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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Mt 14,16 - "Sie haben nicht nötig"
Mt 14,16 - „Sie haben nicht nötig...!“ (1)Mt 14,16 - „Sie haben nicht nötig...!“ (1)
Immer, wenn ich mich mit der kostbaren, sogenannten „Geschichte der Speisung der Fünftausend“ beschäftige, sei es für mich, sei es um des Dienstes an anderen willen, bewegen mich jene Worte, mit denen der teure Herr Jesus Seinen Jüngern antwortet, als sie Ihm nahelegen, die Volksmenge zu entlassen (V. 15).
Es mochte ihnen, die sie damals erst wenig von der Gesinnung des Meisters hatten, ein unbequemer Gedanke sein, sich noch länger mit den vielen Menschen beschäftigen zu müssen, mit denen sie - der Heilungen wegen - ja schon viele Stunden zu tun gehabt hatten. Und nun gar so spät abends! Die Leute mußten ja hungrig sein, die Sonne war am Sinken, weit und breit waren keine Ortschaften („öde“)!, aus denen man - und noch dazu für soviele, 5000 Mann, dazu vielleicht für noch einmal soviel oder womöglich zweimal soviel Weiber und Kindlein (V. 21) - hätte Lebensmittel beschaffen können, also sollten die Leute selber sehen, wo sie etwas bekämen! So klingt es ein wenig herzlos, aber auch ein wenig töricht, was die Jünger sagten! Hätten sie überlegt, so hätten sie sich sagen müssen: wenn die vielen Tausende (mit soviel Kindern)! am späten Abend, gar in der Nacht, jedenfalls erst nach Stunden, in die fernen Ortschaften kommen würden, so würden sie kaum imstande sein, Nahrung einzukaufen, denn einmal wird so spät auch nicht mehr viel zu haben sein und zum andern - wer öffnete ihnen dann überhaupt noch die Tür? Und dann: hatten die meisten das Geld dazu? Aber solche Fragen mochten den Jüngern gar nicht kommen, sie schienen eher zu glauben, besonders weise zu handeln, wenn sie den Meister, der im Eifer die Abendschatten nicht beachtet zu haben schien, erinnerten an die späte Stunde und die leiblichen Bedürfnisse der Leute.
Ach, hätten sie Ihn besser gekannt, so hätten sie an jene 40jährige Wüstenwanderung gedacht, während der es ihren Vätern an nichts gemangelt hatte, und welch großes Volk war es damals! Aber die Jünger Jesu waren leicht verzagt, und als nicht lange Zeit nach dieser Speisung der
5000 andere 4000 versammelt waren, stand ihr leicht vergeßlicher Kleinglaube wieder in hoher Blüte! (Mt 15,33; Mk 8,4).
Und wie ist es mit uns, die wir ungezählte Durchhilfen bei unserm Gott erfahren haben?? Sind wir nicht auch leicht verzagt, wenn neue Proben kommen? Und dabei haben wir, in denen Christi Geist Wohnung gemacht hat, dadurch doch den Jüngern von damals soviel voraus! Aber leicht vergeßliche Leute sind wir Gläubigen heute leider auch, und nicht nur auf diesem Gebiet! Wieviel Schande machen wir damit Ihm, der es wert ist, daß wir nichts vergessen von dem, was wir bei Ihm und durch Seinen Geist gelernt haben! (Vgl. betr. Vergeßlichkeit auch 2Pet 1,9)!
Der Herr fängt an, Seine, als so praktische Leute auftretenden, dabei aber so ängstlichen, weil ungläubigen Jünger mit einem einzigen Wort zu beruhigen - oder ist es etwa keine Beruhigung, wenn Er ihnen sagt: „Sie haben nicht nötig wegzugehen ...!“? Da haben sie vielleicht im ersten Augenblick (da man doch schneller denkt, als ein anderer spricht) gedacht: „Ach so, Er ist ja da!“ - aber als dann der Satz weiter ging: „gebt ihr ihnen zu essen!“, da wird ihnen sozusagen das Herz entfallen sein vor Schreck: „wir ...?! Wir haben ja nichts als nur ...!“ Nun, sie durften lernen, wieviel der hat, der sein weniges dem Herrn gibt, Ihm, der aus wenigem viel, aus nichts alles zu machen versteht! Davon will ich nicht weiter reden, zumal ich im Jahrbuch 8 unter dem Titel „Gebt ihr ihnen zu essen!“ darüber habe schreiben dürfen.
Heute möchte ich nur einmal einiges aufzählen A) von dem, was wir nicht nötig haben, weil der Herr Jesus gekommen, weil Er da ist. Denn das ist die Hauptsache! Daß sie, die Jünger, da waren, ist ja erst die Folge davon, weil Er da ist. Und Er ist heute noch derselbe! Und nachher unter B) möchte ich noch einige Punkte nennen, die wir nicht nötig haben, weil die Seinen da sind. Zunächst 12 Punkte und nachher, s. G. w., 7! Und alles so kurz wie möglich! Jeder, der dies mit Freude und Segen liest, mag sich selbst Mühe geben, die Liste zu erweitern! Dieser Aufsatz möchte ihm nur Anregungen geben!
A.
Was wir nicht nötig haben, weil der Herr Jesus da ist.
1. Wir haben nicht nötig, verloren zu gehen (Lk 19,10; Mt 18,11; 1Tim 1,15 u. a). Dieser erste Punkt ist für uns der einfachste und leichtverständlichste, aber er ist doch grundlegend, und er war's auch für mich, als dieses Wort (V. 16) mich zuerst zum Sinnen bewegte. Ist es nicht köstlich, dem Unbekehrten, dem Mühseligen, dem Sünder, dem Verzagten usw. es sagen zu dürfen: „Du hast nicht nötig, verloren zu gehen: Jesus ist gekommen, dich zu erretten!“? „Keiner muß verloren gehen, sagt es allen hier auf Erden: „Wer da will, kann selig werden, preiset den Herrn !“ heißt es in einem schönen Liebe. Es erübrigt sich für mich, uns Gläubigen hier mehr darüber zu schreiben.
2. Wir haben nicht nötig, mühselig zu sein (Mt 11,28). Dies ist ebenso einfach wie das erste. Und doch: wieviel Mühselige gibt's in der Welt, und nicht nur unter den Ungläubigen! Wieviele Gläubige meinen, ihre Lasten selber tragen zu müssen, und das trotz des köstlichen Wortes, das der Herr selber sagte: „Kommet her zu Mir alle ihr Mühseligen und Beladenen - Ich will euch Ruhe geben!“ Liest dies ein Mühseliger, unter seiner Last Zusammenbrechender, o Freund, wer du auch bist: Jesus ist da! Was schleppst du dich ab? Geh' doch zu Ihm, jetzt gleich!
3. Wir haben nicht nötig, hungrig, durstig zu sein (Jes 55,1; Off 22,17; Joh 4 u. a). Wonach hungerst und dürstest du? „Nach Gerechtigkeit?“ Glückselig bist du dann, sagt dir der Herr in Mt 5,6; ja, du sollst „satt werden“, das ist Sein Wort. Aber wo? Nur bei Ihm! Was aber auch immer der Hunger, der Durst deiner Seele sein mag, ob nach Frieden und Freude, nach Gnade und Herrlichkeit usw., ja - vielleicht kennst du bis jetzt nur Leibeshunger und -Durst: bei Ihm ist alles, was du brauchst, aber du mußt zu Ihm gehen und Ihm dich gläubig anvertrauen, Ihm, Der „gekommen ist,“ wahres Leben „im Überfluß“ zu geben (Joh 10,10).
4. Wir haben nicht nötig, in Sünden gebunden zu bleiben! (Joh 8,36; Röm 6. u. a). Ein ernster Punkt, und vor allem auch für Gläubige, unter denen manche so sehr kranken an geheimen Gebundenheiten des Fleisches und des Geistes (vgl. 2Kor 7,1)!. Aber auch Ungläubigen darf man diesen Trost sagen, wie er in dem oben schon einmal angeführten Liede liegt: „... keiner muß dem Laster dienen, preiset den Herrn !“ Warum nicht: o, „wen der Sohn frei macht, der wird wahrhaft frei sein“ (Joh 8,36), freilich nur, wenn er wirklich will! Wer mit irgendeiner Sünde liebäugelt, wird, selbst wenn er errettet ist, nicht frei, denn nur in dem geistlicherweise mit Christo Gestorbensein und dem sich im Glauben Halten als „tot für der Sünde verlockenden Reiz, tot für die Welt und gestorben dem Ich, lebend für Christum, nicht lebend für sich,“ nur darin liegt die Gewähr für die Befreiung, für die Christus uns freigemacht hat (Gal 5,1 usw). Also - wir müssen nicht sündigen, denn Er ist gekommen! und darum auch
5. haben wir nicht nötig zu sterben! So? Ja, denn Er starb ja schon, stellvertretend für mich! Glaubst du, was Er der Martha sagte in Joh 11,25.26? Glaubst du, was 1Kor 15,51-57 oder 1Thes 4,13-18 usw. steht? Verwirklichst du durch Glauben Phil 3,20.21? Wie weit, geliebte Geschwister, reicht unser Glaube? Wissen wir durch Glauben, daß der Tod unser ist, nicht wir des Todes sind (1Kor 3,22; Röm 8,31-39)?
Ja, wir können noch sterben, und es kann sein, daß wir noch sterben werden, ehe Er kommt, aber kein eisernes, gesetzliches Muß steht hinter uns Gläubigen wie nach Heb 9,27 hinter den Ungläubigen, sondern das herrliche „nicht nötig“, weil „Jesus Christus erschienen ist, der dem Tode die Macht genommen hat usw.“ (2Tim 1,10; Heb 2,14).
Und wenn die Unsern oder wir noch sterben, so haben wir Gläubigen
6. nicht nötig, „zu trauern wie die, die keine Hoffnung haben“ (1. Thess. 4,13), d. h. nicht haltlos, fassungslos, hoffnungslos, glaubenslos u. a.! Wohl dürfen wir trauern, und es wäre kein Zeichen von hoher geistlicher Gesinnung, wenn wir oberflächlich über den Tod, das Heimgehen, das Entschlafen der Unsern hinweggingen und der Welt ein sinnenfälliges Schauspiel gäben, als empfänden wir den Tod nicht als das, was er ist und mit sich bringt: als Trennung! (Ich glaube sogar, wir empfinden innerlich im Geiste tiefer als die Welt, deren Sinn in jeder Hinsicht verblendet ist: 2Kor 4,4). Aber die Trauer derer, die keine wahre, gegründete, gottgemäße Hoffnung haben (nur vielleicht eine seelische, unklare, nicht aufs Wort gegründete), diese haben wir nicht nötig, und deren Begleiterscheinungen (siehe oben) sind unserer unwürdig, denn wir haben ja Ihn, und wenn alle gehen - Er bleibt uns! „Ziehet hin, der Herr ist mehr!“ Und Er entspricht allen Anforderungen, die ein einsam gewordenes Herz stellen kann! Paulus erfuhr in seinen letzten Lebensjahren viel Leid dadurch, daß er so gut wie allein gelassen wurde in seinen schweren Kämpfen um des Evangeliums willen; wenn seine Freunde auch noch lebten, so lebten sie doch nicht mehr mit und für ihn! Und er schreibt seinem Timotheus: „Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, alle verließen mich, es werde ihnen nicht zugerechnet! Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich.“ (2Tim 4,16.17). Allein mit dem Herrn !“ Nicht nötig, zu trauern wie die Welt! So
7. haben wir auch nicht nötig, ängstlich zu sorgen, was uns gerade die zwei Speisungsgeschichten lehren und ungezählte andere Stellen (vgl. Phil 4,6; 1Pet 5,7; Heb 13,5.6; aber auch z. B. Lk 21,14.15 usw.; vgl. auch meinen Aufsatz kürzlich: „Sperling und Rabe!“). Welch hohes Vorrecht haben wir doch, und wie sollten wir davon Gebrauch machen angesichts der an mancherlei Sorgen krankenden, sterbenden und verderbenden Welt, in der wir als Seine Zeugen zurückgelassen sind (Apg 1,8)! Welch hohes Vorrecht, nicht uns in Sorgen verzehren zu müssen! Das haben wir nicht nötig, Er ist ja da! Das mußten Seine Jünger lernen, und das ist auch eine Lektion, die der Heilige Geist uns zu lehren bestrebt ist, und zwar nicht, indem Er uns unbedingt die Zusicherung gibt, daß wir unter allen Umständen „Nahrung und Bedeckung“ haben werden, woran wir uns genügen lassen sollen und wollen (1Tim 6,8), sondern indem Er uns gerade an Paulus zeigt, dem Größten der Großen hienieden, dem herrlichsten irdischen Vorbilde, daß es auch einmal durch gänzlichen Mangel und durch Hungern für die Gläubigen gehen könne; und dann können wir erfahren, was er erfuhr, der vorher
(Phil 4,6) geschrieben hatte: „Sorget nichts, sondern ... betet!“ „Ich vermag alles in Dem, Der mir Kraft gibt, Christus“ (Phil 4,11-13, vgl. auch 2Kor 11,23-33). Das sind noch herrlichere Erfahrungen als die herrlichen, stets zur rechten Zeit zu haben, was wir brauchen! Wir haben nicht nötig, uns zu sorgen: Christus Jesus ist da, und in Ihm ist Gott für uns! (Röm 8,31).
Und wie nicht uns ängstlich zu sorgen, so haben wir
8. nicht nötig, zu verzweifeln! Darüber gibt uns die köstliche Geschichte der Emmaus-Jünger (Lk 24) viel Belehrung, „... wir aber hofften ...“ (Lk 24,21) - aber vergeblich! Ja, ihre Hoffnungen auf die Erlösung Israels durch Den, Der doch „Jesus, der Retter“ (Mt 1,21) hieß, hatten sie auf Golgatha zunichte werden sehen, und was blieb ihnen noch? O, sie hatten doch Sein Wort? Ja, aber sie waren zu „herzensträg“, um es zu glauben (V. 25). Nun wird's ihnen von jenem wahrhaft „einzigen Fremdling“ (V. 18) erklärt, und vor ihren staunenden Ohren enthüllt sich das Geheimnis des Mensch gewordenen Christus Jesus, und dann noch wenige Schritte und Augenblicke voll höchster, brennender Spannung, und „sie erkannten Ihn“ (V. 31). Ja, es war „Jesus Selbst“, (V. 15; vgl. V. 36 und 39), Der mit ihnen gegangen war und Der wie dort, so überall die Verzweifelnden sieht und Sich so gern zu ihnen gesellt. O ihr, die ihr am Verzweifeln seid - worüber und weswegen auch immer! Jesus Selbst ist da, ihr habt nicht nötig, zu verzweifeln, Er ist da, „Der tot war und Der lebendig ist von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 1,18). Geht zu Ihm, geht mit Ihm, traut Ihm, Ihm allein, „Jesus kann uns nicht enttäuschen!“
F. K.
(Fortsetzung folgt, s. G. w).