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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
2Kön 18-20; 2Chr 29-32; Jes 36-39 - Hiskia (1)2Kön 18-20; 2Chr 29-32; Jes 36-39 - Hiskia (1)
Das eine und andere aus seiner Lebensgeschichte.
Das Leben und der Charakter gewisser Männer, deren Lebensbild in der Schrift gezeichnet ist, gewinnt an Interesse, wenn wir zurückblicken auf der Linie, auf welcher ihr Leben abrollt.
Zweiunddreißig Jahre bevor Hiskia den Thron bestieg, war die Langmut Gottes gegen Juda erschöpft, und das Urteil des Herrn über Juda war dieses: Weil sie wissentlich und mit Willen nicht hören und nicht folgen wollten, sollte sie das ärgste Gericht treffen, das über Menschen kommen kann: Verhärtung des Herzens, daß sie nicht mehr würden umkehren können und sie so zu seiner Zeit dem Untergang anheimfallen würden wie der Pharao. Siehe Jes 6,8-13. Wie ernst dieses Gerichtsurteil zu werten ist und wie es fortwirkte, zeigen alle vier Evangelien und die Apostelgeschichte: Nachdem der Herr das Gleichnis vom Säemann vorgetragen und die Jünger verwundert gefragt hatten, warum Er in Gleichnissen zum Volke rede, führt Er diesen Ausspruch Jesajas an und erläutert: „Weil sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören und verstehen; und es wird an ihnen die Weissagung Jesajas erfüllt ...“ (Mt 13,
10-15) Stärker noch reden Markus und Lukas: „... auf daß sie sehend sehen und nicht wahrnehmen, und hörend hören und nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.“ (Mk 4,12; Lk 8,10) Am allerschärfsten drückt sich Johannes aus: „auf daß das Wort Jesajas' erfüllt würde ...“, und „darum konnten sie nicht glauben, weil Jesajas wiederum gesagt hat ...“ (Joh 12,37-40). Auch Paulus führt den Ausspruch des Propheten den Juden gegenüber an, die er in Rom zu sich in sein Quartier gebeten hatte, um den Grund aufzuzeigen, warum auch sie nicht überzeugt werden konnten aus dem Gesetz Moses und den Propheten, daß Jesus der Messias ist. (Apg 28,25-28)
Die Zeit des Aufschubs nach Erteilung des Gerichtsauftrags an den Propheten mochte noch den einen und anderen frommen König aufweisen; das im Todesjahre des Königs Ussija ausgesprochene Urteil wurde darum nicht widerrufen oder gemildert. Das sittliche Verderben des Volkes, das die zeitgenössischen Propheten Jesaja und Micha in erschütternden Darlegungen malen, blieb, was es war, trotzdem ein Jotham, ein Hiskia, ein Josia persönlich taten, was recht war in den Augen Jehovas, und die beiden letzteren Reformen durchführten, die das Volk äußerlich zur Beobachtung der religiösen Vorschriften zurückführte. Jotham, der Sohn Ussijas, regierte sechzehn Jahre, sein Sohn Ahas ebenfalls sechzehn Jahre. Keiner unter den Königen Judas hatte es so schlimm getrieben wie Ahas; keiner noch hatte wie er „seine Söhne im Feuer verbrannt“ (2. Chron. 28,3). „Alsdann gab ihn Jehova in die Hand des Königs von Syrien ... und auch in die Hand des Königs von Israel ...“ (Vers 5)
Da taucht aber etwas Beachtenswertes auf: Diese beiden Könige führten noch etwas anderes im Schilde: Sie wollten einen fremdstämmigen König auf den Thron Davids setzen, was soviel war, wie die gewissen Gnaden Davids zunichte zu machen, das Kommen des Messias auszuschalten, die Weissagung Jakobs: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda ... bis daß Schilo kommt“, zunichte zu machen (Siehe 1Chr 17,10-14; Jes 55,3.4 und Apg 13,33-35; 1Mo 49,10). Das durfte von dem Herrn Jehova aus „nicht zustande kommen und nicht geschehen“! (Jes 7,5-7) Aber weil Ahas bei dem König von Assyrien Hilfe suchte, statt sein Vertrauen auf Jehova zu setzen, der Ihn so freundlich dazu einlud (Jes 7,11), darum wurde ihm kundgetan, daß eben der König von Assyrien zur Zuchtrute für das Königshaus und für das Volk werden würde. (Vers 17ff).
Um aber vorderhand Jerusalem und Juda doch noch segnen und erhalten zu können, erweckt Gott den Hiskia, den frommen und treuen König, der Ihm, im Gegensatz zu seinem Vater, vertraut. Man erwäge, ob das Wort „erwecken“ richtig angewandt ist oder nicht; sechzehn Jahre lang, von seinem neunten bis zu seinem fünfundzwanzigsten Jahre, sah Hiskia die Greuel mit an, die sein Vater verübte, und wurde doch in allem dessen Gegenteil, und das von dem Augenblick der Übernahme der Regierungsgewalt an (Siehe 2Chr 29,3.17). Ist Hiskia so nicht ein Beispiel von dem Wort in Ps 33,13-15: „Jehova ... schaut auf alle Bewohner der Erde; Er, der da bildet ihr Herz allesamt ...“, und von dem anderen in Sach 12,1b: „... Jehova, der den Himmel ausspannt und die Erde gründet und des Menschen Geist in seinem Innern bildet ...“?
Wer hat, mögen wir als Parallele daneben setzen, nach dem vorausgesagten und eingetretenen Niedergang des christlichen Zeugnisses, nach der Überwucherung der Wahrheit durch Menschensatzungen zu Zeiten der Herabwürdigung des Sohnes Gottes zum bloßen Menschen Männer erweckt, welche die Wahrheiten, in bezug auf welche sie selber geübt worden waren, wieder auf den Leuchter stellten: einen Luther in Deutschland, einen Zwingli in der Schweiz, einen Calvin und einen Farel in dem Gebiet der französischen Sprache, vorher schon einen Hus und einen Wiclef, vor hundert Jahren etliche Männer, welche die Wahrheit über Christus und die Ekklesia (Gemeinde) wieder entdeckten und bekanntmachten? Und geschah das nicht, trotzdem schon nach nicht vielen Jahrzehnten des Bestehens der Ekklesia das Gericht über das, was sie unter der Hand des Menschen geworden war, durch den Seher Johannes in den Sendschreiben der Offenbarung ausgesprochen worden war? Jeremia hat diesbezüglich das treffende Wort geprägt: „Es sind die Gütigkeiten Jehovas, daß wir nicht aufgerieben sind; denn Seine Erbarmungen sind nicht zu Ende; sie sind alle Morgen neu, Seine Treue ist groß.“ (Klgl 3,22)
Die Wiederherstellung des Gottesdienstes war Hiskias erstes Werk, wie das zweite Buch der Chronika es bezeugt. War es nicht ebenso das Bestreben der Männer, durch die Gott in der Christenheit Erweckungen gab, die Christen dahin zu führen, Gott zu geben, was Ihm gebührt, anstatt es dem Geschöpf zu geben: Priestern, Heiligen oder gar Reliquien, d. i. Götzen? Und jedesmal, wenn die Gnade Gottes das bewirkte, gab es eine Zeit des Segens, wenn auch in Juda das Herz des Volkes im Grunde blieb, wie es war, wie das sich zeigte, sobald ein nachfolgender gottloser König dem Bösen öffentlich Raum machte. Und machten die aufrüttelnden Erweckungszeiten mit ihrem Segen im Bereich der Christenheit nicht jedesmal in der nächst- oder übernächstfolgenden Generation dem alten Gleichgültigsein Platz?
Wie übt die Atmosphäre, aus der der Beste in der Zeit sich nicht herauswinden kann, ihre Wirkung aus!
F. Kaupp (Forts. folgt, s. G. w).