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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 11 -Jahrgang 1926
1Kor 11,26 - „Briefe über den Tisch des Herrn“
Briefe über den Tisch des Herrn - Dritter Brief.Briefe über den Tisch des Herrn - Dritter Brief.
Geliebte Geschwister!
In dem letzten Briefe bemerkten wir, daß der Hauptgedanke, um den es sich in 1Kor 10,14-21 handelt, die „Gemeinschaft“ ist. Wir sahen, daß der Heilige Geist in diesem Abschnitt uns vor der großen Gefahr warnt, „Gemeinschaft“ mit dämonischen Geistern zu haben. Diese bösen satanischen Mächte benutzen Götzenbilder und Götzenopfer, die in sich selbst nichts sind, um Menschen und sogar Gläubige in ihre Macht zu bekommen.
Im allgemeinen hat man viel zu wenig beachtet, daß „Gemeinschaft“ das Hauptthema, der Inhalt der Belehrungen dieser Schriftstelle ist. Nicht wahr, haben nicht auch wir uns nahezu ausschließlich mit dem beschäftigt, was hier über den Kelch und über das Brot geschrieben steht? Wir haben es kaum beachtet, daß der Kelch und das Brot hier gar nicht mit der Absicht genannt werden, uns über das Abendmahl des Herrn Belehrungen zu geben (wie es im 11. Kapitel der Fall ist), sondern daß vielmehr der Kelch und das Brot uns als eines der drei Beispiele vor Augen geführt werden, um die Frage der Gemeinschaft klarzustellen, und zwar mit dem bestimmten Zweck, uns vor der Gemeinschaft mit der dämonischen Geisterwelt zu warnen.
Bei dem ersten Beispiele haben wir uns im vorhergehenden Briefe etwas länger aufhalten müssen, als es bei den beiden anderen nötig sein wird, auf die wir jetzt kommen.
Das zweite Beispiel, durch welches uns „Gemeinschaft“ illustriert wird, ist das von Israel im 18. Verse: „Sehet auf Israel nach dem Fleische. Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ Der Altar war der Mittelpunkt Israels als Volk Gottes auf Erden.
Als das Volk aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war, begann man, ehe man anfing, den Tempel oder die Stadtmauer wieder zu bauen, den Altar zu errichten. Auf den Altar kamen die Opfer. Der Altar heiligte die Opfer, sonderte sie ab, machte sie zu dem, was sie sein sollten. Der Altar war der Kern und in ihm die Zusammenfassung der Segnungen und Vorrechte, die Israels Teil waren.
Wir beschäftigten uns bereits kurz mit der merkwürdigen Stelle in Mal 1, in der „Altar“ und „Tisch“ eins gemacht, identifiziert werden. Wir müssen noch einen Augenblick dabei stehen bleiben. Das Essen der Opfer drückte „Gemeinschaft“ aus; Gemeinschaft mit dem Altar, Gemeinschaft mit Gott und Gemeinschaft mit dem Volke, das weit über alle Völker der Erde bevorzugt und gesegnet war. So lag in dem Altar der Inbegriff und die Zusammenfassung der Vorrechte und Segnungen. Der Altar war sozusagen der Tisch, an dem Gott Seinem Volke und das Volk Ihm begegnete, der Tisch, der die Wohltaten, die Vorrechte und Segnungen für Sein Volk darbot. Durch das Essen der Opfer, die auf diesem Altar dargebracht wurden, wurde „Gemeinschaft“ mit Jehova Gott, mit Seinem Volke und mit allem, was damit zusammenhing, ausgedrückt.
Das dritte Beispiel ist aus den Nationen, den Heiden, genommen. Auch diese hatten ihren „Tisch“, nach ihrer Meinung einen reichen Tisch; und doch, welch ein Unterschied zwischen diesem und den beiden anderen! Israel war ein für Gott abgesondertes Volk, und die Christen waren in besonderem Sinne abgesondert von der Welt mit ihren Lüsten und Begierden. Der „Tisch der Heiden“ aber bot beides in reichem Überfluß. Die Korinther kannten diesen Tisch allzu gut. Die Stadt war berüchtigt wegen ihrer Sittenlosigkeit, und das Schlimmste war, daß alles dieses mit dem Götzendienst verknüpft war, hinter dem das finstere Reich der Dämonen wirkte. Wie schneidend scharf wird ihr Tisch als „Tisch der Dämonen“ bezeichnet! Welche Übereinstimmung und Verbindung konnte es geben zwischen dem „Tisch des Herrn“ und dem „Tisch der Dämonen“? Sie waren voneinander getrennt wie Himmel und Hölle.
Den Gläubigen in Korinth aber drohte eine Gefahr. Aus diesem Heidentum war ihre Herkunft. Von diesem „Tisch der Dämonen“ hatten sie früher ihr Teil empfangen. Reichlich hatten sie getrunken aus dem Kelch der Dämonen, jetzt aber hatten sie durch den Glauben an Christum ihr Teil an den Segnungen des „Tisches des Herrn“ empfangen. Der „Kelch des Herrn“ mit der Fülle der Seligkeit war jetzt ihr Teil, aber - der alte „Kelch“ und der alte „Tisch“ hatten noch ihren Einfluß, ihre Anziehung, wie bei Israel, nachdem es aus Ägypten erlöst war. Deshalb werden uns auch die Geschehnisse mit Israel im ersten Teil des zehnten Kapitels als tiefernste Beispiele der Warnung vor Augen gestellt.
Fragen wir uns nach diesen drei Beispielen: Um was handelt es sich also hier? Handelt es sich in dieser Stelle nicht für den Apostel darum, den Korinthern an dem, was „Gemeinschaft“ ist, zu zeigen, daß, was auch der christlichen Freiheit erlaubt sein mochte, doch nicht alles nützlich noch erbauend, noch zur Ehre Gottes sei (1Kor 10,23.31). Ja, daß gerade denen, die soweit gekommen waren, zu verstehen, daß ein Götzenbild nichts und ein Götzenopfer nichts sei, die Gefahr drohe, auch die List und Macht Satans als nicht bestehend zu erachten und dadurch gerade um so leichter in seine Stricke zu geraten. Sie beteiligten sich an den heidnischen Opfermahlzeiten, sie saßen dort und waren teilhaftig des Dämonen-Tisches und hatten Gemeinschaft mit den Dämonen, eine Gemeinschaft, durchaus unvereinbar mit der Gemeinschaft, die sie hatten und von der sie Zeugnis gaben in dem Segnen des Kelches der Segnung und dem Brechen des Brotes.
Wenn es auch ein wenig außerhalb des Rahmens unseres Gegenstandes liegt, finden wir hier nicht auch eine Warnung vor der Gefahr für uns und unsere Zeit? Haben wir es nicht auch mit tatsächlichen Götzenbildern und Götzenfesten zu tun? Sind nicht die gleichen bösen dämonischen Mächte heute noch tätig? So wie sie damals die Gläubigen in Korinth durch die Teilnahme des Tisches der Dämonen zu umstricken suchten, so tun sie es heute noch. Der „Tisch der Dämonen“ ist noch da. Satan stellt noch immer seine für das Fleisch so verführerischen Gerichte zur Schau und ladet auch die Gläubigen ein, davon Gebrauch zu machen. Was meinst du, was z. B. der Spiritismus anders sein könnte als eine Verführung Satans? Die Geister, die, wie sie vorgeben, Geister von Abgestorbenen, Blutsverwandten seien, sind nichts anderes als dieselben Dämonen, die hinter dem Götzenbild und hinter dem Götzenopfer sich verstecken.
Wie mancher hat geistlich Schiffbruch gelitten, wie viele haben ihren Verstand dadurch verloren, daß sie sich gütlich taten am Dämonentisch.
Wir wollen aber zu unserem Gegenstand zurückkehren und kommen jetzt zu der Frage: „Ist es nicht klar, daß, wenn hier die Rede ist von dem Tisch der Dämonen, wir dabei nicht an einen Gegenstand, der Tisch heißt, zu denken haben? Ist es nicht augenscheinlich, daß in dem „Tisch der Dämonen“ das ganze teuflische Gewebe mit allem, was es darbot, zusammengefaßt ist? Wenn dies nun der Fall ist, was folgt dann daraus? Folgt nicht daraus, daß es mit dem „Tisch des Herrn“, der dem „Tisch der Dämonen“ gegenübergestellt wird, genau so ist und daß mit dem „Tisch“ des Herrn nichts anderes gemeint sein kann, als die Zusammenfassung von allem, was uns Christen als Gläubigen und Kindern Gottes geschenkt worden ist?
Am Schluß des vorigen Briefes fragten wir, ob mit dem Worte „Kelch“ im 16. und im 21. Vers ein und dasselbe gemeint sein könne; ohne den Unterschied behaupten zu wollen, möchte ich eure Aufmerksamkeit auf die Bedeutung des Wortes „Kelch“ oder „Becher“ lenken. Wenn z. B. der Psalmist sagt: „Mein Becher fließt über“ oder „Jehova ist das Teil meines Erbes und Bechers“, dann ist es doch klar, daß „Becher“ gebraucht wird, um eine Fülle von Segnungen anzudeuten. Finden wir Vers 21 im „Kelch des Herrn“ und „Tisch des Herrn“ nicht denselben Gedanken? Ist „Kelch des Herrn“ in Vers 21 nicht der Ausdruck der Fülle und der Herrlichkeit der Segnungen, die uns in Ihm zuteil geworden sind? Ist nicht der „Tisch des Herrn“ die Darstellung der unendlichen Verschiedenheit der Vorrechte, Segnungen, Herrlichkeiten, die unser Teil sind und von denen wir, nach dem Maße der Erkenntnis, die wir davon haben, genießen dürfen: Erlösung, Vergebung aller Sünden, Sohnschaft, Freimachung von der Macht Satans, von der Todesfurcht, von Sünde und Gesetz, von Welt und Tod, gegenwärtige tägliche Bewahrung, zukünftige ewige Herrlichkeit, Gotteskindschaft, Erben Gottes, Miterben Christi? - Müssen wir nicht sagen: „Wo wollen wir anfangen, und wo wollen wir aufhören?“ Steht nicht alles gleichsam auf dem Schaubrot-Tisch vor uns? Wird nicht alles uns dargeboten an und aus dem herrlichen „Tisch des Herrn“?
Gewiß, eine der vielen Kostbarkeiten des „Tisches des Herrn“ ist auch das Abendmahl. Auch diese herrliche Gabe und Anordnung unseres geliebten Herrn wird uns auf dem überreichen Tisch des Herrn dargeboten. Ist es deshalb nicht so, daß, anstatt etwas zu verlieren, wir außerordentlich viel gewinnen, sobald wir verstehen, daß der „Tisch des Herrn“ nicht beschränkt ist auf einen gewissen Tisch, an dem wir sitzen und das Mahl des Herrn genießen? Ist es nicht unendlich viel herrlicher, zu wissen, daß wir unaufhörlich sitzen und genießen von den Segnungen des „Tisches des Herrn“, als daß wir höchstens ein paar Stunden in der ganzen Woche dort einen Platz haben?
Wenn nun dieses die schriftgemäße Bedeutung des Wortes ist, wenn wir also bei dem Begriff „Tisch des Herrn“ nicht ausschließlich an die Feier des Abendmahles zu denken haben, dann bringt dieses natürlich eine Änderung hervor in vielen Dingen, die wir in unserer Mitte bis jetzt in Verbindung mit dem „Tisch des Herrn“ gebracht haben. Darüber aber in dem nächsten Brief. Ich wiederhole, daß ich mich freuen würde, zurechtgewiesen zu werden, wenn gegen das, was wir bis jetzt betrachtet haben, durch die Schrift bewiesen wird, daß unsere Ansicht nicht nach dem Worte ist.
Euer im Herrn verbundener Bruder
M. J. S.