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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 9 -Jahrgang 1923/24
1Mo 11,4 ; Phil 2,9 - „Ein Name“1Mo 11,4 ; Phil 2,9 - „Ein Name“
„Machen wir uns einen Namen“ (1. Mose 11,4). „Darum hat Gott Ihm einen Namen gegeben“ (Phil 2,9).
Gott hatte in der Flut ein gewaltiges Gericht über die damalige Welt ergehen lassen, aber dasselbe hatte keine Änderung in dem Dichten und Trachten des Herzens des Menschen hervorgebracht.2 Es war in seinem Sinnen und Denken das gleiche geblieben. Wenn auch für kurze Zeit eine ernüchternde Wirkung sichtbar gewesen sein mochte, so war diese doch bald verschwunden, und der Mensch wandelte wieder abseits und unabhängig von Gott dahin. Er selbst wollte groß und bewundert sein. Hochmut und Sünde wurzeln unausrottbar tief in seinem Herzen und kommen in seinen Worten und Werken zum Ausdruck. In welch kurzen und schlichten Worten wird uns dieses in 1. Mose 11 gezeigt. Der Heilige Geist allein konnte uns eine solche bündige und genaue Beschreibung des Menschen geben. Kein Mensch hätte mit so wenigen Strichen uns ein solch wahrheitsgetreues Bild zeichnen können.
Wir wollen uns jetzt nicht mit der Stadt und dem Turm beschäftigen, den die Menschen bauen wollten, dessen Spitze den Himmel erreichen sollte, sondern wollen den Namen betrachten, welchen sie sich zu machen wünschten. Wie oft hören wir das Wort: „Er hat sich einen Namen in der Welt gemacht“; und wie stolz ist der, dem es gelingt, das zu tun, sei es in der politischen, geschäftlichen oder religiösen Welt. Wie wird ein solcher beneidet! Gerade dieses wollten auch jene von Gott abgefallenen Menschen tun. Ihre Absicht war, sich hoch und erhaben zu machen, berühmt und bewundert zu werden. Ist dies nicht das Bild unserer Tage? Geht das Sinnen und Trachten der Welt nicht heute noch nach solchen Dingen? Aber legen wir uns einmal die Frage vor, ob wir, die wir doch Christi Eigentum sind und mit Ihm außerhalb des Lagers sein wollen, noch etwas von diesem Bilde an uns tragen? Ein Blick in die religiöse Welt läßt uns diesen Geist in dem vollen Maße in Rom erkennen, aber kann man nicht herunter bis zu den bescheideneren Kirchensystemen etwas davon erblicken? Die sogenannten Gotteshäuser müssen harmonisch und bewunderungswürdig sein, die Prediger gelehrt und beredt; das Streben ist, von der Welt anerkannt und bewundert zu werden, und wenigstens macht man sich einen Namen und legt sich einen hochklingenden Titel bei!
Gott stieg herunter, und in einem gnadenvollen Gericht verhindert Er die stolzen Pläne der Menschen auf Sinears Ebene. In Seiner wunderbaren Weisheit stürzte Er ihre eitlen Einbildungen um. Und auf welche einfache Weise brachte Er alles zum Stillstand! Er verwirrte die Sprache. Und die Solidarität des Menschen, von welcher man so sehr begeistert war, war dahin! Welche Ironie liegt darin! Man wollte sich einen Namen machen und erlangte einen unerwarteten, nämlich „Babel“, das bedeutet: „Verwirrung“. Man kann diesen Namen nicht loswerden. Er sitzt fest wie ein Blutegel. Die großartigste Hauptstadt des imposantesten Reiches der Menschen wurde „Babylon“ genannt, aber in Gottes Augen war es nur „Verwirrung“, und so bleibt es, bis es endlich auf ewig zuschanden wird. Der Name ist unauslöschlich. Johannes las ihn deutlich an der Stirn der in Purpur und Scharlach gekleideten Hure in Offenbarung 17. Er hatte den Sinn Christi, und deshalb war er imstande zu erkennen, was an ihr geschrieben stand, obwohl er selbst sich mit großer Verwunderung verwunderte. Wie wenige - sogar unter den Gläubigen - erkennen jenen fluchbergenden Namen an den gepriesenen weltlich-religiösen Systemen der Menschen! Ihre Augen sind geblendet vom Weltsinn. Und weil sie keine Augensalbe gekauft haben von Dem, dessen Augen wie Feuerflammen sind, sehen sie auf so vielem, was sie unterstützen, nicht den Namen „Babylon“ mit unauslöschlicher Schrift geschrieben. Jene Urmenschen wünschten einst, sich selbst einen Namen zu machen, und erlangten einen, den sie nicht wollten. Dieser Name hat die Jahrhunderte überdauert, aber endlich wird er vernichtet werden, der religiöse Teil zuerst und danach der politische Teil bei der Herrlichen Erscheinung des großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus: „Also wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden“ (Off 18,21). Wie steht es mit uns? Begehren wir einen Namen? Haben deine Augen Licht, diesen fluchtragenden Namen an den großen hochfahrenden
Ideen der Menschen in der politischen und religiösen Welt deutlich zu erkennen? Oder werden wir geblendet von dem, was der Mensch in dieser Welt ohne Gott erreichen will? Ja, es gibt sogar Gläubige, die enttäuscht sein würden, wenn der Herr jetzt käme, weil damit ein Strich durch ihre Hoffnungen für den Aufbau dieser Welt gemacht sein würde und dieses doch nach ihrer Ansicht sehr unerwünscht wäre im Hinblick auf den Fortschritt der Menschheit. Das, was die Menschen nach der Sintflut beabsichtigten, ist eben dasselbe, was sich auch in diesen letzten Tagen in den Vordergrund drängt: der Mensch macht einen Kreislauf. Er ist wieder da, wo er anfing. Das Resultat ist und muß immer sein: „Verwirrung“; „Babel“ ist mit eingebrannter Schrift allen menschlichen Bestrebungen aufgeprägt.
Wie gut, daß wir unsere Augen von diesem widrigen Bilde der Auflehnung gegen Gott abwenden und mit erleichtertem Herzen zu dem Einem hinblicken können, an dem Jehova Wohlgefallen gefunden hat und den Er „Meinen Knecht“ nennt. Sein Weg, Sein Sinn steht im geraden Gegensatz zu dem der Menschen und zu dem, wonach sie eifern. Er macht Sich Selbst zu nichts, obwohl Sein Name ein ausgegossenes Salböl ist, Er füllt das demütige und gläubige Herz mit himmlischem Duft! Welch ein Gegensatz zu der aus Babylon aufsteigenden Luft! Er suchte nichts für Sich, Er hatte kein Verlangen, Sich einen Namen zu machen, Er sitzt nicht auf einem bunten Tiere, Er reitet auf die niedrigste Art, auf dem Füllen einer Eselin, und die religiösen Führer fragen mit spottender Herablassung: „Wer ist dieser?“ Sein Name wurde mit Schmach und Schande belegt, als er über dem Kreuz auf Golgatha in drei Sprachen geschrieben wurde. Kann wohl der Gegensatz zwischen Leben und Tod oder Licht und Finsternis größer sein als zwischen Ihm und dem stolzen Menschen? Er wendet Sich ab von dem, was der Mensch so sehr begehrt: das alles hat nichts Anziehendes für Sein Herz. Laßt uns in Liebe beständig Ihn anschauen und achtgeben auf Seine Wege, damit wir in Sein Bild verwandelt werden! Gerade weil Er keinen Namen für Sich suchte, hat Gott Ihn auch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist.
Indem wir diese beiden Bilder vor uns haben (und beide sind von dem Heiligen Geiste gezeichnet), fragen wir uns: welches finden wir anziehend und welches abstoßend?
Wir bekennen, Christi Eigentum zu sein, und sind dankbar und froh, durch Ihn vom ewigen Zorn gerettet zu sein. Doch ist das alles? Sollen wir nicht auch bereit sein, Seine Gedanken und Sein Urteil über den Menschen und das Trachten seines Herzens anzunehmen? Wenn wir in Seiner Gegenwart weilen und Ihn anschauen, so werden wir Ihm ähnlich werden, denn wir werden an all den großzügigen Plänen der Menschen das anderen Augen unsichtbare, von Sinears Ebene ererbte verhängnisvolle Wort „Babel“ sehen. Ja, was der Mensch einstmals vollbringen wollte, und was er jetzt noch durchführen will, und zwar ohne Gott, und sogar in Auflehnung gegen Ihn, trägt sein Zeichen. Wir wissen gewiß, daß es dem modernen Menschen ebensowenig gelingen wird, wie es dem Urmenschen gelang, die Stadt und den Turm am Ufer des Phrat zu bauen; und wenn es am Ende unter dem Antichristen, dem Menschen der Sünde, auch den Anschein haben wird, als ob der Mensch sein Ziel erreicht hätte, so wird die faule Frucht nur zur Ausreife gekommen sein und wird von einer allmächtigen Hand in die große Kelter des Grimmes Gottes geworfen werden. Dann wird Er erscheinen und einen Namen tragen, den niemand kennt als nur Er Selbst; und Sein Name heißt: „Das Wort Gottes“, und auf Seinem Gewande und auf Seiner Hüfte trägt Er einen Namen geschrieben: „König der Könige“ und „Herr der Herren“. Das ist Der, der für nichts galt auf Erden, Der, den man „einen König“ spottweise nannte!
Er aber hat verheißen, Seinen Namen auf die Überwinder von Philadelphia zu schreiben, weil sie Seinen Namen nicht verleugnet haben. Sie widerstanden der Versuchung und dem Ansinnen, sich selbst hienieden einen Namen zu machen. Fragen wir uns: Sind wir zufrieden, Ihm auch hierin gleich zu sein und Gemeinschaft mit wenigen armen verachteten Brüdern zu pflegen, die einem verworfenen Herrn nachfolgen? Ist es zu demütigend für uns, eine namenlose Gemeinde von Heiligen zu sein und nicht herangezogen und beachtet zu werden unter den großen Kirchen und Gemeindeorganisationen dieses Zeitlaufs? Sicher, je treuer wir Ihm auch in diesem Stücke hienieden folgen, mit desto mehr Freude wird Er Seinen neuen Herrlichen Namen auf uns schreiben! Die Welt kann unsere nichtsgeltende Stellung und einen ehrgeizlosen Sinn nicht begreifen, so wie sie auch Ihn nicht verstehen konnte. Dem Jünger aber ist es genug, daß er sei wie sein Herr. Kommen wir aber unter den Einfluß des Zeitlaufes dieser Welt (und wie leicht geschieht es), dann werden wir wünschen, etwas zu gelten und uns einen Namen zu machen. Wie bald hören wir dann auf, mit geistlichen Waffen zu kämpfen und die Festungen zu zerstören; dann nehmen wir die Vernunftschlüsse und jede Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken nicht mehr gefangen unter den Gehorsam Christi (2Kor 10,3-6).
Als Jakob gedemütigt, gelähmt und hilflos zu den Füßen Dessen lag, dessen Namen ihm nicht geoffenbart wurde, erlangte er einen neuen Namen: „Ein Fürst Gottes“. So laßt auch uns durch Seine Gnade den natürlichen Neigungen unseres Herzens widerstehen, in dieser Welt nach Bedeutung zu streben, damit Seine Gesinnung von uns Besitz nehmen und Christus Gestalt in uns gewinnen kann. Wenn wir von Ihm, dem Sanftmütigen und Demütigen, lernen, dann finden wir Ruhe für unsere Seelen, Ruhe von allen ehrgeizigen Plänen und Bestrebungen, denn Er hatte keine. Ihn, der Sich Selbst zu nichts machte, hat Gott hoch erhoben, und bald kommt der Tag, wo Er die Seinigen erhöhen wird. Das ist unseren Herzen genug.
F. Btch.
2 Solches läßt sich auch von der jetzigen Welt sagen. v. d. K.↩︎