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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 20 - Jahrgang 1935
1Kön 17,2-6 - Elia am Bache Krith1Kön 17,2-6 - Elia am Bache Krith
Der erste Glaubensschritt Elias war getan. Unerschrocken hatte er dem mächtigen König die kurze Botschaft des göttlichen Gerichts angekündigt, und schon empfängt er einen neuen Auftrag: „Gehe von hinnen ... und verbirg dich am Bache Krith.“ Kaum hatte Gott ihn aus der Verborgenheit gerufen und zu einem ganz kurzen Dienst benutzt, so wird er schon wieder in die Einsamkeit gesandt. Und wozu? Er soll sich verbergen.
Wieviel Unterweisung enthalten doch die beiden kleinen Worte: „Verbirg dich!“ Das Hervortreten liegt dem Fleische nahe, nicht aber das Zurücktreten - das Sichverbergen. Wir sind so leicht von uns selbst und von der Wichtigkeit unseres Dienstes erfüllt, wollen wir aber dem Herrn brauchbare Gefäße sein, dann müssen wir aufhören, in unseren eigenen und in den Augen anderer etwas zu sein. Glücklich ist der Knecht, der seine Knechtesstellung versteht: Nichts in sich selbst zu sein und sich in Dem zu verbergen, dem er dient. Ein solcher Knecht wird immer die Aufmerksamkeit von sich ab auf seinen Herrn hinlenken.
Gott hatte noch Vieles und Großes für Seinen Knecht zu tun; für diese Aufgaben aber bedurfte Elia noch der Zubereitung in Gottes Schule, und zwar nicht für eine kurze Zeit, sondern für eine Zeit von mehr als drei Jahren. Gott erzieht Sich jeden Knecht für das Werk, zu welchem Er ihn gebrauchen will.
Ehe Joseph geschickt war, als Herrscher über ganz Ägyptenland die großen Pläne Gottes auszuführen, hatte er Gottes erziehende Hand in der Grube und im Gefängnis nötig.
Mose mußte vierzig Jahre in der Einsamkeit der Wüste zubereitet werden, ehe er als Führer das Volk Gottes von der Knechtschaft Ägyptens befreien konnte.
David war der von Gott erwählte König Israels. Aber ehe er über Gottes Volk regieren konnte, mußte er Gottes Schule durchmachen und den Kampf mit Löwen, Bären und dem Riesen Goliath aufnehmen.
Paulus, der hochbegnadigte Apostel, hatte ein Arabien nötig. Wollen wir uns wundern, wenn auch wir in
Gottes Schule genommen werden? Wenn wir dem Herrn gebräuchliche Gefäße sein wollen, dann müssen auch wir von Seiner Hand dafür zubereitet werden.
Das ganze Kapitel (1Kön 17,2-24) gibt uns einen tiefen Einblick in die Erziehungswege Gottes mit Elia, wie Er ihn stufenweise für die großen Aufgaben, die er erfüllen sollte, vorbereitet. Es sind in diesem Kapitel gleichsam drei Kurse, die Elia durchzumachen hatte. Am Bache Krith lernte er sein eigenes Nichts und die Größe seines Gottes kennen, dem selbst die unvernünftige Kreatur unterworfen war. In Zarpath lernte er die Erhabenheit Gottes über alle Lagen und Umstände kennen, und schließlich hatte er zu lernen, daß Gott auch über dem Tode steht.
Wie gesagt, die erste Lektion hatte Elia am Bache Krith zu lernen. Heldenhaft hatte er vor Ahab gestanden. Und nun? Nun sollte er sich verbergen, gewissermaßen verstecken. Meinst du, daß dieser Auftrag seiner Natur nicht entgegenging, gerade jetzt, wo es angesichts des Gerichtes so nahe lag, dem Volke die Buße zu predigen? Jetzt sich zu verbergen mußte ihm sicher schwer werden.
Der Herr kennt unser Herz, wie leicht wir von uns selbst erfüllt sind. Und auch der Teufel ruht nicht, immer wieder die Gedanken auf uns selbst zu richten und eigene Ehre mit dem Dienst des Herrn zu verbinden. Wie leicht bilden wir uns ein, Vieles tun zu können, und deshalb muß es auch so oft in unserem Leben heißen: „Verbirg dich!“
Als die Apostel mit übervollem Herzen zum Herrn kamen und Ihm „berichteten alles, was sie getan und was sie gelehrt hatten“, da war das „Verbirg dich!“ auch für sie an der Zeit. Was sagte der Herr zu ihnen? „Kommet ihr selbst her an einen öden Ort besonders und ruhet ein wenig aus.“ (Mk 6,30.31)
Der Herr weiß besser als wir, wie nötig wir die Zeit der Stille und des Alleinseins mit Ihm brauchen. Wenn unser Dienst für Ihn das Maß des Umganges mit Ihm überschreitet, so werden wir sicher zu kurz kommen. Übersteigt der Oberbau die Tragfähigkeit des Fundamentes, so zeigen sich bald gefährliche Risse, und der Zusammenbruch ist nicht weit. Überragen die Zweige eines Baumes in ihrer Ausbreitung die Wurzeln, so kann der Baum dem Sturme nicht standhalten. Ebenso ist es auch mit uns im Dienste des Herrn. Unser Ohr muß zuerst zum Hören geöffnet sein, ehe wir „mit der Zunge der Belehrten“ sprechen können (Jes 50,4.5). Möchten wir alle dies besser verstehen! O möchte dieses „Verbirg dich!“ von uns allen mehr geübt werden, als wie wir es tun!
Welch ein hohes Vorbild haben wir hierfür in dem Herrn Selbst! Wie suchte Er die stillen, abgeschiedenen Plätze auf und brachte die Nächte im Gebet und Umgang mit Seinem Gott und Vater zu! Nicht als ob Er es nötig gehabt hätte, Sich zu verbergen - Sein ganzes Leben war ja ein „Sich-verbergen“, Sich-Selbst-erniedrigen und Gehorsamsein. Dies war Sein Weg, und Seinen Fußtapfen sollen wir nachfolgen.
Gott gebot aber Seinem Knechte nicht nur, sich am Bache zu verbergen, Er sagte ihm auch in Seiner Güte: „Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen.“ Wie unverständlich mußte dies alles für Elia sein! Aus dem Bache konnte er trinken, aber wie sollten Raben einen Menschen versorgen können! Elia fragt nicht, er geht. „Und er ging hin und tat nach dem Worte Jehovas.“ Möchte das der Heilige Geist auch von uns jederzeit und in allen Lagen und Verhältnissen sagen können! Wie lange sollte Elia dort bleiben? Er wußte es nicht. Er hatte den Auftrag, zu gehen, und er ging. Das ist Glaubensgehorsam. Wie sträubt sich unser Herz, solche Wege zu gehen, Wege, die wir nicht verstehen! Und doch geht Gott solche gar oft mit uns. Denken wir an Noah! Gott sprach: „Mache dir eine Arche ... Und Noah tat es.“ (1. Mose 6,14.22) Ohne zu fragen, baute er ein gewaltig großes Schiff, nicht etwa am Wasser, sondern mitten auf trockenem Lande.
Wenn Gott Seine Gerichte über die Menschen bringt wie in den Tagen Noahs oder Elias, so sehen wir, daß auch diejenigen, die abseits von den Sünden derer stehen, die diese Züchtigung hervorriefen, doch an den Folgen, die diese Gerichte hervorrufen, in gewissem Maße teilnehmen müssen. Elia hatte gebetet, daß kein Regen auf die Erde falle; an den Leiden, die durch die Trockenheit hervorgerufen wurden, hatte er ebenso wie Ahab und das abgefallene Volk teilzunehmen. Und doch, welch ein großer Unterschied zwischen Elia und Ahab! Während Gottes Hand wider Ahab und das Volk aufgehoben war und diese die Rute Gottes in sehr schmerzlicher Weise fühlen mußten, erfuhr Elia die gütige Hand seines Gottes, der seine Bedürfnisse kannte und Sorge trug, daß seine Seele am Leben erhalten blieb, so wie wir in Psalm 33,18.19 lesen: „Siehe, das Auge Jehovas ist gerichtet auf die, so Ihn fürchten, auf die, welche auf Seine Güte harren, um ihre Seele vom Tode zu erretten und sie am Leben zu erhalten in Hungersnot.“
Nach dem Worte Jehovas: „Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen“, machte er sich auf den Weg nach dem Bache Krith, und die unsichtbare Hand des Allmächtigen führte ihn an den von niemandem gekannten Ort seiner Versorgung. Es gab nur den einen Platz, an dem Gott ihn versorgen wollte. Wie wichtig mußte Elia das kleine Wort „daselbst“ sein! Hätte der Prophet sich an einen anderen Ort begeben, der ihm vielleicht besser erschienen wäre, so würde er die Fürsorge seines Gottes nicht gehabt haben.
Welche Lehre liegt darin auch für uns! Wenn wir mit Gott wandeln, dann wissen auch wir, an welchem Platze uns Gott haben will, und wir verharren dort solange, bis Er ebenso klar und bestimmt uns einen anderen anweist. Auch hierin können wir von Elia lernen. Beachten wir, nachdem die Schrift uns berichtet: „Und er ging hin und tat nach dem Worte Jehovas“, fügt sie nochmals sorgfältig hinzu: „Und er ging hin und blieb am Bache Krith.“ (V. 5) Sind wir an dem Platze, wo der Herr uns hingestellt hat, dann können wir mit Seiner Gnade und Treue rechnen.
Von Gottes Hand geleitet, zog Abraham einst in das Land Kanaan. Dort erschien ihm Jehova und sprach zu ihm: „Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Als aber Hungersnot im Lande war, zog Abraham nach Ägypten „hinab, um sich ‚daselbst‘ aufzuhalten“ (1. Mose 12,7.10). Er handelte in menschlicher Klugheit, aber nicht im Glauben, und die Folge war: Sünde, Kummer und Herzeleid. Er entging der Hungersnot, aber auch der Fürsorge seines Gottes, Der ihn im Lande der Hungersnot sicher ernährt hätte. Wollen wir uns der Fürsorge Gottes erfreuen, so müssen wir an dem uns von Gott bestimmten Platze sein. Elia mußte sich den Bestimmungen Gottes, sowohl hinsichtlich des Platzes als auch seiner Ernährung durch Raben, unterordnen; so können auch wir nur den Segen und die Sorge unseres Gottes erfahren, wenn wir uns gehorsam Seiner Führung überlassen. Der unbedingte Gehorsam auf das Wort des Herrn ist der einzige Weg, um von Ihm gesegnet zu werden.
Am Bache Krith, allein mit Gott, lernte er die Macht und die Treue seines Gottes kennen, aber auch seine gänzliche Ohnmacht und Abhängigkeit von Ihm. Hier in der Einsamkeit war er völlig von der Welt und allen natürlichen Hilfsquellen abgeschlossen. Um so deutlicher wurde ihm die Unbegrenztheit der Hilfsmittel, die Gott zur Verfügung stehen, vor Augen geführt. „Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen.“ Auf dieses Wort hatte Elia Tag für Tag zu vertrauen. Welch eine Glaubensübung war dieses stille Verweilen am Bache Krith für Elia! Jeden Morgen und jeden Abend, Tag für Tag hatte er für seine Speise auf das Kommen der Raben zu warten; nicht als ob die Raben etwas seien; aber in ihnen schaute er Den, der gesagt hatte: „Ich habe den Raben geboten.“ Die allmächtige Hand, die ihn an diesen Ort geführt hatte, führte nun auch die Raben dorthin, um Seinen Knecht zu versorgen.
Als Boten Gottes kamen sie an den verborgenen, allein Gott bekannten Ort; und als Zeugen Seiner Treue und Sorge legten sie das Mahl des Propheten, welches sie ihrer Natur nach selbst verzehrt hätten, dem Gebot des Schöpfers gehorsam, vor Elia nieder. So geschah es Tag für Tag. Am Morgen brachten sie Brot und Fleisch, und am Abend brachten sie Brot und Fleisch; und so wurde es ihm ins Herz geprägt, daß, um Seinen Knecht zu erhalten, Jehova alles zur Verfügung stand, daß selbst die unvernünftige Kreatur in ihren natürlichen Neigungen sich nicht regen und bewegen konnte ohne Seinen Willen.
Die Einsamkeit am Bache Krith war für Elia keine verlorene Zeit. Hier lernte er den Gott Israels kennen wie nie zuvor, und hier wurde sein Glaube für größere Proben zubereitet. Wenn Gott uns in die Stille führt und durch Glaubensproben hindurchgehen läßt, so laßt uns nicht wie Abraham diesen ausweichen, sondern auch dankbar dafür sein! Wir brauchen solche.