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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
1Sam 14 – Ewigneues Altes Testament, Gedanken zum 1. Buch Samuel, Jonathans Kampf mit den Philistern und seine Rettung durch das Volk1Sam 14 – Ewigneues Altes Testament, Gedanken zum 1. Buch Samuel, Jonathans Kampf mit den Philistern und seine Rettung durch das Volk
„Philister über dir!“ hieß es jetzt bei Saul. Unschlüssig saß er bei seinen sechshundert Getreuen unter dem Granatbaum zu Gibea. Ahija, der Enkel des gottlosen Pinehas, war bei ihm und versuchte durch das Geheimnis der Urim und Thummim, das im Ephod verborgen war, mit dem Willen Gottes in Verbindung zu kommen. Später (V. 18) läßt Saul auch noch die Lade Gottes herbeischaffen; doch hören wir nicht, daß Sich Gott durch diese Mittel offenbart hätte. Inzwischen sprach Gott zu einem anderen, der bereit war, Ihm ganz zu gehorchen.
Jonathan, der vielleicht spürte, daß er eine Hauptschuld an diesem nationalen Unglück trug, hatte sich mit seinem Waffenträger aus dem Lager seines Vaters weggeschlichen und unternahm einen gefährlichen Erkundigungsgang ins Lager der Philister bei Mikmas. Der treue Waffenträger war Jonathan nicht nur äußerlich eine Hilfe; er stärkte durch sein Verhalten den Glauben und den Mut seines Herrn. Er versicherte Jonathan seiner unverbrüchlichen Treue, die er auch später in der größten Gefahr bewies.
Jonathans Glauben ersehen wir an den Worten: „Vielleicht wird der Herr für uns wirken, denn für den Herrn gibt es kein Hindernis, durch viele zu retten oder durch wenige“ (V. 6). Es ist auffallend, wie in der Geschichte des Volkes Gottes so oft ein einzelner Mann, der im festen Glauben mit Gott verbunden ist, entscheidende Siege für Gottes Sache bewirkt und zu einem Segen für Tausende wird. Am Reformationsdenkmal zu Genf stehen die Worte: „Die Stimme eines Menschen kann innerhalb einer Stunde mehr Leben in uns hineinbringen als der Lärm von 500 Trompeten, der unverstanden in unsere Ohren dringt“. (R. A. Cecil 1561).
Um der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ganz sicher zu sein, erbittet sich Jonathan noch ein Zeichen. Als dieses Zeichen bejahend ausfällt, handelt er mit kühnem Mut, als wäre eine große Schar Krieger hinter ihm. Er richtet mit seinem Waffenträger eine menschlich unfaßbare Niederlage unter den Philistern an; ein Schrecken Gottes erfaßte die Feinde. (V. 15).
Saul, innerlich unschlüssig, da ihn Gott ohne Antwort ließ, hört plötzlich den Lärm der fliehenden Philister und zieht mit seinen sechshundert Mann zur Verfolgung aus. Er erläßt den strengen Befehl, keine Speise zu nehmen vor Sonnenuntergang. Der Grund ist wohl die Absicht, die Verfolger zu verhindern, sich zu lange im Lager bei der Beute der Philister aufzuhalten, sondern die Verfolgung ununterbrochen fortzusetzen. Wir haben den Eindruck, als seien die feinen Fäden der Leitung von oben bei Saul durchschnitten, denn dieser Schwur, so klug er scheint, wirkt sich höchst unheilvoll aus.
Er bewirkt das Gegenteil von dem, was der König beabsichtigt hat. Jonathan selbst sagt Vers 30: „Was wäre es gewesen, wenn das Volk heute ungehindert von der Beute seiner Feinde gegessen hätte, die es gefunden hat! Denn wäre dann nicht die Niederlage der Philister groß gewesen?“ Infolge der Ermattung konnte der Sieg nicht voll ausgenützt werden.
Durch den starken Hunger disziplinlos gemacht, fallen die Israeliten nach Beendigung der Verfolgung über die Beute der Amalekiter her und essen das Fleisch mit dem Blut (V. 32). Saul tritt dieser Sünde entschlossen und tatkräftig entgegen. Doch als er den Herrn um Rat fragt, ob er den Philistern nachjagen solle, erhält er keine Antwort. Darüber beunruhigt, läßt Saul das Los werfen. Das Los fällt schließlich auf den Helden Jonathan. Offen bekennt dieser seine Tat. Soll er dafür sterben? Ja, erwidert Saul, „du mußt gewißlich sterben, Jonathan“. Aber das Volk hat hier ein besseres Gefühl für Recht und Unrecht als sein König. Sie treten einmütig für Jonathan ein und sagen: „Sollte Jonathan sterben, der diesen großen Sieg in Israel geschafft hat? Das sei ferne! Er hat mit Gott gehandelt an diesem Tag.“ Saul fügt sich dem gesunden Urteil, und Jonathan geschieht nichts.
Saul zeigt sich weiterhin als streitbarer Held und demütigt die
Feinde Israels ringsum (V. 47 u. 48). Er wählt aus dem Volk alle tapferen Männer und stärkt das Ansehen seines Kriegsvolks.
Zum Nachdenken: Würde unsere Umgebung uns auch das Zeugnis geben: „Dieser Mensch handelt und wandelt mit Gott?“ (Micha 6,8).
Sauls Verwerfung (1Sam 15)
Das Volk der Amalekiter wird zum erstenmal erwähnt zur Zeit Abrahams. (1. Mose 14,7). Ein Enkelsohn Esaus heißt ebenfalls Amalek (1. Mose 36,12); man bezeichnet diesen daher gern als Stammvater der Amalekiter, was aber wohl nicht ganz stimmt. Auf alle Fälle waren diese Amalekiter erbitterte und hartnäckige Feinde Israels. Saul bekommt nun den Befehl, dieses Volk auszurotten samt seinem ganzen Viehbestand. Für unser Empfinden ist dieser Auftrag äußerst grausam. Aber wenn wir in der Geschichte der Völker nachsehen, so finden wir, daß Gott immer wieder die Erde von verdorbenen Elementen reinigt. Das geschieht durch grausam geführten Krieg oder durch den langsamen Prozeß der inneren Zersetzung eines Volkes infolge von Sittenlosigkeit und Verweichlichung. Gesündere Völker nehmen Besitz von dem Land jener zum Gericht reifen Menschen, und bald ist ihr Name vergessen.
Trotz energischen Vorgehens führt Saul den Befehl nicht vollständig aus. Es erschreckt uns, wie ernst Gott diesen ungenügenden Gehorsam nimmt. Gott stellt an Seine Diener Totalitätsansprüche. Ein halber Gehorsam ist vor Gott Eigenwille und Abgötterei.
Aus anscheinend edlen Gründen hat Saul dem Volk erlaubt, das beste Vieh zu schonen. Er selbst verschont Agag wohl deshalb, um ihn als glänzende Siegesbeute im Triumphzug mit nach Hause zu bringen. Der alte Samuel bekommt den schweren Auftrag, Saul mitzuteilen, daß er durch diesen Ungehorsam sein Königtum verwirkt habe. Samuel ist darüber bis ins Innerste erregt und schreit zum Herrn die ganze Nacht. Aber er gehorcht und geht zum König. Saul hat kein Empfinden für das Unrichtige seiner Handlung und weiß alle möglichen Entschuldigungen dafür. „Ich habe das Wort des Herrn erfüllt“, sagt er zu dem Propheten. Saul fehlte die innere Gottesfurcht; er wagte es, seine eigene Überzeugung neben den Befehl Gottes zu stellen. Solch einen Führer konnte der HErr nicht für Sein Volk brauchen. Daß Saul ein starkes religiöses Empfinden hatte, sehen wir immer wieder (Kap. 14,35); er wollte ja die verschonten Schafe und Rinder zu Opferzwecken verwenden. Samuel leuchtet in sein Innerstes hinein, indem er sagt: Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, ein auf Gottes Wort hörendes Ohr besser als das Fett der Widder. Abgötterei ist dein Eigenwille, Götzendienst dein frommer Ungehorsam. „Weil du das Wort des Herrn verworfen hast, so hat Er dich verworfen, daß du nicht mehr König seiest.“ (V. 23).
Zum Nachdenken: Gott bereut nicht Seine Ratschlüsse und Ziele; aber Er ändert je nach dem Verhalten der Menschen Seine Wege, um zu dem gesteckten Ziel zu gelangen! (V. 29 u. 35).