Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
1Thes 1 – Die Erwartung des Sohnes Gottes1Thes 1 – Die Erwartung des Sohnes Gottes
Paulus spricht von der Person des Herrn Jesus Christus als von unserer Hoffnung (1Tim 1,1). Unsere Hoffnung sind nicht bloß Ereignisse. Gewiß, die Schrift kündet Ereignisse an, und wir erwarten solche, doch es sind nicht nur Ereignisse, die wir erwarten, so gewaltig sie auch sein mögen. Unsere Erwartung ist die Person, die sie ausführt, und diese ist größer als die Ereignisse. Diese Person ist der Sohn Gottes, der Herr Jesus Christus, unser Heiland und Herr. Und weil diese Person unserem Herzen so groß ist, fesseln uns auch die Ereignisse, weil sie mit Seiner Herrlichkeit verbunden sind und mit Seinem Triumph über jede widerstehende Macht im Himmel und auf Erden.
Die Ereignisse, die mit dem Kommen des Herrn verbunden sind, können von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Man kann sie sehen sowohl in ihrer Bedeutung für die
Gläubigen als auch in ihrer Bedeutung für die Welt usw. Am meisten aber wird es unser Herz beschäftigen, welche Bedeutung sie für den Herrn haben.
In jedem Briefe des Neuen Testamentes finden wir Wahrheiten, die mit dem Kommen des Herrn verbunden sind. Und zwar werden sie uns, dem allgemeinen Charakter des Briefes entsprechend, dargeboten. Die Briefe an die Thessalonicher wurden an junge Christen geschrieben. Die in diesen Briefen vermittelten Belehrungen tragen deshalb auch grundlegenden Charakter. Und diesem entsprechend sind auch die Unterweisungen über das Kommen des Herrn. Im Epheserbrief dagegen ist der Ratschluß Gottes in einer wunderbar tiefen Weise dargelegt. Dementsprechend lesen wir dort von der Hoffnung Seiner Berufung und von dem Reichtum der Herrlichkeit Seines Erbes in den Heiligen.
Wir möchten für das, was wir eben gesagt haben, ein Bild gebrauchen.
Die verschiedenen Glieder einer großen Familie sind alle in ihren Herzen und Gedanken beschäftigt mit der Rückkehr des Vaters nach einer langen Abwesenheit. Ein großer Unterschied aber besteht darin, wie der älteste Sohn und wie das jüngste Kind über die Rückkehr des Vaters denken. Wirkliche Freude über die Rückkehr des Vaters erfüllt alle Glieder der Familie. Aber die Gedanken des Kindes gehen kaum über die Freude hinaus, mit dem Vater wieder zusammen zu sein. Der älteste Sohn dagegen hat ein Alter erreicht, in dem er schon befähigt ist, auf alle Angelegenheiten seines Vaters verständnisvoll einzugehen. Er kann deshalb verstehen, was seine Rückkehr nach den verschiedensten Seiten hin zu bedeuten hat.
So ähnlich ist es auch mit der Wahrheit des Kommens des Herrn. Das jüngste Kind Gottes, das in der Wahrheit des Evangeliums sein Heil gefunden hat, ist erfreut bei dem Gedanken, seinen Heiland und Herrn von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Aber je nach seinem Wachstum in der Erkenntnis der Wahrheit wird es mehr und mehr von dem wahrnehmen, was mit dem Kommen des Herrn verbunden ist sowohl für die Welt als auch für die Gläubigen und für den Herrn Selbst.
Laßt uns nun ein wenig näher auf den kostbaren Inhalt des ersten Kapitels des 1. Thessalonicher-Briefes eingehen. Gerade der erste Brief ist in seiner Einfachheit und der Innigkeit der Liebe zum Herrn so erquickend und auch ermahnend und prüfend für unser Herz. Der Brief ist nicht eine Entfaltung des Evangeliums; solche finden wir im Römerbrief. Aber dieser Brief zeigt uns die Wirkungen, die das Evangelium bei denen hervorbringt, die es im Glauben annehmen. Das Evangelium war solchen verkündigt worden, die durch ihre Unkenntnis über Gott entartet und Götzendiener geworden waren. Der Apostel war zu den Thessalonichern gekommen, nachdem man ihn in Philippi um des Zeugnisses des Herrn willen gemißhandelt hatte (1Thes 2,1). Mit ungeschwächtem Mut und brennendem Eifer fuhr er aber fort, in Thessalonich das Evangelium zu verkündigen. Und das ihnen gepredigte Evangelium erwies sich an ihnen in Kraft und im Heiligen Geiste, so daß die Wirkungen des Evangeliums jedermann klar an ihnen sehen konnte.
Das Evangelium offenbarte ihnen den lebendigen Gott, den sie bis dahin nicht kannten. Als das Licht Gottes in ihr Herz leuchtete, wurde der Zauber der Götzen gebrochen, mit denen sie fortan nichts mehr zu tun haben wollten. Sie wandten sich von den Götzenbildern weg zu Gott hin. Und so bewahrheitete sich wiederum, was der Herr einst zu Paulus sagte: „Ihre Augen aufzutun, auf daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, auf daß sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an Mich geheiligt sind.“ (Apg 26,18)
Von dem Tage an, da sie das Wort des Herrn aufgenommen hatten, bekam ihr Leben eine völlige Schwenkung und Umwandlung. Bis dahin waren sie Götzendiener gewesen, arme Sklaven ihres eigenen Willens, ihrer Leidenschaften und Lüste. Von nun an stand ihr Leben in Beziehung zu dem lebendigen und wahren Gott. Das Licht Gottes war in ihr Herz gefallen. Das Evangelium ist der Lichtglanz der Herrlichkeit Christi (2Kor 4,4-6). Und dieser hatte ihnen geleuchtet zur Erkenntnis Gottes, dem sie von nun an dienten. Ihre Bekehrung war nicht der Abschluß; ihrer Bekehrung folgte das Dienen dem lebendigen und wahren Gott. Der Bekehrung folgt nicht die Ruhe, sondern der Dienst.
Jeder Mensch dient einem Gott, entweder dem Gott dieser Welt oder dem lebendigen Gott. Der Dienst des einen ist mit Bitterkeit und Verderben verbunden; der Dienst des anderen mit Glück und Freude und der Erwartung des Sohnes Gottes aus dem Himmel. Gibt es einen glücklicheren Dienst als diesen? Gibt es eine bessere Erwartung in dieser Welt als die Erwartung Seines Sohnes?
Wenn der Apostel von der Erwartung Seines Sohnes aus dem Himmel spricht, so fügt er hinzu: „Den Er aus den Toten auferweckt hat.“ Er weist damit darauf hin, daß der, den wir aus dem Himmel erwarten, derselbe ist, der einst an unserer Stelle im Gericht stand, der am Kreuze starb, ins Grab gelegt, unserer Rechtfertigung wegen auferweckt wurde, gen Himmel fuhr und der jetzt alle Gewalt im Himmel und auf Erden in Seiner Hand hat. Diesen erwarten sie, und diesen erwarten wir aus den Himmeln.
Alle Segnungen der Menschen kommen von dort her. Alle Segnungen, die wir als Christen besitzen, besitzen wir als Hoffnung durch das Licht aus dem Himmel. Und die Vollendung all unseres Segens erwarten wir mit dem Kommen Seines Sohnes. Wenn ihre Segnungen durch die Annahme des Evangeliums schon so große in dieser Welt waren, welche Segensfülle wird sich dann erst ergießen, wenn Er Selbst, der Sohn vom Himmel, kommt. Das Bemühen der Menschen geht oft dahin, sich unabhängig von Gott und unabhängig vom Himmel zu machen. Aber alle wahren Segnungen kommen von oben herab und stehen alle in Verbindung mit dem Sohne Gottes, den wir aus dem Himmel erwarten und nach dessen Anblick sich unser Herz sehnt.
Noch eins fügt der Apostel der Erwartung des Herrn hinzu. Er sagt: „Der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ Mit dem Kommen des Herrn ist die Errettung vom Zorn verbunden. Die Werke des Teufels werden dann ihr Ende finden. Zorn ist aufgehäuft über die Welt, Zorn ist auch aufgehäuft über das abtrünnige Volk Israel, aber kein Zorn ist vorhanden für die, die dem Herrn Jesus angehören. Sie erwarten Ihn als ihren Befreier von dem kommenden Zorn. Gottes Gericht über ihre Sünde fand in dem heiligen Opfer Christi seine Vollstreckung. Als der, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht wurde,
öffnete sich für uns der Genuß der Liebe und Gnade Gottes durch das Verbundensein mit Seinem geliebten Sohn.
So war es bei den Gläubigen in Thessalonich. Wie steht es mit den Lesern dieser Zeilen? Hat das Evangelium in Kraft und im Heiligen Geiste so in deinem Herzen gewirkt, daß du befreit von der Sünde nun mit glücklichem Herzen dem lebendigen und wahren Gott dienst und Seinen Sohn aus den Himmeln erwartest?
A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.