Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 16 - Jahrgang 1931
Mk 5,19; Lk 8,39 - Erzählen und Darstellen - Ein Wort der ErmahnungMk 5,19; Lk 8,39 - Erzählen und Darstellen - Ein Wort der Ermahnung
Der arme Besessene war dem Herrn Jesus begegnet und von Ihm gerettet worden. Sein Wunsch war, nun bei Dem zu bleiben, der ihn so gesegnet hatte. Der Herr aber gebot ihm, daß er nach seinem Hause zurückkehren und den Seinigen verkündigen und erzählen solle, wieviel Gott an ihm getan habe.
Die beiden Worte, die im Markus- und Lukas-Evangelium für „verkündigen“ und „erzählen“ gebraucht werden, sind im Griechischen verschieden. Das Wort in Markus ist „apangello“; in Lukas dagegen „dihegeomai“. Beide Worte können mit „verkündigen“ oder „erzählen“ übersetzt werden. Aber in dem Wort in Lukas ist mehr ein ganzes Wiedergeben - Darstellen - Offenbaren dessen, was Jesus an ihm getan hatte, enthalten.
Wir Gläubigen waren einmal alle so unglücklich wie dieser unbändige Besessene. Eine böse Macht - das Fleisch in uns - beherrschte uns ebenso wie der unreine Geist diesen armen Mann. Gute Vorsätze hatten keinen Nutzen; wir durchbrachen sie wie dieser seine Fesseln. „Gesetzeslehrer“ bemühten sich in ihrer Unwissenheit, uns mit der zehngliedrigen Kette des „Gesetzes Mose“ zu binden. Aber diese Kette erwies sich als „kraftlos“ (Röm 8,3). Niemand konnte uns bändigen. In der Kraft des „Fleisches“ glichen wir Simson. Die „sieben frischen Stricke“ waren gleich Werg an unseren Füßen, sie vermochten uns nicht von verbotenen Wegen zurückzuhalten. Und die „neuen Seile“ der Besserung glichen dünnen Fäden an unseren Händen, die uns nicht zu hindern vermochten, verbotene Dinge zu berühren. (Ri 16,7-12)
Entfremdet von Gott hatten wir unseren Verkehr an dem Platze des Todes; und die Grabstätten waren unsere Wohnung. Aber Christus, der Sohn Gottes, begegnete und rettete uns. Sein Name sei ewig gepriesen! Wohl haben wir das Fleisch noch in uns, aber es beherrscht uns nicht mehr. „Der Sohn“ hat uns freigemacht, und nun sind wir „wirklich frei“. (Joh 8,36)
Als der Besessene geheilt war, war er für immer aus der Gewalt der Legionen befreit; sie empfingen ihr Gericht in dem See. Die Sünde im Fleische ist verurteilt - unser alter Mensch gerichtet und mitgekreuzigt, als die Wasser des Todes über das Haupt Christi auf Golgatha hinweggingen. Wir sind nun frei und nicht mehr Sklaven der Sünde. Dreierlei wird nun von dem einst Besessenen gesagt: Er „ruhte“ (saß), war „bekleidet“ und „vernünftig“ zu Jesu Füßen.
Dieses ist auch wahr von uns. Auch wir haben „Ruhe“ gefunden. - Ehe wir zum Herrn Jesus kamen, glichen wir dem bösen Geiste, der „dürre Örter“ durchwanderte, Ruhe suchte und nicht fand. Der Herr gab uns Ruhe. Wir waren nackte Sünder, wenn wir auch versuchten, unsere Schande mit Lumpen eingebildeter Gerechtigkeit zu verbergen. Jetzt aber sind wir „bekleidet“ mit Gottes Gerechtigkeit, und wir, die wir einstmals schlimmer waren als Unsinnige („Toren“ nennt uns die Schrift), sind nun „vernünftig“. Christus ist unsere „Weisheit“ geworden. Durch den Glauben an Ihn sind wir weise geworden zur Seligkeit, wenn die Welt auch sagen mag, daß wir den Verstand verloren haben. Nicht unseren Verstand, unser Herz haben wir verloren. Christus gewann es. Und weil wir Ihn lieben, wünschen wir, bei Ihm zu sein, da, wo Er ist. Dies war der Wunsch des einst Besessenen. Auch Paulus wünschte, abzuscheiden und bei Christus zu sein. Dem einst Besessenen wurde dieser Wunsch nicht gewährt; er sollte zurückbleiben und erzählen und offenbaren, was Christus an ihm getan hatte; mit einem Wort, er sollte ein Zeuge für seinen Heiland an dem Platze sein, wo man Ihn nicht haben wollte.
Und wozu sind wir hiergelassen? Warum sind wir nicht gleich Henoch oder Elias gen Himmel genommen worden? Weil auch wir der Welt erzählen und vor der Welt offenbaren sollen, was Christus für uns getan hat und für sie noch tun kann.
Das Offenbaren dessen, was der Herr an uns getan hat, wird oft vernachlässigt. Und doch ist dies von höchster
Wichtigkeit. Manche lernen eher davon erzählen, als es in ihrem Wandel zu offenbaren. Sie können mit großer Fertigkeit reden, aber ihr Wandel bezeugt nicht ihre Rede. Ein Kind lernt ebensoschnell gehen, wie es sprechen lernt. Wenn unser Leben nicht stimmt, hat unser predigen wenig Wert. Die Welt wird uns nicht glauben, und unser Reden wird ohne Nutzen für sie sein.
Ein Christ, dessen Leben oftmals nicht mit seinem Bekenntnis übereinstimmte, hörte, wie sein Nebenmann in der Arbeit eines Tages schrecklich fluchte. Er tadelte ihn über diese seine Gotteslästerung. „O!“ sagte sein Mitarbeiter, „mein Fluchen ist dasselbe wie dein Predigen; wir denken uns beide nichts dabei.“
Teures Kind Gottes, wenn die Welt uns glauben soll, dann müssen wir dem Herrn treu sein. Denke an Lot in Sodom! Als er seine Schwiegersöhne warnte und aufforderte, den Ort des Gerichtes zu verlassen, glaubten sie ihm nicht und kamen in den Flammen um. Gib acht, daß Menschen nicht über dein kraftloses Zeugnis straucheln und in die Hölle gehen!
Bruder, spare deine Worte, solange du nicht aufgehört hast, mit den Ungläubigen lose Reden, albernes Geschwätz und Witzelei zu treiben! Sei nüchtern, besonnen, würdig, ernst! Laß Gerechtigkeit in deinem Leben und in deinem Geschäft gefunden werden, ehe du von der Gerechtigkeit Gottes sprichst! Verbringe deine Zeit nicht mit dem Lesen der Zeitung, wenn du erwartest, daß deine Kinder das Wort Gottes lieben sollen!
Schwester, willst du in der einen Stunde von der frohen Botschaft der Gnade Gottes reden und in der nächsten törichtes Geschwätz führen? Sprich nicht zu denen deines Geschlechtes von den Kleidern des Heils, wenn du deinen sterblichen Leib kleidest wie Babylon, die Hure! Ist dein Mann ungläubig und gehorcht nicht dem Worte, so achte darauf, daß er durch deinen Wandel „ohne Wort“ gewonnen werde! (1Pet 3,1.2) Darfst du mit deinem Munde nicht zeugen, so lege Zeugnis durch dein Leben ab!
Laßt uns mit ganzem Herzen der Welt die großen Dinge bezeugen, die der an uns getan hat, den sie verwirft und nicht anerkennen will! Er rettete unsere Seelen und gab unseren Herzen volle Genüge. Laßt uns dies offenbaren durch ein Leben in Gerechtigkeit und Absonderung von der Welt!
Der Erzieher eines spanischen Prinzen zog einmal ein Stückchen hellblaues Band durch das Knopfloch des jungen Prinzen. „Warum tun Sie das?“ fragte der Prinz. „Es soll Dich an Deine hohe Stellung erinnern, damit Du immer bewußt Deinen königlichen Charakter vor der Welt trägst“, antwortete der Erzieher.
Gott hat in Seiner Gnade eine höhere Würde auf uns gelegt. Laßt uns immer gemäß dieser handeln! Wir sind deshalb noch hier gelassen, um Christus in dieser Welt zu offenbaren. Möchten wir es zu Seinem Preise und Seiner
Verherrlichung tun! Das Zeugnis unserer Lippen muß mit dem Zeugnis unseres Lebens zusammengehen. Auch das erstere darf nicht fehlen, die Welt könnte sonst unser tadelloses Leben nur für das Ergebnis unserer besonderen Ansichten halten. Laßt uns ihr deshalb das Geheimnis sagen, wodurch die Wandlung in unserem Leben hervorgebracht worden ist!
Schau dir das glückliche Weib aus Samaria an. Sie konnte ihr neugefundenes Glück nicht für sich behalten; sie sprach zu den erstaunten Leuten in ihrer Stadt von Jesus. Ihr Herz war voll; sie konnte nicht anders, ihr Mund mußte von Ihm erzählen. Und wie groß und wunderbar war die Wirkung! „Aus jener Stadt aber glaubten viele von den Samaritern an Ihn um des Wortes des Weibes willen“, und sie bezeugten, sie wüßten, daß dieser „der Heiland der Welt“ sei. (Joh 4,39.42)
Ein Soldat lag verwundet auf dem blutgetränkten Schlachtfeld. Er blutete aus einer Ader. Keine Hilfe war nahe, und er glaubte, daß er sterben müsse. Da kam plötzlich eine Abteilung Ärzte vorüber. Sie sahen die Gefahr und eilten zu ihm. Bald war die Wunde verbunden und das Leben des Soldaten gerettet. Als der Arzt weitereilte, um anderen Hilfe zu bringen, hörte er den Soldaten mit schwacher Stimme rufen: „Doktor, Doktor!“ „Was wünschen Sie?“ fragte der Arzt. „Ich möchte Ihren Namen wissen.“ „Warum wollen Sie meinen Namen wissen?“ „O ich möchte meiner Frau und meinen Kinder sagen, wer es ist, der mich gerettet hat“. antwortete der Soldat.
Dies war Dankbarkeit. Mitpilger, machst du es ebenso? Erzählst du es jenen, mit denen du täglich umgehst, wer dich gerettet hat? Willst du versuchen, dich mit allen möglichen Einwänden zu entschuldigen? Es gibt keine in dieser Sache. Glaube nur, es ist nur eine Frage des Herzens! „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund!“
Ich weiß, daß Menschen auch oft treu zum Herrn stehen und dennoch zu schüchtern sind, Ihn zu bekennen; sie fürchten, zu beleidigen, oder denken, sie seien nicht fähig, die Schrift passend genug anzuführen. „Menschenfurcht legt einen Fallstrick.“ (Spr 29,25) „Die Liebe Christi drängt uns.“ (2Kor 5,14) Welches von diesen beiden übt einen größeren Einfluß auf dich aus? Habe Mut, du zaghafte Seele! Sprich ein Wort, wenn sich die Gelegenheit bietet, wenn es auch stockend sein mag! Aber bekenne Den, Den die Welt verachtet und verwirft! Laß es allen bekannt sein, daß du Ihn als deinen Herrn anerkennst und Er dein alles ist, heute und alle Tage, hinein auch ins neue Jahr, ja, bis ans Ende dieser Zeit!
Möge die Liebe Christi unser aller Herz treiben, einer feindlichen und sterbenden Welt zu erzählen und auch durch unser Leben zu verkündigen, was Christus, unser Herr, an uns getan hat!
C. K. (A. v. d. K).