Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen Band 8 -Jahrgang 1921/22
Lk 2,9.10 - „Große Furcht - Große Freude“Lk 2,9.10 - „Große Furcht - Große Freude“
Die bekennende Christenheit feiert das Fest der Weihenacht, der Nacht, die als geweiht angesehen wird durch das größte Ereignis der Weltgeschichte, das Kommen des Herrn Jesus im Fleisch. „Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott geoffenbart im Fleisch ...“ (1Tim 3,16). Wie köstlich - diese Tatsache! Wissen wir auch geschichtlich nicht den genauen Jahreszeitpunkt, wann dieses geschah - was tut's? Hat es Gott nicht gefallen, uns den Zeitpunkt, da den „Hirten zuerst“ dies Geheimnis kund ward, mitzuteilen - schließt dies aus, uns dessen zu freuen, daß es geschah, und uns dann gerade besonders dessen zu erfreuen, wenn so viele sich dessen freuen, d. h. besonders auch viele Gläubige? „Wer den Tag achtet, achtet ihn dem Herrn“ (vgl. Röm 14,5.6; Kol 2,16). Laßt uns einander deswegen nicht richten und ein gewisses „Feiern“ dieser Weihenacht nicht als ein Sichgleichstellen mit der Welt verurteilen! Es kommt bei allem doch auf die Beweggründe und die Stellung zum Herrn an.
Genug hiervon! Nicht, um mich mit den Anschauungen solcher, die das Feiern von Festen wie des Weihnachtsfestes verwerfen, auseinanderzusetzen (wozu sollte das dienen?), schreibe ich diese Zeilen, sondern um all denen, welche - als vor dem Herrn - „Weihnachten feiern“, die ernste und herzliche Frage vorzulegen: Ist in deinem Herzen die „große Freude“ lebendig? Ist in deinem Leben, deinem Zeugnis, deinem Wesen etwas zu spüren von der „großen Freude“, der Freude im und am Herrn?
Als jene drei Weisen aus ihren fernen Ländern nach Jerusalem pilgerten, um den „neugeborenen König der Juden“ anzubeten, da war ihr Wegweiser „Sein Stern“, als sie daheim abreisten, und ebenfalls wieder, als sie in nächster Nähe des Verheißenen waren, und da heißt es von ihnen: „sie freuten sich mit sehr großer Freude“ (Mt 2,10) und - hatten doch noch nicht geschaut, was sie erahnten. Aber sie glaubten und - freuten sich! Es war mit ihnen ähnlich wie später mit den „Fremdlingen in der Zerstreuung“, an die Petrus schreibt (1Pet 1,1): „An welchen glaubend, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, ihr mit unaussprechlicher Freude frohlocket“ (1Pet 1,8).
Tust du das auch, mein teurer „Mitpilger auf der schmalen Bahn“? Oder lassen die Sorgen und Mühen der schmalen Bahn, die Beschwerden der Nachfolge Jesu, die Kämpfe und Nöte der Gegenwart, die Befürchtungen vor der ungewissen, trüben Zukunft die „große Freude“ nicht so recht aufkommen, dämpfen dieselbe vielleicht immer wieder und setzen an ihre berechtigte - durch des Herrn Jesus Kommen im Fleisch, durch Seinen Tod auf Golgatha, durch Seinen Sieg am Ostermorgen, durch Sein Weilen für uns im Heiligtum, durch die Erwartung Seiner baldigen Wiederkunft für die Seinen so sehr berechtigte Stelle, an die Stelle der so „großen Freude“ eine „große Furcht“? Sage, wie ist es damit? Ist die große Furcht noch nicht besiegt? Mein Bruder, meine Schwester, wie lautet die Verheißung aus dem Munde des Zacharias (Lk 1,67-79): „... daß wir, gerettet aus der Hand unserer Feinde, ohne Furcht Ihm dienen sollen in Frömmigkeit und Gerechtigkeit vor Ihm alle unsere Tage ...“ Gilt das nur den gläubigen Juden? Gilt das nicht allen denen, die in Finsternis und Todesschatten saßen (V. 79; vgl. Kol 1,12-14 u. a)., gilt es nicht mir und dir, uns allen, denen die „Sünden vergeben sind in Seinem Namen“? Wollen wir uns da einschüchtern lassen von der Macht eines besiegten Feindes? (Vgl. Joh 12,31; Heb 2,14; Kol 2,13-15 u. a).
Freilich, wer sich nur vorübergehend anstrahlen läßt von dem Stern von Bethlehem, wer nur gefühlsmäßig „Weihnacht feiert“, ohne wirklich von Herzen und ständig in lebendiger Gemeinschaft zu stehen mit dem, der einmal „in der Fülle der Zeit“ gekommen ist (Gal 4,4), der kann nichts wissen von der „großen Freude, die für das ganze Volk sein soll“ (Lk 2,10), dem genügt solch äußerlich Fest kaum, um ihn für einige Stunden vergessen zu lassen das Elend eines Lebens ohne Gott - wie arm eine Christenheit ohne Christus, eine äußerlich Christi Geburt feiernde Menschheit ohne Liebe und Hingabe an Den, dessentwegen Paulus jubelt: „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!“ (2Kor 9,15), Seine Gabe der Liebe, denn „also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16). Mein Leser, der du vielleicht noch nicht zu diesen glückseligen Leuten gehörst, deren große Furcht vor dem ewigen Gericht, dem ewigen, endlosen Verlorensein, schon beseitigt ist, eine Furcht, die unendlich berechtigter ist als die für den Ungläubigen berechtigte irdische Furcht vor der heutigen irdischen Zukunft - mein unbekehrter Leser, laß das diesjährige Weihnachtsfest nicht verstreichen, ohne in Buße und Glauben als Sünder zu Ihm zu kommen, der „gekommen ist, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Lk 19,10) - dann vertauschst du die große Furcht mit der großen Freude, der Freude am Herrn, die unsere Stärke ist (Neh 8,10). Dann, erst dann hat des Heilandes Kommen im Fleisch, dessen Erinnerung du feierst, einen praktischen Wert für dich, für dein Leben hienieden wie für deine Ewigkeit!
Und ihr, meine Leser, wir alle, die wir Sein Eigen sind - laßt uns nicht törichter Furcht Raum geben! „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein ...“ (1Joh 4,18). Laßt uns Ihn, der uns geliebet und Sich Selbst für uns gegeben hat, Ihn, den Geliebten, in dem wir angenehm gemacht sind (Eph 5,1.2; 1,6), nicht entehren durch eine Furcht, die mit dem Sichtbaren rechnet statt mit Ihm, dem Unsichtbaren (vgl. Heb 11,27; 2Kor 4,16-18), noch durch eine Furcht, die auf die doch durch Sein kostbares Blut bedeckte Vergangenheit blickt, noch durch eine solche, die vor Satans Listen zittert, statt daß wir ihm schriftgemäß begegnen (Eph 6,10-18), sondern laßt uns nur schauen auf Ihn, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens (Heb 12,1ff)., und, durch Seine Gnade dazu berechtigt und befähigt, verwirklichen, was Paulus sagt: „Freuet euch im Herrn allezeit“ (Phil 4,4), d. h. nicht nur in lieblichen Tagen eines irdischen Weihnachtsfestes, auch nicht nur auf sogenannten Höhepunkten des Lebens, sondern - als von Furcht befreit - vor Ihm alle Tage unseres Lebens (Lk 1,75) - bis Er kommt!
F. K.
Erstellt: 29.03.2024 15:15, bearbeitet: 16.07.2025 14:49
Quelle: www.clv.de