verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Wohin gehst Du? (6) - Inneres LebenWohin gehst Du? (6) - Inneres Leben
Kennzeichnend für den inneren Stand einer örtlichen Gemeinde ist immer das persönliche Herzensverhältnis der einzelnen Glieder zum Herrn. Sind wir in lebendiger Gemeinschaft mit Ihm, sind wir es auch untereinander (1Joh 1,3). In jeder Gemeinde gibt es Weltchristen, Genießerchristen und Dienstchristen. „Wenn darum eine in Christo ausgesprochene Ermahnung, wenn ein liebevoller Zuspruch, wenn Gemeinschaft des Geistes, wenn herzliche Liebe und Mitgefühl etwas gelten: so machet meine Freude dadurch vollkommen, daß ihr eines Sinnes seid, indem ihr dieselbe Liebe hegt und einmütig dem gleichen Ziele zustrebt. Tut nichts aus Selbstsucht oder aus eitlem Ehrgeiz, sondern achtet in Demut einer den anderen höher als sich selbst; jeder habe nicht nur seinen eigenen Vorteil im Auge, sondern jeder auch den des anderen.“ (Phil 2,1-4) „Traget einer des anderen Lasten und erfüllet so das Gesetz Christi.“ (Gal 6,2) Das ist christlicher Sozialismus. „So hatte nun die Gemeinde in ganz Judäa, Galiläa und Samaria Frieden; sie baute sich innerlich auf und wandelte in der Furcht des Herrn und wuchs auch äußerlich durch den Beistand des Heiligen Geistes.“ (Apg 9,31)
Jeder Kreis von Kindern Gottes sollte, als Ganzes gesehen, ständig bedacht sein, in wirklicher Herzensverbindung mit dem himmlischen Haupte zu bleiben und seine Stellung sowohl wie in erster Linie seinen praktischen Zustand immer wieder demütig, nüchtern und aufrichtig an der Hand des Wortes Gottes zu prüfen.
Oft leidet die herzliche Bruderliebe durch ein fleischlich-gesetzliches Vertreten einzelner Schriftwahrheiten, die Wahrheit wiederum durch eine falsche Auffassung von biblischer Liebe. Wie häufig lassen die Gläubigen wahren geistlichen Takt auf allen Gebieten vermissen! (Röm 13,7; Phil 4,8.9; Kol 4,5) Wie sehr waltet liebloser Richtgeist unter ihnen! (Röm 14,4.12) Und wie oft steht auch hier der Herr neben all der Arbeit für Ihn!
Es gibt zwei untrügliche Wertmesser für die Bewertung des Zustandes einer örtlichen Gemeinde: die
Missionsarbeit und den Besuch der Gebetsversammlungen. „Wo zwei oder drei auf Meinen Namen hin versammelt sind, da bin Ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)
Nur dann kann der Herr in unserer Mitte weilen, sei es in der Gemeinde, sei es im kleineren Kreise, wenn wir ein Seiner würdiges Verhalten beobachten. Dies gilt besonders für unser Benehmen vor Beginn, aber auch nach Schluß unserer gemeinsamen Zusammenkünfte. „Die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ (Neh 8,10; Phil 4,4) Diese gottgewirkte Freude hat nichts zu tun mit übermütigem Scherzgeist oder oberflächlicher Ausgelassenheit, sondern ist so ruhig und tief „wie ein Strom“ (Jes 48,18) und macht „auch das Tränental zum Quellort“ (Ps 84,7; Miniaturbibel). „Wo viele Worte sind, da geht es ohne Verfehlung nicht ab; wer aber seine Lippen im Zaume hält, handelt klug!“ (Spr 10,19) „Möget ihr also essen oder trinken oder sonst etwas tun: tut alles zur Ehre Gottes!“ (1Kor 10,31) „Er Selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch; vollkommen möge euer Geist samt der Seele und dem Leibe ohne Tadel bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus bewahrt werden. Treu ist Er, der euch beruft; Er wird es auch vollführen!“ (1Thes 5,23.24)
7. Zwei Gebote des Herrn.
Unser Gehorsam soll sich „in allen Stücken“ bewähren. (2Kor 2,9)
Es hieße nun zwar, über die aus dem Worte Gottes ersichtlichen Linien hinausgehen und damit menschliche Zäune aufrichten, wollte man die Aufnahme in eine örtliche Gemeinde von der Anerkennung bestimmter Erkenntnisgrundsätze abhängig machen. Andererseits jedoch hat eine Gemeinde die Verpflichtung, ihre Glieder durch klare, liebevolle Unterweisung zur gehorsamen Erfüllung der Gebote des Herrn anzuhalten. „Wenn ihr Meine Gebote befolgt, werdet ihr in Meiner Liebe bleiben.“ (Joh 15,10) „Seine Gebote sind nicht schwer, weil alles, was aus Gott geboren ist, die Welt überwindet; und das ist die Siegesmacht, die die Welt überwunden hat: unser Glaube!“ (1Joh 5,3.4)
Zwei wichtige Gebote des Herrn sind die Taufe und das Abendmahl.
Die Taufe ist das symbolische Bekenntnis unseres Gotteserlebnisses: Untergetaucht = ich bin mit Christo begraben, die Fluten des Todes schlagen über mir zusammen; aufgetaucht = ich bin mit Christo auferstanden, steige zu neuem Leben aus dem Wasser empor (Röm 6,3.4). Das ist so einfach und doch so tief in der Bedeutung, daß man sich fragt, warum nicht alle Kinder Gottes durch diese sichtbare Handlung „an Gott die Bitte um ein gutes Gewissen richten“ (1Pet 3,21). Zwar ist die Taufe nicht Bedingung für die ewige Seligkeit (Mk 16,16); denn sie ist ja das Zeugnis vor Engeln und Menschen, daß man eine Bekehrung und Wiedergeburt bereits erfahren hat. Deshalb kann man auch nur solche Menschen taufen, die bereits ein erkennbares Eigentum des Herrn Jesus Christus geworden sind. Aus diesem Gesichtspunkte ergibt sich auch die Unhaltbarkeit der sogenannten Haustaufe. Die Taufe ist auch nicht die Tür in die Gemeinde; die Tür ist allein der Herr Jesus (Joh 10,7.9; siehe auch Heb 10,19.20). Aber der Herr erwartet von uns diesen Gehorsamsschritt. Weigern wir uns, so werden wir nicht mehr „fröhlich unsere Straße ziehen“. (Apg 8,35-39)
Das Abendmahl feiern wir zum Gedächtnis unseres Herrn (Lk 22,19.20; 1Kor 11,23-26). Sein Leiden und Sterben, Sein Weg von der Krippe bis zum Kreuz steht vor unserem geistigen Auge. „Und wir sehen Ihn, der für kurze Zeit unter die Engel erniedrigt gewesen ist, nämlich Jesum, um Seines Todesleidens willen mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ (Heb 2,9) Er sitzt „zur Rechten der Majestät in der Höhe“. (Heb 1,3 und 8,1). Im himmlischen Heiligtum ist unser Platz der Anbetung (Heb 10,19), in welcher wir dankbar Seiner gedenken. „Ihm, der uns liebet und uns erlöst hat von unseren Sünden durch Sein Blut und uns zum Königreich gemacht hat, zu Priestern Seinem Gott und Vater, Ihm sei die
Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Off 1,6)
Das ist der Grundton dieser Weihestunde. Nicht unsere Segnungen, nicht Fürbitten und sonstiges beschäftigen uns in ihr, nein, sie gehört Ihm allein! Das ist Sein Herzenswunsch. Die ersten Christen erfüllten ihn jeden Sonntag (Apg 2,42.46 und 20,7). Die Teilnahme am Mahle des Herrn ist Vorrecht aller Kinder Gottes. Bedingung für die Zulassung darf deshalb nur ein klares Verständnis für die Bedeutung des Brotbrechens und ein nach dem Maße der persönlichen Schrifterkenntnis des einzelnen erkennbar treuer Wandel sein. Irrlehrer (2Joh 7-11) und in ihrer Lebensführung Verwerfliche (1Kor 5,11-13) dürfen natürlich am Mahle des Herrn wie überhaupt am Gemeindeleben keinen Anteil haben. Es gibt nur einen Ausschluß aus der Gemeinde; dieser bezieht sich also nicht nur auf die Teilnahme am Brotbrechen.
8. Eine wichtige Frage.
Ein Kind Gottes, das von Menschen gelöst ist (Jer 17,5-8) und nach den Grundsätzen der Schrift (1Joh 1,3) mit seinen geistlichen Brüdern und Schwestern im Herrn Jesus Gemeinschaft pflegen möchte, steht vor der wichtigen Frage, zu welchem Kreise von Christen es sich halten soll. Diese Frage läßt sich selbstverständlich nicht einheitlich beantworten. Man wird vor allem sein Augenmerk darauf richten müssen, ob eine Vereinigung von Gläubigen, die man aufsucht, das wirklich lebensvoll zum Ausdruck zu bringen sucht, was sie zu sein behauptet. Der Herr gibt sicher dem, der Ihn um Verhaltungsmaßregeln bittet, für den einzelnen Fall die erforderlichen Fingerzeige.
Dankbar darf ein Christ sein, wenn er solche Geschwister antrifft, die sich in einfacher biblischer Weise im Namen des Herrn Jesus versammeln (Apg 1,12-14 und 2,42; Eph 5,19-21; Phil 4,4-9; Kol 3,12-17), wie es die ersten Christen taten, um zu des Heilandes Füßen von Ihm Selbst die rechte Speise zu erhalten. Solche Kinder Gottes sind sich bewußt, daß alles Erkennen Stückwerk bleibt (1Kor 13,9.10); sie möchten aber in der ihnen geschenkten Erkenntnis treu und gewissenhaft den schmalen Pfad des Glaubens pilgern. Sie möchten lernen, nichts für sich zu beanspruchen, und bekennen immer wieder mit freudigem Stolze das eine, daß sie mit Christo gekreuzigt, gestorben und begraben sind, was den alten Menschen oder das Fleisch betrifft, um mit Ihm zu leben dort, wo Er ist, in dem himmlischen Jerusalem (Röm 6 und Heb 12,22-24), daß sie Christen und damit Kinder des Lichtes, königliche Menschen, Gesandte Gottes, Himmelserben und Herrlichkeitsträger sind.
Wir sollen keine „Zigeuner-Christen“ sein, die sich „von jedem Wind der Lehre wie Meereswogen hin und her werfen und umhertreiben lassen“. (Eph 4,14) Auch sollen wir nicht ohne sorgsam vor dem Herrn im Gebet geprüfte, auch wirklich stichhaltige innere Gründe uns von einer bestehenden Gemeinde, in die der Herr uns geführt hat, zurückhalten. (Heb 10,25) „Wer sich absondert, pflegt seine Liebhabereien.“ (Spr 18,1; Miniaturbibel)
Zu einem rechten Verhalten in dieser Frage wie ja überhaupt zu einem dem Herrn wohlgefälligen Wandel gehört göttliche Weisheit. „Sollte aber jemand unter euch Mangel an Weisheit haben, so bitte er Gott, der allen ohne weiteres und ohne unfreundliche Worte gibt; dann wird sie ihm zuteil werden!“ (Jak 1,5) -
Schlußgedanken.
Der erschreckend zunehmenden Macht der Finsternis über die Menschheit hat die Gnade des Herrn Jesus eine immer unbeschränkter gewordene Möglichkeit entgegengestellt, das „Zeugnis von Christo“ rein und wahr zu verbreiten. Nutzen wir diese uns geschenkte Freiheit in rechter Weise aus? Möchte der Herr uns den tiefen Ernst der Zeit erkennen lassen und uns das rechte Verantwortungsbewußtsein ins Herz senken können, damit wir gesegnete Erfüller des Wortes werden: „Achtet darauf, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise; kaufet die Zeit aus, denn die Tage sind böse!“ (Eph 5,15.16)
Maranatha! (Der Herr kommt)! (1Kor 16,22) Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen! Amen.
H. J. M.