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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 19 - Jahrgang 1934
Heb 12,22 - Myriaden von EngelnHeb 12,22 - Myriaden von Engeln
Alles, was der Apostel in der obigen Schriftstelle den Hebräern vor Augen führt, sollte ihnen die Größe ihrer Segensvorrechte denen gegenüber zeigen, die noch unter dem Gesetze standen.
Sie waren gekommen vom Berge Sinai zum Berge Zion - vom irdischen Jerusalem zum himmlischen - von dem vermittelnden Dienst der Engel zur Festversammlung der Myriaden von Engeln - von der Gemeinde in der Wüste (Apg 7,38) zur Gemeinde der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind. Mose hatte ihnen gesagt, daß Gott Sein Volk richten werde (5Mo 32,36); sie waren gekommen zu Gott, dem Richter aller. - Die alte Haushaltung des Gesetzes hatte es mit den lebenden Gerechten auf Erden zu tun, auch sie waren zu diesen gekommen als vollendet in der Herrlichkeit. Von dem Mittler des Alten Bundes (Mose) waren sie gekommen zu Jesu, dem Mittler des Neuen Bundes, - und von dem Blute von Stieren und Böcken zu dem kostbaren Blute Jesu Christi, das besser redet als Abel.
Der Apostel enthüllt damit den im Glauben schwach gewordenen Hebräern eine Fülle von Vorrechten, die sie jetzt ihrem früheren Stande gegenüber besaßen, um sie zu ermutigen, ihr Vertrauen nicht wegzuwerfen und das Bekenntnis ihrer himmlischen Berufung festzuhalten. Möchten auch wir durch dieses Wort dazu gestärkt werden, denn alle diese Segensvorrechte sind unser kostbares Teil.
Nachdem wir in früheren Artikeln der „Handreichungen“ (Bd. 18) uns bereits mit dem Berge Zion und dem himmlischen Jerusalem beschäftigt haben, lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf die Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung, oder wie viele übersetzen: „Zu Myriaden von Engeln, zur Festversammlung.“
Wir müssen im Auge behalten, daß der Brief an Hebräer geschrieben ist, deren Geschichte mit dem Dienst der Engel durchwoben war. Durch ihre Vermittlung hatten sie das Gesetz empfangen, dessen sie sich so sehr rühmten; aber jetzt, nachdem sie an den Herrn Jesus gläubig geworden waren, waren sie in viel köstlichere Beziehung zu diesen wunderbaren, mächtigen und himmlischen Wesen gekommen. Nicht nur, daß sie als Erben der Seligkeit die Dienste der einzelnen Engel empfingen, sie waren auch gekommen zu der allgemeinen - zur Festversammlung der Myriaden von Engeln.
Wenn wir uns mit den himmlischen Geisterwesen - diesen Gewaltigen an Macht und Stärke - beschäftigen, so erfaßt uns Ehrfurcht und Staunen, und wir fühlen, daß wir ein geheimnisvolles Gebiet betreten, in welchem uns nur das Licht der Schrift leuchten kann. Über vieles schweigt sie. Sie berichtet nichts von ihrer Erschaffung, schließt sie aber mit ein, wenn sie von der Schöpfung aller Dinge redet, indem sie die unsichtbare Welt, die Fürstentümer und Gewalten mit nennt und uns sagt, daß alles durch Ihn und für Ihn geschaffen ist (Kol 1,16; Eph 1,21; Joh 1,3). Und aus Hiob 38,4-7 sehen wir, daß, als Gott die Erde gründete, die Engelwelt bereits da war und alle „Söhne Gottes“ vor Freude über Gottes Schöpfung jauchzten. Wer anders als Engel können die Söhne Gottes gewesen sein, von denen die Schrift an verschiedenen Stellen redet?! Von uns spricht die Schrift als von „Menschenkindern“ und „Menschensöhnen“ (Ps 45,2), aber nie spricht sie von Engelsöhnen. Engel sind von Menschen ganz verschiedene Wesen - Wesen ganz anderer Art; Engeln ist nie der Auftrag geworden: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet ...“ (1Mo 1,28), sei es die irdische oder die himmlische Welt. Der Herr Jesus sagt: „Sie heiraten nicht, noch werden sie verheiratet.“ (Lk 20,35.36) Während Gott nur ein einziges Menschenpaar schuf und dieses zur Vermehrung und zur Füllung der Erde bestimmte, wurde die Engelwelt nicht durch Vermehrung hervorgebracht, sondern allein durch die Schöpferallmacht Gottes. Jeder einzelne ging aus Gottes Schöpferhand hervor; sie vermehren und sie vermindern sich nicht, da sie nicht sterben. Von dem geschaffenen Menschenpaare ab sind alle Menschen aus einem Blut, Kinder voneinander und werden Kinder und Söhne der Menschen genannt, aber nie spricht die Schrift von Engeln als Engelsöhnen - sie nennt sie Gottes Söhne, weil jeder aus Gottes Schöpferhand hervorgegangen ist.
Ihre Zahl und ihre Macht ist für uns unfaßbar. Ihre Menge wird in unserer Schriftstelle mit Myriaden ausgedrückt, von ihrer Macht und Herrlichkeit zeugen viele Stellen des Alten und Neuen Testamentes. Ein einziger Engel vermochte das große Heer der Assyrer, 185000 Mann, zu schlagen (1Kön 19,35). Und an dem Tage der Wiederkunft des Herrn wird ihre Macht in besonderer Weise hervortreten, wenn Er vom Himmel kommen wird „mit den Engeln Seiner Macht in flammendem Feuer, wenn Er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen“ (2Thes 1,7.8; Mk 8,38). Diese und andere Stellen lassen uns etwas von dem Glanze der Herrlichkeit und Macht ahnen, die den einst verworfenen und gekreuzigten Herrn umgeben wird, wenn Er zum zweiten Male auf diese Erde herniederkommt: dann nicht in der Knechtsgestalt, sondern in Seiner Herrlichkeit und der Herrlichkeit Seines Vaters und Seiner heiligen Engel.
Unsere Seele erfreut sich bei dem Gedanken, daß an diesem Tag Seiner Offenbarwerdung sich jedes Knie Ihm beugen wird und alle Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. „Dann wird Er Seine Engel aussenden, und sie werden aus Seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenlesen und die das Gesetzlose tun, und sie werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen.“ (Mt 13,41.42) An diesem Herrlichen Tage wird aber der Sohn des Menschen Sich auch derer schämen, die sich hier einst Seiner Worte schämten, und jeden vor den Engeln bekennen, der Ihn vor Menschen bekannt hat. (Mk 8,38; Lk 12,8)
Wenn die Schrift in den oben angeführten Schriftstellen (Kol 1,16; Eph 1,21) von dem Herrn als dem Erstgeborenen aller Schöpfung spricht, dann erwähnt sie dabei die unsichtbaren Throne, Herrschaften, Fürstentümer und Gewalten. Daraus und aus anderen Stellen der Schrift können wir entnehmen, daß es in der Engelwelt auch Engelfürsten, Rangordnungen usw. gibt (Dan 12,1; Lk 1,19.26; Jes 6 usw). Von diesen hohen und auserwählten Engeln werden uns zwei, Gabriel und Michael, mit Namen genannt; von den gefallenen Engelfürsten einer: Satan, er ist der Widersacher Gottes, der auch Teufel genannt wird und der Ankläger der Brüder.
Von Gabriel spricht die Schrift als von dem Engel, „der vor Gott steht“. Wir lernen ihn in der Schrift als den kennen, der die guten Botschaften der göttlichen Gnade den Menschen überbringt; so finden wir ihn in Dan 8,16 und 9,21; und gleichsam als himmlischer Evangelist erscheint er dem Zacharias und verkündigt ihm die gute Botschaft der Geburt Johannes des Täufers. Danach wird er zu Maria gesandt, ihr die Botschaft der Geburt des Herrn zu verkündigen. (Lk 1,19.26)
Michael, den Erzengel, dagegen finden wir in der Schrift mehr als den, der den Kampf gegen alle führt, die wider Gott auftreten. Im Alten Testament ist er der schirmende Engelfürst des Volkes Israel (Dan 10,13; 12,1). Er führt auch den Streit mit dem Teufel um den Leib Moses. Judas berichtet uns in seinem Briefe (V. 9) sein für uns so belehrendes Verhalten dem Teufel gegenüber. Obwohl er ein so hoch stehender Engelfürst war, bewahrt er doch den unermeßlichen Abstand zwischen sich und dem über alles erhabenen Schöpfer. In ehrfurchtsvoller Zurückhaltung wagt er selbst im Streit nicht ein lästerndes Urteil über den Teufel auszusprechen, sondern stellt ihn, den Satan, unter die Oberhoheit des Herrn und überläßt es diesem, das Urteil zu fällen und ihn zu schelten (Siehe auch 2Pet 2,11). Am Schluß des heiligen Buches (Off 12) wird uns noch einmal von diesem Engelfürsten berichtet, wie er und seine Engel wider den Drachen und dessen Engel kämpfen, sie besiegen und damit den Tag des Gerichtes und des Triumphes des Herrn über Seine Feinde einleiten.
Vieles hätten wir über den Dienst und die Tätigkeit der Engel zu sagen. Die Schrift ist voll davon. Unter ihrem Jubel vollzog sich die Gründung der Erde. Sie schauten alles, was auf ihr vorging. Sie sahen, wie Gott den Menschen aus Erde bildete - sahen, wie die Schlange Sein Werk verdarb - sahen, wie Gott durch die Flamme des kreisenden Schwertes den Weg zum Baume des Lebens versperrte - sahen, wie Gott Sich zu den gefallenen Menschen in Erbarmen neigte. Sie hatten Botschaften und Diente auszurichten an Abraham, Isaak, Jakob und deren Nachkommen; sie sahen die Untreue dieses Seines irdischen Volkes. Dann schauten sie das wunderbare Ereignis, daß der Schöpfer Selbst in Gleichheit der Menschen in Seine Schöpfung trat - sahen einen Menschen auf dieser Erde wandeln, der nicht aus dem Samen des gefallenen Menschen, sondern vom Heiligen Geiste gezeugt, Gott vollkommen verHerrlichte. Sie sahen Ihn von Menschen verworfen, gekreuzigt, sterben und auferstehen, und wir lesen: „Sie begehrten da hineinzuschauen.“ Vom Kreuze herab hörten sie den Schrei: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen!“ und Seinen Ruf: „Es ist vollbracht!“ - sahen, wie Gott darauf mit dem Zerreißen des Vorhanges von oben bis unten antwortete. Sie sahen den Herrn auferstehen, und am leeren Grabe verkündigten sie den verzagten Weibern die Auferstehung und den Sieg ihres Erlösers, und am Tage Seiner Himmelfahrt verkündigten sie den gen Himmel schauenden Jüngern Seine Wiederkunft. Jetzt sehen sie Ihn mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt als den Anführer der vielen Söhne, die Er zur Herrlichkeit bringt. Sie schauen die Scharen erretteter Sünder, die mit Ihm verbunden sind wie die Glieder mit dem Haupte, die Teilhaber der göttlichen Natur geworden und Mitteilhaber der Herrlichkeit, die der Vater Ihm gegeben und die Er ihnen gegeben hat (Joh 17,22). Sie schauen sie als Erben Gottes und Miterben Christi und hören sie im Geiste der Sohnschaft rufen: „Abba, Vater!“
Und nicht allein schauen sie die Vorgänge auf dieser Erde, sie sind auch gegenwärtig und schauen die Vorgänge in der Gemeinde. Sie sind nicht allwissend; sie begehren in den Ratschluß der Liebe Gottes hineinzuschauen (Siehe Handreichung Bd. 12, Seite 148ff). Aus dem, was sie in der Gemeinde sehen, soll ihnen die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan werden (Eph 3,10). Sie schauen auf uns. Wir sind, wie ein anderer gesagt hat, das Lese- oder Lehrbuch der Engel. Um ihretwillen sollen die Frauen mit bedecktem Haupt beten (1Kor 11,10). Wir sind ein Schauspiel nicht nur der Menschenwelt, sondern auch der Engelwelt (1Kor 4,9). Sie beobachten uns, und Freude ist bei ihnen, wenn ein Sünder Buße tut. (Lk 15,10)
Wenn sich unsere Gedanken so mit diesen mächtigen himmlischen Wesen beschäftigen, die an Stärke und Macht größer als wir Menschen sind (2. Petr. 2,11), die Gott Seine Diener, Täter Seines Wortes und Seines Wohlgefallen nennt (Ps 103,20.21), so wird unser Herz mit Bewunderung erfüllt. Wieviel mehr mußte dies bei den Gläubigen aus dem Judentum der Fall sein, die den Dienst der Engel wie kein anderes Volk erfahren hatten! Und wie konnte es anders sein! Selbst Johannes fiel, als er den Engel sah, vor ihm nieder, um ihn anzubeten. Auch uns würde es nicht anders ergehen. Die Juden mochten ihren an den Herrn Jesus gläubig gewordenen Landsleute sagen, daß sie mit dem Verlassen des Judentums auch den Dienst der Engel eingebüßt hätten, der, wie gesagt, mit dem Judentum so eng verbunden war. Das Gegenteil aber war der Fall, der Apostel zeigt ihnen, daß sie nichts eingebüßt hatten. Er fragt: „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen?“ So wie sie einst dem Herrn in dem Stande Seiner Niedrigkeit in dieser Welt dienten, so dienen sie jetzt denen, die Er Sich mit Seinem Blute so teuer erworben hat. Er weiß, wir sind in einer Welt, in der Sein Feind Fürst ist, und Er umgibt die Seinigen mit einer Engelwache, uns zu dienen. Und will es der Herr, daß wir den Tag Seiner Ankunft nicht erleben sollen, so werden sie uns in diesem sterblichen Leibe den letzten Dienst, wie einst dem Lazarus, erweisen und uns durch des Todes Türen zu dem Ort der Seligkeit tragen.
Aber noch mehr hatte der Apostel den Hebräern mitzuteilen. Auch zu der himmlischen Festversammlung der Myriaden von Engeln waren sie gekommen, und dieser sollten sie sich jetzt schon im Glauben erfreuen. Dürfen wir bei diesen Worten des Apostels nicht an Off 5 denken, wo wir die Myriaden von Engeln, die Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende vom ersten und höchsten Engel bis zum letzten versammelt finden? Aber alle Rangstufen unter ihnen verschwinden in dieser großen und allgemeinen Versammlung der Herrlichkeit dem gegenüber, dem sie gilt. Und wem gilt diese Festversammlung? Dem geschlachteten Lamme, Dem Einen, Dessen Name über alle Namen ist, Dem, Der jedes Gläubigen Herz füllt und Dessen Liebe ihr Ruhm ist. Diese Myriaden von Engeln bedurften keiner Erlösung, und dennoch gilt ihr Lobpreis dem geschlachteten Lamme, durch welches der Ratschluß der ewigen Liebe vollführt und Gottes Herz erfreut wurde. Zu dieser allgemeinen und großen Festversammlung der himmlischen Freude sind wir durch Glauben gekommen! Sie ist für unser Herz schon jetzt eine Wirklichkeit, der wir uns im Glauben erfreuen.
Wenn dieser Lobgesang beginnt, dann wird er von der bluterkauften Schar angestimmt, dann folgen die Engel und dann die ganze Kreatur. Engel mochten vor der vollendeten Erlösung am Tage Seiner Geburt den Lobpreis: „Herrlichkeit Gottes in der Höhe usw. ...“ anstimmen und die Hirten danach ihren Mund auftun, Gott zu verHerrlichen und zu loben, nun aber stimmt die erlöste Schar den Lobpreis Seines Namens an. Und bald wird der Tag gekommen sein, an dem der dreifache Chor - der Chor der verklärten Heiligen und der Chor der Myriaden von Engeln und der Chor der ganzen Kreatur zur VerHerrlichung des für uns geschlachteten Lammes durch die Himmel schallt. „Amen, komm Herr Jesus!“
A. v. d. K.