Nahrung von Gott. Sie mochten sagen: „Gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen“ (4. Mose 11,6; 21,5). Aber das Manna war vor ihren Augen, und sie hatten tiefes Gnaden-Vorrecht, von Gott gespeist zu werden und aus dem Felsen, der ihnen nachfolgte, zu trinken, welcher Christus war. Sie mochten gedankenlos über diese großen Vorrechte hinweggehen, und ihr Verhalten mochte damit im Widerspruch stehen, aber sie hatten diese Gnadenerweisungen und konnten sie nicht leugnen. Und eben, weil sie sie hatten und sich nicht demgemäß verhielten, war ihr Verhalten so überaus böse. Alle diese Beispiele führt der Apostel den Korinthern vor Augen, speziell mit Bezug auf das Böse, welches in ihrer Mitte war, in der Mitte derer, die das Vorrecht hatten, Gottes Gemeinde in Korinth zu sein.
Ein Bruchteil der Gläubigen kann heute nicht beanspruchen, an irgend einem Orte Gottes Gemeinde zu sein, aber suchen wir als solche, die ein Teil der Gemeinde Gottes sind, das Wesen der Gemeinde nach den Gedanken Gottes zu erfassen und zu verwirklichen? Die Korinther verstanden und verwirklichten wenig von dem Charakter der Gemeinde Gottes, und doch waren sie Teilhaber des Tisches des Herrn, dies war ihr Gnaden-Vorrecht. Aber sie bewiesen sich nicht als solche, die Teilhaber des Tisches des Herrn waren. Der Kelch, den sie segneten, war die Gemeinschaft des Blutes des Christus, und das Brot, das sie brachen, die Gemeinschaft des Leibes des Christus, aber sie verhielten sich nicht als solche, die Gemeinschaft mit dem Blut und Leib Christi hatten. Der Apostel wollte nicht, daß sie Gemeinschaft mit den Dämonen hätten, und zeigte ihnen deshalb in so ernster Weise die hohen Gnadenerweisungen, die ihnen als Gottes Gemeinde zuteil geworden waren, und warnt sie, Gott zur Eifersucht zu reizen (1Kor 10,14-22). Und wiederum in einer anderen Sache spricht er: „Wir haben solche Gewohnheiten nicht, noch die Gemeinden Gottes“. (1Kor 11,16).
Der Gemeinde Gottes gehört jeder Gläubige an, in dem der Heilige Geist wohnt; durch den einen Geist sind alle zu einem Leibe getauft worden. Diese Tatsache, daß jeder wahrhaft Gläubige der Gemeinde Gottes angehört, muß ebenso festgehalten werden, wie Elia es in den vergangenen Tagen festhielt, daß das von Jehova abgewichene Israel Jehovas Volk war. Jeder Gläubige ist berufen in die Gemeinschaft des Sohnes Gottes. Der wirkliche Überrest - die Treuen - werden erkannt in der Verwirklichung der Wahrheil, daß wir Gottes Gemeinde und in die Gemeinschaft Seines Sohnes berufen sind. Der Tisch,15 an dem Christen teilhaben, ist des Herrn Tisch, und die des Herrn Tisches teilhaftig sind, können nicht in Gemeinschaft mit Bösem sein.
Möchte der Herr unsere Herzen so nahe zu Sich ziehen, daß wir alle Dinge so erkennen, wie sie von Seiner Seite aus gesehen werden. Mit allem, was für Gott köstlich ist und womit Er Seine Herrlichkeit verbunden hat, sind wir gewürdigt, Gemeinschaft zu haben. Der Kelch, den wir segnen, und das Brot, das wir brechen, bezeugen uns dieses. In Seinem Tode verHerrlichte Er Gott und legte Er die Grundlage für die Offenbarung Seiner Herrlichkeit in Ewigkeit. Möchte das Erkennen und Schauen der Dinge von der Höhe Seiner Gedanken unsere Herzen so durchdringen, daß bei aller Schwachheit doch nur ein Verlangen in uns ist, Seinen Gedanken gemäß gefunden zu werden!
(R.-) v. d. K.
15 Jemand möchte fragen, was der „Tisch“ in 1Kor 10,21 bedeutet. Der Apostel stellt hier zwei „Tische“ nebeneinander, den Tisch des Herrn und den Tisch der Dämonen. Er gebraucht das Wort „Tisch“ als einen bildlichen Ausdruck - in einem geistlichen Sinne - für die Gemeinschaft, das ununterbrochene Verbundensein mit den Dingen des Herrn oder den Dingen der Dämonen. Solche Gedanken, den „Tisch“ als einen hölzernen Tisch anzusehen oder den „Tische mit einem Platze, Lokale oder Zusammenkommen zu verbinden, sind dieser Stelle fremd. Die Schrift kennt deshalb auch nichts von einem „zum Tisch des Herrn gehen“, sondern sie spricht von „des Herrn Tisches teilhaftig sein“. Es handelt sich in dieser Stelle auch gar nicht um das Zusammenkommen zur Feier des „Mahles des Herrn“, sondern um die Frage der Götzenopfer und der Beteiligung an solchen, über welche der Apostel Belehrungen gibt. Dieser Gegenstand umfaßt die Kapitel 8 bis 10. Das, was der Apostel ihnen in Verbindung mit dem „Tisch des Herrn“ vor Augen stellt, ist, daß das Bekenntnis mit dem Wandel und Verhalten übereinstimmen muß. Es handelt sich hier um die Frage der Gemeinschaft mit den Dingen des Herrn und der Gemeinschaft mit den Dingen der Dämonen, um das Teilhaftigsein des Tisches des Herrn und um das Teilhaftigsein des Tisches der Dämonen. Der Apostel überführt sie von der grundsätzlichen Unmöglichkeit, an zwei sich entgegenstehenden „Tischen“ teilzuhaben, und daß, wenn sie dieses geistlich Unmögliche durch ein tatsächliches Teilnehmen verleugnen würden, sie die Eifersucht des Herrn herausfordern und Gericht über sich bringen würden.
In dem bildlichen Ausdruck „Tisch“ finden wir ausgedrückt, was bereitet und dargeboten wird von dem, dessen Tisch es ist. Wir sagen zuweilen: „Frau X...' Tisch ist vorzüglich“. In dem allein hier gebrauchten bildlichen Ausdruck „Tisch des Herrn“ sehen wir die Dinge, die der Herr darreicht. Die, die Seines Tisches teilhaftig sind, sind immer im Genuß desselben; es ist das sich-beständig-Nähren der Gläubigen vom „Tische“ des Herrn - eine beständige Teilhaberschaft Seines Tisches, so wie Mephiboseth „beständig“ am „Tische“ Davids war (nicht bloß zur Mittagsmahlzeit) und so wie David singt: Du bereitest vor mir einen „Tisch“ angesichts meiner Feinde. (2Sam 9,7.10.13 und Ps 23,5).
Und ebenso sehen wir in dem „Tische der Dämonen“ die Dinge, die die Dämonen darreichen. Die, die des „Tisches“ der Dämonen teilhaftig sind, sind immer im (oft bitteren) Genuß desselben. Es ist das sich-beständig-Nähren der Welt vom „Tische der Dämonen“ - eine beständige Teilhaberschaft ihres „Tisches“.
Wir sollten es vermeiden, das Zusammenkommen zur Feier des „Mahles des Herrn“ mit „Tisch des Herrn“ zu bezeichnen oder vom „Tisch des Herrn“ als von einer zweiten Seite des Brotbrechens zu reden. Die Schrift tut solches nicht. Wir verdunkeln dadurch die klaren Belehrungen des Apostels. v. d. K.↩︎