Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
Heb 13,13 - „Außerhalb des Lagers“Heb 13,13 - „Außerhalb des Lagers“
Außerhalb des Lagers sollte der Platz aller wahrhaft an Christus Gläubigen sein, die erkannt haben, daß Er es wert ist, von den Seinen, die Er Sich mit Seinem Blute erkauft hat, nicht allein gelassen zu werden in einer Welt, die Ihn verworfen und getötet hat. Außerhalb des Lagers zu Ihm hinausgegangen zu sein, um dort Seine Schmach zu tragen (nicht drinnen im Lager, wie es gern viele leidensscheue Christen tun möchten)!, ist ein für viele vielleicht schwerer, aber nichtsdestoweniger köstlicher Schritt, bei dem das Wohlgefallen des Vaters auf denen, die also handeln, ruht. Das sehen wir aus 2Kor 6,14-18 u. a. St.
Außerhalb des Lagers ist Christus, unser geliebter Herr, nicht nur gekreuzigt, sondern schon geboren! Und wenn die Weisen aus dem Morgenlande (Mt 2,1-11) wirklich Seiner begehrten, um Ihn anzubeten, so mußten sie Jerusalem, das religiöse Lager, das Hoflager dieser Welt, so schnell wie möglich verlassen und nach Bethlehem eilen, wohin allein der göttliche Wegweiser, „Sein Stern“, sie hinweisen konnte, wie Sein Wort uns Ihn jetzt auch nur „außerhalb des Lagers“ aufsuchen heißt. Gingen die „redlichen Hirten“ ins Lager, um den Erretter, Christus den Herrn, zu finden? (Lk 2,15.16). Nein, auch sie fanden Ihn nur außerhalb des Lagers und glaubten an Ihn. Aber war der Herr später nicht oft „im Lager“? Sicher! aber was genoß Er dort? Verwerfung! In Jerusalem - der religiösen Zentrale des Judentums - Verwerfung, in Bethanien, gleichsam außerhalb des Lagers, Liebe und Hingabe. In Jerusalem, im Lager, sehen wir Ihn „Seines Vaters Haus“ reinigen (Joh 2; Mt 21); in Jerusalem, im Lager, sehen wir Ihn in dem beständig erneuerten, aber von Ihm nicht hervorgerufenen Kampf wegen der Lagerbollwerke, vor allem wegen des Sabbats (z. B. Joh 5), dessen Herr, nicht dessen Knecht Er war (Mt 12,8); in Jerusalem, im Lager, suchen Seine Feinde, die satanisch beeinflußten Juden, Ihn zu töten (Joh 8); über Jerusalem, das Lager, hören wir Ihn die ernstesten Drohworte aussprechen (Mt 24), nachdem Er zuvor die Herren des Lagers verurteilt und für alle Zeiten gebrandmarkt hatte (Mt 23); über Jerusalem, das Lager, sehen wir Ihn weinen! Bruder, Schwester, was geht durch unser Herz, wenn wir den Herrn weinen sehen? O, das Lager!, das Lager wollte nicht sehen, was zu seinem Frieden diente (Lk 19,41.42), darum mußte es äußerlich vernichtet werden - und lebt und steht in anderen Formen doch heute da, fest, selbstbewußt, dem Glauben an Christus ein Hindernis, alles wie ehedem!
Bruder, Schwester, kennst du das Lager? Das Lager, in dem ein Christus, der die nationalen fleischlichen Ansprüche der Juden - und der heutigen sogenannten „deutschen Christen“! - nicht befriedigt, keinen Platz hat noch haben kann und von wo Er hinausgeführt wird, um draußen zu leiben und zu sterben und begraben zu werden, damit das „heilige“ Lager nicht durch einen Toten verunreinigt werde? Kennst du das Lager? Fühlst du dich drinnen wohl, wo Christus keinen Platz hat, oder wenn vielleicht Er darinnen eine Zeitlang gleichsam äußerlich geduldet ist, so ist doch Sein Wort, Seine Wahrheit, Sein Geist innerhalb des Lagers wenig beliebt und beachtet, und Menschenmeinung, fleischliche Rücksichten, verwandtschaftliche Bande, die schönen Formen, Gebäude, Gewänder, die überlieferten „gottesdienstlichen“ Gebräuche, Liturgien, Glocken, Orgeln, Chöre, Taufbecken und Abendmahlsgeräte usw., die „verordneten Diener der Kirche“, sowie die „Herren Prediger“, Menschen, „die doch auch das Beste wollen“, die jahrhundertealten Überlieferungen, so altehrwürdig und so rührend - all dieses und noch viel mehr, was das „Lager“ kennzeichnet, spielt dort eine solche Rolle, daß Sein Wort unter diesem Wust des Lagerlebens erdrückt wird. Bist du im Lager zu Hause, Bruder? oder sehnst du dich heraus dorthin, wo der einsame Meister zu finden ist, der, wie einst David auf der Flucht vor Saul, nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlegen sollte? Liegen deine Wurzeln, deine Verbindungen im Lager, wie einst bei dem armen Jonathan, der wohl David liebte wie seinen Bruder, der ihn anerkannte als den zukünftigen König, der ihn warnte vor seinem gottlosen Vater Saul, der gerne bei ihm gewesen wäre - wenn nur nicht das Lager mit den Verführungen der Verwandtschaft, der Bequemlichkeit des Hofes, auch vielleicht den althergebrachten „Gottesdiensten“ usw. usw. gewesen wäre! Armer, armer Jonathan, du, einer der Heiligen des Alten Bundes, warum fehlst du in der Reihe der Glaubenszeugen in Heb 11? In Heb 11, wo sogar eine Hure Rahab einen Platz hat? Warum? Ach, Jonathan kannte nicht, wollte nicht kennen lernen den Platz außerhalb des Lagers, wo es galt, die Schmach, die vorübergehende Schande des zukünftigen Königs, die Verwerfung Davids mitzutragen. Er liebte ihn, wie so viele teure Kinder Gottes heute den Herrn lieben in allen Ständen und christlichen Kreisen, Vereinen, Denominationen usw., gewiß, er liebte ihn, und das wird ihm nie vergessen werden, und so wird denen, die Christus Jesus lieben, es nie vergessen werden vom Vater (Joh 16,27), und kein Gläubiger wird dies gering achten - aber, o, du armer Jonathan, warum mußtest du auf Gilboa mit deinem gottlosen Vater Saul umkommen, du, der du zu Besserem dich berufen glaubtest (1Sam 23,17), warum? Weil du selbst da, als du David ein kostbares „Fürchte dich nicht!“ zurufen durftest, selbst da noch nicht den Weg der Verwerfung Davids mit ihm teilen konntest, selbst da noch nicht, obwohl du wußtest, daß keine Furcht ihm zu nahen brauchte! Nein, „David blieb im Walde, Jonathan aber ging nach seinem Hause“! (1Sam 23,18, vgl. 20,43). Des Nächste, was wir von Jonathan hören, ist sein schmählicher Tod! Es ist zum Weinen! Es war das Lager, das ihn festhielt! Und wenn er dann doch nur wenigstens im Lager ein Vorbild auf Christus gewesen und geblieben wäre, indem er durch seine Gegenwart das Lager verurteilt hätte und deshalb hinausgeworfen worden wäre (wie später der Blindgewesene in Joh 9), wie kostbar hätte dann sein erst (1. Sam,18-20) so Herrliches Zeugnis ausklingen können! Wie Herrlich, wenn das Ende seines Glaubens wie sein Anfang gewesen wäre! (Heb 13,7). Aber nein: Gilboa - das Ende eines Freundes und Genossen Davids! Wie traurig und wie verantwortungsvoll für uns heute!
Warum bleiben so viele Gläubige heute im Lager, obwohl sie längst wissen, daß die Schrift sagt: „Laßt uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend“? Einige warten, ob sie nicht hinausgeworfen werden. Aber bezeugen sie wirklich die ganze Wahrheit? Oder beugen sie sich lieber stillschweigend den Überlieferungen? Solche letztere werden nicht erleben, hinausgetan zu werden wie der Herr Selber, der treu war im Kleinen und durch Sein Zeugnis sich schon getrennt hatte vom Lager! Weiter aber, mein Bruder, hast du gar kein Recht, zu denken, weil Christus und die Apostel zuerst im Lager waren, daß du dies auch dürftest, denn 1. war das jüdische Lager ursprünglich gottgewollt, und der Herr hatte dort Seine Aufgabe, das sogenannte christliche, etwa das landeskirchliche, das religiöse Lager der Jetztzeit ist aber keineswegs gottgewollt, da es in nichts mit der Schrift übereinstimmt noch auf ihr aufgebaut ist; und 2. wird dir und mir deutlich genug gesagt: „Gehe hinaus!“ (2Kor 6,14-18 u. a.)! Was willst du im Lager, wenn das Wort sagt, daß Der, den du liebst, der vor allem dich liebte und Sich Selbst für dich dahingab, außerhalb des Lagers ist? „Gehe hinaus!“ hörte einst Abram und - gehorchte. Das war Glauben, „Gehe hinaus!“ verstand einst Ruth und - gehorchte. Gehe hinaus! war der Weg Davids, wie es vordem der Weg Moses gewesen war (Vergl. auch 2Mo 33,7ff) der dadurch der Mann Gottes wurde, daß „er lieber wählte, mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden (Heb 11,25) als die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben“. Der Sünde? sagst du, ja, die Ergötzung der Sünde will ich auch nicht, aber damit habe ich dort, wo ich bin, im Lager, auch nichts zu tun, wir gehen da auch ganz ernst den Weg der Heiligung usw. Ja, mein Bruder, was moralische Dinge anbelangt, das glaube ich wohl, aber meinst du, es sei ein Weg der Heiligung, in Dingen zu bleiben, die die Schrift verurteilt als Dinge des religiösen, eigenwilligen Gottesdienstes? (Kol 2,23). „Eigenwille ist Götzendienst“, sagt 1Sam 15,23. „Gehet hinaus!“ „Rühret Unreines nicht an!“ (2Kor 6,17).
Außerhalb des Lagers! Bruder, Schwester, sicher willst du gerne des Herrn Schmach tragen aus Liebe zu Ihm, ich bin fest davon überzeugt. Aber des Herrn Wort sagt, daß dies außerhalb des Lagers geschehen soll! Also, entweder du trägst sie dort oder aber -? O, glaube dem Wort! Denke nicht, daß der Herr, der Selber den Platz außerhalb des Lagers kennt und zu einem kostbaren durch Seine Gegenwart gemacht hat, wie ihn einst die Getreuen Davids in der Höhle Adullam kennen lernten (1Sam 22,1ff)., denke nicht, daß Er etwas Böses, Verkehrtes von dir erwarten oder etwas dir Schädliches von dir wünschen könnte! Glaubst du Ihm? Er weiß, wo wir am besten aufgehoben sind. Paulus wußte das auch, als er alles, auch das Lager, für Schaden und Dreck achtete, um Christus zu gewinnen (Phil 3,7.8; vgl. Gal 1,10), und du meinst, du könntest das Lager nicht verlassen? Überlege, was der Herr dir wert ist, und dann handle nach Seinem Wort! Denke an Gilboa und vergleiche es mit 1Kor 3,11-15 und Off 22,12 und wähle den richtigen biblischen Weg, hinausgehend zu Ihm außerhalb des Lagers, wo Er dich sucht, und vergiß nicht: „... wenn wir anders mitleiden, auf daß wir auch mitverHerrlicht werden“ (Röm 8,17). Deine Seligkeit, wenn du wirklich Sein Eigen bist, steht da nicht in Frage, aber ob du einen „reichlichen Eingang“ hast (nach 2. Petrus 1,11) oder nicht, ob du mit Christo in besonderer Weise verHerrlicht wirst oder Schaden leidend, ja vielleicht gar nur „wie durch's Feuer“ errettet wirst (1Kor 3) - das ist die Frage! Wie ernst und wichtig!
Möge der Herr uns in diesem neuen Jahre 1924 allen Gnade schenken, mehr zu erkennen und in Treue - „Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?“ (Jer 5,3) - zu verwirklichen, daß „so wie Er ist, auch wir sind in der Welt“ (1Joh 4,17), indem wir durch die Belehrung des Heiligen Geistes mittels des Wortes der Schrift immer besser und völliger lernen, das Lager dieser Welt zu verlassen und verlassen zu haben und - zu Ihm hinausgegangen - „außerhalb des Lagers Seine Schmach zu tragen“, bis Er kommt!
F. K.