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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
2Pet 1,1-11 (2)2Pet 1,1-11 (2)
Nachdem Petrus in den uns geschenkten Kräften gleichsam die Einnahmeposten unseres Kontos als Errettete aufgezählt hat, ist der Ausgangspunkt gefunden für die Ausgaben. Denn durch die göttlichen Gaben sind wir imstande, darzureichen. Das zeigt uns schon das Wörtchen „deshalb“.
Und dann zählt er sieben Stücke auf, die aus unserem Glauben, wenn er normal ist, naturgemäß hervorfließen. Weil aber der Glaube, obgleich er uns von Gott geschenkt ist, doch in seiner Verwirklichung eine menschliche Betätigung ist, wobei es mangelhaft zugehen kann, gebraucht er die Aufforderung: Reichet dar! Wendet allen euren Fleiß an!
Die sieben Stücke sind: Tugend, Kenntnis, Selbstbeherrschung, Ausharren, Gottseligkeit, Bruderliebe, Liebe. Wir wollen sie zuerst einzeln, sodann in ihrem Zusammenhange betrachten.
1. Die Tugend oder geistliche Energie. Sie ist eben jene Tatkraft, durch die der Herr Seinen Erdenlauf vollendet und Sein Erlösungswerk vollbracht hat und durch die Er unsere Berufung zum Ziele führt. Diese Entschiedenheit muß auch die Erretteten kennzeichnen. Wir brauchten sie schon, um dem Verderben der Welt zu entrinnen. Nun brauchen wir Energie, um mit Herzensentschluß bei dem Herrn zu verharren (Apg 11,23). Die Tugend ist ferner der Mut, den Weg des Lebens zu gehen. Dabei wird uns das Fleisch (die alte Adamsnatur) immer wieder Schwierigkeiten machen und Fallstricke legen. Es gilt daher, mit steter Wachsamkeit jede aufsteigende Regung des Fleisches wahrzunehmen und zu unterdrücken. Wie den Satan, so dürfen wir auch das Fleisch in uns als einen verurteilten und besiegten Feind betrachten und ihm in der Kraft der Gnade entgegentreten.
Die Tugend ist das erste Stück und die Grundlage der anderen. Wenn es an Entschiedenheit fehlt, so wankt das ganze Gebäude des Glaubenslebens. Erst das entschiedene, ungeteilte Herz verleiht den anderen Stücken Wirklichkeit. Denn die göttliche Kraft kann sich mit Gehenlassen des Fleisches nicht entfalten. Wenn wir nicht wirklich mit Gott sind, so ist die neue Natur nicht in Tätigkeit. Dann ist die Kenntnis nur ein fleischliches Aufblähen (Aufgeblasenheit). Dann ist die Selbstbeherrschung (sich nicht aufregen) nur philosophische Ergebung, die Enthaltsamkeit und Mäßigkeit Fleischesheiligung, die Geduld Heuchelei, das Ausharren schlägt um in Verdruß und Unverträglichkeit, die Gottseligkeit wird bloßer Schein, die Bruderliebe und die Liebe wird zur Lüge; denn die Liebe ist aus Gott und kann nicht äußerlich nachgeahmt werden. Ohne die Tugend sind die anderen Stücke alle nicht vorhanden oder nur Schein und Einbildung (Selbsttäuschung).
2. Um Gottes würdig zu wandeln, brauchen wir die Erkenntnis Seines Willens (Kol 1,9-11). Gottes Wille ist uns in Seinem Worte offenbart. Durch Erforschung des Wortes in der Kraft und Erleuchtung des Geistes empfangen wir göttliche Weisheit und Einsicht für das, was dem Herrn wohlgefällig ist. Wir gewinnen eine tiefere, innigere Bekanntschaft mit Gottes Gedanken. Dadurch wird das Herz erweitert, geheiligt, geistlich entwickelt. Die Bekanntschaft oder Vertrautheit mit Gott (Ps 25,14) spiegelt sich im Wandel wieder. Sie bewahrt uns vor Irrtürmern. In Gottes Gegenwart sind wir demütiger, nüchterner. Wir können den Wert oder Unwert aller Dinge klarer beurteilen und schätzen. Wir wissen, wo unser Schatz ist und worin er besteht. Wir sehen dann, was uns in unserem Lauf hinderlich ist, und meiden es.
3. Diese Erkenntnis gibt unserem Willen die rechte Richtung, unseren Sinnen den rechten Gegenstand, unseren Neigungen und Wünschen die rechte Befriedigung. Das Fleisch wird im Tode gehalten, der natürliche Wille ist gebrochen, die natürlichen Neigungen werden drunten gehalten und nicht befolgt; sie mögen noch ab und zu sich anmelden, jedoch als Gewohnheit sind sie verschwunden. Wir nähren sie nicht mehr und geben ihnen keinen Raum mehr. Mit anderen Worten: Wir reichen Enthaltsamkeit (Mäßigkeit) dar. Sie ist die Selbstbeherrschung unserer Gedanken, Gemütsbewegungen, Triebe, oder wie Paulus in 2Kor 10,4.5 sie nennt: Eine Gefangennahme aller dieser inneren Lebensäußerungen unter den Gehorsam des Christus. Beim Philosophen kann es etwas Ähnliches geben; er nennt es Ergebung ins Unabänderliche, Resignation, Nichtaufregen bei ärgerlichen Anlässen u. dgl. Allein beim Philosophen ist es nicht die Kraft Christi, die die Gemütsruhe hervorbringt, sondern die Überlegung der Vernunft, etwa: Aufregung nützt nichts, Zorn macht die Sache nur schlimmer, mit ruhiger Behandlung kommt man eben zum Ziel; Mensch, ärgere dich nicht! und ähnliche Zweckmäßigkeitsgedanken. Beim Christen dagegen ist es die Überwindung des aus dem Fleische aufsteigenden Temperaments oder der bösen Reizung durch die Kraft der Gnade.
4. Das Imtodhalten des Fleisches (des „Ich's“) lernt man nicht auf einmal; auch nicht durch Wissen, vielmehr durch vielfache Übung, die sich durchs ganze Leben erstreckt. Zur Übung bedarf es Proben. Die Proben schickt der Herr. In den Proben lernen wir zunächst das Fallen und Aufstehen sowie die eigene Kraftlosigkeit bis zur Verzweiflung an sich selbst; dann den Aufblick zum Herrn, der in Seiner Langmut und Gnade immer wieder vergibt, aufrichtet und wiederherstellt. „Anfechtung lehret aufs Wort merken.“ Endlich gelangen wir dazu, nicht aus eigenem Wollen und Können zu handeln, sondern bei Ihm vorher in jedem Einzelfalle Bewahrung (Ps 16,1) und Kraft zum Überwinden zu holen. Nun fügt sich zu der Selbstbeherrschung das Ausharren in allen Übungen, die uns für den Kampf gegen unser Fleisch verordnet sind, im Überwinden alles dessen, was gegen den inneren Menschen anläuft, und aller Lüste, welche wider die Seele streiten.
(Fortsetzung folgt, s. G. w.)!
B.
Erstellt: 16.05.2024 20:27, bearbeitet: 25.10.2024 09:09