Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Joh 2,13-22 - Der Eifer um das Haus des HerrnJoh 2,13-22 - Der Eifer um das Haus des Herrn
Viel wird hier auf Erden geeifert, und meistens um nichtige, geringfügige Dinge. Für göttliche Dinge ereifert sich kaum jemand. Den Dingen des Hauses Gottes und der Ehre des Herrn steht man oft gleichgültig und unentschieden gegenüber. Wie ganz anders unser hochgelobter HErr! Betrachten wir Ihn, so sehen wir einen Eifer um die Ehre Seines Gottes und Vaters, der Ihn verzehrte.
Joh 2,13-22 ist hierfür ein leuchtendes Beispiel. Der Herr war nach Jerusalem gekommen, und als Er in den Tempel ging, sah Er dort Dinge, die der Heiligkeit und dem Charakter des Hauses Seines Vaters nicht entsprachen. Konnte Er als Sohn über das Haus Seines Vaters dazu schweigen? Er machte eine Geißel von Stricken und trieb aus dem Hause hinaus alles, was nicht dahin gehörte. Das Haus Seines Vaters war zu einem Kaufhause und, wie andere Evangelisten berichten, zu einer Mördergrube geworden.
Seine Hände hielten jetzt die Geißel des Gerichtes und der Strafe. Diese Hände, die Hungrigen Brot gaben, Kindlein segneten, Kranke und Sterbende erfaßten und ihnen Heil und Leben gaben, reinigten nun das Haus Seines Vaters von den Dingen, die die Menschen in dasselbe hineingetragen hatten.
Es ist beachtenswert, daß der Herr bei diesem Seinem Auftreten von dem Tempel als dem Hause Seines Vaters sprach. Gab es ein stärkeres Zeugnis, daß der Messias - der Sohn Gottes - zu Seinem Tempel gekommen war, so wie Maleachi es geweissagt hatte: „Plötzlich wird zu Seinem Tempel kommen der Herr, den ihr suchet, und der Engel des Bundes, den ihr begehret: Siehe, Er kommt, spricht der Herr der Heerscharen. Wer aber kann den Tag Seines Kommens ertragen, und wer wird bestehen bei Seinem Erscheinen? Denn Er wird wie das Feuer des Schmelzers sein und wie die Lauge der Wäscher.“?
Die Juden forderten deshalb, als Er das Haus Seines Vaters reinigte, als Beweis Seines Rechtes dazu ein Zeichen von Ihm. Der Herr war bereit, ihnen ein Zeichen zu geben, und sprach zu ihnen: „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten.“ Welche göttliche Erhabenheit lag in diesen Worten: „Ich werde ihn in drei Tagen aufrichten!“ Er sprach von dem Tempel Seines Leibes, in welchem die Fülle der Gottheit wohnte (Kol 2,9). Er, der in Knechtsgestalt in ihrer Mitte war, war „Gott gepriesen in Ewigkeit“. (Röm 9,5)
Die Jünger dagegen, als sie sahen, wie Er in heiliger Erregung das Haus Seines Vaters reinigte, gedachten an die Weissagung Davids: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.“
Man möchte fragen: Wie konnten solche Dinge in dem Hause Gottes Eingang finden? Wurden sie auf einmal eingeführt? War es von Anfang so gewesen? Sicherlich nicht. Der Feind sorgte dafür, daß sie nach und nach Eingang fanden, bis man an sie gewöhnt war und sie schließlich als zu Recht bestehend anerkannt wurden. Vielleicht sahen einige Treue mit Schrecken, wie das Haus Gottes durch das, was in dasselbe hineingetragen wurde, allmählich zum Kaufhause herabsank. Wie leicht gewöhnt sich das Auge an gottesdienstliche Formen, Einrichtungen und Gewohnheiten, wenn sie nicht ständig überwacht werden! Der Herr aber - der Sohn über Gottes Haus nahm die Geißel und reinigte das Haus Seines Vaters.
Auch dieses ist uns zur Belehrung und Warnung geschrieben. Ist es dem Feinde nicht schon gelungen, böse Dinge oder falsche Grundsätze in Gottes Haus - Seine Gemeinde - einzuführen, die der Heiligkeit Seines Hauses oder auch der Wahrheit der Einheit Seines Leibes entgegenstehen? Sind wir nicht alle in Gefahr, Dinge inmitten der Gemeinde zu erlauben oder anzuerkennen, die einmal in bester Meinung, vielleicht für besondere Verhältnisse, eingeführt wurden, aber nicht dem Worte und dem Geiste der Schrift entsprachen, dann aber nach und nach zu einem Grundsatz erhoben oder als feststehende Ordnung in der Gemeinde anerkannt wurden?
Es ist eine ernste Frage: Sind wir bereit, alles, was Menschen in Gottes Gemeinde hineingetragen haben, auszukehren? Sicher können wir es nicht in der gleichen Weise tun, wie der Herr es tat, wohl aber dem Geiste nach. Haben wir nicht manchmal auf die von den Vätern überlieferten Gebräuche und Ordnungen mehr Sorgfalt gelegt als auf die Verwirklichung der Wahrheit der Gemeinde als Sein Haus und Seinen Leib?
Laßt uns auch beachten, daß der Herr Sich nicht mit den Dingen draußen, außerhalb des Tempels befaßte, sondern mit den Dingen, die drinnen im Tempel waren und ausgeübt wurden. Dies hat uns in der heutigen Zeit auch etwas zu sagen. Wir sind berufen, den Charakter des Hauses Gottes als den Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit aufrechtzuerhalten und haben deshalb immer wieder nötig, das Licht des Wortes auf die Dinge im Hause Gottes fallen zu lassen, ob der Herr von diesem oder jenem auch zu uns sagen müßte: „Nehmet dies weg von hier.“
Wir mögen damit Mißfallen erregen, ja, selbst Brüder und Freunde verlieren; sträubt man sich doch oft, Irrtümer zuzugeben und sich von ihnen zu lösen, besonders wenn es sich um altgewohnte, liebgewordene Gebräuche und fast heilig gehaltene Dogmen handelt. Der Mensch hängt ja auch an seinen Irrtümern, und man glaubt oft, Rücksicht auf andere nehmen zu müssen. Gewiß, wir sollen unsere Lindigkeit kundwerden lassen allen Menschen, insonderheit denen gegenüber, mit denen wir einen gemeinsamen Pfad gehen. Den Charakter des Hauses Gottes aber zu wahren muß uns mehr sein.
Der erste Timotheusbrief zeigt uns so recht die Treue des Herrn, wie Er in der Zeit Seiner Abwesenheit Sein Haus nicht ohne Aufsicht gelassen hat. Kap. 3,15 sagt der Apostel, daß er dem Timotheus den Brief schreibe, auf daß er wisse, wie er sich verhalten solle im Hause Gottes. Im Anfang des Kapitels finden wir, daß der Herr Männern, die sich in ihren eigenen Häusern bewährt haben, die Sorge und Aufsicht über Sein Haus anvertraut. Unser Gebet sollte sein: „Herr, schenke uns solche Männer und erhalte uns solche, die sich in Deinem Dienst verzehren und für Deine Ehre und das Wohl der Gemeinde eintreten.“
Zum Schluß einen kurzen Hinweis auf zwei Männer, die sich in besonderer Weise durch ihren Eifer um die Ehre ihres Gottes auszeichneten. 4. Mose 25,6-15 wird uns mitgeteilt, wie Pinehas mit Gottes Eifer eiferte und Zucht übte in der Gemeinde Gottes.
Durch den Rat des gottlosen Bileam hatte das Böse in schamloser Weise Eingang in die Gemeinde gefunden. In Vers 6 wird uns berichtet, daß die ganze Gemeinde der Kinder Israel am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft über die Sünde in ihrer Mitte weinte. Tränen aber genügten nicht, um die Plage abzuwehren. Pinehas in seinem Eifer nahm die Lanze und tat den Bösen aus ihrer Mitte hinaus. Es wird uns dann weiter berichtet, daß dieser israelitische Mann ein Fürst war, also ein namhafter Mann. Namhafte Männer meinen oft, sich mehr erlauben zu dürfen als andere. Pinehas aber nahm keine Rücksicht auf einen Fürsten in ihrer Mitte. Die Ehre Gottes und das Wohl der Gemeinde waren ihm mehr. Durch diese Tat erwarb er sich ein ewiges Priestertum.
Auch Elia hatte in großer Treue und heiligem Eifer für seinen Gott gestanden. Wir kennen sein wunderbares Leben, das mit seiner Himmelfahrt endete. Aber in einer schwachen Stunde, als er mutlos und verzagt sich unter den Ginsterstrauch legte und später in der Höhle am Horeb blieb, fragte der Herr ihn zweimal: „Was tust du hier, Elia?“ (1Kön 19,9.13) Zuvor hatten Elia nie von seinem Eifer gesprochen, jetzt aber spricht er jedesmal von seinem Eifer. Gewiß, er hatte nicht aufgehört, für den Gott der Heerscharen zu eifern, aber jetzt eiferte er um sein Leben und um seine Ehre. Berührt es uns nicht eigentümlich, wenn Knechte Gottes von ihrem Eifer sprechen? Andere mögen davon berichten, aber wenn wir es selbst tun, hat es wenig Wert und zeigt nur unser eigenes Herz. Pinehas sagte nichts von seinem Eifer, aber Gott berichtet davon. Selbst der Herr Jesus sagte nicht, als die Juden den Grund für Sein Tun wissen wollten, daß es der Eifer um das Haus Gottes sei, aber die Jünger gedachten daran, daß geschrieben stand: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.“
Der Herr reiche uns allen Gnade dar, in Seinem Eifer und Seiner Treue unsere Aufgaben und Arbeiten zu vollführen, „denn die, welche wohl gedient haben, erwerben sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben, der in Christo Jesu ist“. Und ihnen gilt: „Also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.“ (1Tim 3,13; 2Pet 1,11)
H. Neumann.