Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 10 -Jahrgang 1925
2Joh 1 ; 3Joh 1 - „Einige Gedanken über den zweiten und dritten Johannes-Brief“2Joh 1 ; 3Joh 1 - „Einige Gedanken über den zweiten und dritten Johannes-Brief“
In den kurzen persönlichen Briefen des Neuen Testamentes ist viel enthalten, was für uns von praktischer Wichtigkeit ist. Ohne Zweifel hat der Heilige Geist uns dieselben gegeben, um uns in den Einzelheiten des täglichen Lebens durch sie zu ermutigen und zu erleuchten. Johannes, obgleich ein Apostel, spricht hier nicht von dem Stande des hohen Apostels aus, sondern er spricht wie ein älterer Bruder, zu denen, die in der Wahrheit wandeln.
Dieser zweite Brief ist an eine Frau gerichtet, „der auserwählten Herrin“, ohne Zweifel eine Frau, die einen gewissen Rang und Stand in der Welt besaß. Aber das ist in göttlichen Angelegenheiten ohne Bedeutung, obgleich Johannes sie in ihrem Stande anerkennt. Der Grund der Liebe des Apostels zu ihr ist die Wahrheit, „die ich liebe in der Wahrheit“. Der dritte Brief ist an einen Mann gerichtet, an Gajus.
In beiden Briefen wird die Wahrheit uns als ein Schutz gezeigt gegen das Böse, das in jenen Tagen ebenso wirkte, als wie in unseren Tagen. Im zweiten Brief handelt es sich um böse Lehre, in dem dritten Briefe um böse Verbindung. In dem zweiten Briefe des Johannes wird die auserwählte Herrin durch die Wahrheit veranlaßt, ihre Tür zu schließen, und im dritten Briefe wird Gajus durch die Wahrheit veranlaßt, seine Tür zu öffnen.
Eins, das wir aus diesen Briefen lernen sollten, ist, daß wir durch die Wahrheit so erleuchtet werden sollen, daß wir in allen Umständen befähigt sind, der Wahrheit entsprechend zu handeln. Man möchte fragen: Was ist Wahrheit? Eine einfache Antwort ist: Christus - und in Ihm sehen wir, daß Gott den Menschen liebt. Wir werden später sehen, wie diese Wahrheit in dem Titel: „Der Herr Jesus Christus, der Sohn des Vaters“ enthalten ist.
In 1. Mose 3 finden wir eine Frau, die nicht durch die Erkenntnis Gottes befestigt war. Als dann die Versuchung kam, unterlag sie. Sie machte der Lüge des Versuchers die Tür auf und ließ so die Flut des Bösen herein, die sich dann über ihre ganze Nachkommenschaft ergoß. Satan gab es ihr ins Herz, daß sie für sich selbst besser sorgen könne, als es Gott tue. In seinen verführenden Worten lag es, daß Gott sie nicht liebe, und von diesem Tage an ist diese Lüge (der Eva die Tür öffnete) in den Herzen der Menschen.
In dem neunten Verse zeigt der Apostel, daß jeder, der weiter geht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, Gott nicht hat. Dieses Wort wirft ein ernstes Licht auf die heutige Welt. Sie geht in ihrer Selbsterhebung weiter und bleibt nicht in der Lehre des Christus, um das ihr von Satan eingegebene Ziel: „Ihr werdet sein wie Gott“ zu erreichen. Gott will uns aus diesem schrecklichen Betruge herausführen, und um davon frei zu werden, soll nicht nur die Wahrheit uns dienen, sondern auch Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem Herrn Jesus Christus, dem Sohne des Vaters. Dieser Titel des Herrn kommt in dieser Verbindung nirgends wieder in der Schrift vor. Die Wahrheit ist darin eingeschlossen, und ebenso die Liebe und die Verwandtschaft. In diesem Titel sehen wir den Sohn Mensch geworden und den Vater, der den Sohn als Mensch liebt.
Dieser Titel gibt uns auch Gottes Antwort auf die Lüge des Satans. In Christo sehen wir Gottes Antwort darauf. Er ist Mensch geworden, und der Vater liebt den Sohn. Warum ging Christus in den Tod? Liebe brachte Ihn dorthin, und diese Liebe ist die Liebe Gottes zum Menschen. Und doch, obgleich der Herr Jesus in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden wurde, war und bleibt Er doch ein Mensch anderer Herkunft. In Gnade nahm Er den menschlichen Zustand an, abgesehen von Sünde, damit Er sterben könnte. Niemand vermochte Ihm das Leben zu nehmen, Er legte es von Sich Selbst nieder. In Seinem
Tod fand der erste Mensch sein Ende für immer in den Augen Gottes. Es war die Beseitigung des alten Menschen und seines ganzen Zustandes vor Gott, und ein anderer Mensch, der neue, steht jetzt vor Gottes Auge: Der zweite Mensch, Sein Sohn.
In Christo, dem Sohne des Vaters, dem zweiten Menschen, finden wir nun ein neues Geschlecht, eine neue Verwandtschaft aufgerichtet, die unverletzbar und ewig ist. Nur Er allein, der Sohn des Vaters, konnte diese neue, ewige Verwandtschaft und Verbindung mit Gott den Menschen bringen.
Als der Herr Jesus als Mensch auf die Erde kam, begann dieser neue Anfang für Gott. Obschon auch für den Menschen der neue Anfang darin eingeschlossen war, so konnte Er doch erst nach Seinem Tode für diesen in Wahrheit wirksam werden. Erst als Er auferstanden war, konnte Er der Maria dieses neue Verwandtschaftsverhältnis, welches sie den Jüngern überbringen sollte, anvertrauen: „Mein Vater - euer Vater, Mein Gott - euer Gott“.
Gottes Liebe zu den Menschen hat sich auf das völligste erwiesen. Die Lüge des Versuchers ist aufgedeckt, und eine neue Welt der Liebe ist der Menschheit in dem Sohne des Vaters erschlossen. Wir sind nun verpflichtet, dieser Liebe Gottes gemäß zu wandeln. Unsere Liebe zeigt sich in dem Halten Seiner Gebote, indem wir nicht von Seinem Worte abweichen, sondern es bewahren an dem Tage, wo viele Betrüger in der Welt sind, die uns sagen, daß die Zeiten verändert sind und Gottes Wort dafür nicht mehr passe - die verleugnen, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist. Aber Er ist im Fleisch gekommen und hat eine neue Ordnung, eine neue Verwandtschaft uns gebracht, durch welche die alte ihr Ende vor Gott gefunden hat. Die Lehre des Christus schließt den Gedanken von Gottes Welt in sich, deren Mittelpunkt der herrliche Sohn des Vaters ist: „Wer in der Lehre des Christus bleibt, hat beide, sowohl den Vater als auch den Sohn“.
Wenn wir in der Lehre des Christus bleiben, wenn wir Ihn lieben, werden wir außerordentlich empfindlich sein für alles, was für Ihn entehrend ist. Da gibt es kein Unterhandeln mit dem Bösen. Wenn einer zu uns kommt, der nicht diese Lehre bringt, den sollen wir nicht empfangen, noch ihm ein „Grüß Gott“ bieten, wenn wir nicht teilnehmen wollen an seinen bösen Werken. Unser einziger Schutz ist die Erkenntnis der göttlichen Personen. Und die Wahrheit, daß Gott den Menschen liebt, wird uns befestigen gegen die Lüge des Bösen und unsere Freude vollkommen machen.
Begeben wir uns nun zum dritten Brief des Johannes, so finden wir wiederum in besonderer Weise die „Wahrheit“ hervorgehoben als das, was unser Herz gegen das Eindringen des Bösen bewahrt. Wie in dem zweiten Brief die auserwählte Frau imstande ist, ihre Tür gegen die böse Lehre zu schließen, so finden wir hier Gajus durch die Wahrheit vor dem Bösen bewahrt und befähig, seine Tür offen zu halten für die, die „für den Namen ausgegangen sind“.
Bei der auserwählten Frau war alles wohl geordnet. Ihre Kinder hatten die Wahrheit erkannt und wandelten in der Wahrheit. Sie selbst wurde durch die Wahrheit geleitet, und infolgedessen waren alle ihre Angelegenheiten und ihr Haus nach der Wahrheit geordnet, so daß falschen Lehren der Eintritt versagt war. Durch die Wahrheit hatte sie ein göttliches Empfinden und Verständnis und konnte so durch Gnade ihre Tür vor falschen Lehren schließen.
Im dritten Johannesbrief empfängt Gajus die Gnade, seine Tür der Wahrheit zu öffnen. Es bestand ein Band zwischen seiner eigenen Seele und jenen, die aus Liebe zur Wahrheit „ausgegangen“ waren. Er empfing sie und half ihnen weiter auf ihrem Wege, weil er wußte, daß es für den „Namen“ war, weshalb sie „ausgegangen“ waren. Die Wahrheit allein ist das Band, das Menschen zusammenhalten kann.
In Gajus sehen wir einen Mann, dem es seiner Seele nach wohl ging, so daß der Apostel Johannes wünschen konnte, daß es ihm in den äußeren Umständen und in seiner Gesundheit ebenso wohl gehe wie seiner Seele. Wir können nicht alle in blühende äußere Umstände gestellt werden. Der Herr hat uns oft ein Gewicht anzuhängen, weil Er sieht, daß wir es benötigen. Solange wir hier sind, bedürfen wir der Erziehung von Seiner Hand. Wir stehen alle mehr oder weniger mit drei Kreisen in Verbindung. Der erste und der wichtigste ist der christliche Kreis, der zweite ist der heimische Kreis, der dritte der öffentliche oder der geschäftliche Kreis. Und in diesen Kreisen erzieht der Herr oft in besonderer Weise die Seinigen für die Erkenntnis Seiner Selbst. Bei Gajus war dieses besonders in dem ersten Kreise der Fall.
Dieses Wohlergehen der Seele zeigt sich nicht darin, daß man einen ersten Platz unter den Brüdern einnimmt, sondern in der vermehrten Erkenntnis des Vaters und des Sohnes. Wohl ist dieses geistliche Licht, dieses In-sich-aufnehmen der Erkenntnis der göttlichen Personen durch unsere Fassungskraft beschränkt, aber wir müssen es haben, wenn unsere Seele gesund sein soll. Die Gesundheit der Seele war dem Apostel der Maßstab für Gajus.
Die äußeren Umstände in der Gemeinde konnten für Gajus kaum schwieriger sein, als sie waren, denn er war angewiesen, mit Diotrephes umzugehen, einem Manne, von dem gesagt wird, daß er „gern unter ihnen der erste sein wolle“, und der mit „bösen Worten wider den Apostel und die mit ihm waren „schwätzte“. Aber Gajus war trotz alledem nicht nur glücklich in der Freude der Gnade Gottes, sondern er war auch eine Ermutigung den Brüdern, die zu ihm kamen. Eine Seele, die sich durch die Wahrheit leiten läßt, wandelt mit Gott, wie auch immer die äußeren Umstände sein mögen.
Der dritte Vers spricht von dem Festhalten an der Wahrheit. Buchstäblich heißt es „Deiner“ Wahrheit, d. h., die Wahrheit war so wirksam in Gajus, daß sie ihn gleichsam charakterisierte und ein Teil von ihm selbst geworden war. Er hielt die Wahrheit fest, und die Folge war, die Wahrheit hielt ihn so fest, daß Menschen und Umstände keine Kraft mehr über ihn hatten. Eine sichere Folge des Festhaltens der Wahrheit ist, daß alle unsere Verbindungen, unser Verkehr, unsere Gemeinschaft nach der Wahrheit sind. Derartiges, daß man die Wahrheit festhalten könne, ohne daß ihre Wirksamkeit sichtbar sein würde, kennt die Schrift nicht; deshalb schließt auch der Vers mit den Worten: „Gleichwie du in der Wahrheit wandelst“. Das Äußere wird durch das Innere reguliert. Das Verhalten des Gajus, sei es zu Brüdern oder zu Fremden, wurde durch die Wahrheit geregelt.
Der Apostel wünscht dann, daß er die Heiligen „auf eine gotteswürdige Weise“ geleiten möge. Unsere Neigung geht dahin, Dinge in einer den Menschen würdig erscheinenden Weise zu tun, um die Zustimmung und den Beifall von Menschen zu erhalten. Eine Seele aber, die von der Wahrheit geleitet wird, wünscht alles Gottes würdig zu tun, damit Gott verherrlicht werde.
Einen Hauptpunkt in dem 3. Briefe finden wir in Vers 7: „Für den Namen sind sie ausgegangen und nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Dieser Name war in ihnen der alles beherrschende Gedanke, der sie ganz in Anspruch nahm. Dasselbe Wort finden wir wiederholt in der Apostelgeschichte und in den Petri-Briefen. So lesen wir in einer Stelle: „Sie nun gingen aus dem Synedrium hinweg voller Freude, daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden.“ (Apg 5,41). Es ist der Name, der jeden Namen in den Schatten stellt, der Name, vor dem jedes Knie sich beugen soll. Alle Quellen der Kraft und der himmlischen Segnungen sind mit diesem Namen verbunden. Die Person, von der dieser Name spricht, ist im Himmel, aber der Name ist hier unten. „Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen.“ (Apg 4,12). Der Name ist „unter dem Himmel“, aber die Macht des Himmels ist in ihm enthalten. Jede Not kann durch diesen Namen gehoben werden, und alle Herrlichkeit ist mit ihm verbunden. Wenn unser Herz von der Herrlichkeit dieses Namens erleuchtet ist, dann besitzt die Welt keinen Reiz mehr für uns, und mit Freuden sind wir solche, die „für den Namen ausgegangen sind“, d. h. solche, die das Band mit der Welt, die unter Gottes Gericht steht, durchschnitten haben.
Dann lesen wir: „Und sie nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Dies wird dann der Grundsatz sein, nach dem wir handeln, natürlich dieser Ausdruck hat hier eine bestimmte Bedeutung, aber es liegt ein Grundsatz darin: wir nehmen nichts von der Welt. Was du auch immer von der Welt nehmen magst, du hast es zurückzuzahlen. Nimmst du weltliche Grundsätze, weltliche Regeln, weltliche Ziele an, so sei sicher, daß die Welt ihre Ansprüche an dich geltend machen wird. Genau soviel, wie du von den Wegen und Mitteln der Welt annimmst, wird die Welt ihre Forderungen an dich stellen. Sie wird zu dir sagen: „Was das betrifft, da sind wir gleich.“ Der Grundsatz aber, den jene, die für den Namen ausgegangen sind, befolgen, ist dieser: „Und sie nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Nur soweit wie wir diesem Grundsatz folgen, werden wir „Mitarbeiter der Wahrheit“ sein.
Als der Herr hier auf Erden weilte, versuchte es der Satan, Ihn mit den Herrlichkeiten der Welt zu fangen. Es war wirklich ein staunen erregendes Wunder, als der Satan in einem Augenblick Ihm alle Reiche des Erdkreises zeigte. Bedenke, wieviel das heißt, nur ein wenig von den Reichen der Welt zu erfahren - vom großen Rebellenreich Nimrods an bis zum Römerreiche, das zu jener Zeit bestand. Alle Reiche der Welt zeigte er Christus mit dem Anbieten: „Ich will Dir alle diese Gewalt und ihre Herrlichkeit geben.“ (Lk 4,5-8). Der Name Jehovas aber gab Ihm sichere Leitung, und Er wies die Herrlichkeit einer gegen Gott aufrührerischen Welt zurück.
In 1Mo 11 finden wir dagegen die Linie und das Ziel, das der Mensch sich gesteckt hat: „Wohlan, bauen wir uns eine Stadt ..., machen wir uns einen Namen usw.“ Bei Adam und seinen Nachkommen hatte der Satan Erfolg, ihm gelang es, die Menschheit auf die Linie der Selbstüberhebung - Verbesserung - Selbstverfeinerung zu führen und das Ziel vor Augen zu rücken: „Ihr werdet sein wie Gott.“ (1Mo 3,5). Der Mensch nahm das Wort und Angebot Satans an, und seit diesem Tage handelt er auf dieser Linie. Von da an trägt alles den Charakter des Menschen und die Kennzeichen seiner Gedanken und seines Strebens. Kain baute eine Stadt und nannte den Namen der Stadt nach dem Namen seines Sohnes (1Mo 4,17). Und so ist es geblieben. Jede Verbesserung, jede Entdeckung wird heute noch nach Menschen benannt. Die Welt ist heute ihrem Ziele sehr nahe gekommen, dem Ziele, das sie sich einst beim Bau des Turmes zu Babel stellte. So sehen wir, daß der Grundsatz, der zu jener Zeit zu Babel feierlich eingeführt wurde, heute noch da ist, aber auch ebenso die daraus hervorgehende Folge, das ist: Babel-Verwirrung.
Wir aber müssen beständig wachsam sein und uns erinnern, daß unser Herz ein Widerspiegel dieser Welt ist und daß wir die Grundsätze der Welt ständig in uns zu richten haben.
Dann finden wir in diesem 3. Briefe, wie in der Mitte der Heiligen das Böse am Wirken ist. Diotrephes hatte Grundsätze und Anschauungen der Welt in die Gemeinde gebracht. Den Grund, der ihn dazu leitete, finden wir in den Worten: „Der gern unter ihnen der Erste sein will“. Er wünschte den Vorrang zu haben und den ersten Platz einzunehmen. Es ist ganz recht, einen solchen Platz zu haben, wenn Gott ihn gibt, aber wehe uns, wenn wir ihn uns selbst verschaffen wollen. Es ist eine sehr ernste Sache, in Gottes Haus Grundsätze einzuführen, die wir von der Welt gelernt haben. Von dem Geiste und dem Wesen der Welt bleiben wir nur bewahrt, wenn wir unter der Kraft der Wahrheit bleiben. Wenn aber die Wahrheit nicht in uns wirksam ist, dann werden bald die Grundsätze der Welt in uns und in unserer Mitte herrschen. Wie nötig haben wir es, auf uns zu achten und uns immer wieder zu prüfen, daß wir nicht die Dinge des Herrn nehmen, um uns groß zu machen, und Seinen Namen benutzen, um uns einen Namen zu machen.
Die Weise, wie wir unsere Brüder betrachten, ist eine große Prüfung für uns. Warum lieben wir sie? Ist es darum, weil sie zu unserem Großsein beitragen, weil sie uns einen gewissen Rang, eine gewisse Stellung verschaffen? So war es mit Diotrephes. Seine Seele war gebunden von den Grundsätzen der Welt. Wo er war, wollte er der Erste sein, da mußte er die Führerschaft haben, mußte er hervortreten und das Wort führen. Die ihn anerkannten, mit denen ging er, und die ihm in diesem Geiste entgegenstanden, wider diese „schwätzte er mit bösen Worten“. Ist es nicht schrecklich, daß solche Grundsätze in einer christlichen Gemeinde Fuß fassen können, wo doch Demut alle kennzeichnen soll. In welcher Niedrigkeit kam der Herr in diese Welt. Seine Mutter brachte zu ihrer Reinigung das sogenannte Armenopfer: „Ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“, welches darzubringen nur den Ärmsten zustand. Welchen niedrigen Platz nahm er in dieser Welt ein! Gott aber gab Ihm den höchsten.
Alle Ehre und allen Ruhm legte Er auf Ihn. Wollen wir in eigener Ehre glänzen? Soll nicht alle Ehre für Ihn sein? Die 24 Ältesten sitzen auf Thronen, rings um den Thron, aber dann sehen wir sie niederfallen und ihre Kronen niederwerfen vor dem, der auf dem Throne sitzt, und anbetend sagen: „Du bist würdig, o, unser Herr und unser Gott, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht, denn Du hast alle Dinge erschaffen, und Deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden.“ (Off 4,11) Ihre Kronen zeigten ihre Herrlichkeit, aber sie legten sie nieder vor Ihm und bekannten, daß alle Herrlichkeit und Ehre Ihm gebühre.
Der Apostel nimmt nun Bezug auf die Zustände, mit denen Gajus zu tun hatte, und gibt ihm praktische Unterweisungen. Er sagt: „Geliebter, ahme nicht das Böse nach, sondern das Gute. Wer Gutes tut, ist aus Gott, wer Böses tut, hat Gott nicht gesehen.“ Wenn unser Herz unter der Kraft der Wahrheit steht, dann stehen wir in geistlicher Übereinstimmung mit Gott, und das, was Gott tut, ist dann auch unser Tun. Unser Wirken empfängt dann seinen Charakter von Gott. Gott kann unmöglich Böses tun, und je mehr wir uns in Sein Walten und in Sein Tun versenken, umsomehr werden wir in Seinem Wesen gefunden werden. Eine Seele, die Gottes Wege nicht kennt und darin unwissend ist, wird bald als im Widerspruch mit der Wahrheit gefunden werden. So finden wir es schon bei Israel. Der Herr klagt: „Deshalb zürnte Ich diesem Geschlecht und sprach: Allezeit gehen sie irre mit dem Herzen; aber sie haben Meine Wege nicht erkannt.“ In dieser Klage drückt Gott aus, daß sie aus Seinen Wegen nicht gelernt hatten, Ihn zu sehen und zu verstehen, oder wie hier Johannes schreibt: „Wer Böses tut, hat Gott nicht gesehen.“ Gott ist ein Geist und wohnt in unzugänglichem Lichte und ist Seinem absoluten Wesen nach unsichtbar. Aber Er hat sich in Christo offenbar gemacht. Christus war hier, Gutes tuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren, denn Gott war mit Ihm (Apg 10,38). Gott war in dem Menschen Christus Jesus, und in Ihm wurde Gott sichtbar. Wenn wir Christus sehen, sehen wir
Gott, und nach dem Maße, wie wir Gott kennen, tun wir Gutes. Es gibt keinen anderen Weg, Gutes zu tun (ich meine, was in Wahrheit Gutes ist), als nur in Seiner Erkenntnis. „Der Älteste“, (Vers 1), Johannes, wünscht mit Gajus von Mund zu Mund zu reden. Er wünschte, daß das innige Band, welches zwischen ihnen bestand, noch mehr gestärkt werden möchte. Meinungsverschiedenheiten oder was es zu besprechen gab, wollte er mündlich mit ihm besprechen. Es ist sehr wichtig, daß wir miteinander in Berührung kommen, und wir sollten dieses viel mehr bedenken und erstreben.
Er schließt dann: „Friede dir! Es grüßen dich die Freunde. Grüße die Freunde mit Namen!“ Wir sind berufen, alle Brüder zu lieben, aber in diesen schwierigen Verhältnissen, in denen Gajus sich befand, waren es Brüder, welchen der Apostel sein Herz anvertrauen konnte. Wenn er hier sagt: „Grüße die Freunde“, so war das keine Clique, kein Parteianhang, aber es waren solche, auf die er im Herrn vertrauen konnte. Kein selbstsüchtiger Zweck lag in diesem seinem Gruße. Er tat nichts seines eigenen Ansehens wegen, sondern er wünschte vielmehr, daß alle so unter der Macht der Wahrheit und des Namens Christi seien, daß alles andere verschwinden und sie von jedem Hemmnis befreit sein möchten. „Der Name“ ist mächtig genug, jeden von uns vor dem Glanz und Schimmer dieser Welt zu bewahren. Der Herr ließ der Selbsterhebung des Diotrephes den Lauf, um die Treuen zu erziehen, und für uns handelt es sich darum, daß auch wir daraus lernen; erstens, wie wir selbst solchem Diotrephes-Geiste entgehen können, und anderseits, wie wir solchem Geiste gegenüber uns zu verhalten haben. Wie wichtig ist für uns das „Festhalten an der Wahrheit“. Wenn wir aber die Grundsätze und Ordnungen Gottes in Seiner Gemeinde nicht kennen, so sind wir natürlich unfähig, sie anzuwenden. Menschliche Grundsätze haben keinen Platz und keine Anwendung in der Gemeinde Gottes. Unser Vorrecht ist es, Gottes Wege und die Wahrheit zu kennen, und wir sollten sie so kennen, daß auch in den widrigsten Umständen und den schwierigsten Verhältnissen unsere Seele gesund gefunden wird.
M. - v. d. K.