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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 11 -Jahrgang 1926
1Kor 8-10 - „Betrachtung des Textes“
1Kor 8-10 „Betrachtung des Textes“ (2)1Kor 8-10 „Betrachtung des Textes“ (2)
Warum sagt der Apostel dieses alles? Was ist sein Ziel in dieser Beweisführung? Handelte es sich für ihn darum, ihnen Belehrungen über das Abendmahl zu geben? Durchaus nicht! Sondern es handelte sich darum, daß die Gemeinschaft mit Christus in Seinem Tode auch das Verbundensein der Vielen zu einem Leibe bewirkt hatte und daß sie darum diese Gemeinschaft nicht durch Teilnahme an den Götzenmahlzeiten bloßstellen sollten.
Der Apostel beginnt deshalb diesen Abschnitt mit den Worten: „Fliehet den Götzendienst“. Er wollte sie klar überführen, daß die Teilnahme an den Götzenopferfesten im Widerstreit stehe mit der Gemeinschaft Christi und daß solche das Gericht Gottes sicher über sie bringen würde.
Er wendet sich nun in unserem Abschnitt (Vers 15) an ihre Verständigkeit und ihre Einsicht, seine Darlegungen zu beurteilen, und lenkt zu diesem Zweck ihren Blick auf einen vergleichenden Vorgang in der Gemeinde Gottes. Er fragt sie, ob das, was sie bei der Feier des Abendmahles tun, nicht Gemeinschaft („Teilhaberschaft“) sei. Durch diese Frage nötigt er sie, es sich selbst zu gestehen, daß der Kelch, den sie segnen, und das Brot, das sie brechen, Gemeinschaft des Blutes und des Leibes Christi sei.
Alsdann richtet er ihre Aufmerksamkeit auf einen zweiten Vorgang, der mit dem jüdischen Kultus in Verbindung stand. Und wiederum fragt er sie: „Sind nicht die, die das Opfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ Auch dieses mußten sie zugeben. Nachdem er so das Licht von zwei Beispielen aus dem christlichen und dem jüdischen Kultus auf ihr Herz und Verständnis hatte fallen lassen, zeigt er ihnen nun, daß das, was die Nationen opfern, sie den Dämonen opfern, und er fügt hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt“.
Jemand hätte nun einwenden können, wenn die Nationen ihre Opfer nicht den Götzen, sondern den Dämonen darbringen, dann seien die Götzen doch etwas, und Paulus stehe mit seinen eigenen Worten, daß ein Götzenbild nichts sei (Kap. 8,4), im Widerspruch. Einer solchen falschen Folgerung kommt er in dem 19. u. 20. Vers zuvor.
Im 15. Vers hatte er sie aufgefordert: „Beurteilet ihr, was ich sage“, und jetzt fragt er: „Was sage ich nun? sage ich, daß ein Götzenbild etwas sei?“ Sicherlich nicht. Aber hinter diesen Götzen standen die Dämonen, und deshalb konnte er sagen: „Das, was die Nationen opfern, opfern sie den Dämonen und nicht Gott“.
Eine Teilnahme an den Götzenopfermahlzeiten war somit tatsächlich Gemeinschaft mit den Dämonen, genau so Gemeinschaft, wie in den beiden zuvor angeführten Beispielen aus dem christlichen und jüdischen Kultus, so wie die Teilnahme bei den Christen Gemeinschaft mit dem Christus und bei den Juden Gemeinschaft mit dem Altar war, so war sie bei den Heiden auch Gemeinschaft mit den Dämonen.
Wenn sie auch bei den Götzenopfermahlzeiten selbst nicht mitwirkend tätig sein mochten, so nahmen sie doch durch ihr Dabeisitzen und Mitessen daran teil, und darin lag eben Gemeinschaft. Seine liebende Sorge konnte nicht zulassen, daß sie sich solcher Gemeinschaft hingaben, und er fügt in apostolischer Machtvollkommenheit hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt“.
Laßt uns hier einen Augenblick unsere Betrachtung unterbrechen und uns fragen, ob nicht auch wir heute in einer götzendienerischen Welt leben. Die äußere Form der Götzenbilder und der Götzentempel mag verändert sein, die Dämonen aber, die dahinterstehen, sind dieselben geblieben.
Der Apostel hatte sie an Israel erinnert (Vers 6.7) und ermahnt, nicht wie jene Götzendiener zu werden. Aber die Christenheit ist (wie Israel) nicht dem Götzendienst entflohen. Wie kam es? Genau so wie bei Israel: in dem Gelüsten nach den bösen Dingen. Auch jetzt umgeben uns Dinge, Gebräuche, die uns anziehen und reizen. In der Warnung, nicht Götzendiener zu werden wie etliche von ihnen, kennzeichnet er auch zugleich ihren Götzendienst mit den Worten: „Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, zu spielen“.
Ernste Unterweisungen empfangen wir, wenn wir dieses Wort aus 2Mo 32,6 im Zusammenhang betrachten und auf uns anwenden. Mose war auf den Berg zu Gott gegangen, so wie der Herr jetzt oben bei dem Vater ist. In dieser Zeit seiner Abwesenheit wandte sich das Herz des Volkes gar schnell von Gott ab, und sie fingen an, dem Laufe der Welt zu huldigen. Sie machten sich ein Kalb nach dem Bilde der Welt, und dieses Kalb verbanden sie mit dem Namen Gottes und bauten Ihm einen Altar. Mit diesem Kalbe im Mittelpunkt riefen sie Jehova ein Fest aus und brachten Brand- und Friedensopfer dar. Was mußte dieses für das Herz Gottes sein?!
Gott erwähnt diese Sache noch einmal im Neuen Testament (Apg 7,41), und dort spricht Er von dem Kalbe als von „den Werken ihrer Hände, an denen sie sich ergötzten“. „Die Werke ihrer Hände“ wurden ihre Götzen. Kein Götze ist so verbreitet, wird so verherrlicht und keinem wird so gehuldigt wie diesem, der „Menschenwerk“ heißt. Und wie geneigt sind unsere Herzen, die Werke der Hände der Menschen anzustaunen und anzubeten, und wie viele Werke haben Menschenhände errichtet und mit dem Namen Gottes verbunden und geweiht. Fromm rufen sie Jehova ein Fest aus, bringen ihre Opfer und huldigen ihren Götzen. Mit Ergebenheit nach außen naht man sich Gott, aber „das Werk ihrer Hände“ steht im Mittelpunkt, und das Wesen dieser Welt: Essen, Trinken, Spielen16 kennzeichnet ihr Fest, auf dem „die Werke ihrer Hände“ verherrlicht werden, Werke, in denen Gott nur das Kalb - das Werk ihrer Hand - sieht, das, verbunden mit Seinem Namen, Ihm nur ein Schmerz ist und über welches Er auch heute sagen müßte: „Sie ergötzen sich an den Werken ihrer Hände“. Wie hängt doch das Menschenherz an dem Werke der eigenen Hand. Selbst die Werke, die wir dem Herrn tun, können für unser Herz zum Götzen werden und es so einnehmen, daß der Herr daneben steht.
Johannes schließt seinen ersten Brief mit den Worten: „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1Joh 5,21), und Paulus schreibt: „Darum, Geliebte, fliehet den Götzendienst“ (Kap. 10,14) und fügt weiter hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen“. Möchten wir uns bewahren lassen, nicht durch Teilnahme an solchen Götzenkulten Gemeinschaft mit den Dämonen zu haben!
Fragst du, was Götzen sind, so laß mich dir sagen, daß es alle sichtbaren und unsichtbaren Dinge sind, die den Platz Gottes in unserer Seele einnehmen und unser Herz gefangen halten. Wenn wir daraufhin uns prüfen, so werden wir bald entdecken, mit welchen Götzen Satan unser Herz gefangen nehmen will, um uns zu ihrem Dienst und ihrer Huldigung zu bringen. Es fehlt ihm nicht an Götzen. Wir brauchen nicht nur an Habsucht zu denken, von der die Schrift sagt, daß sie Götzendienst ist, Götzen können auch Kunst, Wissenschaft, Sport, Ehre, Geschäft usw., ja selbst unsere Kinder u. a. sein.
Kehren wir nun zu unserem Abschnitt zurück!
Nachdem der Apostel in dieser Weise den Korinthern klar gezeigt hatte, was Gemeinschaft ist, stellt er sie vor die Unmöglichkeit, Gemeinschaft mit Christus und zugleich Gemeinschaft mit den Dämonen haben zu können. Das eine schloß das andere aus. Es war unmöglich, mit zwei sich einander entgegenstehenden Dingen zugleich Gemeinschaft haben zu wollen. „Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des Herrn Tisches teilhaftig sein und des Tisches der Dämonen.“
Er stellt das, was des Herrn ist, und das, was der Dämonen ist, einander gegenüber, und beides bezeichnet er mit den gleichen Worten „Kelch“ und „Tisch“. Gerade diese Gegenüberstellung und die Bezeichnung der beiderseitigen Dinge mit den gleichen Worten beweisen uns, daß „Kelch“ und „Tisch“ mehr in sich schließen als nur das Abendmahl bezw. das Götzenopfer und daß es sich nicht um einen buchstäblichen „Kelch“ und „Tisch“ handelt, sondern daß diese im bildlichen Sinne verstanden werden müssen.
Es sollte nicht schwer sein, dieses zu sehen, denn das Trinken des Kelches der Dämonen oder das Teilhaftigsein ihres Tisches geschah doch nicht einzig und allein nur dann, wenn sie vom Götzenopfer aßen, das geschah doch auch durch jede Teilnahme an Dingen, hinter denen Dämonen standen, und war Gemeinschaft mit den Dämonen.
Jedes Genießen der Dinge der Welt, jede Teilnahme daran, war ein Trinken aus der Dämonen Kelch, ein Teilhaftigsein ihres Tisches und Gemeinschaft mit den Dämonen. Niemand wird doch sagen wollen, daß nur die Teilnahme an einer Götzenopfer-Mahlzeit im Götzentempel ein Trinken aus ihrem Kelche und Gemeinschaft mit den Dämonen sei. Es ist doch klar, daß in dem Trinken des Dämonenkelches usw. alle Dinge eingeschlossen sind, hinter denen Dämonen stehen. -
Wenn diese viel weitergehende Bedeutung für den „Kelch“ und „Tisch“ der Dämonen anerkannt werden muß, so dürfen wir dem Sinn und Zusammenhang gemäß auch „Kelch“ und „Tisch“ des Herrn nicht allein auf das Abendmahl beschränken wollen.
Abendmahl und Götzenopfer sind sicher in „Kelch“ und „Tisch“ mit eingeschlossen, wie alles darin enthalten ist, jede Sache, hinter der auf der einen Seite der Herr und auf der anderen Seite die Dämonen gesehen werden. „Kelch“ und „Tisch“ des Herrn umfassen alle Dinge und Segnungen, die der Herr für die Seinigen in dieser Welt hat, die für sie zu einer öden Wüste geworden ist; ebenso wie „Kelch“ und „Tisch“ der Dämonen alle Dinge umfassen, die der Satan für die Kinder der Welt hat. Die Analogie (Gleichartigkeit) in dieser Stelle zeigt uns, daß das eine mit dem anderen steht und fällt, daß das, was mit „Kelch“ und „Tisch“ auf der einen Seite gemeint ist, auch auf der anderen Seite gemeint sein muß.
Auf die Ansicht, daß „Kelch“ und „Tisch“ des Herrn die Abendmahlsfeier bedeute, sind mancherlei Schlüsse und Lehren aufgebaut worden, z. B. weil die Schrift nur in der Einzahl vom „Tisch“ des Herrn - also nur von einem und nicht von mehreren Tischen - rede, deshalb gebe es an jedem Orte auch nur einen „Tisch“ des Herrn, nur einen Platz an jedem Orte, wo der „Tisch“ des Herrn sei.
Nach solcher materialistischen Auffassung wäre dann folgerichtig auch an jedem Orte nur ein Platz, wo der „Kelch“ und der „Tisch“ der Dämonen wäre; denn, was für den einen „Kelch“ und „Tisch“ gilt, muß notwendig auch für den anderen gelten.
Dies eine Beispiel mag genügen, zu zeigen, wie haltlos solche Auffassungen sind und wohin man kommt, wenn man den bildlichen Sinn von „Kelch“ und „Tisch“ nicht festhält. Wie leicht kommt man dann dahin, „Kelch“ und „Tisch“ zu einer Platzfrage zu machen, d. h, wo diese seien.
Wir müssen uns bei der Betrachtung dieser Stelle eben immer des Zusammenhanges bewußt bleiben. Wenn der Apostel auch Vers 16 u. 17 einzelne Stücke der Abendmahlsfeier für seine Beweisführung heranzieht, um klar zu machen, was Gemeinschaft (Teilhaberschaft) ist, so handelt es sich doch für ihn nicht darum, Belehrungen über das Abendmahl zu geben - was wir auch immer daraus lernen mögen.
Durch das bei der Abendmahlsfeier oft gebräuchliche Zusammenlesen von 1Kor 10,14-22 mit 1Kor 11,23-32 wird die Gedanken-Richtung derart auf das Abendmahl eingestellt, daß viele sich völlig daran gewöhnt haben, in dieser Stelle nur das Abendmahl zu sehen. Für die rechte Teilung des Wortes ist es deshalb notwendig, uns darauf zu besinnen, daß der Apostel hier eine ganz andere Frage behandelt als die des Abendmahls, damit wir seine Worte nicht von einem falschen Gesichtspunkte aus, sondern von der Sache aus, um die es sich handelt, betrachten. Wir dürfen nicht deshalb, weil Einzelheiten von der Abendmahlsfeier im 16. u. 17. Verse herangezogen werden, das Abendmahl zum Hauptgegenstand dieser Stelle machen. Hier handelt es sich um etwas anderes, nämlich darum, wie der einzelne Gläubige sich in der Welt des Götzendienstes und der Dämonen zu verhalten habe, und er erklärt ihnen dies vom Standpunkte der Gemeinschaft aus, die wir mit Christus haben. Und dies ist der Gesichtspunkt, von dem aus auch wir diese Stelle betrachten und verstehen müssen.
Wie schon gesagt, „Kelch“ und „Tisch“ des Herrn und der Dämonen werden hier gleichartig gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung und gleichartige Bezeichnung sollte allein schon genügen, uns vorsichtig prüfen zu lassen, ob die in solcher Zusammenstellung mit Dämonen gebrauchten Ausdrücke von uns auf das Brotbrechen zu übertragen sind, zumal das Brot in diesem Verse nicht einmal erwähnt wird!
Hätte der Apostel mit „Kelch“ des Herrn nur an den Abendmahlskelch gedacht, würde er dann nicht (wie Vers 16) auch das Brot erwähnt haben, welches doch nicht vom Kelch geschieden werden kann? Anstatt aber vom „Kelch“ und „Brot“ zu sprechen, spricht er hier von „Kelch“ und „Tisch“ (und beachte: ebenso in Bezug auf die Dämonen).
Wenn jemand hierauf sagen möchte, daß das Brot zu erwähnen nicht nötig sei, weil der folgende Ausdruck „Tisch“ des Herrn das Brotbrechen sei, so möchten wir fragen: „Wozu brauchte er dann den Kelch zuvor zu erwähnen, da doch dieser ebenso wie das Brot im Abendmahl schon enthalten und eingeschlossen war?“
Wie einfach und verständlich ist dagegen alles, wenn wir sehen, daß der Apostel „Kelch“ und „Tisch“ des Herrn und ebenso der Dämonen als bildliche Ausdrücke gebraucht für das, was auf der einen Seite von dem Herrn und auf der anderen Seite von den Dämonen dargeboten wird. Ja, muß die gleichartige Bezeichnung von „Kelch“ und „Tisch“ sowohl des Herrn als der Dämonen uns nicht sagen, daß beide Ausdrücke nur in diesem bildlichen und allgemeinen Sinne verstanden werden können? Spricht die Schrift nicht auch in diesem bildlichen Sinne vom „Kelche“ im Garten Gethsemane (vgl. auch Off 16,19) und ebenso vom „Tisch“ in Lk 12,37; Ps 23 und anderen Stellen mehr? Und sprechen wir nicht heute im täglichen Leben noch von „Kelch“ und „Tisch“ im bildlichen Sinne? Aber es ist, als ob manche durch den Gleichklang des Wortes „Kelch“ so befangen sind (zumal im 16. Vers der Abendmahlskelch gemeint ist), daß es ihnen schwer wird, hier in diesem Verse nicht auch ausschließlich den Abendmahlskelch zu sehen. Und doch müssen sie zugeben, daß der Apostel den Sinn eines Wortes sogar im engen Zusammenhange wechselt, wie wir es in dem 16. u. 17. Verse sahen, wo er einmal mit „Leib“ den tatsächlichen Leib und das nächste Mal mit „Leib“ den geistlichen Leib meint.
(Schluß folgt, s. G. w). v. d. K.
16 Essen, Trinken, Spielen ist an sich nichts Böses, aber diese Dinge nahmen ihr Herz so ein, daß sie ihnen zu Götzen wurden; so daß Gott uns warnt: „Werdet nicht Götzendiener wie etliche von ihnen, wie geschrieben steht: das Volk setzte sich nieder zu essen und zu trinken und stand auf, zu spielen“.↩︎