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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Pred 9,14-15 – Der arme weise Retter ... vergessenPred 9,14-15 – Der arme weise Retter ... vergessen
Gottes Geist hieß Salomo in seinem „Prediger“ eine kleine, aber wichtige Geschichte niederschreiben. Sie lautet: „Es war eine kleine Stadt, und wenig Männer waren darin; und wider sie kam ein großer König, und er umzingelte sie und baute große Belagerungswerke wider sie. Und es fand sich darin ein armer weiser Mann, der die Stadt durch seine Weisheit rettete; aber kein Mensch gedachte dieses armen Mannes.“
Wäre nicht der Geist Gottes, sondern ein Mensch der Schreiber dieser Geschichte gewesen, so hätte er gewiß ein dickes Buch daraus gemacht. Gott schreibt keine Romane. Kurz, ohne Ausschmückung, tut Er kund, was Er den Menschen zu sagen hat. Nicht einmal der Name des armen weisen Mannes wird erwähnt. Mit wenigen Worten wird seiner Tat gedacht. Wir aber wollen uns mit der Frage beschäftigen, was wohl der Geist Gottes mit dieser kurzen Geschichte uns sagen will, zu deren Belehrung alles zuvor Geschriebene dienen soll.
Wir lesen zu diesem Zweck einige andere Stellen aus unserem göttlichen Lehrbuch. Zuerst 2Kor 8,9: „Denn ihr kennet die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, daß Er, da Er reich war, um euretwillen arm wurde, auf daß ihr durch Seine Armut reich würdet.“ Diese Steile besagt: Unser Herr Jesus Christus ist arm geworden.
In Mt 8,20 gibt Jesus Selbst von Seiner Armut mit den Worten Zeugnis: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege.“ Ein wenig weiter in diesem Buche, Kapitel 17,24-27, wird erzählt, wie die „Einnehmer der Doppeldrachmen zu Petrus traten und sprachen: Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeldrachmen“? Petrus in seiner voreiligen Art war sofort mit einem Ja da. Aber woher das Geld nehmen? Petrus hatte es nicht, und der Herr hatte es auch nicht. So arm war Er. Freilich, wir hören nirgends, daß der Herr des Geldes wegen je in Verlegenheit geraten wäre. So arm Er war, verfügte Er doch über alles. Nachdem Er Petrus darüber belehrt hatte, daß Er, der Sohn des Allerhöchsten, für dessen Haus die Doppeldrachmen eingenommen wurden, frei war von dieser Steuer - wobei Er sogar Seinen voreiligen Jünger mit
Sich auf eine Stufe stellte -, fuhr Er fort: „Auf daß wir ihnen aber kein Ärgernis geben, geh an den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt, tu seinen Mund auf, und du wirst einen Stater finden; den nimm und gib ihnen für Mich und dich.“ Wirklich, Er war der Arme in ganz besonderem Sinne. Aber Er war auch der Weise, ja, Er war die Weisheit selber.
Wir wissen aus der Geschichte des jungen Salomo, wie er auf des Höchsten Geheiß Gott seine Bitten vorbrachte. Wir wissen weiter, wie der junge, unerfahrene König, der sich selbst einen „kleinen Knaben“ nannte, der „nicht aus- und einzugehen wußte“, betete: „So gib deinem Knechte ein verständiges Herz.“ Und wir wissen schließlich, wie diese Bitte so sehr der Meinung und den Gedanken Gottes entsprach, daß der König die Antwort erhielt: „Siehe, Ich habe nach deinem Worte getan; Ich habe dir ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben, daß deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist, und deinesgleichen nach dir nicht aufstehen wird.“ (1Kön 3,1-12).
So gab Gott dem Salomo. Jesus aber konnte sagen, indem Er auf jene Königin des Südens hinwies, die von den Enden der Erde kam, um die Weisheit Salomos zu hören: „Mehr als Salomon ist hier.“ (Mt 12,42).
Und nun wollen wir noch das Buch der Sprüche zur Hand nehmen und das achte Kapitel aufschlagen, das von der Weisheit handelt. Da ist es nun auffallend, daß schon in Vers 4 die Weisheit selber das Wort ergreift. Die Worte, die die Weisheit spricht, werden immer größer und gewaltiger, bis aus Vers 22 und den weiteren Worten klar hervorgeht, daß hier von keinem anderen die Rede sein kann als von Dem, der später als das Wort Fleisch wurde und Seine Wohnung unter den Menschen nahm. Denn nur Jesus konnte sagen: „Wer Mich findet, hat das Leben gefunden und Wohlgefallen erlangt von Jehova.“ Er, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, ist auch die Weisheit.
Aber der arme weise Mann in Prediger 9 wurde vergessen. „Kein Mensch gedachte dieses armen Mannes.“ Die Tatsache der erfahrenen Rettung mag vielleicht in jener Stadt alljährlich gefeiert worden sein. Aber kein Mensch würdigte den Retter eines Gedankens.
So geht's in der Welt. So geht's leider auch bei uns Christen.
Der Herr Jesus ist das Gegenbild des armen weisen Mannes, wie wir gesehen haben. Er hat die größte Errettung zustande gebracht. Seinem vollbrachten Werk ist's zu danken, daß die Welt heute noch besteht, daß sie nicht längst dem göttlichen Gericht verfallen ist. Aber frage, wer das versteht, wer daran denkt, wer Seiner gedenkt! Die Masse der Menschen, die sich nach Seinem Namen Christen nennen, denkt nicht an Ihn. Und dennoch verdanken sie ihr Dasein Ihm, dem großen Schöpfer und Erhalter, der zugleich ihr Erlöser sein will.
Glückselig die Seele, die Ihn nicht vergißt!
Es gibt, Gott sei Dank, ein Volk auf Erden, das Seiner gedenkt, ein Volk, das freudigen Herzens dem Verlangen Seines Herzens zu entsprechen begehrt. O Er hat wohl gewußt, daß auch diejenigen, die Seine Erlösung persönlich an sich erfahren haben und durch Ihn aus der Macht des Fürsten der Finsternis errettet worden sind, allzeit in Gefahr stehen, Ihn, ihren Heiland, ihren Erretter zu vergessen. Er kennt uns besser, als wir uns kennen.
Daher nahm Er „in der Nacht, in welcher Er überliefert wurde, Brot, brach es und sprach: Dies ist Mein Leib, der für euch ist, dies tut zu Meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm Er auch den Kelch nach dem Mahle und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blute; dies tut, so oft ihr trinket, zu Meinem Gedächtnis.“
Diese Worte stehen im ersten Korintherbrief, Kapitel 11. Sie sind uns allen gut bekannt. Paulus, der Schreiber des Briefes, war, als der Herr Sein Abendmahl einsetzte, noch ein unbekannter Jüngling. Wir entdecken ihn zum erstenmal bei der Steinigung des ersten Blutzeugen des Herrn, Stephanus. Wir kennen seine weitere Geschichte, wie er, ein wütender Verfolger der Jünger Jesu, auf dem Wege nach Damaskus vom Herrn zu Boden geschmettert wurde und das Wort hören mußte: „Saul, Saul, was verfolgst du Mich?“ Wir wissen, wie durch diese Begegnung aus dem Verfolger ein Nachfolger des armen weisen, aber jetzt in die himmlische Herrlichkeit erhobenen Erretters wurde. Vom Himmel her durfte Paulus später die Mitteilung von dem Mahl erfahren, das der Herr für die Seinigen eingesetzt hatte. So konnte Paulus bezeugen: „Ich habe von dem Herrn empfangen.“
Unser Herr hat es für nötig gehalten, Seine Worte: „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ viermal zu wiederholen.
Auf den Grund dafür wiesen wir hin.
Wir haben dem HErrenmahl viel mehr zu danken, als wir meinen. Immer aufs neue stellt dieses Mahl uns die Person des gestorbenen Christus vor die Seele. Und wenn auch Seine Gemeinde durch die Jahrhunderte hindurch viel von dem eingebüßt haben mag, was die Urgemeinde zierte - Sein Mahl ist durch die Seinen begangen worden bis zur heutigen Stunde. Es hat dazu gedient, daß sie Ihn nicht vergessen haben.
Mag nun der größte Teil der Menschheit, ja, sogar der sogenannten Christenheit, Seiner nicht gedenken, mag sie Ihn vergessen, an Ihm vorbeigehen, wir, Seine Erlösten, finden unsere Freude daran, ja, wir haben das Herzensbedürfnis, beim Essen Seines Brotes und beim Trinken Seines Kelches Seiner zu gedenken.
Wir wollen Ihn nicht vergessen, unseren herrlichen Erretter!
Jeden ersten Tag der Woche sei es unser Verlangen, uns dankbaren Herzens bei Seinem Mahl zu vereinigen und, sei's auch nur zu zwei oder drei, Seinen Tod zu Seinem Gedächtnis zu verkündigen, bis Er kommt!
M. J. S.