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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 13 - Jahrgang 1928
Die Salbung des Herrn durch Maria
Mt 26,6-13; Mk 14,3-9; Joh 12,1-8 - Die Salbung des Herrn durch Maria (1)Mt 26,6-13; Mk 14,3-9; Joh 12,1-8 - Die Salbung des Herrn durch Maria (1)
Unsere Errettung ist nicht nur ein Herausgerettetsein, sondern auch ein Hineingerettetsein. Paulus drückt dies in den Worten aus: „Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe.“ (Kol 1,13). Gottes Gnade hat uns nicht nur von der Verdammnis errettet, sondern auch hineingeführt in das Haus der Liebe des Vaters. Wir sollen auch an Seiner Freude über Seinen Sohn teilnehmen. Christus ist Gottes ewige Freude, und Gott will, daß Christus auch die Freude unseres Herzens ist. Er will uns deshalb durch Seinen Geist in die Erkenntnis Seines Sohnes führen. In der Betrachtung Seiner Herrlichkeit sollen wir von uns selbst und von allem um uns gelöst werden, um Ihn anzubeten. So wird es im Himmel sein.
In dem Buch der Offenbarung sehen wir die erlöste Schar aus jedem Geschlecht und Zunge um den Thron. Ihre Huldigung gilt dem für sie geschlachteten Lamme. Jedes Auge ist auf Ihn gerichtet - jedes Herz mit Ihm beschäftigt - Kronen werden zu Seinen Füßen gelegt - Harfen tönen Zu Seinem Preise. Jesus ist Mittelpunkt und Thema aller von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Und wer sind diese, die Ihm huldigen? Was waren sie einst? Tot in Übertretung und Sünde, entfremdet dem Leben aus Gott, ohne Christus und ohne Hoffnung in der Weit! - Jetzt aber nahe gebracht durch das Blut des geschlachteten Lammes, sind sie eingeführt, Gemeinschaft mit Gott in der Liebe und Wertschätzung Seines Sohnes zu haben. Einstige Sünder auf Erden, aus Gnade gerettet, bekennen Ihn mit Frohlocken als den Schönsten unter Tausenden, der ganz lieblich ist. Ist Er uns das? Dies war Er für Maria!
Im Hause Simons, des Aussätzigen, ist ein Abendessen. Jesus, der Sohn der Liebe des Vaters, ist dort. Gott gab Ihn in Seiner Liebe der Welt, damit „jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16). Ist es nicht befremdend, daß wir Ihn im Hause Simons, des Aussätzigen, in Bethanien finden? Warum nicht in dem Hause eines Großen dieser Welt? Weil Er der
Verachtete und von Menschen Verworfene ist. Menschen sehen keine Schönheit in Ihm. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten gerade zu dieser Stunde, als Er dort im Hause Simons zu Tische saß, Ihn zu töten. Er hatte keinen Wert für sie. Wie schmerzlich mußte dies für Gottes Herz sein! Gott öffnete den Himmel und rief: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Und wir (wir sind ja alle darin eingeschlossen), wir verbergen unser Angesicht vor Ihm! Ja, „Er war verachtet, und wir haben Ihn für nichts geachtet“. (Jes 53,3). Sünde und Unglauben hatten unsere Augen so geblendet, daß wir Ihn in Seiner Herrlichkeit nicht erkennen konnten.
In dem Hause Simons aber war wenigstens eine, die in einem gewissen Maße in Gottes Freude und Wonne über Christus einging. Andere mochten sich mit Recht darüber freuen, mit Ihm zu Tische sitzen und mit Ihm essen zu dürfen. Aber eine war da, deren Freude war Er allein. Marias Herz hing an Ihm. Schon früher, als Martha mit vielen Dingen beschäftigt war, saß sie zu Seinen Füßen und lauschte Seinen Worten. (Lk 10,38). Sie aber hatte das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden sollte. Ihr Herz war mit Ihm allein beschäftigt und trank schon auf Erden aus der Quelle der Freude des Himmels. Jesus war ihr alles. Der Platz zu Jesu Füßen war gleichsam ihre Schule. Hier lernte sie Ihn in Seiner ganzen Kostbarkeit kennen. Ihre Augen sahen Seine Herrlichkeit. Jesus füllte ihr ganzes Herz. Ihre Gedanken waren nicht auf die Gäste, nicht auf das Abendessen, sondern allein in Bewunderung auf Ihn gerichtet. Worte können nicht aussprechen, was Er ihr war. Still, ohne Worte nimmt sie die Alabasterflasche mit der kostbaren Narde und gießt sie aus auf Sein Haupt. Diese Tat redete mehr als Worte. Er allein war ihr alles und mehr wert, als alles, was kostbar in dieser Welt ist.
Liebe will gekannt und verstanden werden. Wir finden dies auch bei dem Herrn . Als jene Städte, in denen Er die meisten Wunderwerke getan, nicht Buße taten, klagte Er: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater.“ Unverstanden und mißverstanden von den Menschen, fand Er Trost in dem Gedanken: „Der Vater kennt Mich.“
Von Gott gelehrt, erkannte Maria die Herrlichkeit Dessen, der in Knechtsgestalt wandelte. Sie erfaßte etwas von der
Freude des Vaters über Seinen geliebten Sohn. Vom Drang ihrer Liebe getrieben, goß sie die kostbare Narde auf Sein Haupt. Wie mußte Gottes Herz durch diese Liebe zu dem Herrn Jesus erfreut sein! Schaut Er nach einer solchen Liebe nicht auch bei uns aus? Sollte das Evangelium nicht auch eine solche Frucht bei uns hervorbringen? Die Schrift sagt, denen, die da glauben, ist Er eine Kostbarkeit (1Pet 2,7). Das war wahr bei Maria und muß wahr bei uns sein.
Man kann Tätigkeit und Eifer für den Herrn an den Tag legen, die doch nicht aus der Quelle fließen, die Christus ist. Hierin bestand Marthas Zukurzkommen. Sie war mit vielem beschäftigt, und alles geschah für Jesus und Seine Jünger; aber ihr Herz war mehr mit dem Dienst für Jesus als mit Ihm Selbst beschäftigt. Aufgeregt konnte sie dreist den Vorwurf an den Herrn richten: „Herr , kümmert es Dich nicht, daß meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr nun, daß sie mir helfe.“ (Lk 10,40). Die Antwort Jesu sagt uns, daß Er den Dienst nach dem bemißt, was Seine Person unserem Herzen ist. Martha, hingenommen von ihrem Dienst, besorgt um viele Dinge, gab in ihrem Herzen dem Dienst den Platz, den Jesus haben sollte. Der Herr liebte sie zu sehr, um sie darin fortfahren zu lassen. Er wünschte, daß sie mit Ihm beschäftigt sein möge. Maria ging mehr in Seine Gedanken ein. Sie fühlte, daß Er ihr Herz wünschte, und sie gab es Ihm. Martha suchte Maria von Ihm abzulenken und mit dem Dienst zu beschäftigen. Maria aber zog es vor, zu Seinen Füßen zu sitzen und Seinem Worte zu lauschen, und dem Herrn war es eine Freude, Sich ihr zu offenbaren. Er bestätigte die gute Wahl Marias mit den Worten: „Martha, Martha! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eines aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden wird.“ (Lk 10,41.42).
Wieviel Dienst und Tätigkeit finden wir in unseren Tagen! Wie wichtig ist es da, uns in der Gegenwart des Herrn zu prüfen, wie weit unsere Herzen mit Ihm Selbst beschäftigt sind. Werden wir nicht auch oft durch unseren Dienst von dem Platze zu Seinen Füßen abgezogen, wo Er uns doch gerade zu sehen wünscht? Und ist dies nicht die Ursache, weshalb unserem Dienst oft Kraft fehlt? Wenn der Herr Jesus nicht Quelle und Inhalt all unseres Tuns und
Redens ist, dann hat es für den Herrn den Wert verloren. Wohl mag ja unser Herz mit Ihm beschäftigt sein, aber ist es nicht oft so, daß der Dienst es vielmehr erfüllt als Er Selbst? Was Er aber liebt, ist das Herz, welches Ihm ganz geweiht ist. Er kann nicht mit einem Teil des Herzens zufrieden sein, Er wünscht es ganz. Wenn Er Sein Blut hingab, um unser Herz zu besitzen (so wertlos es auch ist), wollen wir es Ihm nicht ganz geben? Maria gab es Ihm ganz. Sie wollte allein für Ihn da sein. Und wenn Er Gottes Herz erfüllt, ist Er nicht würdig und fähig, auch unser Herz auszufüllen? Christus steht im Mittelpunkt aller Gedanken und Pläne Gottes. Wenn Er der Mittelpunkt aller unserer Gedanken ist, dann wird alles, was wir tun und lassen, in der rechten Weise und am rechten Platze geschehen. So war es mit Paulus. Christas füllte sein Herz so, daß er sagen konnte: „Das Leben ist für mich Christus“, und alles andere war ihm gleich Dreck und Kot. (Phil 1,21; 3,8).
Sage ich hiermit ein Wort gegen den Dienst? Durchaus nicht! Sondern ich möchte nur darauf hinweisen, wie unser Dienst geschehen muß, wenn er dem Herrn angenehm sein soll. Er muß aus einem Herzen kommen, in welchem Christus den Platz einnimmt, den Er in Gottes Herzen hat. Wenn dies der Fall ist, so werden wir mit Eifer Seelen für Den zu gewinnen suchen, der unserem Herzen so teuer ist. Laßt uns, Geliebte, wirken, solange es Tag ist; die Nacht kommt, wo wir nicht mehr für Ihn wirken können. Auch der gesegnete Dienst hat Gefahren für unser Herz. Laßt uns wachsam sein, daß nicht, während wir von Ihm zeugen, unser Herz Ihm gegenüber kalt ist! Wenn Christus nicht den ersten Platz in unserem Herzen hat, dann ist es Zeit, uns selbst zu richten und Ihm unseren Mangel zu bekennen, damit wir wieder zu Ihm zurückgeführt werden.
I. A. T. (A. v. d. K).
(Fortsetzung folgt, s. G. w).