Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 6 -Jahrgang 1918/19
1Sam 15,22 - „Gehorchen ist besser als Opfer“1Sam 15,22 - „Gehorchen ist besser als Opfer“
Zu den Kennzeichen der letzten Tage gehört auch das Abwenden der Ohren von der Wahrheit (2Tim 4,4). Die Einflüsse dieser Tage gehen dahin, auch Kinder Gottes vom Gehorsam der Wahrheit wegzuwenden. Es ist deshalb wichtig, festzustellen, was die Schrift sagt über „Nicht-Gehorsamsein“ dem Worte Gottes.
Sünden wie Unsittlichkeit, Lästerung und dgl. werden ohne weiteres als Böses anerkannt; aber da sind weitverbreitete Dinge, die nicht als etwas besonders Böses angesehen werden, von denen aber die Schrift als von ernsten Sünden redet, nämlich Ungehorsam, Widerspenstigkeit, Eigenwille. Diese Dinge sind in den Augen Gottes so böse und strafbar, daß Er im Gesetz Mose anordnete, daß, wenn Eltern einen unbändigen und widerspenstigen Sohn hatten, der nicht ihrer Stimme gehorchte, und sie ihn als solchen bezeichneten, er von den Männern der Stadt gesteinigt werden sollte (5. Mose 21,18-21). „Denn wie Sünde der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit, und der Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst“ (1Sam 15,23).
Widerstreben oder Widerspenstigkeit ist das Handeln nach eigenem Sinn und Willen, auch wenn es in guter Absicht geschieht. Es ist eine bekannte Tatsache, von Eltern und Erziehern bestätigt, daß das Erlassen einer Vorschrift sofort Gedanken des Ausweichens und Widerstrebens hervorruft. Weichen wir den Worten Gottes aus und den von Gott gegebenen Vorschriften und Ordnungen, so sind wir widerspenstig und handeln böse und stehen unter den Einwirkungen des Satans. Dies ist die nackte Wahrheit, laßt sie uns nicht bemänteln!
Die Worte Samuels über das Tun Sauls sind sehr ernst, und wir tun gut, unser eigenes Tun daran zu prüfen. Jahrhunderte hatte Gott Amalek getragen, aber das Volk hatte sich nicht gebeugt noch Vergebung gesucht; jetzt wollte Gott an Amalek Gericht üben durch Sauls Hand. Er sollte alles töten vom Manne bis zum Esel (1Sam 15,3). Der Auftrag war klar und nicht mißzuverstehen - aber Saul war widerspenstig. Unter dem Vorwande, Jehova Opfer zu bringen, war er ungehorsam dem Worte Gottes und verschonte das Beste von Amalek. Je einleuchtender solche Ungehorsams-Einwände sind, je mehr Gutes damit verbunden ist, um so abscheulicher sind sie, denn sie enthalten so lobenswerte Entschuldigungen, daß Herzen davon betört werden können.
Dies war nicht der erste Schritt Sauls auf dem Wege des Eigenwillens und der Unabhängigkeit. Etwas zuvor hatte er sich schon den Priesterdienst angemaßt (1Sam 13,12-14). Das Ab- und Ausweichen vom Worte Gottes geschieht ganz allmählich. Solche Anmaßungen in göttlichen Dingen gehen oft dem offenen Eigenwillen und der Widerspenstigkeit vorauf.
Niemand kann leugnen, daß Gott uns klare Anweisungen in Seinem Worte gegeben hat. Jede Kenntnis derselben macht ein Abweichen davon zur Sünde der Widerspenstigkeit gleich der Wahrsagerei, selbst wenn es unter besten und lobenswert erscheinenden Einwänden geschieht. Wenn ich Sein Wort nicht habe oder kein Licht besitze, mag es anders sein. Aber kenne ich Sein Wort und versuche im Widerspruch damit, etwas anderes zu tun, so bin ich widerspenstig und werde, wie bei Wahrsagerei, von einem bösen Geist geleitet. Jeder „Eigenwille ist wie Abgötterei und Götzendienst“, denn mein eigener Wille ist mein Götze geworden, den ich anbete (1Sam 15,23).
Petrus handelte gleich dem Satan, als er den Herrn tadelte, von Seinem Tode zu reden, und doch tat er es in den besten Gefühlen für den Herrn. Aber er befand sich im Widerspruch mit den Plänen Gottes. Der Herr ließ nichts von seinen guten Absichten gelten, ging auch ganz über die Aufwallung seiner Gefühle hinweg und bezeichnete ihn einfach als „Satan“ (Mt 16,21-23). Fleisch auch in der besten Form bleibt Fleisch und kann Gott nicht gefallen. Die gefährlichsten Werkzeuge Satans sind Gläubige, die die Wahrheit mit Fleisch und den Dingen, die das Fleisch befriedigen, verbinden. (Wie wir solches heute so viel in dem christlichen Vereinswesen finden, das dem Fleische so wohlgefällt).
Es ist eine ernste Sache, wenn wir für unser Tun den Boden des Wortes verlassen. Der Herr übersieht das nicht. Ussa hatte die beste Absicht, als er die Hand nach der Lade ausstreckte (2Sam 6,6.7). Sollte er die Lade Gottes fallen lassen, da er an ihrer Seite ging, und er sie mit einer so kleinen Berührung stützen und halten konnte? Aber es war wider die Anordnungen des Herrn, und er starb, von Gott geschlagen. Nicht unsere guten Gedanken und Absichten sind Gott angenehm, sondern Gehorsam. „Gehorchen ist besser als Opfer, Aufmerken besser als das Fett vom Widder“ (1Sam 15,22). Es war nur ein kleines Abweichen vom Worte, sie fuhren die Lade, statt sie zu tragen (4. Mose 4,15), und die Folge ihres ersten Abweichens war die weitere Torheit und Vermessenheit Ussas, Gottes Lade mit seiner Hand stützen zu wollen. Sie hatten große Freude, auf ihrem „neuen Wagen“ die Lade Gottes heraufzubringen, aber Gott hatte kein Wohlgefallen an ihrem „neuen Wagen“; sie mußten es aufgeben und die Lade auf dem göttlichen Wege heraufbringen. Und Gott hat kein Wohlgefallen an den mancherlei menschlichen und fleischlichen Dingen, die der Mensch, wenn auch in bester Absicht, mit Seinem Dienst verbindet, um Sein Werk zu fördern. Ussa starb „wegen seines Vergehens“.
Und welch schmerzliche Erfahrungen mußte Abraham machen. Gott hatte ihm den Sohn und Erben verheißen. Zehn Jahre wartete Abraham darauf, aber der Sohn kam nicht. Da gab ihm sein Weib Sarah den gutgemeinten Rat, die Hagar zu nehmen, um durch sie Gottes Verheißung zustande zu bringen. Abraham erlag dieser Versuchung und fiel in den Fallstrick des Feindes: durch fleischliche Mittel Gottes Verheißung herbeizuführen. Er nahm die Hagar. Der Erfolg rechtfertigte scheinbar den Rat Sarahs. Der Sohn wurde geboren - aber er war nicht der Sohn der Verheißung. Gott hatte kein Wohlgefallen an dem Heranziehen des Fleisches zu dem, was Er durch Seine Kraft allein zuwege bringen wollte - an dieser Vermischung von Fleisch und Geist. Und was war das Ende dieser Vereinigung? Statt Segen brachte sie Verwirrung und Unglück, Leid und Schmerz über sein Haus. Und dann kam die schmerzliche Stunde, wo es hieß: „Treibe diese Magd und ihren Sohn aus“ (1. Mose 16,1-6 und 21,9-13). So ist es, wenn wir den Boden des Wortes Gottes verlassen und weiter gehen über das hinaus, was Gott sagt. Dann müssen auch wir wie Abraham auf so schmerzlichem Wege lernen, daß der Sohn des Fleisches nicht mit dem Sohne der Verheißung zusammen gesegnet werden kann und Fleisch und Geist nicht vereint werden können.
Hätte Israel die Worte Gottes bewahrt und die Lade von den Priestern tragen lassen, so hätte Ussa nicht seine Hand ausgestreckt, um Gottes Lade zu stützen, und der „Bruch“ wäre nicht geschehen. Und hätte Abraham dem Rate Sarahs kein Gehör gegeben, das Fleisch mit den Worten Gottes zu verbinden, so hätte er all die Entzweiung, das Leid und den Kummer von seinem Hause ferngehalten, und dem Volke Gottes wäre nicht durch die Jahrhunderte hindurch (in Ismael) ein Feind entstanden. Beide Fälle stellen uns vor die Frage, ob das nackte Wort Gottes uns genug ist oder ob wir menschliche Hilfsmittel mitgebrauchen wollen, den Segen Gottes zu vollführen.
Wie leicht gehen doch oft Kinder Gottes über das Abweichen vom Worte oder über das „Hinzufügen zu dem Worte“ hinweg. Wie schnell ist man bei der Hand, das Werk oder den Segen des Herrn durch natürliche Mittel - durch eine Hagar - zu fördern. Ob diese Hagar nun Wissenschaft, Beredsamkeit, Musik, Gesangverein oder sonstwie heißen mag - ein einleuchtender Grund genügt schon, um über Sein Wort oder über die göttlichen Ordnungen Seiner Gemeinde hinwegzugehen und nicht zu bleiben in dem, was von Anfang gegeben ist (1Joh 2,24; Apg 2,42; Hes 43,10.11). Wie wenige sind es, die das wahre Wesen solchen Abweichens und des Anpassens des Werkes des Herrn an die Zeitverhältnisse erkennen. Offenkundige Sünden und Fehler werden verurteilt und getadelt, aber das Gehen eigener Wege und das Handeln nach eigenen Gedanken im Hause und im Werke Gottes werden in ihrem wahren Wesen als Widerspenstigkeit nicht erkannt, sondern als erlaubte und gutgemeinte Dinge angesehen, nicht aber als etwas Böses.
Möchten wir doch lernen, daß wir als Kinder Gottes nicht tun können, was wir wollen, auch dann nicht, wenn es mit der besten Absicht verbunden ist. Wir sind berufen zum Gehorsam Jesu Christi und zu Knechten Christi, aber nicht, uns als „Freiherren“ zu bewegen. Als „Kinder Gottes“ gehören wir der „Familie“ und dem „Hause Gottes“ an, in welchem wir uns recht zu benehmen, zu verhalten wissen sollen (1Tim 3,15). Wir müssen den Ordnungen Seines Hauses unterstellt bleiben. Jedes Abweichen davon ist Unordnung, so gut es auch scheinen mag, und Gott verbietet uns, mit Unordnung Seinen Namen zu verbinden, indem Er sagt, daß Er „nicht ein Gott der Unordnung“ ist (1Kor 14,33). Er zieht Seinen Namen von allem, was Unordnung ist, zurück, und auch wir sollen uns von jedem Bruder (um seiner Zurechtbringung willen) zurückziehen, der unordentlich wandelt (das will nicht sagen: in Sünde) und nicht nach der Überlieferung, die wir von den Aposteln empfangen haben; ein Grundsatz, den der Apostel festlegte (2Thes 3,6-15), und den er dann auf einen Fall anwandte, auf den wir kaum gewagt haben würden, ihn anzuwenden, den des Nichtarbeitens! Alles dieses zeigt uns, wie die Schrift keinen Raum läßt für Eigenwillen, Ungehorsam und Widerspenstigkeit.
Wie bei den Juden, so kann auch das geistliche Empfinden bei den Kindern Gottes derart abgestumpft werden, daß, wenn nur der Wandel unanstößig und keine Irrlehre vorhanden ist, alles Abweichen von der Schrift und von der Ordnung der Gemeinde entschuldigt wird, wenn nur „Korban“ gesagt werden kann (daß es besser für Gottes Sache sei). Der Herr aber sagt, daß dies nichts anderes ist, als das Wort Gottes ungültig machen (Mk 7,11-13).
Möchten wir doch alle recht nüchtern werden, um zu sehen, wie ein solches freundliches, wohlwollendes, allen Abweichungen entgegenkommendes Verhalten sich erschreckend dem „Hinzufügen“ und „Wegnehmen“ nähert, von welchen der Herr am Schluß Seines Wortes redet (Off 22,18.19), um abstehen zu lernen von der Ungerechtigkeit, wenn wir den Namen des Herrn nennen (2Tim 2,19). v. d. K.