Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst
1Pet 1,8-9 - „Errettung“ (1)1Pet 1,8-9 - „Errettung“ (1)
Das kleine Wörtchen „jetzt“ in Vers 8: „Obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet“ wendet unseren Blick hin auf den herrlichen Tag, da wir Ihn sehen werden. Die Schrift sagt uns: „Seine Knechte werden Ihm dienen, und sie werden Sein Angesicht sehen“ (Off 22,3). Freut sich unser Herz auf diesen Tag? Vermögen wir uns vorzustellen, wie es sein wird, wenn wir Sein Angesicht sehen werden?
Noch wandeln wir im Glauben an Den, den wir nicht sehen. In dem Leibe der Niedrigkeit pilgern wir durch eine gottfeindliche Welt, aber wir tragen bereits das Endziel des Glaubens, die Errettung der Seele, davon.
Bei der Betrachtung dieses Briefes müssen wir uns immer bewußt bleiben, daß der Apostel insonderheit zu den Gläubigen aus dem Judentum spricht. Die Errettung ihrer Seele stand im Gegensatz zu der leiblichen und zeitlichen Errettung Israels aus der Hand seiner Bedrücker. Bei den Israeliten war das Endziel ihres Glaubens-Gehorsams die leibliche Errettung aus dem Lande der Knechtschaft. Die weitere Geschichte aber lehrt uns, daß ihre Seele zu den Fleischtöpfen und Melonen Ägyptens zurückkehrte.
Bei uns, den Gläubiggewordenen an den Herrn Jesus, ist es umgekehrt. Das Evangelium verkündigt uns die Errettung, und unser Glaube bringt uns als erstes nicht (wie bei Israel) die Herausführung und Erlösung unseres Leibes aus der Welt Ägyptens, sondern die Errettung der Seele. Die Erlösung des Leibes empfangen wir bei der Wiederkunft des Herrn. Aber wir brauchen nicht bis dahin auf unsere Errettung zu warten. Vor der Erlösung des Leibes haben wir die Errettung unserer Seele. Dem Leibe nach sind wir noch in der Welt, wenn wir auch nicht mehr von der Welt sind. Unsere Errettung ist kein offenkundiges, in der Welt sichtbares Ereignis wie bei Israel. Eine äußere Veränderung unserer Umstände findet bei unserer Errettung nicht statt. Unsere Errettung beginnt mit dem inneren Menschen. Das, was wir als das Ende unseres Glaubens jetzt davontragen, ist die Errettung unserer Seele. Unsere Seele wird gerettet und befreit von dem Gericht über unsere Sünden zur Erlangung der Seligkeit; aber nicht allein das, sondern sie wird auch errettet und befreit von der Macht, unter der sie durch den gefallenen Zustand des Menschen gefesselt lag. Sie wird befreit von der Todesfurcht und der Macht des Teufels, und wir sind versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe.
Manche beschränken ihre Errettung auf ein nur einmaliges Geschehen, als empfinge man die Errettung wie ein Geschenk, das man nur anzunehmen braucht und dann für immer besitzt. Hierin liegt die Erklärung für das Rückwärtsgehen so mancher Kinder Gottes. Solche sehen nicht, daß die Schrift in anderen Weisen von der Errettung redet.
Die Errettung ist mehr als nur ein einmaliges Werk Seiner Gnade. Wir bedürfen ihrer auch Tag für Tag, solange wir hienieden sind. Die Kinder Israel waren aus Ägypten von der Macht Pharaos errettet, aber sie bedurften
Errettung Tag für Tag auf ihrem ganzen Wege durch die Wüste. Auch wir sind, solange wir in dem Leibe sind, von Gefahren und den Schlingen des Feindes umgeben. Satan kann den Acker, die Ochsen, kann Weib, Kind und Geschäft als Schlingen gebrauchen, uns zu fesseln. Wir bedürfen deshalb, solange wir hienieden sind, der ständigen und völligen Errettung von dem ganzen System dieser Welt.
Von dieser Seite der Errettung redet die Schrift an vielen Stellen. In Heb 7,25 lesen wir: „Daher vermag Er auch völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden“. Dies ist Errettung Tag für Tag durch den Dienst des Hohenpriesters. Der Gläubige trägt nicht nur das freudige Bewußtsein seiner Errettung in seinem Herzen, er weiß auch, daß er durch den hohenpriesterlichen Dienst des Herrn in dieser Errettung immerdar aufrecht erhalten werden muß, weil er noch in dem Gebiete der Sünde und Macht des
Satans ist. Aber ein Thron der Gnade ist zu seiner Hilfe da, und er findet auf jedem Wege, in allen Lagen (nach Geist, Seele und Leib) Kraft, Trost und Rettung auf seiner Pilgerschaft durch diese Welt.
In dem letzten Verse von Heb 10 lesen wir: „Wir aber sind nicht von denen, die sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen, die da glauben zur Errettung der Seele“. Darauf folgt das 11. Kapitel, in welchem uns die Männer des Glaubens gezeigt werden, jene Helden des Glaubens, die dem eitlen Wesen, den toten Werken und den verweslichen und befleckten Dingen dieser Welt entflohen in den ewigen und himmlischen Dingen lebten.
Wie wenig denken wir an den liebenden Dienst des sich für uns verwendenden Hohenpriesters. Und wie oft gehen wir achtlos an dem Thron der Gnade vorüber und nehmen die uns errettende Hilfe nicht in Anspruch! Wir haben hier unten keine Ahnung davon, wieviel im Himmel unser gedacht wird und wie oft unser Name fürbittend von dem Herrn genannt wird.
Aber noch in anderer Weise spricht die Schrift von der Errettung. In 1Thes 1,10 wird uns gesagt, daß Jesus uns errettet von dem kommenden Zorn. Hier finden wir die Errettung mit der Entrückung verbunden. Diese Errettung findet bei der Ankunft des Herrn statt, wenn, ehe der Zorn Gottes über die Welt kommt, wir von der Erde dem Herrn in Wolken entgegengerückt werden in die Luft.
Ferner sahen wir schon im 5. Verse von 1Pet 1, daß dort von der Errettung gesprochen wurde als bereit, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden. Diese Offenbarwerdung unserer Errettung weist hin auf die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus, bei der auch wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit, und damit zugleich auch unsere Errettung. Unser gegenwärtiges Teil ist die Errettung der Seele. Noch gilt uns das Wort: „In Hoffnung sind wir errettet worden“ (Röm 8,24). Wir haben noch nicht die Erlösung unseres Leibes, wir erwarten sie, aber wir erwarten nicht die Errettung der Seele. Diese haben wir jetzt, und sie ist uns ein Angeld und Unterpfand auf die Vollendung der Errettung, wenn uns die Sohnschaft, die Erlösung des Leibes gebracht wird und wir in dem Leibe der Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit vor den Blicken des ganzen Universums offenbart werden.
Wir sehen also, von wie verschiedenen Gesichtspunkten die Schrift von unserer Errettung spricht. Die ganze Größe dessen, was das Wort „Errettung“ in sich schließt, vermögen wir hier unten nicht zu überschauen und zu würdigen. Ihre ganze Größe und Fülle wird erst in der letzten Zeit offenbar werden, wenn die Erlösung des Leibes zur Gleichförmigkeit mit dem Leibe Seiner Herrlichkeit unser seliges Teil geworden ist. So umfaßt unsere Errettung die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.9 v. d. K.
9 Vgl. auch den Artikel „Jesus, der Retter“, S. 108-109!↩︎