verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Spr 15,19 – Geistliche Trägheit (2)Spr 15,19 – Geistliche Trägheit (2)
(Schluß)
Wir lesen auch: „Der Weg des Faulen ist wie eine Dornhecke.“ (Spr 15,19). Einem solchen Menschen nahezukommen ist überaus schwer. Trotz aller Bemühungen für sein geistliches Wohl erfährt man, daß Gemeinschaft mit ihm in bezug auf die Sache des Herrn unmöglich ist, und man kommt zu dem Schluß, daß nur Gott die „Dornhecke“ zu durchbrechen vermag. Wahr ist im Blick auf einen solchen auch der Spruch: „Wer sich lässig zeigt in seiner Arbeit, ist ein Bruder des Verderbers.“ (Spr 18,9). Wir sehen das in irdischen Dingen sich oft bestätigen; aber bestätigt es sich nicht auch häufig genug in geistlichen Dingen und in unserem täglichen Wandel und Zeugnis? Wie oft kommt es vor, daß man nie wiederkehrende Gelegenheiten, den Herrn zu verherrlichen, unbenutzt vorübergehen läßt oder doch nicht den richtigen Gebrauch von den Dingen macht, deren Verwaltung uns anvertraut ist! Die Zeit wird verloren, oder Gesundheit und Kraft werden nur für die Geschäfte und Dinge dieser Welt verbraucht. „Was ist denn Böses in diesem oder jenem?“ fragt der Träge, nicht bedenkend, daß jemand, der wirklich Gott zu leben wünscht und nach Seiner Verherrlichung trachtet, eine solche Frage überhaupt nicht stellt.
Die Wahrheit ist, daß, wenn wir die Liebe Gottes in Christus nicht mehr genießen, wenn Christus Selbst nicht mehr unserer Herzen Gegenstand und Hoffnung ist, die Beschäftigung mit Gottes Wort uns langweilig wird, das Gebet im Kämmerlein abnimmt und das „dem Herrn Lobsingen in unseren Herzen“ immer seltener wird. Indem wir nicht mehr mit Liebe zu unserem Heiland-Gott, zu
Seinen Kindern und Seinem Dienst erfüllt sind, werden wir immer trägere Christen. „Faulheit versenkt in tiefen Schlaf, und eine lässige Seele wird hungern.“ (Spr 19,15). Beachte, es ist ein tiefer Schlaf, so tief, daß gewöhnliche Mittel ihn nicht mehr zu unterbrechen vermögen. Wie traurig und demütigend ist dieses von Gott gezeichnete Bild, und doch wie wahr! Worin anders als in dieser geistlichen Trägheit können wir die Erklärung so mancher betrübender Dinge finden, die wir in Verbindung mit dem Namen des Herrn um uns her sehen? Die Gedanken und Gefühle mancher Christen scheinen nicht höher und weiter zu gehen als: „Ich weiß, daß ich errettet bin, daß ich das ewige Leben habe.“ Aber bedenken wir wohl, daß wir, wenn wir durch unseren Wandel den Geist Gottes in uns betrüben, sogar den Genuß dieses kostbaren Bewußtseins verlieren können. „Bei welchem diese Dinge (die kurz vorher beschriebenen) nicht sind“, sagt Petrus, „der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen.“
Die bisher angeführten Schriftstellen beziehen sich vorzugsweise auf einzelne Personen, so daß man fragen könnte: Wie berührt der uns beschäftigende Gegenstand denn die Gemeinde in ihrer Gesamtheit als Zeugin Gottes auf der Erde? Ach! Wir brauchen kaum zu sagen, daß sie als solche ihrer Verantwortlichkeit keineswegs entsprochen hat. Anstatt der Ausdruck der Einheit des Geistes und der selbstlosen Liebe Christi, des Hauptes Seines Leibes, zu sein, bietet sie ein Bild der Uneinigkeit und Zerrissenheit, gar häufig eines betrübenden Bruderzwistes sowie innerer Halt- und Kraftlosigkeit. Doch die Pflicht, treu zu sein gegenüber dem Wort des Herrn, bleibt stets die gleiche, wären es selbst nur zwei oder drei, die sich diesem Worte unterwerfen. Die Schrift hat Worte großer Ermunterung für solche. Da ferner die Gemeinde Gottes aus lauter einzelnen Personen zusammengesetzt ist, so ist es klar, daß wir als Ganzes Gott gegenüber nicht richtig stehen können, wenn es bei den einzelnen nicht gut aussieht. Eine Gemeinde wird als Ganzes immer die Eigenschaften und Zustände derer offenbaren, aus denen sie besteht. An diesen Grundsatz erinnert uns die Stelle: „Durch Faulenzen senkt sich das Gebälk, und durch Lässigkeit der Hände tropft das Haus.“ (Pred 10,18). Wo es den einzelnen ernst ist im Dienst für den Herrn, so unscheinbar er sein mag, und wo die einzelnen in treuem, wachsamem Wandel auf das Kommen des Herrn warten, da wird auch das Ganze Förderung und Segen von Ihm empfangen. Wo man aber eine bloße Schrifterkenntnis als Hauptsache betrachtet, während das ernste, gemeinsame Gebet und die geistliche Sorge für die Glieder Christi vernachlässigt wird, da wird man unfehlbar finden, daß nicht nur der Gedanke an unsere herrliche Hoffnung in den Hintergrund tritt, sondern daß auch die ganze Gemeinde nicht „das Wachstum Gottes wächst“. Das geistliche Leben, Kraft und Einigkeit „senken sich“, und es wird in ihr geradeso unbehaglich wie unter einem tropfenden Dach.
Und noch eine Ermahnung des weisen Königs zum Schluß unserer Betrachtung. Er sagt: „An dem Acker eines faulen Mannes kam ich vorüber, und an dem Weinberg eines unverständigen Menschen. Und siehe, er war ganz mit Disteln überwachsen, seine Fläche war mit Brennesseln bedeckt, und seine steinerne Mauer eingerissen.“ Da sehen wir „Disteln“, das Zeichen des Mißfallens und des Fluches Gottes, statt „einer Pflanzung des HErrn“, und „Brennnesseln“ statt Frucht und fruchtbarer Zweige. Die „steinerne Mauer“ der Absonderung, die einst so fest und gebietend dastand, ist „eingerissen“, so daß unheilige Verbindungen vorkommen und bösen Eindringlingen kein Hindernis entgegensteht.
Noch einmal denn: Wie ernst und verhängnisvoll ist geistliche Trägheit! Wie sollten wir erschrecken, wenn wir sie in uns entdecken! Hören wir, was Salomo weiter sagt: „Und ich schaute es, ich richtete mein Herz darauf; ich sah es, empfing Unterweisung: Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen - und deine Armut kommt herangeschritten, und deine Not wie ein gewappneter Mann.“ (Spr 24,30-34).
Was sollen wir nun tun? Angesichts dessen, was wir in uns und um uns her erblicken, verzagen? Nein, wir wollen uns aufwecken lassen und dann aufschauen. Mögen unsere Herzen Mut fassen im Herrn, indem wir „aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken“, indem wir „einander ermuntern“ und uns gegenseitig „Gott und dem Worte Seiner Gnade“ befehlen! Seine väterliche Liebe ist nicht geringer geworden. Der Herr hat Sich nicht verändert, und Seine reichen Quellen stehen dem Glauben offen. So dürfen wir auch heute noch einander zurufen: „Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werke des Herrn, da ihr wisset, daß eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn.“ (1Kor 15,58).