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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
1Pet 1 -„Worte an Fremdlinge“ (2)1Pet 1 -„Worte an Fremdlinge“ (2)
Wenn Gott uns in den Prüfungstiegel legt, wissen wir, daß wir dann in einer ganz besonderen Weise unter Seinem Auge und in Seiner Nähe sind? Aber wissen wir auch, wenn der Satan uns zur Sünde versucht, daß wir dann gleichfalls in besonderer Weise unter dessen Auge und dessen (Satans)! Nähe sind?
Spüren wir solche Nähe nicht, wenn wir in das Haus eines Gläubigen treten, wo Satan mit seinen Versuchungen und Lockungen zur Welt und Sünde am Werke ist? Merken wir nicht die Atmosphäre des Fürsten dieser Welt, den Dunst, der den Atem der Seele benimmt?
Und wiederum, wie anders empfinden wir, wenn wir in das Haus eines Kindes Gottes kommen, wo das Feuer der Trübsal brennt und Gott am Schmelzen ist. Spüren wir nicht Seine Nähe? Merken nicht unsere Herzen sofort, hier ist heiliger Boden, den wir nicht mit den Schuhen dieser Welt betreten dürfen, denn Gott ist da?
Wie verschieden! In dem einen Hause mag der Gifthauch der Nähe des Versuchers und der Dunst der Welt unseren Mund am Sprechen hindern, in dem anderen mag das Feuer der Prüfungen derart sein, daß unsere Lippen nichts zu reden wissen, weil wir den Vater der Erbarmungen und den Gott alles Trostes in eigenen Drangsalen noch nicht so erfahren haben, „daß wir die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit welchem wir selbst von Gott getröstet werden“ (2Kor 1,3.4). Als der Herr auf dem Wege war, die Schwestern über den Tod ihres Bruders zu trösten, sprach Er mit Martha, mit Maria sprach Er nicht. Es scheint, ihr Schmerz war zu tief. Wir lesen nur, daß Er weinte. Tränen reden auch!
Wir mögen Gottes Wege nicht allezeit verstehen und mit Petrus fragen: „Warum, Herr ...?“ (Joh 13,37). Aber eins werden wir selbst auf Wegen, die wir nicht verstehen, wissen: daß unser Glaube im Ausharren geprüft wird. Auf solchen Wegen fragt uns der Herr: „Hast du Mich lieb, vertraust du Mir?“ Genügt es dir, zu wissen - welchen Kelch du auch zu trinken hast -, daß des Vaters Hand und des Vaters Liebe darin ist?
Wenn der Glaube es erfaßt hat, daß alle Dinge von Seiner Hand überwaltet werden, daß kein Haar von unserem Haupte, kein Sperling vom Dache fällt ohne Seinen Willen, können wir dann voll Sorge, Unruhe und Hast sein? Sind das nicht Zeichen des Mißtrauens und des Unglaubens? Steht nicht der Feind dahinter? Er ist es, der uns mit den Umständen und Ursachen der Leiden beschäftigt. Listig benutzt er die Prüfungen, um Mißtrauen an Gottes Liebe und Weisheit ins Herz zu säen, um uns den Blick zu verdunkeln, daß auch die „bösen und schlechten Menschen“ (2Thes 3,2) von Gott gebraucht werden zu unserer Läuterung von dem, was uns von der Welt, dem Fleisch, Eigenwillen usw. noch anhaftet.
Daß wir doch mehr der Wirklichkeit ins Auge schauen möchten, daß wir „durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen müssen“ (Apg 14.22), daß Prüfungen und Versuchungen uns auf dem Wege begegnen müssen! Und warum? Gott Selbst gibt die Antwort: „Auf daß die Bewährung eures Glaubens erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.“
Damit zeigt Gott uns den Zweck der Prüfungen. Siehst du das Ende, das Ziel derselben? Lob, Herrlichkeit, Ehre in der Offenbarung Jesu Christi! Er will, wenn Er kommt, den Lohn geben, aber nicht ohne die Bewährung unseres Glaubens. Es ist zu unserem Gewinn, daß Gott uns durch das Feuer der Prüfungen gehen läßt.
Möchtest du Lob vom Herrn empfangen? Möchtest du von Ihm begrüßt werden: „Ei, du guter und treuer Knecht! ... Gehe ein in die Freude deines Herrn“? (Mt 25,21; 1Kor 4,5). Möchtest du die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit haben? (1Pet 5,4). Liegt dir etwas an der Ehre, von der der Herr sagt: „Wenn Mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren“? (Joh 12,26). Lob, Herrlichkeit und Ehre liegen vor uns, aber auch der Weg, sie zu erlangen. Ist es nicht der Mühe und des Ausharrens wert?
Sorgfältig vermeidet der Heilige Geist in unserer Stelle, den Empfänger des Lobes, der Herrlichkeit und Ehre zu nennen. Er sagt nur: „Zu Lob, Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“, ohne zu sagen, wer sie empfangen wird. Sollen wir daraus erkennen, daß, wenn am Tage der Offenbarung Jesu Christi der Lichtglanz der Herrlichkeit Seiner Gnade in den Gläubigen bewundert werden wird, daß dann Er „in allen denen“ verherrlicht werden wird, „die geglaubt haben“? (2Thes 1,10). Ihr Lob, ihre Herrlichkeit und Ehre wird Sein Lob, Seine Herrlichkeit und Ehre sein. Ihre Kronen werden sie niederlegen vor dem Throne und sagen: „Du bist würdig, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre“ (Off 4,11).
Sage, lohnt es sich nicht, durch das Feuer der Prüfungen zu gehen, damit unser Glaube bewährt und köstlicher als Gold erfunden werde?
Wir verstehen so wenig und sind so wenig geübt, die Dinge der Zeit in dem Lichte der Ewigkeit zu sehen, die Kurswerte der Dinge hienieden in die der zukünftigen Welt umzuwerten. Die ersten Christen waren uns darin weit voran. Sie sahen die Leiden dieser Zeit sofort in dem Werte und der Bedeutung der Ewigkeit. Schmach hier war Würde dort; und Leiden um Seines Namens willen: Kronen des Lebens!
Ist unser Wandel im Himmel, so sehen wir auch alles in dem Lichte des Himmels. Als die Apostel geschmäht, geschlagen wurden, gingen sie voll hoher Freude hinweg, „daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden“ (Apg 5,41). Im Gefängnis, mit den Füßen im Stock, frohlockten sie Gott! (Apg 16,25). Fühlten sie keine Schmerzen? Litten sie nicht unter den körperlichen Mißhandlungen? Sicher! Paulus schreibt den Thessalonichern, daß er nach den Mißhandlungen im Gefängnis zu Philippi nur mit großer Anstrengung (oder Kampf) reden konnte (1Thes 2,2). Aber die Würde, daß sie durften um Seines Namens willen geschmäht, geschlagen, gemißhandelt werden, machte ihr Herz jubeln und ließ ihren Mund lobsingen. Wie konnte das sein? Ihr Glaube setzte die Dinge der Zeit in den Ewigkeitswert um.
Die Gelegenheit, zu solcher Würde zu gelangen, haben wir nur einmal - nur für die Zeit unseres Lebens in dieser Welt. Kronen und Lohn und Lob und Ehre und
Herrlichkeit können wir nur hier auf Erden erwerben. Hier unten ist die Saatzeit, droben ist die Ernte. Der Herr will die, die Ihn hier bekennen, wieder bekennen vor Seinem Vater und vor den Engeln Gottes (Mt 10,32; Lk 12,8). Haben wir eine Vorstellung davon, was das für uns sein wird, wenn der Herr uns vor Seinem Vater und vor den Engeln bekennen wird? Wie groß, wie herrlich ist der Lohn, wenn die Prüfungen ihr Ziel bei uns erreichen! Diese vor uns liegende Freude läßt uns jetzt schon in den Leiden frohlocken.
Wenn wir die Prüfungen und die Leiden um Seines Namens willen so ansehen, wie sie uns hier gezeigt werden, wie ganz anders erscheinen sie uns dann! Dann fühlen wir, daß unser Leben nur einen Inhalt hat: Ihm in Treue zu leben und von Ihm bewährt erfunden zu werden.
Die Apostel hatten den Herrn gesehen. Petrus schrieb Seinen Brief an solche, die Ihn nicht gesehen hatten, die Ihn aber dennoch liebten (V. 8). Sicher muß es für die Gläubigen jener Zeit etwas Köstliches gewesen sein, den Herrn gesehen zu haben. Der Herr Selbst sagte einst zu Seinen Jüngern: „Glückselig die Augen, welche sehen, was ihr sehet“ (Lk 10,23). Aber nach Seiner Auferstehung sagte Er: „Glückselig sind, die nicht gesehen und geglaubt haben“ (Joh 20,29). Das war es, was Petrus von diesen Gläubigen sagen konnte; sie liebten Ihn, obgleich sie Ihn nicht gesehen hatten, und sie glaubten an Ihn, obgleich sie Ihn jetzt nicht sahen.
Auch wir haben Ihn nicht gesehen, aber wir haben deshalb keinen Verlust. Wir kennen den Weg Seiner Liebe in dieser Welt, Seine Leiden, Sein Sterben und Auferstehen. Wir sehen Ihn droben mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt und kennen Ihn in Seinem Dienst als Hoherpriester für uns zur Rechten Gottes. Von dort her leuchtet uns das Licht Seiner Liebe. Seine Liebe ist die Quelle unserer Liebe; wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat (1Joh 4,19). Gibt es ein Kind Gottes, welches Ihn nicht liebt? Die Schrift sagt: „Wenn jemand den Herrn Jesus Christus nicht lieb hat, der sei Anathema; Maran atha!“ (1Kor 16,22).
Gewiß, unser Herz sagt uns, daß wir Ihn nicht so lieben, wie wir Ihn gern lieben möchten. Aber obgleich wir fühlen, daß Er unendlich viel mehr wert ist, von uns geliebt zu werden, so dürfen wir doch mit Petrus sagen: „Herr, Du weißt alles; Du erkennst, daß ich Dich lieb habe“ (Joh 21,17). Ja, der Herr liest unser Herz; Er sieht unsere Liebe, deren Verlangen ist, Ihn mehr zu lieben. Er sieht aber auch, wenn die Liebe zu Ihm erkaltet, wenn andere Dinge den Platz in unserem Herzen einnehmen, den Er haben soll. Unsere Liebe offenbart sich in dem Bekennen Seines Namens, in der Treue und in den Leiden für Ihn.
Alsdann erwähnt Petrus ihren Glauben an Ihn, den sie jetzt nicht sehen. Glauben steht im Gegensatz zum Schauen. Alles, was wir jetzt besitzen, haben wir nur im Glauben. Wir können niemanden etwas von unserem Besitz in sichtbarer Weise zeigen. Aber obgleich wir noch nichts wesenhaft und offenkundig, sondern nur in Hoffnung besitzen, so sind die Dinge, die uns Gott geschenkt hat, uns doch durch den Glauben solche Wirklichkeiten, daß wir sie für kein Gold dieser Welt hingeben würden.
Alles, was wir besitzen, jede Hoffnung ist verbunden mit der Person des Herrn Jesus Christus. Welches Vertrauen zu Ihm wohnte doch in den Herzen dieser Fremdlinge in der Zerstreuung, daß der Heilige Geist ihnen schreiben konnte: „An welchen glaubend, obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket!“
Ihr Glaube an Ihn und ihr Vertrauen zu Ihm war so groß, daß sie angesichts des Brüllens des Löwen und mitten im Feuer der Prüfungen mit einer unaussprechlichen und verherrlichten Freude frohlocken konnten. Alle Prüfungen und Leiden verwandelten sich durch den Glauben an Ihn in frohlockende Freude. Ist es so bei uns? Sind diese Fremdlinge in der Zerstreuung uns nicht eine Illustration zu dem Ausruf des Apostels Paulus: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ (Röm 8,35).
Ist es nicht beschämend, wenn diese Freude, die Gott bei diesen zerstreuten, verfolgten Heiligen sah, nicht bei uns gefunden wird? Haben wir keinen Grund, uns zu freuen? O, daß es mehr der Fall sein möchte! Wie selten hört man in unseren Tagen diesen Ton des Glaubens-Frohlockens. Hat der Herr sich verändert? Liebt Er uns weniger, oder gibt Er uns weniger Anlaß, Seinen Namen zu preisen?
Das Frohlocken, von dem hier die Rede ist, galt Ihm, Seiner Person. Laßt uns das recht beachten. Ihr Frohlocken galt nicht so sehr dem, was Er an ihnen getan hatte, sondern Ihm, dem Herrn, „an welchen glaubend, sie mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockten“.
Diese Freude, mit der sie frohlockten, wird „unaussprechliche“ und „verherrlichte“ Freude genannt, weil sie schon etwas von dem Jubel der Herrlichkeit in sich trug; dem Jubel, der anfing, als der einst verlorene Sohn ins Vaterhaus geführt wurde und der Vater sagte: „Bringet das beste Kleid her“. Da hieß es: „Und sie fingen an, fröhlich zu sein“. Und wann hörten sie auf? Der Herr sagt, daß sie anfingen, aber Er sagt nicht, daß sie aufhörten (Lk 15,24). Diese „verherrlichte“ Freude beginnt schon hier unten, und wenn wir ins Vaterhaus eintreten, wird sie voll sein, aber nie aufhören.
Wieviel kennen wir von dieser Liebe und von diesem Glauben, die mit Ihm, unserem verherrlichten Herrn, verbunden sind und die uns mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocken lassen? Woher kommt es, wenn sie so wenig bei uns gefunden wird? Ist es nicht deshalb, weil unser Glaube so wenig Jesum sieht, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt? Wir mögen durch Glauben uns unserer Errettung erfreuen, aber der Glaube, der unser Herz frohlocken macht, ist etwas ganz anderes.
Die Freude, von der hier geredet wird, kann durch nichts in dieser Welt getrübt werden. Sie entrückt unser Herz von der Erde und zieht uns dorthin, wo Jesus ist. Sie trägt schon ein Stück der zukünftigen Herrlichkeit in sich und gibt uns einen Vorgeschmack von der ewigen Freude, deren Grund und Ziel Er und Er allein ist. Bald werden wir Ihm droben mit Frohlocken zujubeln, aber laßt uns schon jetzt in diesen Jubel der Herrlichkeit einstimmen, und möge die Freude der Ewigkeit unsere Freude sein! v. d. K.
Forts. folgt, s. G. w.!