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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Junge ZeugenJunge Zeugen
Keinem seiner Mitarbeiter hat der Apostel Paulus soviel anvertraut, keinem einen so verantwortungsvollen Auftrag gegeben wie seinem Freunde Timotheus. Wie ernst es Paulus mit seinem Auftrag meinte, für wie wichtig er ihn hielt, geht aus den Worten hervor: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christo Jesu, der da richten wird Lebendige und Tote, und bei Seiner Erscheinung und Seinem Reiche: Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit, überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut und Lehre.“ (2Tim 4,1.2)
Wir konnten vielleicht denken, Paulus hätte diesen wichtigen Dienst einem älteren Manne übertragen. Wenn Timotheus auch nicht mehr so jung war, wie oft angenommen wird - er mag immerhin ungefähr 40 Jahre alt gewesen sein, als Paulus ihm schrieb -, so war er doch gegenüber den alten Brüdern noch reichlich jung. Und trotzdem hält Paulus ihn für den geeignetsten und zuverlässigsten seiner Mitarbeiter.
Schon als beide sich kennen lernten, hatte Timotheus ein so gutes Zeugnis bei den Brüdern in Lystra, daß Paulus sich entschloß, ihn zum Dienst mitzunehmen (Apg 16,1-3). Daß Paulus damit keinen Fehlgriff getan hatte, zeigte die Bewährung des jungen Zeugen. Wenn er ihm darum Vertrauen schenken kann, daß er sich auch weiterhin als treu erweise, und ihm folglich in besonderer Weise die Sorge für die Versammlungen und den Dienst am Evangelium aufs Herz legt, so ermahnt er ihn doch eindringlich zur Beständigkeit, Treue und Sorgfalt.
Nachdem Paulus in 2Tim 3 die letzten Tage als schwere Zeiten gekennzeichnet hat, in denen z. B. die Menschen „eigenliebig“ und „geldliebend“ sind, „mehr das Vergnügen lieben als Gott“ und „eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“, schreibt er an Timotheus: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast, und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast, und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die vermögend sind, dich weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben, der in Christo Jesu ist.“ (3,14.15)
Zwar gebrauchen viele, denen die Notwendigkeit von Buße, Bekehrung und Wiedergeburt bezeugt wird, dieses Wort als Ausrede und sagen: „Ich bin christlich erzogen und unterrichtet worden und habe es darum nicht nötig, mich zu ändern oder etwas Neues anzunehmen; ich bleibe in dem, was ich gelernt habe.“
Wir haben aber nur dann Pflicht und Berechtigung, in dem Gelernten zu bleiben, wenn wir
1. davon „völlig überzeugt“ sind, wenn wir also das uns verkündigte Wort nicht nur auswendig gelernt und vorurteilslos hingenommen haben, sondern wenn es sich an unseren Herzen als das Evangelium von dem völligen Heil in Christus Jesus, als die „Kraft Gottes, zum Heile jedem Glaubenden“, hat erweisen können, wenn wir
2. wissen, von wem wir gelernt haben, d. h., daß wir die, die uns unterwiesen haben, auch als solche kennen, die in der inspirierten Lehre der Apostel verharren und dies nach allen Seiten hin durch die Übereinstimmung mit dem Worte und durch Wesen und Wandel bezeugen, und wenn wir
3. die „heiligen Schriften“ kennen und anerkennen als das von Gott eingegebene Wort, das „weise macht zur Seligkeit“ und das „nutze ist zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“. (3,16.17)
Nur wer im Glauben und in der Lehre gesund ist (Tit 1,9.13), kann anderen Wegweiserdienste tun und eine Hilfe auf dem Wege sein. Gerade junge Menschen, die mit glühender Liebe und glückseligem Überzeugtsein von ihrem Herrn und Heiland zeugen, sind ein sichtbarer Beweis für die Wahrheit des Evangeliums!
Nichts paßt schlechter zur Jugend als immerwährendes Wanken und Schwanken. Zwar vertieft sich im späteren Alter das Glaubensleben; aber wohl dem, bei dem es schon in der Jugend fest gegründet ist und allen bösen Einflüssen zum Trotz bewahrt bleibt! Fest gegründete junge Christen kann der Herr später als Säulen in Seiner Gemeinde gebrauchen. Wir wollen viel darum beten, daß Er in den Kreisen der Gläubigen solche Jugend erwecken möge.
Wie sollten andererseits die, die das Evangelium verkündigen und das Wort Gottes lehren, ernstlich danach trachten, ihr ganzes Leben in Übereinstimmung mit ihren Worten zu bringen! Timotheus konnte und sollte auf die als Vorbilder blicken, die ihn gelehrt hatten. Paulus rühmt den „ungeheuchelten Glauben“ der Großmutter und Mutter des Timotheus (2Tim 1,5), und von sich durfte er sagen: „Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren, meine Verfolgungen, meine Leiden.“ (2Tim 3,10.11)
Timotheus sollte sich aber nicht damit zufrieden geben, daß ihm andere als gesegnete Vorbilder gedient hatten, sondern er sollte danach trachten, selbst ein Vorbild zu werden. Darum schreibt ihm der Apostel: „Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Keuschheit ... Bedenke dies sorgfältig; lebe darin, auf daß deine Fortschritte allen offenbar seien.“ (1Tim 4,12.15)
Wenn wir uns vom Herrn beauftragt glauben, Sein Wort zu verkündigen, sind dann solche vorbildlichen Eigenschaften bei uns zu finden, oder müssen unsere Zuhörer sie mühsam bei uns suchen? Wollen wir Kinder und junge Menschen für den Herrn gewinnen und ihnen das Zugehören zum Volke Gottes als etwas Gesegnetes und Liebliches vor die Seele stellen, dann müssen sie an uns harmonische Übereinstimmung zwischen Wort und Wandel erkennen. Und niemand beobachtet in dieser Hinsicht schärfer als die Jugend. Wenn sie unter dem Volke Gottes viele solche Vorbilder sehen kann, wie es die Großmutter und die Mutter des Timotheus und sein Lehrer Paulus waren, dann wird der HErr auch viele junge Brüder befähigen und beauftragen können, in besonderer Weise „das Werk des Dienstes“ zu tun.
Und ist es uns um unser Christenleben ernst, dann begehren wir auch, die „heiligen Schriften“ mehr und besser kennenzulernen; dann wird es uns liebe Gewohnheit, aber auch heilige Pflicht sein, das Wort Gottes stets als Prüfstein sowie zur Bestätigung und Bekräftigung dessen zu gebrauchen, was uns in den Versammlungen verkündigt wird.
Wohl hatten die Thessalonicher das Wort „in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes“ aufgenommen, so daß sie allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden waren (1Thes 1,6.7), und doch nennt das Wort Gottes die zu Beröa edler als die in Thessalonich, weil sie „täglich die Schriften untersuchten, ob dies (was ihnen verkündigt worden war) sich also verhielte“. (Apg 17,11)
Niemals hätte Timotheus eine so verantwortungsvolle Aufgabe für die Gemeinde des Herrn bekommen können, wenn er nicht das Wort Gottes durch begieriges Lernen und eifriges Forschen gründlich kennengelernt hätte. War er doch nicht beauftragt worden, eigene Gedanken zu lehren und nach eigenem Gutdünken zu urteilen, sondern das Wort zu predigen, darauf zu halten zu gelegener und ungelegener Zeit und mit ihm zu überführen, zu strafen und zu ermahnen.
Es ist ein unermeßlicher Segen, daß der Herr Zeugen gegeben hat, die in Seinem Auftrag „zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes und für die Auferbauung des Leibes Christi“ (Eph 4,12) wirksam sind. Es ist naturgemäß, daß dieser Dienst in der Regel von älteren Brüdern getan wird. Gesegnet und notwendig ist es aber auch, daß jüngere Brüder - auch Schwestern will der Herr an ihrem Platz gebrauchen - darum beten, Er möge sie zur Mitarbeit in Seinem Werke berufen und befähigen.
Wir können aber nur dann Seine Zeugen und Diener in Seiner Gemeinde sein, wenn beständiges Bleiben im angefangenen Glaubensleben, Treue im praktischen Wandel und sorgfältiges Forschen im Worte Gottes bei uns vorhanden sind.
H. Metzger.