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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte
Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte (1)Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte (1)
Die Apostelgeschichte ist ein ganz wunderbares Buch! Dieser Gedanke ist natürlich in keiner Hinsicht neu, im Gegenteil: Viele haben ihn vor mir ausgesprochen, und viele werden es noch tun, denn jeder, der sich eingehend mit ihr beschäftigt und dem Heiligen Geist stillhält, um sich in sie tiefer hineinführen zu lassen, wird von dem Eindruck hingenommen werden, in der Apostelgeschichte eine Fülle wunderbarer Belehrungen an Hand reichsten fließenden Lebens vor Augen zu haben. Aber so ist es wohl überall in dem inspirierten Wort!
Im folgenden möchte ich in aller Schwachheit, aber auch in Freude am Herrn eine Reihe von Gesichtspunkten angeben und je nach Zeit und erkannter Notwendigkeit kurz weiter ausführen, die sich mir persönlich aus jahrelangem Studium dieses wunderbaren Buches ergeben haben. Ich betone vorweg, daß ich mit diesen „Gesichtspunkten“ nichts durchaus Neues bringen zu können mir einbilde, ebensowenig wie ich behaupte, daß man nur unter diesen (doch nur wenigen)! Gesichtspunkten die Apostelgeschichte betrachten könnte. Desgleichen maße ich mir nicht an, die Forschungen anderer treuer Brüder mit meinen eigenen zu vergleichen oder jenen irgendwie überlegen erscheinen zu wollen. Nichts liegt mir ferner als das! Ich möchte nur das, was der Herr mir so nach und nach an Licht hat schenken können, dem Leserkreis unseres Blattes zugänglich machen in der Hoffnung, einigen treuen Bibellesern damit einen kleinen Dienst zu tun.
Der Herr gebe Seinen Segen dazu!
Aus praktischen Gründen gebe ich zunächst eine Art Disposition oder kurze Einteilung über die zehn Gesichtspunkte an, um dann später auf einige Einzelheiten erklärend einzugehen!
Ich glaube diese Übersicht in zwei Abschnitte einteilen zu sollen zum Zwecke besseren Verständnisses der Punkte, die ich als „Äußere“ und „Innere“ bezeichnen möchte, wenngleich sie sich nicht überall streng scheiden lassen.
Einteilung der zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.
A. Äußere.
1. Fortsetzung (geschichtliche Fortsetzung) des Lukas-Evangeliums (vgl. Kap. 1,1ff).;
2. Geschichte von den „Taten der Apostel“ (Überschrift);
3. Geschichte von Gründung und Entwicklung der Gemeinde Gottes (vgl. Kap. 2);
4. Geschichte von der großen Auseinandersetzung zwischen Judentum und Christentum (vgl. z. B. Kap. 10);
5. Geschichte der Zeugenschaft Jesu (vgl. 1,8)!.
B. Innere.
1. Geschichte der Auferstehung, d.h. der Bedeutung dieser (vgl. z.B. 1,22 usw).;
2. Geschichte des Heiligen Geistes auf der Erde (vgl. Kap. 2; 8; 10; 19 u. a).;
3. Geschichte der Kraft des Namens Jesu (vgl. z. B. 3,16; 4,10 usw).;
4. Geschichte der Zeichen und Wunder von Mk 16,17.18;
5. Fortsetzung (geistliche Fortsetzung) des Lebens Jesu - Evangelien - in den Seinen hienieden.
(Vielleicht ist in dieser Einteilung ein gewisses Sichentsprechen der Punkte von A und B zu bemerken, z. B. von A1 und B 5 oder von A 2 und B4! Doch möchte ich hierauf kein besonderes Gewicht gelegt sehen, da diese Einteilung doch nur ein systematisches Hilfsmittel darstellt).
Einige erklärende Bemerkungen.
Zu A 1 braucht wohl nicht viel gesagt zu werden! Zu deutlich ist in den einleitenden Worten des Evangelisten Lukas zu seinem Evangelium wie zu seiner Apostelgeschichte der Zusammenhang erkennbar. Schon daß beide Bücher dem Theophilus gewidmet werden (Lk 1,3 u. Apg 1,1), zeigt, daß der Schreiber - menschlich angesehen, also ungeachtet der göttlichen Inspiration - vorhat, einen weiteren „Bericht“ zu geben von den ihm bekanntgewordenen Ereignissen, an denen er ja, wie wir aus dem Verlaufe der Apostelgeschichte wissen, oft persönlich tätigen Anteil nahm. Denn wenn er in seinen Erzählungen der Erlebnisse in „Wirform“ schreibt, (vgl. z. B. Kap. 16! usw). so ist er offenbar dabei gewesen, er, der ja persönlich dem Apostel Paulus so nahestand. (Vgl. Kol 4,14; 2Tim 4,11; Philem. 24)
Ferner zeigen unter anderem die Ereignisse der Himmelfahrt unseres geliebten Herrn in Lk 24,44-53ff. und Apg 1,6-14 eine derartige Übereinstimmung, daß sie, sich gegenseitig ergänzend, den unauflöslichen Zusammenhang der beiden Bücher meines Erachtens geradezu beweisen.
Andersartige Beobachtungen scheinen mir das Gleiche zu zeigen, so z. B. die im Lukasevangelium wie in der Apostelgeschichte sich entsprechende Betrachtungsweise der Person des Herrn Jesus. Er steht im Evangelium Lukas vor uns in besonderem Sinne als der Mensch, und zwar der Mensch in Gnade, der „zweite Mensch“, und auch in der Apostelgeschichte, besonders den ersten Kapiteln, sehen wir Ihn als den Menschen, z. B. den „Nazaräer“ (2,22; 3,6; 4,10 [6,14] 10,38; 22,8; vgl. uns als die „Sekte der Nazaräer“ 24,5 und 26,9)! vor uns. (Diese einfache Tatsache ist sehr kostbar, denn der verächtliche Beiname „Nazaräer“ aus den Evangelien ist in der Apostelgeschichte von Gott zum Ehrennamen gemacht).
Und so finden sich in beiden Büchern sicher noch mehr ähnliche Beziehungen. Welche aber auch immer - es ist leicht zu sehen, daß die Apostelgeschichte die Geschichte des „Zweiten Menschen“ auf der Erde fortsetzt, und zwar, wie wir später sehen werden, in den Seinen und durch sie hienieden.
Diese wenigen Bemerkungen möchten anregend wirken und zu weiterem Forschen auf den angegebenen Linien ermuntern!
Zu B 2 ist eigentlich auch nicht nötig, viel zu sagen. Seit altersher hat die Apostelgeschichte ihren Namen daher, weil sie die Taten, Handlungen der Apostel berichtet. Nun ist aber das zu beachten, was sicher auch vielen aufgefallen ist: Tatsächlich hören wir nicht viel von den meisten Aposteln! Petrus, beide Jakobus, Johannes und außerdem Paulus werden oft genannt (Petrus nach Kap. 15 nicht mehr)!, am weitaus meisten der letztere, d. h. Paulus, dessen Geschichte bis Rom verfolgt werden kann, aber die meisten der Urapostel werden nurmehr angeführt in Kap. 1, wo auch für den ausgefallenen Judas der Ersatzapostel Matthias gewählt wird, aber danach wird nur noch gelegentlich von ihnen als den Mitteilnehmern am Werk geredet (z. B. 5,12.20; 8,1 u. a)., während die Geschichte des Werkes Pauli und seiner Mitarbeiter einen großen Raum einnimmt. Auch andere werden erwähnt, wie die sieben Männer in Apg 6 und von diesen weiterhin in Kap. 7 Stephanus und Kap. 8 und 21,8 Philippus, aber von den Uraposteln wird nicht so viel geredet, wie es der Titel des Buches vermuten läßt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, die grundlegend ist: Wenn die Apostel des Herrn Jesu nicht gewesen wären, so wäre ein Buch wie die Apostelgeschichte schlechterdings unmöglich gewesen. Der Herr hatte sie auserwählt, um „Seine Zeugen“ zu sein, und sie sind es geworden gemäß Seinem Worte am Schluß des Lukasevangeliums (24,46ff). und haben ihren Gaben und Aufgaben getreu gewirkt, besonders im jüdischen Arbeitsgebiet, bis Gott Sich in Paulus das Werkzeug für den Dienst an den Nationen zubereitete, für einen derart umfassenden Dienst, daß dahinter der grundlegende der Urapostel, auch des Petrus in Kap. 10, fast ganz zurücktrat. Alles ist an Seinem Platze nötig und - wenn in Abhängigkeit von Seinem Geiste getan - auch vollkommen und vortrefflich. Es ist die Geschichte von den Taten der Apostel und allerdings auch anderer Werkzeuge (man denke nur, außer an die schon genannten, auch an Apollos usw.)!, aber diese alle wären nicht da, wenn die Apostel nicht gewesen wären (Wir werden dies genauer sehen bei Punkt 5)!. Jene Apostel, die ja auch zuerst täglich auftraten, als es sich um die Anfänge des Christentums handelt, waren die göttlich autorisierten Träger der Offenbarung Gottes, und mochten andere Arbeiter hinzukommen - keiner konnte das Ansehen genießen, daß sie genossen, denn sie waren immer bei Ihm gewesen, als Er noch hienieden weilte (Joh 15,27; vgl. Apg 1,21.22; 4,13)!. Sie hatten persönlichen Umgang mit dem Herrn gehabt, nicht nur Ihn „gesehen“, worauf Paulus sich später beruft (1Kor 9,1; vgl. 2Kor 11,5; 12,11.12). Sie hatten „das Wort des Lebens betastet“ (1Joh 1,1ff)., und auf ihnen beruhte geistlicherweise der Aufbau der Gemeinde Gottes als des heiligen Tempels im Herrn . (Eph 2,20; 3,5)
Ob daher der alte Titel der Apostelgeschichte „die Taten der Apostel“ in allem stimmt oder nicht oder ob in diesen Taten auch die der Apostelschüler mit eingerechnet sind, einerlei - sie ist eben doch die Geschichte der „Taten der Apostel“, denn zu der Geschichte einer Bewegung gehört deren Entwicklung hinzu, und ich glaube, daß dieser einfache zweite Gesichtspunkt für unser Studium der Apostelgeschichte nicht unwichtig ist, zumal zu den Aposteln eben doch auch Paulus, „die unzeitige Geburt“ (1Kor 15,8), mit seinen Mitarbeitern sehr wesenhaft hinzugehört, und dessen Geschichte ist von seiner Bekehrung an, von der dreimal die Rede ist (Kap. 9; 22; 26), sehr ausführlich berichtet. Doch genug davon!
Zu A 3. Ganz eng in der Verbindung mit der Geschichte der Aposteltaten steht die der Gründung und der Entwicklung der Gemeinde Gottes (wie sie 1Kor 1,1 genannt ist).
Diese Gründung fand bekanntlich statt am Pfingsttage, diesem von den Aposteln mit etlichen Weibern usw. gemäß Kap. 1,13.14 in treuem Gebet mit Sehnsucht erwarteten Tage, an dem die Verheißung, „die ihr von Mir gehört habt“ (1,4), in Erfüllung gehen sollte. Die Gründung dieser Gemeinde Gottes ist untrennbar mit dem Dienst des Apostels Petrus und der übrigen verbunden, und es würde ganz verkehrt sein, wollte man in Verkennung dieser Tatsache sagen (wie es schon geschehen ist): Ach, auf die Apostel kam es dabei nicht an, besonders nicht auf die Urapostel, die doch damals nicht verstanden, was geschehen war, Gott hätte Sein Ziel auch ohne sie erreicht. - Natürlich ist Gott souverän und nicht an uns Menschen gebunden, aber wie hätte die Gemeinde die rechte Belehrung über die göttlichen Grundsätze des Anfangs bekommen können (vgl. 2,42), wenn als die Träger der Offenbarung nicht die an ihr gebaut hätten, die Er durch Seinen Geist an alles das erinnern konnte, was Er ihnen gesagt hatte (Joh 16). Sie waren nötig, gleichsam als Gründer (im irdischen Sinne), denn sie, die Ihn, den wahren Gründer, kannten als den Sohn Gottes, und sie, zu denen Er Sich demgemäß bekannt hatte (vgl. Mt 16,16ff). - sie waren allein fähig zu tragen, was Er ihnen anvertrauen wollte. Dies und anderes ist der Grund, weswegen die Gründung der Gemeinde nicht von den Uraposteln zu trennen ist. (Vgl. Off 21,14! Die Schrift mußte auch hierin erfüllt werden)!
Gegründet am Pfingsttage, entwickelte sie sich folgerichtig weiter in Verbindung mit dem Dienste derer, die Gott gebraucht hatte, als Er sie ins Dasein und Leben rief. Wohl hat der Herr Sich vorbehalten, hinzuzutun zu der Gemeinde, die gerettet werden sollten (2,47), aber tatsächlich tat Er die hinzu und wurden die hinzugetan, die das Wort der Apostel annahmen. (Vgl. 2,41 mit 5,14; 6,7; Kap. 10 usw).
Wohl war es den Aposteln im Anfang verborgen, welch Wunder sich vor ihren Augen vollzog - der Bau Seiner Gemeinde -, und erst dem Paulus wurde darüber volles Licht zuteil (Epheserbrief), aber gleichwohl - der Grund weswegen in den ersten Jahren die Gemeinde so klar und reinlich aufgebaut wurde (vgl. Kap. 5 und 6)! war die treue Erfüllung der Aufgabe derer, die Gott mit dem Dienst am Wort betraut hatte: der Apostel. Ihr Dienst war in dieser Hinsicht einzigartig, und darum (wie auch aus anderen Gründen, die wir noch sehen werden) kann es nie andere Apostel geben außer jenen, die den grundlegenden Dienst zu versehen hatten. Eine ruhige, gesunde Aufwärtsentwicklung der Gemeinde trotz aller menschlichen Mängel war darum auch gewährleistet, solange die Apostel da waren, und der eigentliche „Verfall“ der Gemeinde setzte ein, als ihr Einfluß gehemmt, unterbunden und mit ihrem Abscheiden eingebüßt wurde. Darüber an dieser Stelle genug! - Der Herr segne uns die bisherigen Betrachtungen!
(Forts. folgt, s. G. w).
F. K.