Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Wohin gehst Du? (3) - AllianzWohin gehst Du? (3) - Allianz
Angesichts dieses traurigen Zustandes der Gemeinde Gottes haben sich in jüngster Zeit erfreulicherweise die Bestrebungen vermehrt, auf einen möglichst einheitlichen Zusammenschluß aller Kinder Gottes hinzuwirken. (Allianz).
Eine solche Zusammenfassung kann nun Segen oder auch Gefahr bedeuten. Als Christen sollten wir, wie bereits betont, alle innerlich miteinander verbunden sein. Praktisches Zusammenarbeiten schließt jedoch oft Verleugnung der Wahrheit in sich, für die wir nach dem Stande unserer persönlichen Schrifterkenntnis einzutreten haben. „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ (2Kor 13,8) „Wir sollen, der wahren Lehre getreu, durch die Liebe in allen Stücken in Ihn hineinwachsen, der das Haupt ist, Christus!“ (Eph 4,15) Auch hat es keinen Wert, äußerlich für eine kurze Spanne Zeit eine Einheit vorzutäuschen, die doch nur bis zum Auseinandergehen bestehen bleibt. „Gegen sich selbst so eng wie möglich, gegen andere so weit wie möglich“, ist wohl der beste Maßstab für das Zusammenwirken mit anderen Kindern Gottes. Feste Grenzen lassen sich nicht ziehen; man muß in jedem einzelnen Falle vom Herrn die Entscheidung erbitten. Er wird dann unsere Füße auf dem Wege des Friedens und der Wahrheit bewahren und unser unter der Freiheitsflagge des Kreuzes fahrendes Lebensschiff durch alle Klippen hindurch zum himmlischen Heimathafen steuern.
4. Religiöse Systeme.
Die Gemeinde besteht ausschließlich aus Kindern Gottes. Sie ist aus der Welt herausgerettet, hat also nichts mehr mit ihr gemein (2Tim 2,4). „Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, denn allein des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi, durch welches mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt!“ (Gal 6,14; Miniaturbibel)
Zwar weilen wir noch „in der Welt“ (Joh 17,15; Mt 10,16; 1Kor 5,9.10), sind aber nicht mehr „von der Welt“, sondern himmlische Bürger. (Eph 2,19; Phil 3,20)
Aus dieser uns von Gott gegebenen Stellung folgt, daß wir in Vereinigungen, die Gotteskinder und Weltkinder verbinden, keinen Platz haben dürfen. Wir haben insbesondere aus den weltlichen Kirchen durch Austritt auszuscheiden. „Ziehet nicht mit Ungläubigen an demselben Joch.“ (2Kor 6,14-18. Ebenso: 3. Mose 20,26; 1Kön 8,53; Jes 52,11; Jer 51,45; Heb 13,10-14)
Alle religiösen Vereinigungen, sie mögen heißen, wie sie wollen, tragen ein gemeinsames Kennzeichen: „Der Herr steht draußen!“ (Mt 22,29; Mk 7,6.7; Lk 11,46; 2Tim 3,5) An dieser Tatsache ändert auch der Umstand nichts, daß sich in ihnen noch manche liebe Kinder Gottes befinden. Charakteristisch ist, daß die meisten gläubigen Pfarrer sich in der inneren oder äußeren kirchlichen Mission betätigen. Soweit sie jedoch noch „hauptamtlich“ tätig sind, fühlen sie sich in der Mehrzahl durch die häufig eintretenden Gewissenskonflikte recht unglücklich.
Die katholische Kirche will die Welt beherrschen (im Gegensatz zu Mk 10,42-45 und Joh 15,18-21). Die evangelische Kirche läßt sich von der Welt beherrschen (im Widerspruch mit 1Kor 7,23 und Jak 2,1-6). Beides ist Sünde. „Darum laßt uns zu Ihm aus dem Lager hinausgehen und Seine Schmach tragen!“ (Heb 13,13)
5. Äußerer Aufbau.
Das Haupt der Gemeinde ist der erhöhte Herr Selbst (
1. dem der gegenseitigen Ergänzung aller mit dem Worte dienenden Brüder (1Kor 14,26) und
2.dem der verantwortlichen Mitarbeit aller Glieder einer örtlichen Gemeinde. (Apg 15,22; 17,11)
Was aus der Gemeinde wird, wenn diese beiden biblischen Richtlinien verlassen werden, hat die Entwicklung der Reichsgottesgeschichte gezeigt.
Die Gemeinde ist ein lebendiger Organismus. Ihre Organisation ist daher nur ihr Kleid. Ihr äußerer Aufbau ist nie Selbstzweck, sondern dient nur dem einen Bestreben, biblisches Leben zu entfalten. Dabei sind Verhältnisse, Umfang und Zusammensetzung einer örtlichen Gemeinde zu berücksichtigen. Gottes Wort stellt daher, abgesehen von der Durchführung der beiden soeben gezeigten Grundsätze, kein bestimmtes Schema auf. Einige Gemeinden hatten Älteste, andere keine. Vorsteher oder Aufseher, wie die Ältesten auch genannt werden, Diener, Evangelisten, Hirten und Lehrer gab es meist mehrere in einer Gemeinde, soweit praktisch die entsprechenden Gaben vorhanden waren (Apg 14,23; 1Kor 12,7-11.28; Eph 4,11; 1Tim 3,8-12; 5,17; Tit 1,5; 1Pet 5,1-4). Apostel und Propheten gibt es in der gegenwärtigen Endzeit nicht mehr; sie bildeten die Grundlage des Reiches Gottes. (Eph 2,20)
Das Anwachsen der Gemeinde zu Jerusalem führte zur Abordnung von sieben Brüdern, die die Regelung der Witwenversorgung in die Hand zu nehmen hatten (Apg 6,1-7). Die Organisation folgte mithin immer den praktischen Bedürfnissen!
Ohne Form kein Inhalt! Man kann sogar die eigenartige Feststellung treffen, daß ungeschriebene Statuten oft starrer und einschneidender wirken als geschriebene Satzungen! Und gerade Gemeinden, in denen angeblich nur der Heilige Geist regiert - der Ausdruck „Geistesleitung“ wird mitunter zum leeren Schlagworte -, machen zuweilen einen ganz verknöcherten Eindruck. Sie leiden an geistiger Arterienverkalkung.
Gott ist auch ein Gott der Ordnung (1Kor 14,3). Unordnung ist Tod! (Hiob 10,22; Miniaturbibel) „Ich sehe mit Freuden eure Ordnung“ (Miniaturbibel) oder „festgeschlossene Kampfstellung“ (Menge-Bibel), bezeugt Paulus den Kolossern. (2,5)
Um ein Diener der Gläubigen sein zu dürfen, muß man bekehrt, bewährt und begehrt, d. h. von Gott berufen und empfohlen sein. (2Kor 3,1-5; 10,18)
Nur solche Brüder sind tauglich zum öffentlichen Dienst in der Gemeinde (1Tim 3,5-7). Weitere praktische Anweisungen für das Zusammenkommen der Gläubigen finden sich im 1. Korintherbrief, Kap. 11 und 14 und im 1. Timotheusbrief, Kap. 2.
Auch im wesentlichen auf biblischem Boden stehende Kreise von Kindern Gottes tragen mitunter ein sichtbares oder verstecktes menschliches Gepräge; sie bilden kleine Kirchen für sich. Mitunter hatten sie eine gesunde Anfangsgeschichte zu verzeichnen. Entweder sind sie dann aber auf halbem Wege stehen geblieben, oder es führte im Laufe der Jahre die einseitige Betonung sowie menschliche Weiterbildung und damit Verbildung einzelner Schriftwahrheiten zu innerer Versandung. Gottes Wort kennt zwar den Dienst eines Predigers (Röm 10,14; 1Tim 2,7; 2Tim 1,11; 4,5), nicht aber ein Predigermonopol und Amtsbezeichnungen nach Art der Kirchen. Sonst bilden wir einen Beamtenstaat auf „biblischem Boden“.
Der Herr Jesus sagt: „Ihr sollt euch nicht „Meister“ nennen lassen; denn einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder. Und niemand auf Erden sollt ihr euren „Vater“ nennen; denn einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch „Lehrer“ sollt ihr euch nicht nennen lassen, denn einer ist euer Lehrer, der Messias. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöhet werden.“ (Mt 23,8-12)
Und Paulus erklärt: „Wir wollen nicht Herren sein über euren Glauben, sondern Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht im Glauben.“ (2Kor 1,24; Miniaturbibel)
Etwas anderes ist es, wenn sich ein ohne irdischen Beruf im Weinberge des Herrn arbeitender Bruder gegenüber Behörden oder sonst außerhalb der Gemeinde als „Prediger“ oder „Missionar“ bezeichnet. Ebenso ist nichts dagegen einzuwenden, wenn eine örtliche Gemeinde einen ihr geeignet erscheinenden Bruder mit ihrer Vertretung in bestimmten Angelegenheiten beauftragt. Endlich läßt sich auch nichts gegen die zuweilen erforderlich werdende Gründung einer wirtschaftlichen Vereinigung sagen, die den Erfordernissen der Staatsgesetze entspricht, das innere Gemeindeleben jedoch nicht berührt.
(Fortsetzung folgt, s. G. w.)!
H. J. M.