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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
Das nahe Ende (1)Das nahe Ende (1)
Hast kennzeichnet unsere Zeit. In Eile haben sich gewaltige Ereignisse vollzogen, und noch größere werden sich in ungeahnter Schnelle vollziehen. Gott hat uns darüber in Seinem Worte nicht im Dunkel gelassen.
Die Weltgeschichte kann über das berichten, was geschehen ist, und der Mensch kann raten und mutmaßen, was geschehen mag, Gott allein aber kann sagen, was geschehen wird; und in der Schrift hat Er dies getan. Welche Majestät liegt in dem Worte: „Gedenket des Anfänglichen von der Urzeit her, daß Ich Gott bin und sonst ist keiner, daß Ich Gott bin und gar keiner wie Ich; der Ich von Anfang an das Ende verkünde, und von alters her, was noch nicht geschehen ist; der Ich spreche: Mein Ratschluß soll zustande kommen, und all Mein Wohlgefallen werde Ich tun.“ (Jes 46,9.10).
Der Ungläubige mag, soviel er will, Sein Wort bekritteln, der Gläubige aber hält fest: „Sollte Gott gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?“ (4Mo 23,19). Das prophetische Wort bezeugt uns, daß Er über jeden Widerstand triumphieren wird. „Dem allein weisen Gott durch Jesum Christum, Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit!“ (Röm 16,27). Christus ist das Wesen aller Vorbilder und der Inhalt aller Vorsätze Gottes. Der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu. (Off 19,10).
Ein starker Scheinwerfer am Mast eines Schiffes mag vieles, was im Bereich seines Lichtes liegt, dem menschlichen Auge enthüllen, aber er findet seine Grenze am Horizont. Über diesen hinaus vermag er kein Licht mehr zu geben und nichts zu enthüllen. Gott dagegen überschaut den ganzen Lauf der Welt vom Anfang bis zum Ende, und durch die Lampe Seines Wortes läßt Er auch uns nicht nur das Ende aller Dinge sehen, sondern auch die Umstände, unter welchen das Ende kommen wird. Dieser „Scheinwerfer“, das Licht Seines Wortes, wird durch keinen Horizont begrenzt. Petrus spricht hiervon in 2Pet 1,19: „Auf welches zu achten ihr wohl tut, als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“
Der Seemann gebraucht den Scheinwerfer nicht, um den Polarstern zu entdecken, wohl aber, um die Gefahren zu erkennen, die ihm auf seiner Fahrt drohen. So ist es auch mit dem Gläubigen. Er bedarf der Lampe des prophetischen Wortes nicht, um den Morgenstern zu sehen, sondern um an dem „dunklen Orte“ die Gefahren zu erkennen, die mit dem Wachsen des Dunkels der Nacht ihn um so verderbenbringender umgeben.
Gott kennt die Gefahren, und damit wir sie erkennen sollen, hat Er uns das Licht des prophetischen Wortes gegeben, von welchem Sein Geist uns sagt: „Auf welches zu achten ihr wohl tut.“
Viele haben auf dieses uns von Gott gegebene Licht nicht geachtet und in ihrem Lauf Schiffbruch erlitten und gleich dem gerechten Lot ihre gerechte Seele Tag für Tag durch das, was sie sahen und hörten, gequält. (2Pet 2,7.8). Solche beherzigen das im Worte zuvorbezeugte Ende nicht noch die verderblichen Folgen ihres Beispieles auf ihre Kinder und andere (wie wir dieses auch bei Lot sehen) und bleiben in Verbindung mit dem erkannten Bösen. O, daß wir auf die mahnende Stimme der göttlichen Liebe hören möchten: „Gehet aus ihr heraus, Mein Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünde teilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen!“ „Stehe ab von der Ungerechtigkeit!“ (Off 18,4; 2Kor 6,17; 2Tim 2,19.22).
Gott hat Offenbarungen über die Zukunft gegeben. Die Geheimnisse oder die vertrauten Mitteilungen Jehovas sind für die, welche Ihn fürchten. (Ps 25,14). Nachdem der Herr Jesus verherrlicht und der Heilige Geist herniedergekommen ist, besitzen wir „vertraute Mitteilungen“ über
1. Das Ende der Zerstreuung der Juden,
2. Das Ende der Zeiten der Nationen,
3. Das Ende der Gemeinde auf Erden.
Für die Enthüllung Seiner Geheimnisse wählte Gott sich besondere Knechte. Wir wollen auf vier hinweisen: 1. Joseph, der Patriarch, 2. Daniel, der Prophet, 3. Johannes, der Apostel des fleischgewordenen Wortes, 4. Paulus, der Apostel des verherrlichten Christus.
Außer auf diese vier möchten wir aber noch auf einen anderen, den vollkommenen Knecht, hinweisen, von dem
Gott Jahrhunderte zuvor sagte: „Siehe, Mein Knecht, den Ich stütze, Mein Auserwählter, an welchem Meine Seele Wohlgefallen gefunden hat.“ (Jes 42,1; Mt 12,18). Gewisse Kennzeichen, welche dieser vollkommene Knecht trug, finden wir auch bei jedem der anderen Knechte, z. B.:
Alle wurden besonders geliebt. Joseph wurde mehr geliebt als die anderen Kinder seines Vaters (1Mo 37,3). Daniel wurde von Gabriel angeredet als ein „Vielgeliebter“. (Dan 9,23). Johannes nennt sich den Jünger, den Jesus liebte (Joh 13,23). Paulus sagt in Bezug auf den Sohn Gottes: „Der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat“. (Gal 2,20).
Alle wurden besonders gehaßt. Joseph wurde von seinen Brüdern gehaßt (1Mo 37,4), Daniel von den Vorstehern und Satrapen (Dan 6), Johannes von den Feinden des Zeugnisses Jesu (Off 1,9) und ebenso Paulus. (1Kor 4,9-13).
Alle wurden durch Absonderung gekennzeichnet. Joseph stand abseits von den bösen Wegen seiner Brüder und entfloh dem ehebrecherischen Treiben (1Mo 39,9), Daniel verweigerte, sich durch die Speise des Königs zu verunreinigen (Dan 1,8), Johannes stand abgesondert und warnte vor den Dingen, die in der Welt sind (1Joh 2,15), und Paulus war der Welt gekreuzigt und die Welt ihm. (Gal 6,14).
Alle wurden verfolgt. Joseph wurde ein Gefangener in Ägypten (1Mo 39,20), Daniel ein Gefangener in Babylon (Dan 1,6), Johannes ein Gefangener auf Patmos (Off 1,9), Paulus ein Gefangener in Rom. (Apg 28,16).
Blicken wir aber auf den vollkommenen Knecht, dann müssen wir ausrufen: Wer war so geliebt - wer so bitter gehaßt - wer so völlig abgesondert - wer so grimmig verfolgt wie Er?
Nicht nur erwählte Gott Sich Seine besonderen Knechte, Er handelte auch mit jedem in einer besonderen Weise. Laßt uns auch dieses einen Augenblick betrachten!
Den beiden zuerst genannten Knechten (Joseph und Daniel) wurden die Geheimnisse Gottes durch Träume geoffenbart. Die anderen beiden Knechte (Johannes und Paulus) empfingen die göttlichen Geheimnisse durch direkte Offenbarung, alle vier aber bestätigen uns, daß die Offenbarungen nicht durch den Willen des Menschen hervorgebracht wurden und daß der menschliche Geist darin völlig ausgeschlossen war (2Pet 1,21). Was Gott uns durch Offenbarung bekannt macht, das steht in direktem Gegensatz zu allem, was das Auge, Ohr und Herz des Menschen durch Erforschung erreichen kann (1Kor 2,9.10). Wir sehen dieses bei einem Traume. Ein Traum ist ein Eindruck auf den Geist des Menschen, bei dem der Wille des Menschen völlig ausgeschaltet ist. Niemand kann zuvorbestimmen, was er träumen oder nicht träumen will, noch nach seinem Willen einen Traum wiederholen. Dies beweist uns Nebukadnezar. Wir lernen hieraus, daß, so wie der Mensch mit seinem Willen und seiner Kraft in den Offenbarungen der Ratschlüsse ausgeschlossen ist, er auch ebenso in der Ausführung der göttlichen Ratschlüsse ausgeschlossen ist.
Die Zerstreuung der Juden und ihr Ende.
Welch ein wunderbares Volk ist dieses Volk und wie verschieden von allen Völkern der Erde! Überallhin sind die Juden geflohen. Sie besitzen kein eigenes Land und haben doch überall ihre Eigenart und Nationalität bewahrt. Wer will leugnen, daß die Schrift dieses zuvorgesagt hat? Hosea sagt: „Sie sollen Flüchtlinge sein unter den Nationen“ (Hos 9,17). Und Bileam mußte weissagen, daß sie als ein Volk unvermischt unter den Nationen bleiben werden: „Abgesondert wird es wohnen und unter die Nationen nicht gerechnet werden“. (4Mo 23,9).
Ihre Vertreibung aus dem Lande und ihre Verfolgungen, die schrecklicher als die irgend eines anderen Volkes auf Erden waren, sind nur die Erfüllung von Weissagungen.
Als sie auf dem Wege in das ihnen verheißene Land waren, sagte Gott ihnen mehr als 1400 Jahre vor Christi Geburt die Folgen ihres Ungehorsams voraus: „Ich werde euch zerstreuen unter die Nationen und das Schwert ziehen hinter euch her, und euer Land wird eine Wüste sein und eure Städte eine Öde.“ (3Mo 26,33). An dem Tage aber, wenn sich ihr unbeschnittenes Herz demütigt und sie dann annehmen die Strafe ihrer Ungerechtigkeit, sagt Gott, „werde Ich Meines Bundes mit Jakob ... und des Landes gedenken. Denn das Land wird von ihnen verlassen sein, und es wird seine Sabbathe genießen in seiner
Verwüstung ohne sie.“ (3Mo 26,41-43). Wer will bestreiten, daß das Land, seitdem es von den Juden verlassen wurde, verwüstet ist? Und wer kann leugnen, daß jetzt Tausende in das Land zurückkehrender Juden (obgleich im Unglauben an ihren Messias) sich dem Ackerbau zuwenden? Ist das nicht ein klares Zeugnis, daß Gott Seine Verheißung, des Landes zu gedenken, nicht vergessen hat?
Bis zu diesem Tage sind die Juden ohne Land, ohne einen über sie regierenden König oder Fürsten, ohne eigene Gesetze, ohne eine Armee oder Marine zu ihrem Schutze, und doch sind sie ein Volk, unterschieden von allen Völkern der Erde. Auch für ihren Kultus besitzen sie keinen Sammelpunkt. Sie haben kein Abzeichen von Gott, keinen Priester, welcher Gott ihre Opfer darbringt, und doch sind sie ein abgesondertes Volk und werden es bleiben, bis Gottes Ziel mit ihnen erreicht ist. Obgleich die Masse, welche Anspruch macht, das Volk zu sein, von dem Antichristen, dem falschen Propheten, betrogen, diesen für eine kurze Zeit anerkennen wird, so wird doch ein treuer Überrest bewahrt bleiben und seinen rechtmäßigen König begrüßen.
Hosea weissagte 780 Jahre vor Christi Geburt, das ist heute vor mehr als 2600 Jahren: „Die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten, und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule, und ohne Ephod und Teraphim“ (Wer kann die buchstäbliche Erfüllung dieser Prophezeiung bestreiten?). Alsdann fährt der Prophet fort: „Danach werden die Kinder Israel umkehren und Jehova, ihren Gott, und David, ihren König, suchen; und sie werden sich zitternd wenden zu Jehova und zu Seiner Güte am Ende der Tage“. (Hos 3,4.5).
Außer den vielen Weissagungen zeigt uns Gott auch in vielen Vorbildern das Ende ihrer Zerstreuung. In den beiden Träumen Josephs haben wir ein göttliches Vorbild auf Den hin, vor Dem sich jedes Knie im Himmel und auf Erden beugen soll. Die „Garben“ (das, was auf Erden ist) und die Sonne, Mond und Sterne (das, was im Himmel ist), alles beugt sich Ihm. Seine Verwerfung von seinen Brüdern und der Verkauf als Sklave sah zwar nicht nach Erfüllung dieser seiner Träume aus. Die Auslegung der späteren Träume Pharaos aber wurde der Weg zur Erfüllung der Träume Josephs. Joseph wurde „Herrscher über das ganze Land Ägypten“ (1Mo 45,8); man rief vor ihm her: „Werfet euch nieder!“ (1Mo 41,43). Er war der Verwalter der Schätze und Reichtümer Ägyptens für alle Nationen.
Welch ein wunderbares Vorbild ist dies von der Erfüllung der Abraham gegebenen Verheißung, daß in seinem Namen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden sollen. Und noch etwas sehen wir in diesem Vorbilde, nämlich, daß die Gemeinde mit Christus vereinigt sein wird, ehe Israel seinen erhöhten Messias erkennen, annehmen und durch Ihn errettet wird. Joseph empfing Asnath, die Braut, das Weib aus den Nationen, ehe die große Hungersnot und Trübsal kam (1Mo 41,45; Jer 30,7). Wie vollkommen ist doch die Schrift, und wie blind sind die Augen, die solches nicht sehen.
Die Zeit der Herrschaft der Nationen und ihr Ende.
Es ist ein Unterschied zwischen Gesetzgebung und Regierung. Ein Gesetz ist der Ausdruck des Willens eines Herrschers. In der Regierung kommt die Beachtung des Gesetzes zum Ausdruck.
Ohne Regierung würde der Böse freie Hand haben und ein unerträglicher Zustand in der Welt sein. Vor der Sintflut gab es keine Regierung, und „der Menschen Bosheit war groß“. „Die Erde war voll Gewalttat.“ Wir lesen: „Es schmerzte Jehova in Sein Herz hinein.“ (1Mo 6,5-13).
Nach der Sintflut ordnete Gott die Regierung an. Die Bosheit und Gewalttat der Menschen sollte in Schranken gehalten und Rücksicht auf das menschliche Leben genommen werden. Wer eines Menschen Blut vergoß, durch Menschen sollte dessen Blut wieder vergossen werden (1Mo 9,6). Gott legte die Ausführung des Gerichtes über Blutschuld in die Hand des Menschen, und Gott unterstützte ihn in der Aufdeckung solcher Schuld. Daher das bekannte Sprichwort: „Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch endlich an die Sonnen“ (Vergl. auch Apg 28,4). Die Regierung ist gesetzt worden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun. Deshalb werden wir ermahnt, uns aller menschlichen Einrichtung um des Herrn willen zu unterwerfen: „Es sei dem Könige als Oberherrn oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt werden“. (1Pet 2,13.14).
Die von Gott für die gegenwärtige Zeit gegebene Regierung währt nur bis zu dem Tage, da der Fürst des Friedens das Zepter in Seine Hand nehmen wird. Alsdann wird Er über das Haus Jakob herrschen ewiglich, und Seines Reiches wird kein Ende sein. (Lk 1,33).
In der gegenwärtigen Zeit ist Gottes Ratschluß mit Israel und der Gemeinde verbunden. Laßt uns ein einfaches Bild gebrauchen. Ein Landmann hat auf seinen Acker zweierlei Samen (Korn und Futterkraut) gesät. Beide sind ihm wertvoll. Aber erst nach der Ernte des Kornes kann er sich mit dem später heranwachsenden zweiten Samen beschäftigen. So stehen gleichsam die beiden Samen, Israel und die Gemeinde, noch auf Gottes Ackerfeld hienieden. Gottes Pläne mit dem Samen Abrahams müssen in ihrer Ausführung solange zurückgestellt werden, bis die Gemeinde entrückt ist. Ein Diener der Gemeinde schreibt, daß der Herr ihn bewahren werde für Sein himmlisches Reich (2Tim 4,18), und andererseits ein Überrest aus dem Volke der Juden wird bewahrt werden für Sein irdisches Reich.
Gottes Gemeinde ist heute noch auf der Erde als ein kostbarer Schatz. Gottes ewiger Ratschluß ist mit ihr verbunden. Wenn die Stunde gekommen ist, wird der Herr sie in einem Nu von hier hinwegnehmen und das Ackerfeld von allem Unkraut durch das Gericht reinigen. Wenn dies geschehen ist, wird Jakob Wurzel schlagen und Israel blühen und knospen; und sie werden mit Früchten füllen die Fläche des Erdkreises. (Röm 9,29; Jes 27,6).
Solange, bis Gottes Pläne und Ziele mit beiden (Israel und die Gemeinde) vollführt sind, will Gott, daß diese Welt unter Regierung, Zucht und Ordnung steht. Wohl mag Er Verfolgungen, Kämpfe usw., wenn Er es für nötig hält, zulassen, damit sich niemand hier unten möge heimisch machen; denn keiner, sei es Jude oder Christ, ist jetzt schon an seinem bestimmten Platz. Israels Platz ist Kanaan, und die Heimat der Gemeinde ist der Himmel.
Alle Geschehnisse in dieser Welt werden von Gott überwaltet. Er hält die Zügel in Seiner Hand. Alles, was geschieht, muß zur Vollführung Seiner Ratschlüsse über Israel und die Gemeinde dienen. Er konnte einen Klaudius gebrauchen, um einem himmlischen Fremdling in Korinth eine passende Herberge zu bereiten. (Apg 18,1ff).
Gottes Ur- und Leitgedanke in bezug auf die Regierung ist die Monarchie. Er will alle Gewalt in die Hand eines Mannes, alles unter ein Haupt zusammen bringen (Eph 1,10; Ps 2,6-8). So legte Er die unbeschränkte Macht einst in die Hand eines Mannes - des Königs Nebukadnezar; aber anstatt sie zu Gottes Herrlichkeit und zum Segen der Menschheit zu gebrauchen, benutzte dieser sie zu seiner eigenen Herrlichkeit und zum Verderben der Menschen. Über ein Kleines aber wird Gott die unumschränkte Herrschaft einem anderen Manne - Christus - geben, dann wird die ganze Erde mit Seiner Herrlichkeit erfüllt werden. Gottes Wille wird dann auf Erden geschehen wie im Himmel, und die Menschen werden gesegnet werden. (Ps 72,17-19).
Im Blick hierauf laßt uns nun noch ein wenig näher die Bedeutung des Bildes, welches Nebukabnezar in seinem Traume sah, betrachten.
Das Neue Testament sagt uns, daß die obrigkeitlichen Gewalten „von Gott“ verordnet sind (Röm 13,1). Ein „Bild“ stellt sich eben nicht selbst auf; es steht, wo es hingestellt ist, als ein stummes Zeugnis von der Macht und dem Willen dessen, der es gebildet hat. Das Geformte kann nicht streiten mit dem Willen des Formers, der es gemacht hat (Röm 9,20). In dem „Bilde“ Nebukadnedzars empfangen wir einen Überblick über die Entwicklung der Zeit und Herrschaft der Nationen, wie Gott sie von Anfang bis zu ihrem Ende sieht. Ihr ganzer Lauf wird in vier Monarchien gesehen. Diese vier Kaiserreiche werden in dem Bilde, welches Nebukadnezar sah, im wesentlichen durch vier verschiedene Bestandteile gekennzeichnet:
Bei dem ersten Reich ist das Haupt von feinem Gold.
Bei dem zweiten Reich sind die Brust und die Arme von Silber.
Bei dem dritten Reich sind der Bauch und seine Lenden von Erz.
Bei dem vierten Reich sind die Füße teils von Eisen und teils von Ton.
Das ganze Bild zeigt den unaufhaltsamen Niedergang der monarchischen Macht. Nebukadnezars Macht war absolut, unbeschränkt. Dies wurde durch das unvermischte feine Gold angezeigt. „Du bist das Haupt von Gold.“ (Dan 2,38; 5,18.19). Die folgenden Monarchien sanken mehr und mehr in ihrer Macht herab. Sie besaßen nicht mehr die Unumschränktheit der ersten und wurden immer schwächer bis herunter zu den Zehen. Das zweite Reich, das medisch-persische z. B., wird dargestellt durch Silber. Dies bedeutete, daß es an Macht niedriger stand als das babylonische. Es ist wichtig, dieses zu beachten, denn nur wenn wir das Geheimnis dieses Niederganges kennen, vermögen wir den gegenwärtigen Stand der Nationen zu beurteilen.
Von Nebukadnezar, dem Könige von Babylon, sagt uns die Schrift: „Wen er wollte, tötete er, und wen er wollte, ließ er leben.“ (Dan 5,19). Darius, der König der Meder und Perser, besaß diese unumschränkte Macht eines Alleinherrschers nicht mehr. Er wollte Daniel nicht töten und tat sein äußerstes, um ihn vom Tode in der Löwengrube zu erretten. Es gelang ihm aber nicht. Warum konnte er ihn als König nicht erretten? Weil der Wille anderer bereits mitzureden hatte. Einige Fürsten und Große des Landes waren Rats geworden, ein Gesetz zu erlassen, welches vom Könige unwiderruflich anerkannt werden sollte. Dieser Grundsatz der gesetzlichen Festlegung hat sich seit dieser Zeit mehr und mehr zur Staatsform entwickelt und sich derart entfaltet, daß heute nicht nur der Wille einzelner weniger, sondern der Wille aller Untertanen auf Grund einer gesetzlichen Staatsverfassung in der Regierung mit zu bestimmen hat. Der Wille der vielen (der Starken und Schwachen, des Eisens und des Tones) wird kundgetan durch die Volksvertreter, die die Gesetze, wie sie ihnen passend erscheinen, herausgeben, unter welche der König oder der Präsident ihre bestätigende Unterschrift zu setzen haben. Wenn die Untertanen herrschen und das Staatsoberhaupt sich den Gesetzen fügen muß, dann sind wir bei dem Gegensatz von Gottes Urgedanken angelangt. Dann ist das unterste Teil des Bildes oder das Ende der Zeit und Herrschaft der Nationen nahe gekommen.
Laßt uns noch einen Augenblick eines besonderen Umstandes gedenken. In der Schrift finden wir mit dem „Ton“ die Oberherrschaft Gottes und Seines Willens über den Menschen und dessen Willen verbunden. „Wer hat Seinem
Willen widerstanden? Hat der Töpfer nicht Macht über den Ton?“ (Röm 9,19-21). Die Menschen mögen tun, was sie wollen, Gott aber hat das letzte Wort. Er, der die Herrschaft der Nationen einsetzte, Er wird sie zu Seiner Zeit auch wieder beiseite setzen, und zwar für immer. Dieses wird dann geschehen, wenn der Lauf der Geschichte der Nationen die untersten Gliedmaßen des Bildes, die Füße und Zehen, erreicht hat. Dann wird der Stein, der sich ohne Hände (ohne menschliches Zutun) löst, die Füße von Eisen und Ton zermalmen und das ganze Bild gleich der Spreu verwehen. Dies ist das Ende der Regierung der Nationen. Wohl werden die Zeiten der Nationen, von welchen der Herr redet, dann vorüber sein, aber damit nicht die Segnungen der Nationen. Gott hat Schöneres und Besseres, als je die Welt gesehen, für sie vorbehalten. Ungekannte Segnungen werden ihnen in den Tagen der Regierung des Messias zufließen, wenn alle Enden der Erde Sein Zepter küssen werden. (Jes 66,19; Ps 96,10-13). Alsdann wird der König der Könige und der Herr der Herren offenbar machen, daß der vollkommene Wille Gottes und die wahre Glückseligkeit des Menschen miteinander verbunden sind.
Der Stein, der das Bild zermalmte, wird die ganze Erde erfüllen. Vielleicht fragst du: „Was bedeutet dieser Stein?“ Vier inspirierte Zeugen legen ein einstimmiges Zeugnis darüber ab: David in Ps 118,22, Jes. in Kap. 8,14.15, der Apostel Petrus in Apg 4,11.12 und Paulus in Röm 9,33. Alle bezeugen, daß Christus der Stein ist, und der Herr Selbst bestätigt es. Als Er von Seiner Verwerfung und den ernsten Folgen derselben redet, sagt Er: „Jeder, der auf jenen Stein fällt, wird zerschmettert werden; auf welchen irgend er aber fallen wird, den wird er zermalmen.“ (Lk 20,17.18).
Dann wird es offenbar werden, wie unmöglich es ist, an dem „Bilde“ und zugleich an dem sich loslösenden „Stein“ teilzuhaben. Warum versuchen dieses heute so manche immer wieder? Es ist keine wahre Weisheit, sich mit dem zu verbinden, was über kurz oder lang zermalmt werden wird. Wie gut ist es, den Rat des Heilandes anzunehmen: „Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden.“ (Mt 6,33).
Die Wichtigkeit dieses Rates tritt uns auch vor Augen, wenn wir den Traum Daniels betrachten (Dan 7). In diesem Traume werden uns dieselben vier Reiche wieder vorgeführt, aber diesmal in der Gestalt von vier Tieren. Diese vier großen Tiere sind vier Könige (Dan 7,17). Das vierte Tier wird ein viertes Königreich auf Erden sein (Dan 7,23). Damit ist deutlich ausgesprochen, daß ein „Tier“ das Bild einer irdischen Herrschaft ist. In dem Bilde eines „Tieres“ liegt natürlich keine Geringschätzung der Person des Königs, denn Gott sagt: „Ehre den König“!
Die ersten drei Reiche werden uns im Alten Testamente genannt: 1. Das Babylonische Reich, 2. das Medisch-Persische Reich und 3. Griechenland. Das vierte und letzte Reich - das Römische - finden wir im Neuen Testament (Lk 2,1). Dieses Reich ist für uns das wichtigste, nicht nur, weil es unsere Zeit überdauert, sondern auch, weil es in den Tagen des Herrn und Seiner Apostel herrschte, als schon bereits das Reich Gottes den Herzen der Menschen nahegebracht wurde. (Vergl. Dan 2,44; Lk 17,21; Joh 3,5).
Dieses letzte vierte Reich wurde kurz vor dem ersten Kommen Christi aufgerichtet, und es wird sein Ende bei der Wiederkunft Christi finden.
Der Umfang des Römischen Reiches (allgemein gesprochen) umschloß alle Länder, die vom Mittelländischen Meere berührt wurden samt ihren Kolonien, wozu auch Großbritannien und ein westlicher Teil Deutschlands gehört. Dieses große Reich ist seitdem in viele Königreiche zerfallen; es wird aber wieder unter einem politischen Oberhaupt in Einheit erstehen. Off 13 spricht davon. Es spricht von einem Tiere, welches aus dem „Meere“ aufsteigt (Ein Bild von einem Zustand, der weder befriedigt noch dem Frieden dient. Pred 1,7; Jes 57,21). Dieser kluge politische Emporkömmling läßt es sich angelegen sein, alle zu befriedigen und auch Frieden zu halten. Bei allen jenen, die hingegeben werden, der „wirksamen Kraft des Irrtums zu glauben“ (2Thes 2,11), wird er eine Zeitlang Erfolg haben. Er ist mit satanischer Kraft ausgerüstet und des Teufels Meisterstück in Trug und Gesetzlosigkeit. Seine Macht, seinen Thron und große Gewalt empfängt er von dem Drachen. Die große
Masse des Volkes wird ihn mit Freuden begrüßen als den Mann, nach dem die Welt längst ausgeschaut hat.
Wir wenden uns nun dem vierten Tiere zu. Alle vier Tiere sind unrein und von großer Kraft und, mit Ausnähme des vierten, bekannte Raubtiere. Ein Tier steht nicht in Beziehung zu Gott noch zu den Menschen. Es folgt instinktiv, ohne Bewußtsein, seinem natürlichen Triebe; und dadurch kann der Mensch es sich seinem Willen dienstbar machen. Ein Wolfshund z. B. hat den Trieb, Schafe zu verfolgen. Durch seinen Trieb kann der Hirte sich ihn nutzbar machen. Das Tier folgt mit Lust seiner Neigung, aber unter dem wachsamen Auge des Hirten dient es dem Wohl der Herde. Sollte der Hund die Neigung zeigen, die Herde zu beißen oder zu schädigen, so greift der Hirte ein und zeigt, daß er die Oberherrschaft fest in seiner Hand hat.
In Lk 18 spricht der Herr von einem Richter, der Gott nicht fürchtete und vor keinem Gesetz sich scheute. Ein Richter repräsentiert die Regierung. Vom Standpunkte der Gerechtigkeit vernachlässigte dieser Richter das Flehen der Witwe. Erst als ihr Flehen ihn störte, trat er für sie ein. Dem Beweggrund nach diente er sich selbst, dem Ergebnis nach ihr.
So ist es auch mit dem Sinnbild des „Tieres“. Die regierenden Männer mögen sich ihrer politischen Erfolge, durch welche sie glauben, ihrem Lande oder ihrer Partei gedient zu haben, erfreuen und wissen nicht, daß längst, ehe sie ihre Pläne machten und ausführten, ihr Tun schon in Gottes Plänen eingeschlossen war und Seinem Ziele dienen mußte. Eine Katze ist zufrieden, eine Öffnung in des Landwirts Scheune zu finden und die Maus dort zu erhaschen; aber indem sie ihre Neigung befriedigt, dient sie in Wahrheit dem Interesse des Landwirtes.
Wenn die regierenden Gewalten nicht bewußt und willig den Willen Gottes tun wollen, so mögen sie handeln nach ihrem Eigenwillen und doch unbewußt den Willen Gottes zur Ausführung bringen. Fürchten die regierenden Männer aber Gott, um so besser für sie und für alle!
Gott ist nicht, wie etliche denken, für die Ausführung Seines Willens an gottesfürchtige Männer gebunden. Auch wenn die Menschen die Furcht Gottes aufgegeben haben, so bleibt es doch bestehen: „Daß der Höchste über das Königreich der Menschen herrscht und es verleiht, wem Er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt“ (Dan 4,17). Beachte, Er bestellt nicht den Hohen, sondern den Niedrigsten. Wie oft hat die Welt es bestätigt, daß nicht die geistig oder moralisch hochstehenden Regenten, sondern die niedrigsten Gottes Zielen dienen mußten. Das Wort Gottes mochte die Motive und das Leben solcher verurteilen, und doch mußten nach Gottes Ratschluß ihre Handlungen dem Wohle ihrer Völker dienen. „Gleich Wasserbächen ist eines Königs Herz in der Hand Jehovas; wohin immer Er will, neigt Er es.“ (Spr 21,1). Ob es sich nun um einen König oder um eine Anzahl verbündeter Könige handelt, ist für Gott kein Unterschied. Wenn am Ende der Zeit sich zehn Könige verbinden, um ihre Gewalt dem Tiere zu geben, die Hure zu verderben, so erfüllen sie damit doch nur Gottes Willen. (Off 17,16.17).
So war es zu allen Zeiten. Herodes und Pontius Pilatus versammelten sich mit den Nationen und den Völkern Israels. Wozu? Um ihre gottlosen Pläne auszuführen! Aber nach Gottes Ratschluß mußten sie „alles tun, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvorbestimmt hatte, daß es geschehen sollte“ (Apg 4,27.28). Laßt uns diese drei Worte: „Wen Er will“, „wohin Er will“ und „was Sein Ratschluß will“ beachten!
Gott ist unsere Zuflucht. Inmitten des Abfalles und der Auflehnung wider Gott bewahrt Gott das Herz des Gläubigen in völligem Frieden. Gott ist für uns! Wir sind nicht von den Strömungen der Politik, sondern von Ihm abhängig. Betrachte die Raben und die Lilien! Wie unabhängig sind sie von den Beschlüssen aller Parlamente der Welt!! Gott versorgt sie, und Er sagt uns, daß wir mehr sind als diese. Derselbe Gott, der sie versorgt, sorgt für uns, und wir dürfen sagen: „Der Herr ist mein Hirte, und mir wird nichts mangeln“. Mit Vertrauen wenden wir uns an Ihn und wissen, daß unsere Zeit in Seiner Hand steht. Bald wird die Herrschaft auf Seinen Schultern sein; bis dahin will Er uns auf Seinen beiden Schultern tragen. Große Umstürze stehen der Welt bevor. „Umgestürzt, umgestürzt, umgestürzt will Ich sie machen ...“ (Hes 21,32; Heb 12,26-28). Die Hand aber, die Macht hat, umzustürzen, hat auch die Macht, zu erhalten, und diese Hand hält uns.
So, wie die Gläubigen im Anfang standen, so stehen sie heute noch. Sie sind der menschlichen Obrigkeit unterworfen, aber sie wissen, daß Gottes Hand alles überwaltet. So tat auch der Herr, als Er hienieden wandelte. Was antwortete Er den Politikern Seiner Tage? „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ (Mt 22,21). Den irdischen Herrschern gebührt unsere Unterwerfung, dem himmlischen Herrscher aber unser Vertrauen. Wer war so unterworfen wie der Herr? Und wer vertraute Gott so wie Er? Nie befaßte Er Sich mit der Regierung dieser Welt, und nie hat Gott Seine Gemeinde mit der Regierung der Welt betraut. Solches zu tun ist der Geist Babylons (Off 17,18). Gott kann in Seiner Vorsorge für uns und zu unserem Besten eine Nation benutzen, um die andere in Schranken zu halten, eine Partei, um die andere zu zügeln, einen Bewerber, um den anderen fallen zu lassen, und Er sagt unserem zitternden, furchtsamen Herzen: „Alles ist um euretwillen“. „Ermattet nicht!“ „Fürchtet euch nicht!“ (2Kor 4,15.16; Lk 12,32).
G. C. (v. d. K).
(Schluß folgt, s. d. H. w).