Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
Joh 6 - „Das Brot Gottes“Joh 6 - „Das Brot Gottes“
In dem Leben unseres herrlichen Herrn Jesus ist jeder noch so kleine Umstand bemerkenswert und hat denen etwas zu sagen, die Ihn lieben und denen daran liegt, in Seiner Gnade und Erkenntnis zu wachsen (2. Petrus 3,18).
Wohl sollte Er nach dem prophetischen Wort „Nazarener“ genannt werden (vergl. Mt 2,23), und darum wohnten Seine irdischen Eltern daselbst, nachdem sie offenbar durch göttliche Weissagung dorthin gezogen waren (V. 22). So köstlich aber auch die Verbindungen sind, die sich zwischen Ihm und Seinem dortigen Heimatsdorf finden lassen - war Er doch das „Gute“, das aus Nazareth kommen konnte! (Joh 1,46) - so war dessenungeachtet Sein Geburtsort das unscheinbare Bethlehem. War diesem auch „das Geringste unter den Töchtern Judas“ - nach der babylonischen Gefangenschaft fanden sich unter Esra nur 123 Mann dorthin zurück (Esra 1,21), es wird also auch zur Zeit der Geburt Christi nicht groß gewesen sein! -, so ging doch aus ihm hervor Der, der Herrscher sein sollte in Israel (Micha 5,1). Und zwar war diese Seine leibliche Geburt gerade in Bethlehem ein Wunder und muß es für jeden Gläubigen sein. Doch so war es bestimmt, und so traf es ein: nicht einen Tag früher durfte der Sohn des Menschen in die Welt kommen, „geboren von einem Weibe“, als bis „die Zeit erfüllt war“, und zwar so genau, daß Maria erst auf Bethlehems Fluren angelangt sein mußte (Lk 2,6), ehe die gesegnete Menschwerdung des Sohnes geschah. Dort „wurde das Wort Fleisch“!
Gerade in Bethlehem! Was heißt dieses Wort? Beth-Lechem bedeutet „Haus des Brotes“, und hier sehen wir eine Linie hinüber zu dem so köstlichen 6. Kapitel des Johannesevangeliums. In dem „Haus des Brotes“ ward Der geboren, der „das Brot Gottes“ ist und dem alle die verschiedenen Ausdrücke jenes Kapitels gelten; sie sind die Charakteristik Dessen, der zu Hause war im „Hause des Brotes“, das ist im Himmel selbst! Lies das Kapitel, teurer Bruder, teure Schwester, mit dem innigen Gebet, daß dir durch Gnade jene Ausdrücke in ihren verschiedenen Bedeutungen und Beziehungen möchten offenbar und wertvoll werden. Er ist „das wahrhaftige Brot aus dem Himmel“ (V. 32), „das Brot Gottes (V. 33), „das Brot des Lebens“ (V. 35), „das Brot, das aus dem Himmel herniedergekommen ist“ (V. 41), „das lebendige Brot“ (V. 51); und schließlich spricht der Herr noch in Beziehung auf die Lebensgemeinschaft mit Ihm - vom Abendmahl ist dort nicht die Rede! - von dem Brot, das Er geben werde (V. 51).
Was ist uns nun „dieses Brot“ (V. 34.51.58)? Ist es uns wertvoll? Möchte es uns wenigstens so wertvoll sein wie den Juden das Manna, von dem es heißt: „Brot aus dem Himmel gab Er ihnen zu essen“ (V. 31 nach Neh 9,15; vergl. 2. Mose 16)!.. Es ward ihnen als tägliche, frische, unveraltete Nahrung gegeben und ist uns somit ein wunderbares Vorbild auf das Brot Gottes, Christus.
In diesen Jahren haben wir so recht die Bedeutung des Brotes als der nötigsten leiblichen Nahrung kennen gelernt, wir haben uns aber „begnügen müssen mit dem, was da war“, und oft hat es dem einen und anderen knapp geschienen, und gern hätte mancher viel Geld ausgegeben, wenn er nur die Möglichkeit gehabt hätte zum Kauf des kostbarsten Lebensmittels - des Mittels zum Leben! - aber er hatte keine, da ihm die so notwendigen kleinen Kärtchen oder Marken fehlten! So ist der Erwerb des hauptsächlichsten Mittels zum Leben erschwert, und um so kostbarer wurde und wird es uns. Aber, Bruder, Schwester, dein Leben aus Gott bedarf auch des „Mittels zum Leben“, d. h. deine Seele bedarf der Nahrung, und zwar nicht minder nötig als dein Leib, nur daß sie bescheidener zu sein scheint als der Leib, der oft sehr vernehmlich sein Recht fordert! Aber sie scheint nur so. Sie darbt womöglich noch mehr als der Leib. Die geistigen und geistlichen Bedürfnisse sind von größerer Bedeutung als die meisten ahnen. Hätte z. B. Petrus sich nähren lassen von dem „Brot Gottes“, das aus Gottes Munde ihm gegeben wurde, indem der Herr Jesus ihn warnte vor Selbstvertrauen, so hätte er den Herrn, wenn schon, so doch wenigstens nicht so hartnäckig verleugnet. Aber wir glauben zu leicht, daß der Mensch „vom Brot allein“ lebt, d. h. vom irdischen Brot allein, statt auch „von jeglichem Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Lk 4,4). - Geliebte, lassen wir doch ja unsere Seele nicht darben! Das bestraft sich oft zu bitter, unser inneres Leben geht dabei zurück, und wir verhungern sozusagen geistlicherweise. Wir können dann auch kein Segen sein für unsere Umgebung; darbende Christen, deren geistiges Leben verhungert aussieht, sind kein Zeugnis für Jesum, sie machen den Sündern keinen Mut, sich an Ihn zu wenden, um bei Ihm ihren Hunger und Durst nach Leben und Frieden gestillt zu bekommen. Und gelingt es schon nicht, im leiblichen Leben die Umgebung auf die Dauer darüber hinwegzutäuschen, daß man hungert und unter der Kleidung immer magerer wird, so erst recht nicht im geistigen.
Geliebte, um uns von dem Brot Gottes zu nähren, zu sättigen, bedürfen wir keiner Geldmittel, aber ebenso auch nicht der Brotmarken, d. h. der obrigkeitlichen Erlaubnisscheine, uns soviel wie möglich von Ihm zu nähren! Bedenken wir dieses sorgfältig! Genießen wir Christum! Wir haben Ihn in Seinem kostbaren Wort. Das fleischgewordene Wort und das geschriebene Wort gehen zusammen. Geistige Gemeinschaft mit diesem führt uns in die innere Gemeinschaft mit jenem, mit Ihm Selbst. Freilich, so wie jede irdische Nahrung verarbeitet werden muß, so werden wir auch erst durch das Tun Seines Wortes aus Gnaden gesegnete Leute (Jak 1,22). Aber die Hauptsache ist das Essen. Betrachtet Christum im Worte! Mir scheint das Bibelstudium seinen Zweck zu verfehlen, welches nicht zuerst und zuletzt Christum Selbst, den Sohn Gottes und den Sohn des Menschen, und dann Seine Hauptinteressen, Seinen Leib, Seine Gemeinde, Sein Haus usw., aber zuerst und in allem überall Ihn Selbst zu finden strebt, wobei durch den Geist der also Forschende in das Bild des Christus verwandelt wird (2Kor 3,18). Suche Ihn Selbst! Sein Wort ist die getreueste Darstellung Seines Wesens, und je mehr du Ihn findest und genießest, desto mehr wird der Vater verherrlicht, desto größeren Gewinn hast du für dein geistiges Leben und desto gesegneter wirst du sein für andere, denn alle Segnungen haben ihren Grund und ihr Ziel nur in Ihm. Es gibt keine wahre Heiligung ohne das Genießen des Christus. Heiligung des alten Menschen, des Fleisches ist keine biblische Heiligung. Diese ist Losgelöstsein von sich selbst, vom Menschen, von irdischen Gedanken, von fleischlicher Religion usw. und Leben durch Ihn und für Ihn, so wie Er gesagt hat (Joh 6,57). Es wird viel von Heiligung geredet, die kaum mehr ist als eine Mischung von Selbstheiligung, Gesetz und biblischer Heiligung. Eine Heiligung ohne Gehorsam gegen Sein ganzes Wort, d. i. gegen Ihn, ist, so gut sie auch gemeint ist und so schöne Gefühle sie auch gibt, Einbildung, denn sie ist nicht die Wirkung des lebendigen Brotes Gottes. Dies bewirkt gesundes Leben Gott gemäß, d. i. Seinem Worte gemäß; es ist eine Heiligung, bei der das Brot Gottes in Seinen Lebenswirkungen in die Erscheinung tritt, und das ist Er Selbst, Er, der nie mit Seinem Worte in Widerspruch ist. Seien wir auf der Hut, Geliebte! Suchen wir Jesum, Ihn allein, und zwar da, wo Er ist und indem wir Seine Gedanken, Seine Interessen zu den unseren machen! Nähren wir uns von Ihm, Sein Wille sei unsere Lust, und - ewige Segnungen sind unser Teil, während Er hienieden durch uns verherrlicht wird.
Warum war vielen Hörern „diese Rede hart“ (V. 60)? Diese kostbaren Worte vom „Brot des Lebens“ hart? Weil sie beim Überschlagen der Kosten im Herzen merkten, daß sie sich nicht von „diesem Brote“ nähren könnten, ohne fertig zu sein mit der Gesetzes-Religion des Fleisches, und der Preis war Ihnen zu hoch, der Weg zu schwer! Und dir und uns allen, die wir dies lesen?
Ach, möchten wir uns nähren von Dem, der aus dem „Brothaus“ kam, uns völlig zu sättigen mit Sich Selbst und Seiner Herrlichkeit! Möchten wir sprechen und durch unser Tun bezeugen, was Petrus als der Mund der echten Jünger Jesu auf Seine Frage: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ antwortete: „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist!“ (V. 67-69). Gepriesen sei Sein herrlicher Name für und für! F. K. (b. M).