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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
1Kor 13 - Liebe (2)1Kor 13 - Liebe (2)
Die Liebe ist gütig.
Auch unsere Liebe wird sich durch Güte sowohl unseren Geschwistern als auch unseren Mitmenschen gegenüber kundmachen. Wie viele Herzen sind schon erquickt worden durch die Güte der Geliebten des Herrn ! Und wieviel Linderung in Not, wieviel Trost und Erquickung im Leid hat Güte bewirkt! Wie oft schon haben kleine Gaben der Liebe Kranke getröstet und ermuntert! Sie sahen die Liebe des Bruders oder der Schwester und erkannten darin zugleich die Liebe des Herrn und unseres Gottes und Vaters, welcher die Herzen durch den Heiligen Geist leitet, solche Erquickungen zu bereiten. Ja, „Gott ist es, welcher in uns wirkt, sowohl das Wollen als auch das Vollbringen“ (Phil 2,13). Und wieviel Danksagung gegen Gott hat oft solche Bruderliebe hervorgerufen! Doch was ist dieses erst in den Augen unseres Herrn ! Denn was wir Seinen Geliebten tun, das tun wir Ihm. Wenn auch Umstände uns hindern mögen, jeden Kranken zu besuchen, so findet die Liebe doch einen Weg, sich zu betätigen, und sei es nur durch stille ungesehene Fürbitte oder einen Gruß oder eine Gabe. Denken wir auch an die Witwen und Waisen, an die Alleinstehenden und Bedürftigen und vergessen wir auch nicht die Arbeiter im Werke des Herrn , an deren Kämpfen, Lasten und Sorgen (Kol 2,1; 2Kor 11,28) so viele verständnislos vorübergehen. Wieviel Gelegenheit haben wir da, Liebe und Güte zu betätigen! Die Liebe ist gütig!
Die Liebe neidet nicht.
Die Liebe ist dem anderen wohlwollend und gibt. Der Neid ist das Gegenteil, er wünscht nicht das Wohlergehen und die Ehrung des anderen, sondern wünscht dieses vielmehr für sich selbst. Aus Neid wurde der Herr dem Pilatus überliefert. Der Neid ist eine Wurzel vieles Bösen und eine Frucht des Fleisches, d. h. eine Eigenschaft unserer alten, sündigen Natur. Steigt nicht zuweilen in unserem Herzen Weltmenschen und sogar Geschwistern gegenüber Neid auf, denen es nach unserer Meinung besser geht als uns, und unsere Augen sehen scheel, weil der Herr mit anderen gütig ist und diese in besonderer Weise zu Diensten in Seinem Werk benutzt? Asaph sagt, daß er die Übermütigen beneidete, als er die Wohlfahrt der Gesetzlosen sah. Aber als er ins Heiligtum ging und jener Ende gewahrte, wurde er von seinem Neid geheilt (Ps 73). Die Liebe neidet nicht.
Die Liebe tut nicht groß.
Wie leicht sind wir geneigt, mit unseren uns doch nur vom Herrn geschenkten Fähigkeiten, unserem Können und Wissen groß zu tun. Gern erzählen wir von uns, und wir merken es kaum; andere aber empfinden, daß das „Ich“ noch unser Herz erfüllt, und der Herr weiß es erst recht. Die Liebe aber trachtet danach, bescheiden und unauffällig zu sein, und kleidet sich auch dementsprechend. Die Liebe tut nicht groß.
Die Liebe bläht sich nicht auf.
Wenn wir groß tun, sind wir dem Aufgeblasensein sehr nahe. Wir sind dann etwas in unseren eigenen Augen und kommen uns so wichtig vor, daß wir meinen, auf die ersten Plätze Anspruch zu haben, damit auch unsere vermeinte Wichtigkeit ihre rechte Würdigung finde. Wie paßt solches Sich-Aufblähen zu Dem, der „in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sordern Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm“? (Phil 2,6.7). Er ist unser Meister. Die Liebe bläht sich nicht auf.
Die Liebe gebärdet sich nicht unanständig.
Sind wir aufgebläht, dann dürfte ein unschickliches Betragen wohl vielfach die Folge sein. Mit unserer Meinung, unserem Wissen und Können, meinen wir, überträfen wir alle anderen, und unsere Brüder und Schwestern werden in unseren Augen gering, und wir lassen es an der Höflichkeit und der nötigen Rücksicht fehlen und setzen uns dann gar leicht über den nötigen Anstand hinweg, der insonderheit bei Kindern Gottes gefunden werden sollte.
Die Liebe nimmt auch Rücksicht in bezug auf die Kleidung. Sie kleidet sich anständig, so daß niemand Anstoß nimmt oder in böse Versuchungen kommt und das Zeugnis des Herrn nicht geschwächt wird. Sie achtet nicht nur im Verkehr mit Kindern Gottes, auch im Verkehr mit der Welt auf die Sitten des Anstandes und der Höflichkeit (Phil 4,8) und unterwirft sich nicht Moden, die dem Worte entgegen sind, wie wir solche in der heutigen Kleidung und auch in dem Tragen eines sogenannten Bubikopfes finden. Die Liebe sucht nicht der Welt, sondern dem Herrn zu gefallen. Die Liebe gebärdet sich nicht unanständig.
Die Liebe suchet nicht das Ihrige.
Neid, Großtun, Unanständigkeit usw. werden kaum einen Platz im Herzen finden, wenn die Liebe wirksam ist. Sie sucht nicht ihre eigenen Vorteile, sondern die des anderen. Sie ist darauf bedacht, daß dem anderen in seinem verborgenen Glaubensleben nicht irgend ein Schade zugefügt werde. Wie ernst ist dieses. Wie mancher mag schon dadurch, daß lieblos keine Rücksicht auf das Heil der Schwachen genommen wurde, Schaden erlitten haben.
Dem Herrn war es Speise, den Willen des Vaters zu tun. Er suchte das Wohl der Menschen, ja unser Wohl, und noch heute ist Er derselbe. Er sucht nicht das Seinige. Und von Paulus wissen wir, daß er danach trachtete, dem Herrn zu gefallen, und das Wohl der Kinder Gottes suchte. Wie kostbar ist es, wenn Kinder Gottes besorgt sind, den Willen des Herrn zu tun, und darauf bedacht sind, daß die Geliebten des Herrn in nichts Mangel haben, sei es an irdischen oder an geistlichen Gütern. Wir sollten aufeinander „acht haben, daß niemand an der Gnade Gottes Mangel leide“ (Heb 12,15). Die Liebe sucht nicht das Ihrige.
Die Liebe läßt sich nicht erbittern.
Wenn die Liebe das Wohl des anderen sucht, so kann es sehr leicht vorkommen, daß sie verkannt und mit Undank, ja mit Haß belohnt wird. Blicken wir auf unseren Herrn , auf das vollkommene Vorbild! Er ließ Sich nicht erbittern. Er machte Sein Angesicht wie einen Kieselstein angesichts der Ihm zugefügten Schmach. Große Wasser vermochten Seine Liebe nicht auszulöschen. Denken wir an Sein Wohltun, und denken wir an die Schmach und an den Hohn, den Seine Feinde über Ihn ergehen ließen. Er aber ließ Sich nicht erbittern. Er schalt nicht wieder, als Er gescholten ward.
Wie leicht neigen wir in ähnlichen Fällen dazu, uns im Zorn hinreißen zu lassen, so daß unser Wohlwollen ins Gegenteil umschlägt und wir schließlich eine gewisse Bitterkeit und eine Härte zur Schau tragen. Die Liebe läßt sich nicht erbittern.
Die Liebe rechnet Böses nicht zu.
Nicht nur daß die Liebe sich nicht erbittern läßt, sie rechnet auch das Böse nicht zu. Der Herr betete am Kreuz für Seine Feinde; Er rechnete ihnen das Böse, was sie Ihm zufügten, nicht zu. Stephanus, voll Heiligen Geistes, betete: „Herr , rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ (Apg 7,60). Möchten auch wir solche Liebe zum Ausdruck bringen, die das uns zugefügte Böse nicht zurechnet, und dieses sowohl Ungläubigen als auch Kindern Gottes gegenüber. „Wenn dein Bruder wider dich sündigt, so gehe hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein“ (Mt 18,15). „Herr , wie oft soll ich meinem Bruder, der wider mich sündigt, vergeben?
Bis siebenmal? Jesus spricht zu ihm: Nicht sage Ich dir, bis siebenmal, sondern bis siebenzig mal sieben“ (Mt 18,21.22). Ja, möchten wir von Herzen vergeben! (V. 35). „Und wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemanden habt, auf daß auch euer Vater, der in dem Himmel ist, euch eure Übertretungen vergebe“ (Mk 11,25). Wenn wir meinen, vergeben zu haben, rechnen wir es auch wirklich nicht zu? Ich glaube, daß wir nur dann von Versöhnung reden können, wenn wir es einander auch nicht mehr zurechnen. „Wenn du nun deine Gabe darbringst zu dem Altar und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß daselbst deine Gabe vor dem Altar und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bringe deine Gabe dar“ (Mt 5,23.24). Die Liebe rechnet Böses nicht zu.
(Forts. folgt, s. G. w).
O. D.