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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
Mt 19,3-9 - „Ehescheidungen“Mt 19,3-9 - „Ehescheidungen“
Die Ehe empfing der Mensch im Garten Eden, und von dort hat er sie mit in die sündbefleckte Schöpfung genommen. Gott Selbst gab sie ihm als ein Segen, und trotz des Verderbens durch die Sünde ist sie ein Segen geblieben. Kinder Gottes aller Zeiten haben dies erkannt. Schon Tertullian, ein Gläubiger des zweiten und dritten Jahrhunderts, sagte: „Welche Verbindung zwischen zwei Gläubigen, die eine Hoffnung, eine Sehnsucht, einen Dienst des Herrn miteinander gemein haben! beide, wie Bruder und Schwester, keine Trennung zwischen Geist und Fleisch, ja hier in wahrem Sinn zwei in einem Fleisch; sie fallen miteinander auf die Knie, beten, fasten miteinander, lehren, ermahnen, tragen einander gegenseitig; sie sind miteinander in der Gemeinde Gottes, beim Mahle des Herrn; sie teilen miteinander Bedrängnisse, Verfolgungen, Freuden; keins verbirgt dem anderen etwas, keins meidet das andere usw. Christus freut Sich, indem Er solches sieht und hört; solchen sendet Er Seinen Frieden. Wo zwei sind, da ist auch Er, und wo Er ist, da ist der Böse nicht.“ - Und die Schrift warnt vor solchen, „die da verbieten zu heiraten“ und sagt, daß solches „Lehren der Dämonen“ sind (1Tim 4,1.2). Und Timotheus sollte darauf achten, daß ein Bruder, der den Dienst eines Aufsehers in der Gemeinde ausübte, „untadelig sei, eines Weibes Mann“ (1Tim 3,2). Alles dieses zeigt, welchen Wert die Ehe in Gottes Augen hat.
Unlösbar sollten Mann und Weib verbunden sein, so war es Gottes Bestimmung von Anfang. Aber die Sünde kam in die Welt und mit der Sünde der Tod. Beide trugen das Verderben auch in die Ehe: der Tod bewirkte die Auflösung des Ehebandes und ebenso auch die Sünde; jedoch nicht jede Sünde brach das Eheband, sondern nur eine bestimmte, die Sünde der Hurerei eines Ehegatten.
Auf diese Sünde stand die Todesstrafe (3. Mose 20,10), denn sie brach, gleichwie der Tod, das Band der Ehe. Sie trug dieselbe Wirkung der Auflösung in die Ehe hinein wie der Tod. Und Gott stellte diese Sünde durch das Todesurteil somit auch dem Tode gleich. Der Ehebrecher war für Gott und den anderen Eheteil gleich einem Gestorbenen.
Wie die Sünde in unseren Tagen die von Gott gegebene Ehe verdorben hat, das sehen wir an den vielen Ehescheidungen; Gott aber sind Ehescheidungen ein Greuel. Er sagt: „Ich hasse Entlassung“ (Ehescheidung) (Mal 2,13-16). Kinder Gottes werden dadurch oft vor Fragen gestellt, besonders wie sie sich Geschieden-Wiederverheirateten gegenüber zu verhalten haben, wenn sie gläubig geworden oder gläubig waren. Hierüber möchte ich in Nachstehendem einige Worte zur Prüfung an der Schrift sagen.
Wir wenden uns zunächst zu den Worten des Herrn in Mt 19,3-10, welche mit Mt 5,32 übereinstimmen. In der Frage, die die Pharisäer dem Herrn vorlegten, handelte es sich darum, ob ein Mann sein Weib „aus jeder Ursache“ entlassen könne, und zwar entlassen in dem Sinne der völligen Eheauflösung (s. 5. Mose 24,1-4), so daß ein anderer Mann sie heiraten dürfte.
Nachdem der Herr ihnen gezeigt hatte, daß die Ehe von Anfang an als unlösbar von Gott gegeben sei, spricht Er die für unsere Betrachtung so bedeutsamen Worte des neunten Verses aus: „Wer irgend sein Weib entlassen wird - nicht wegen Hurerei - und eine andere heiraten wird, begeht Ehebruch; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ Und in Mt 5,32 sagt der Herr: „Wer irgend sein Weib entlassen wird - außer auf Grund von Hurerei, macht, daß sie Ehebruch begeht“ usw. Aus diesen Worten ersehen wir viererlei:
1. daß nach der in Mt 19,3 gestellten Frage, ob es erlaubt sei, sein Weib aus jeder Ursache zu entlassen, die Ehe nicht „aus jeder Ursache“ gelöst werden darf (In den Tagen des Herrn konnte bei den Juden schon wegen angebrannten oder versalzenen Essens eine Ehe aufgelöst werden).;
2. daß der einzige von Gott anerkannte Scheidungsgrund Hurerei ist, und daß nur Hurerei allein die Eheauflösung (in für Gott gültigem Sinne) gestattet;
3. daß jede Ehescheidung, die nicht wegen Hurerei vollzogen ist, für Gott keine geschiedene Ehe ist und daß die Heirat eines (nicht wegen Hurerei) geschiedenen Mannes oder Weibes Ehebruch ist, der erst dadurch begangen wird, daß ein solch Geschiedener sich wiederverheiratet;
4. daß das, was in diesem neunten Verse über die ehebrecherische Wiederverheiratung gesagt ist, keine Anwendung hat auf eine Wiederverheiratung, die da stattfindet auf Grund einer wegen Hurerei geschiedenen Ehe, sondern daß das in diesem Verse Gesagte sich nur bezieht auf solche, die aus anderen Gründen (als Hurerei) geschieden waren. (Gründen, die eben Gott nicht als ehescheidend anerkennt).
Wenn man das Wort des Herrn in Vers 9: „... daß, wer irgend sein Weib entlassen wird, nicht wegen Hurerei, und eine andere heiraten wird, Ehebruch begeht“ auf unsere heutigen Verhältnisse anwendet, so könnte man sagen: Wenn ein Mann sich gerichtlich von seiner Frau scheiden läßt „aus irgend einem Grunde“ (aber nicht wegen Hurerei), so ist diese Scheidung für Gott noch kein Bruch des Ehebandes und eine Wiederverheiratung verboten (Denn menschliche Gesetze heben Gottes Grundsätze nicht auf). Verheiratet sich nun ein solcher Mann, der nicht auf Grund von Hurerei geschieden ist, so begeht er den Ehebruch, (weil das Eheband noch vor Gott bestand, trotz der gerichtlichen Scheidung). Erst durch den sündigen Akt der Wiederverheiratung wurde die Ehe als durch Ehebruch vor Gott gelöst und damit der andere Teil (die Frau) frei, sich zu verheiraten.
Der Vers lautet dann weiter: „und wer eine (d. h. nach dem Vordersatz: nicht wegen Hurerei) Entlassene heiratet, begeht Ehebruch“. Das ist der umgekehrte Fall. Angenommen, der in Rede stehende Mann, der sich (nicht wegen Hurerei, sondern aus anderen Gründen) gerichtlich scheiden ließ, heiratete nicht wieder, aber ein anderer Mann heiratete die geschiedene Frau, so ist dieses ein Akt des Ehebruches vor Gott, der jene Ehe nun von Gott löst, gleichwie der Tod löst und den anderen Teil (d. h. den ersten Mann) frei macht.
Will man sagen, daß die Wiederverheiratung auch nach einer nach göttlichem Rechte (wegen Hurerei) vollzogenen Scheidung unrecht sei, so sagt man damit, daß Gott mit Sich Selbst im Widerspruch stehe, denn ein göttlich anerkannter Scheidungsgrund muß selbstredend auch eine für Gott gültige Ehelösung bewirken. Der von Gott anerkannte Scheidungsgrund schließt eben die vor Gott geltende Scheidung und damit auch das Recht und die Freiheit zur Wiederverheiratung in sich. Das muß so sein, weil eine Eheauflösung durch Hurerei vor Gott eine ebenso wirkliche Scheidung ist wie die durch den Tod. Das ist göttliches Grundgesetz. Die Schrift geht daher auch auf solche wegen Hurerei geschiedenen Ehen nicht weiter ein. Der Herr stellt nur in diesen beiden Stellen (Mt 5,32 und 19,9) die eine durch die Sünde geschaffene Ausnahme fest, auf welche Seine Worte keine Anwendung haben sollten. Es war nicht nötig, darüber noch mehr zu sagen, denn es bestand vor Gott kein Unterschied zwischen einer durch den Tod und einer durch Ehebruch aufgelösten Ehe. (Wenn auch das Todesurteil Gottes an dem Ehebrecher nicht ausgeführt sein mochte; Gott wird ihn richten. Heb 13,4).
Markus (10,1-12) und Lukas (16,18) berichten über dieselbe Sache, aber von anderen Gesichtspunkten aus. Beide erwähnen nichts von dem ursächlichen Hauptpunkte in der Frage der Pharisäer (den Matthäus hervorhebt), ob „aus jeder Ursache“ die Ehe gelöst werden dürfe. Wir dürfen uns deshalb auch nicht wundern, wenn wir bei Markus und Lukas keine Erwähnung der einzigen Ausnahme-Ursache (wie bei Matthäus) finden: „nicht wegen Hurerei“, „außer auf Grund von Hurerei“. Darin liegt durchaus kein Widerspruch, sondern Markus stellt mehr in den Vordergrund die Weise, wie der Herr den Juden die von Moses gegebene Ehescheidungs-Anordnung glatt durchstreicht und den göttlichen Unlösbarkeitsgrundsatz behauptet.
Auch die Stelle in 1Kor 7,10-15 redet und bezieht sich gar nicht auf Ehescheidungen auf Grund von Hurerei. Wir wissen, daß die griechische Frau Freiheit hatte, ihren Mann „aus jeder Ursache“ zu verlassen, und können deshalb gut verstehen, wie angebracht diese Ermahnungen für die Korinther waren. Jedwede Entzweiung genügte in Korinth zur Eheentlassung, zum Getrenntleben. Deshalb spricht der Apostel auch in Vers 11 vom „sich versöhnen“. Spräche der Apostel in dieser Stelle von einer Scheidung „wegen Hurerei“, so könnte er kaum von Versöhnung reden, sondern vielmehr von Bekenntnis, Vergebung und Wiederannahme. - Auch die Bezugnahme in Vers 10 auf das, was der Herr gebietet, bestätigt dieses, weil der Herr in klarer Weise für das, was Er gesagt, den Fall von Hurerei ausschloß. Eine weitere Bestätigung, daß die Worte in 1Kor 7 sich nicht auf Ehescheidungen wegen Hurerei beziehen, dürfte auch in den von Paulus gebrauchten griechischen Worten zu finden sein; das in Vers 11 mit „geschieden“ übersetzte Wort ist dasselbe, welches auch in Apg 1,4; 18,2 und Philem. V. 15 gefunden wird und den Sinn von „sich entfernen“ hat, so wie er auch in Vers 15 vom „getrennt leben“ redet und sagt, daß ein Gläubiger, wenn der Ungläubige sich „trennt“, nicht gebunden ist, ihm zu folgen. Aber der
Apostel warnt in solchen Fällen vor Verheiratung, denn das wäre nach den Worten des Herrn: „Ehebruch begehen“.
Die meiste Verwirrung in dieser Frage ist dadurch entstanden, daß man alle diese Stellen auch auf den Fall von Scheidung wegen Hurerei angewandt hat, die der Herr klar davon ausgenommen hat und mit dem alle diese Stellen nichts zu tun haben.
Es ist vorgekommen, daß Gläubige sich in Unwissenheit, oder als sie noch im Unglauben waren, mit nicht wegen Hurerei Geschiedenen verheirateten, indem sie, der gerichtlichen Scheidung vertrauend, glaubten, Freiheit dafür zu haben, und die dann später erkannten, mit der Heirat gesündigt und den „Ehebruch“ damit erst vollzogen zu haben. Was sollen sie nun tun? Die Schrift gibt uns keine Anweisung und sagt nicht, daß solche Ehen aufgelöst werden mußten. Aber Bekenntnis, Beugung auch über eine in Unwissenheit geschehene Sünde hat stattzufinden. Mit Unwissenheit hat Gott Geduld und handelt Er in Barmherzigkeit (s. 1. Tim. 1,13 u. a. m). Wir wissen auch, daß in den ersten Gemeinden Gläubige, die vor ihrer Bekehrung nach heidnischer Sitte mehrere Weiber hatten, nicht gehalten wurden, diese zu entlassen, jedoch waren ihre Dienste in der Gemeinde beschränkt (1Tim 3).
Die Frage, ob der schuldige Teil einer wegen Hurerei geschiedenen Ehe (nachdem derselbe Buße getan und gläubig geworden, und der andere Teil verheiratet ist) geheiratet werden darf, dürfte wohl eine „zweifelhafte Frage“ bleiben. Die Schrift sagt nichts darüber. Seinem alten Volke verordnete Gott, daß die Priester solche nicht, sondern Jungfrauen oder Priesterwitwen heiraten sollten (3. Mose 21,7.14; Hes 44,22). Auch durfte ein Mann seine geschiedene Frau nach dem Tode ihres zweiten Mannes nicht wiederheiraten. Ein geistlicher Sinn wird auch hierin Unterweisung finden.
In diesen Tagen, wo die Sünde der Fleischeslust so schamlos auftritt, sind Kinder Gottes ihren Gefahren in besonderer Weise ausgesetzt. Der Herr schenke uns Wachsamkeit und Nüchternheit und Gnade zur Abhängigkeit von Seinem Wort, um durch die Welt des Schmutzes und der Versuchungen bewahrt hindurchzugehen! v. d. K.