Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 18 - Jahrgang 1933
Jes 60,2 - Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die VölkerschaftenJes 60,2 - Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völkerschaften
Ratlos stehen die Nationen, in dem Völkermeere braust und wogt es, und „die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen“ (Lk 21,25.26). Diese Worte zeichnen die Zustände, unter welchen wir in das neue Jahr hineingehen. Überall schauen wir um uns das Verderben und mit ihm das Elend der Menschen und das Seufzen der Schöpfung. Und der Ursprung all dieses Elends und Seufzens ist die Sünde.
Es nahm seinen Anfang, als das Haupt der Schöpfung, der Mensch, aus Gottes Gegenwart vertrieben wurde; da brachte seine Sünde den Fluch über die Schöpfung. „Verflucht sei der Erdboden um deinetwillen: mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren!“ (1Mo 3,17-19)
Von dieser Stunde an brachte die Erde dem Menschen nicht mehr die herrlichen Früchte Edens, sondern Dornen und Disteln hervor. Im Schweiße seines Angesichtes, durch schwere Arbeit, mußte der Mensch ihm jetzt die Nahrung für die Erhaltung seines Lebens abringen - eines Lebens, das nur noch ein Sterben nach dem Worte Jehovas ist: „Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben.“ Von da an trägt der Mensch den Tod in sich. Sein Leben ist von der Stunde der Geburt an ein Sterben. Mit Geschrei tritt er in dieses Leben ein, und mit Seufzen geht er aus demselben hinaus. Jede Ermüdung seines Leibes, jeder Schmerz, auch der geringste, ist eine Erinnerung an den Tod, daß er zur Erde zurückkehren muß, von der er genommen ist nach dem Worte Jehovas: „Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren!“ (1Mo 3,19)
Aus dem Garten Eden vertrieben, trug nun um seiner Sünde willen alles, was ihn umgab, den Stempel des Verderbens. Das Getier des Feldes, alles Gevögel des Himmels, kam nach Gottes Geheiß zum Menschen - zu dem über sie gesetzten Herrscher (1Mo 1,28; 2,19). Furchtlos nahten sie sich ihm, und er gab jedem seinen Namen. Jetzt war es anders. Zum ersten Male ließen sie ihr Leben um des Menschen willen, als Gott Selbst ihr Lebensblut vergoß, um aus ihren Fellen den Menschen eine Bedeckung für die Schande ihrer Sünde zu machen. Zugleich zeigte Er damit an, daß das Leben eines anderen, eines Schuldlosen, zu ihrer Errettung dahingegeben werden müsse, und gab damit einen Hinweis auf das von Gott vor Grundlegung der Welt ersehene Lamm Gottes. In dieser ernsten Stunde sahen ihre Augen zum ersten Male mit Entsetzen den Tod. Welch ein Beben mußte ihr Herz erfaßt haben, als sie die Leichen dieser Tiere sahen und daran lernten, was der Tod sei, der auf ihnen selbst jetzt ruhte! Wie furchtbar ist die Sünde und die Folgen derselben!
Alles dieses war aber nur erst der Anfang des Verderbens. So wie die Sünde der Menschen wuchs, wuchs mit ihr auch das Verderben und vermehrte das Elend und Seufzen in dieser Welt. Diese Vermehrung des Unheiles sehen wir gleich im Anfang in der Geschichte Kains, des ersten in dieser Welt geborenen Menschen. Die Erde hatte das Blut Abels, seines Bruders, getrunken, und Gott vermehrte um Kains Sünde willen das Verderben. Er sagte: „Wenn du den Erdboden bebaust, soll er dir hinfort seine Kraft nicht geben“ (1Mo 4,12), soviel Mühe und Schweiß der Mensch auch daran wenden mochte.
Und wie oft hat seit den Tagen Abels die Erde ihren Mund aufgetan, um das von Bruderhand in Strömen vergossene Blut der Menschen zu trinken! Denken wir nur an den letzten Weltkrieg! Wenn das vergossene Blut Abels eine Vermehrung des Fluches brachte, wollen wir uns dann wundern über die Vermehrung des Verderbens, welches nach all dem vergossenen Blut der Menschen über die Welt gekommen ist?
So treten uns gleich im Anfang auch die beiden Formen der Sünde entgegen: 1. Adams und Evas Sünde als Sünde der Übertretung gegen Gott und 2. die Sünde des ersten geborenen Menschen als Sünde gegen den Nächsten (wohl war auch diese Sünde Sünde gegen Gott, aber doch war sie unmittelbar Sünde gegen Abel). Beachtenswert und bedeutungsvoll ist es, daß der erste Tod eines Menschen in dieser Welt nicht die Folge des göttlichen Urteilsspruches war, sondern durch die Gewalttat eines Menschen herbeigeführt wurde.
Wie oft haben die Menschen den Schmerz des Brudermordes nach diesem ersten durchkosten müssen! Und gar bald nach ihrem Falle mußten auch Adam und Eva ihn schmecken. Was ihr Herz auch beim Anblick der um ihretwillen getöteten Tiere empfunden haben mochte, wie unvergleichlich schmerzlicher mußte ihnen der Anblick des ersten toten Menschen - ihres von Bruderhand erschlagenen Sohnes Abel sein! Das Blut jener Tiere sprach von der Gerechtigkeit Gottes und der Sühnung ihrer Sünden, Abels Blut aber zeugte von der ersten Gewalttat des Menschen in dieser Welt.
Gewalttat ist ein Kennzeichen des Geschlechtes Kains. Wie die Gewalttat wuchs, sehen wir aus den Worten Lamechs, des Fünften nach Kain: „Einen Mann erschlug ich für meine Wunde und einen Jüngling für meine Strieme! Wenn Kain siebenfältig gerächt wird, so Lamech siebenundsiebenzigfältig.“ (1Mo 4,23.24) Und weiter lesen wir von den Tagen Noahs: „Und die Erde war voll Gewalttat ... denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.“ (1Mo 6,11.12)
Das Zunehmen der Sünde der Menschen brachte wieder neues Verderben über die Erde. Alle Brunnen der Tiefe brachen auf, und die Fenster des Himmels öffneten sich, und Regen fiel als Gottes Gericht vierzig Tage und vierzig Nächte in so grauenvoller Weise auf die Erde herab, daß allem Leben ein Ende gemacht wurde. Tiefgehende Veränderungen muß die Erde durch dieses Gericht erfahren haben - Veränderungen, die sich auch auf die Lebenskraft der Menschen so auswirkten, daß von da ab die Lebenszeit des Menschen auf ein Zehntel seiner früheren Dauer verkürzt wurde. Schon Mose betete: „Unsere Lebenszeit - sie währet siebenzig Jahre und, wenn's hoch kommt, achtzig Jahre.“ (Ps 90,10, Menge) Vor dem Gericht der Flut erreichten die Menschen aber ein Alter von fast tausend Jahren; zur Zeit der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden, wenn diese vom Fluche befreit ist, werden die Menschen wieder das tausendjährige Alter erreichen.
Wenn damals, was wir wohl annehmen können, zum ersten Male Regen auf diese Erde fiel, denn Gott tränkte zuvor den Erdboden durch einen Dunst, der von der Erde aufstieg und durch welchen die ganze Oberfläche des Erdbodens befeuchtet wurde (1Mo 2,6), so datieren auch erst von dieser Zeit die Überschwemmungen, die die Erde seitdem so oft verwüstet haben. Wir dürfen dies wohl um so mehr annehmen, als auch damals Gott den Regenbogen (der den Wolkenregen bedingt) in die Wollen setzte als das Zeichen, daß bei wiederkehrendem Regen Er Seiner Worte gedenken und sie halten werde.
Können wir nicht in den verschiedenen Strafen wie: Im Schweiße des Angesichtes zu arbeiten, in der Verkürzung des menschlichen Lebens und in dem Regen zugleich auch Gottes Erbarmen sehen, der in und mit der Strafe auch einen Segen verband? Müssen wir nicht bekennen, daß in der Arbeit, in der Verkürzung des Lebens und in dem Regen Segen liegt?
Wir sahen, wie nach der Sünde Kains eine Schwächung der Kraft des Erdbodens eintrat. So liegt es nahe, daß auch nach der Verheerung der Erde durch die Flut der Erdboden eine weitere Schwächung seiner Kraft erfuhr, so daß Gott nun nach der Flut auch das Fleisch der Tiere dem Menschen zur Speise gab (1Mo 9,1-7). Damit fiel die Furcht und der Schrecken des Menschen in vermehrter Weise auf alles Getier der Erde und auf das Gevögel des Himmels. So finden wir auch hier wieder die Vermehrung des Verderbens durch die Sünde der Menschen. Welchen Leiden ist die Tierwelt durch die Verfolgung der Menschen seitdem ausgesetzt! Und wie grausam behandelt der Mensch oft die Tiere, die für ihn arbeiten müssen! Blicke einmal in das Auge solcher! Ist es nicht, als ob das Sehnen nach Erlösung darin geschrieben stünde!? So ist die ganze Geschichte der Menschheit in seiner Auflehnung gegen Gott eine Geschichte der Vermehrung des Verderbens der Schöpfung.
Wir könnten noch mehr Beispiele anführen, wenn wir z. B. an Babel, an die Strafe der Sprachenverwirrung denken, deren Folge die Bildung der Völkerschaften mit dem Haß und den Kriegen untereinander war. Und wie sind einzelne Teile der Erde durch die Sünde der Menschen unfruchtbar gemacht und zu Einöden geworden! Wir erinnern nur an Sodom und Gomorra und an Israels Erbteil.
So geht ein Seufzen und Sehnen nicht allein durch die Menschheit, auch die Schöpfung seufzt und wartet sehnsüchtig auf den Tag der Offenbarung der Söhne Gottes, an welchem auch sie (von der Knechtschaft des Verderbnisses frei gemacht) teilhaben wird an der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Die stumme Kreatur kann ihr Seufzen nicht selbst aussprechen, die Kinder Gottes aber, die die Erstlinge des Geistes haben, sind der Mund dieser Sprachlosen. Als solche, die durch ihren gebrechlichen Leib selbst dieser Schöpfung noch angehören und auf die Erlösung ihres Leibes warten, bringen sie ihr und der Schöpfung Seufzen vor Gott. (Röm 8,18-23)
Dieses sehnsüchtige Harren liegt über die ganze Schöpfung ausgebreitet. Es ist, als sei in jeder Menschenbrust eine Erinnerung an das verlorene Paradies zurückgeblieben. Wie sehnen sich die Menschen nach den schönen Plätzen der Erde und suchen sie auf, um noch etwas von den Wundern der Herrlichkeit der Schöpfung anzuschauen, die doch längst ihre erste Schönheit durch die Sünde der Menschen verloren hat. Und doch ringt sich trotz allem Seufzen immer wieder im Menschenherzen ein Hoffen durch, einmal von dem Verderben freizuwerden. Wie oft hören wir Worte wie: „Es muß doch einmal in der Welt besser werden!“ oder „Einmal müssen doch die Völker zur Ruhe kommen und muß es Friede werden!“
Die Menschen strengen sich an, dieses Ziel zu erreichen. Sie haben zu diesem Zweck den Völkerbund errichtet, aber Gott ausgeschlossen. Die Sowjetregierung will ihr Land zum Paradiese machen, hat aber Gott entfernt und Judas Ischariot ein Denkmal gesetzt. Und was hat sie aus diesem so fruchtbaren und gesegneten Rußland gemacht? Das Land, welches mit dem Überfluß seines Ertrages anderen Ländern diente, ist ein Land des Hungerns, des Grauens und des Entsetzens geworden. Und kann es anders sein, wenn der Mensch so seine Feindschaft gegen Gott offenbart wie in diesem Lande? Wie furchtbar sind die Leiden derer, die in jenem Lande den Herrn bekennen! Er allein kennt die Vielen, die dort um Seines Namens willen in so schauderhafter Weise hingemordet wurden und noch werden.
So ist die Geschichte des gefallenen Menschen ein Beweis, daß er ohne Gott das Verderben um sich herum nur vermehren, aber nicht vermindern kann. Über die Tage Noahs sagt die Schrift, daß der Mensch seinen Weg verderbt hatte auf Erden, und von dem jetzigen Zeitalter sagt der Herr, daß wir am Ende desselben eine Wiederholung der Tage Noahs finden werden. Sehen wir die Widerspiegelung der Tage Noahs nicht schon in dem frechen Auftreten der Lästerer, in den harten Worten, mit denen Gottlose gegen Gott zu Felde ziehen, in der Anmaßung, dem Prahlen, dem Rühmen, der Unzucht, der Ungerechtigkeit, der Gewalttat und dem Blutvergießen der Menschen? Fallen nicht schon die dunklen Schatten des Endes auf diese Welt? Ist alles dies nicht ein Mahnruf an uns, an den Lenden umgürtet zu stehen und mit brennenden Lampen den Herrn zu erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit?
Dann wird Er das Sehnen der Menschen erfüllen und den Frieden bringen, den die Menschen ohne Ihn, den Friedefürsten, mit ihrer eigenen Kraft erreichen wollten und es nicht vermochten. Wenn Er von dieser Seiner Kraft, mit der Er vermag auch alle Dinge Sich zu unterwerfen, Gebrauch machen wird, dann wird Er die Nationen weiden mit eiserner Rute und Sich Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße legen und den Gesetzlosen durch den Hauch Seines Mundes verzehren.
Dann wird Friede auf Erden, dann werden Wolf und Lamm beieinander weilen; Pardel und Böcklein zusammen lagern; Kalb, Löwe und Mastvieh miteinander sein; Kuh und Bärin ihre Jungen zusammen lagern; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind und der Säugling am Loche der Natter spielen. Böses und Unrechtes wird dann auf Erden nicht mehr sein, Lüge und Trug nicht mehr geredet und Tränen nicht mehr geweint werden; Gott wird sie von jedem Angesicht abwischen. (Jes 11,6-10; 25,8; Zeph 3,13)
Dann herrscht ein König in Gerechtigkeit (Jes 32,1); dann ist der Nichtswürdige ausgerottet (Nah 1,15), und ein gemeiner Mensch wird nicht mehr edel genannt und ein Arglistiger nicht mehr vornehm geheißen (Jes 32,5). In dieser Zeit der tausendjährigen Herrschaft des Herrn auf Erden werden (wie schon hingewiesen wurde) die Menschen älter als Methusalah werden, der 965 Jahre alt wurde. Die Tage der Menschen werden gleich den Bäumen sein. Wenn in dieser Zeit noch vom Tode geredet wird, so geschieht es
- 12 nur vom Tode der Gottlosen, aber niemals vom Tode eines Gerechten. Im Gegenteil, kein Einwohner des Landes wird dann sagen: „Ich bin schwach.“ (Jes 33,24; 35,10) „Es soll dort alsdann keinen Säugling von wenigen Tagen und keinen Greis mehr geben, der seine Tage nicht voll auslebte; sondern der Jüngste soll als Hundertjähriger sterben und, wer nur hundert Jahre alt wird, als ein vom Fluch getroffener Sünder gelten. Wenn sie Häuser bauen, werden sie auch darin wohnen, und wenn sie Weinberge anlegen, auch deren Ertrag genießen; sie werden nicht bauen, daß ein anderer darin wohne, und nicht pflanzen, daß ein anderer die Früchte genieße; vielmehr gleich dem Alter der Bäume soll auch das Alter Meines Volkes sein, und was ihre Hände erarbeitet haben, sollen Meine Auserwählten auch aufbrauchen. Nicht vergeblich sollen sie sich abmühen noch Kinder für jähen Tod zeugen; denn sie sind ein Geschlecht der vom Herrn Gesegneten, und ihre Sprößlinge bleiben ihnen erhalten.“ (Jes 65,20-23, Menge)
Krieg gibt es nicht mehr, und in der Kriegskunst wird niemand mehr unterwiesen. Die Schwerter werden umgeschmiedet werden zu Pflugmessern und die Speere zu Winzermessern (Jes 2,4; Mich 4,3; Hos 2,18). Der Erdboden wird wieder seine Kraft entfalten, die Berge von Wein träufeln und die Hügel davon zerfließen. Statt der Dornensträucher werden Zypressen aufwachsen. (Amos 9,13; Jes 55,12.13)
So wie das Haus Juda und Israel heute noch ein Fluch unter den Nationen ist, so wird es dann ein Segen sein (Sach 8,13). Es wird inmitten der Völker sein wie ein Tau von Jehova, wie Regenschauer auf das Kraut (Mich 5,6). „Und die Erde wird voll werden von der Erkenntnis der Herrlichkeit Jehovas, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ (Hab 2,14) Dann wird man Jehova preisen: „Lobet Jehova von den Himmeln her; lobet Ihn in den Höhen! ... Lobet Jehova von der Erde her ...! Loben sollen sie den Namen Jehovas! Denn Sein Name ist hoch erhaben, Er allein; Seine Majestät ist über Erde und Himmel.“ (Ps 148,1.7.13)
A. v. d. K.