Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
Lk 14,21a ; Heb 13,17 - „Rechenschaftsberichte“Lk 14,21a ; Heb 13,17 - „Rechenschaftsberichte“
Als ich kürzlich in einer Evangelisationsversammlung einmal wieder über Lk 14,15-24 sprach, bewegten mich plötzlich durch den Geist Gottes die Worte „und der Knecht kam und berichtete dies seinem Herrn“. Dies Wort wurde mir sehr ernst und wichtig. Was liegt doch auch darin! Luther, der die Stelle übersetzt: „Der Knecht sagte es seinem Herrn wieder“, empfand sicher auch das Klagende in den Worten des Knechtes, der tief betrübt war oder gar für seinen Herrn sich beleidigt fühlte durch die wegwerfende Art der nichtigen Entschuldigungen jener zum Abendessen Eingeladenen, von denen einige just an jenem Abend ihren Acher besehen oder ihre Ochsen erproben mußten u. a., gerade als ob es so besonders praktisch wäre, dies abends zu tun!
Vor meinem inneren Auge standen plötzlich die vielen, vielen Knechte des Herrn Jesus, die Sein Wort auszurichten haben vor Ungläubigen und Gläubigen, und ich fragte damals und frage heute: Was berichten wohl alle jene dienenden Knechte dem Herrn? Wie manche mögen heute abend auf den Knien vor dem Herrn liegen und vielleicht gar mit Weinen (vgl. Phil 3,18) Ihm berichten von der Herzenshärtigkeit der Menschen, die sie eingeladen hätten, unter das Wort oder zum Heiland zu kommen. Wie mancher mag heute, tief betrübt um des teuren Herrn willen, der diese allgemeine Nichtachtung wahrlich nicht verdient hat, vor Ihm sein Herz ausschütten (Ps 62,8; vgl. Jahrb. 8, S. 220ff.)! und Ihm „berichten“ („wiedersagen!“), wie die Menschen ihn ausgelacht, verspottet, geschmäht oder gar geschlagen hätten, als er ihnen den kostbarsten aller Namen angepriesen hätte. Wie gut, daß wir diesen Platz kennen, den Platz zu Jesu Füßen, wo wir abladen können, was uns beschwert (Ps 37,5; 1Pet 5,7), aber wie ernst für die Menschen, um derer willen ein Knecht Gottes vor Ihm klagen muß!
In Lk 14,21 wird der HausHerr zornig. Wir wissen, daß es sich damals um das Volk Israel, vornehmlich seine selbstgerechten Obersten, Pharisäer und Schriftgelehrten handelte, von denen Gott sich nunmehr wegwandte (vgl. V. 24)!, um sich zu den Armen, Zöllnern und Sündern aus Juden und vor allen den Nationen zu wenden - aber wie ist es heute in der Gnadenzeit? Ist es da gleichgültig, ob ein Diener Gottes klagen muß über die, „die da nicht kommen wollen“? O nein, der „zukünftige Zorn“ wird nicht vorbeigehen an denen, die heute hartnäckig das Suchen und Locken der Boten Gottes abgewiesen haben (2Thes 2,10; Heb 2,3 u. a). Wir aber, die wir solches und anderes unserem teuren Herrn täglich zu berichten haben, wollen nicht müde werden zu arbeiten, solange es Tag ist, und hinausgehen an „Hecken, Zäune“ und „an Kreuzwege“ (Mt 22,9), um in der Liebe Christi „hereinzunötigen“ die, die irgend sich nötigen lassen wollen!
Was aber berichten die Boten Gottes dem Herrn über die Aufnahme ihres Dienstes seitens der Gläubigen? Gibt uns hierin wohl jenes Wort in Verbindung mit Heb 13,17 auch Fingerzeige, und haben wir Gläubigen alle uns hierin wohl noch etwas sagen zu lassen?
Brüder, Schwestern, die ihr dieses leset, haben gotterwählte „Führer“ oder sonstige Boten Gottes, die euch das Wort der Wahrheit kündeten, wohl schon Ursache gehabt, über euch zu seufzen, zu klagen vor den hörenden Ohren des Herrn? O wieviel sich-nicht-Sagen-lassen-können und -wollen findet sich oft unter Gläubigen! Wieviel Trotz, Eigenwille, Besserwissen, Ichsucht, ungebrochener Stolz benimmt den Arbeitern im Werke des Herrn an Seiner Gemeinde oft fast den Mut zum Weiterarbeiten! Wieviel Parteisucht (1Kor 3)!, Kliquenwesen, Scheelsehen auf andere, Gebetsmangel usw. usw. raubt oft dem ausgestreuten Wort jegliche segenbringende Macht und erfüllt das Herz des treuen Boten mit tiefster Trauer! Bruder, ist schon über dich einmal solche Trauer gewesen oder gibst du jetzt vielleicht gerade solchen Anlaß einem, der dir zu dienen berufen war mit dem Wort der Wahrheit?
Es ist erschütternd zu sehen, daß ungezählte Kinder Gottes in Irrlehren und sonstige böse Dinge kommen, einfach, weil sie sich von ihren gottgegebenen Führern nicht sagen lassen, das Bestehen von wahren, gottgegebenen Führern womöglich nicht anerkennen oder selber sich vordrängen wollen (Vgl. 3Joh 9.10). Daher das Umsichgreifen solcher satanischer Irrlehren wie der sogenannten Wiederbringungslehre („Allversöhnungslehre“) oder gewisser Lehren der fälschlich sogenannten „ernsten Bibelforscher“ u. a., weil die mit solchen bösen Lehren und Dingen Spielenden nicht auf die hören, die Gott ihnen vorher zu Führern gab! Wie mancher Lehrer, Hirte oder Ältester usw. muß klagen und seufzen über die, die nach dem Willen des Herrn auf ihn hören („gehorchen“) sollten, die aber sich für klug genug dünken, selbst ihren Weg durch die mancherlei Versuchungen des Lebens finden zu können (2Tim 4,3.4; 3,7-9). Wir leben in ernsten Zeiten, in denen „die gesunde Lehre“ nicht nach jedermanns Geschmack ist, auch nicht bei den Gläubigen. Aber wir Gläubigen, - besonders wir, die wir am Worte dienen dürfen, sollten „acht haben auf uns selbst und auf die Lehre“, „damit wir ... die erretten, die auf uns hören“ (1Tim 4,16). Wer aber dann nicht hören will, um den seufzen wir in ringendem Fürbittekampf, wenn wir dem Herrn berichten über die Aufnahme des von uns verkündigten Wortes an Sein Volk. Und noch einmal möchte ich fragen: Wieviel seufzende Klagen gehen wohl seitens der Boten Gottes an einem Tage hinauf zum Thron der Gnade über Ungläubige - ja - aber auch über Gläubige, über solche, „die um einen Preis erkauft sind“ und dabei vergessen und vernachlässigen, was sie sind und haben? Und ist solch Seufzen der Führer etwa gleichgültig? Jener klagende Bericht des Knechtes in Lk 14 verhallte nicht ungehört, er rief Zorn bei dem HausHerrn hervor, und dies Seufzen über Gläubige bleibt wahrlich nicht erfolglos! Das Wort sagt vielmehr, „dies wäre euch nicht nützlich“. Es zieht Verantwortung nach sich und schmälert den Lohn! Noch einmal darum diese Fragen, teurer Leser: Wird über dich geklagt und geseufzt vor dem Herrn (nicht vor Menschenohren - davon will ich hier nicht reden)? Oder aber - wird „mit Freuden“ Rechenschaft über dich abgelegt, heute schon und einst vor dem Richterstuhl?
O, möchte es dem Herrn durch Seinen in uns wohnenden Geist gelingen, so über uns alle zu Herrschen, daß unser Leben, unser Zeugnis, unser Wandel, unser Gehorsam (vgl. Röm 16,19)! unsere „Bemühungen der Liebe“ (1Thes 1,3), kurz unser Tun und Lassen, unser Glauben, Lieben, Hoffen, unser Leiden und Kämpfen ein solches sei wie das so vieler Glieder in den einzelnen Gemeinden, deretwegen Paulus in den meisten seiner Briefe stets zuerst in lauter Dank und Freude ausbricht und wovon seine Gebete voll waren - seine Gebete! So sind es auch unsere Gebete, in denen wir reden dürfen mit unserem
Gott und Vater oder mit unserem geliebten Herrn, wie die Apostel einst nach Mk 6,30, und in denen wir Ihm berichten können, was wir erleben in Seinem Dienst, Schmerzliches und Köstliches; möchte das Köstliche, was wir als durch des Herrn Gnade gewirkt erkennen und bewundern, überwiegen! Er aber hat stets in allem ein Ohr für uns (Ps 65,2)!; wie kostbar ist das!
F. K.