verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 21 - Jahrgang 1936
Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte
2Kor 6,9a - Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte (1)2Kor 6,9a - Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte (1)
In einem etwas anderen, sicher auch angängigen Sinne möchte ich in diesem Aufsatz, der, so Gott will, durch etliche Lieferungen hindurchgehen wird, das Wort der Überschrift gebrauchen, als wie es zunächst von Paulus gemeint ist. Der Apostel will in dem wunderbaren Aufbau von V. 3-10 zeigen, in was für Umständen usw. er und die übrigen Mitarbeiter an der Verkündigung der Gnade Gottes (V. 1) sich zu bewähren hätten, und es ist da leicht zu sehen, welche Bedeutung obiger Ausdruck hat, ohne daß ich beabsichtigte, hier darauf einzugehen. Mochten jene bei vielen in der Welt unbekannt sein - sie waren bei anderen, vor allem bei Gott, durchaus wohlbekannt; mochten die einen sie schmähen als „gänzlich unbekannte Leute“, andere priesen sie als solche, die man besonders gut kannte und sicher auch hoch schätzte. Wir brauchen nicht traurig darüber zu sein, wenn viele uns mißachten, verachten und übersehen, vielleicht absichtlich, anderen, denen wir dienen durften mit dem besten Dienst, sie werden uns nicht vergessen, und vor allem vergißt uns unser treuer Gott und Vater nicht. Er weiß, wo wir wohnen! (Vgl. Off 2,13)! Noch vieles ließe sich über den Titelausdruck sagen, aber das ist, wie oben bemerkt, nicht meine Absicht und auch nicht meine Aufgabe für diesmal.
Ich habe vielmehr - wie ich glaube, vom Herrn geleitet - im Sinne, in diesem forttaufenden Aufsatz etliche Typen von Menschen der Heiligen Schrift zu betrachten, die nicht zu den Bekannteren zählen, sondern von denen nicht so sehr viel in der Schrift gesagt ist, die aber durch die Umstände ihres Lebens und ihrer Tätigkeit unserem Gott „wohlbekannt“ sind und darum uns, den Liebhabern Seines Wortes, auch bekannter sein sollten, als es gemeinhin der Fall ist. Wer regelmäßig das Wort Gottes durchzulesen gewohnt ist, der hat natürlich alle die im folgenden genannten Namen schon öfter gelesen, und manches mag ihm an ihnen wichtig geworden sein, manches auch mag er noch bis heute übersehen haben. Vielleicht gefällt es Gott, uns durch Seinen Geist den einen und anderen so vor Augen zu malen, daß wir Sehnsucht bekommen, auch in diesen „Unbekannten“, aber, als im Worte Gottes Erwähnten, doch für Gott Wohlbekannten Vorbilder fürs eigene Leben, für den eigenen Dienst zu finden. „Denn alles, was (zuvor) geschrieben, ist zu unserer Belehrung geschrieben“ - dies Wort aus Röm 15,4 gilt auch hier.
Formal will ich es nun wieder so machen wie in den vergangenen beiden Jahren: Ich will keine nach Gesichtspunkten geordnete Reihenfolge innehalten, sondern die Personen so nennen, wie sie mir in den Sinn, in die Erinnerung, unter die Augen (bei meinem derzeitigen fortlaufenden Bibellesen) gekommen sind. Es wird sich dabei naturgemäß mehr um alttestamentliche Namen handeln als um natürlich ungleich bekanntere aus dem Neuen Testament. Dennoch werden auch von diesem einige genannt werden, so auch schon sehr bald. Der Herr aber gebe Gnade, daß ich stets das Rechte denke und niederschreibe und daß wir alle für alles das rechte Verständnis haben, vor allem auch für die persönliche, praktische Anwendung!
Als ersten der Reihe nenne ich den, der eigentlich die Veranlassung zu diesem Thema für mich wurde:
Baruk, den Schreiber des Jeremia, jenes viel leidenden Propheten, der das Ende der Wegführungen des Volkes Israel weissagte und erlebte. Der Name Baruk kommt schon vorher ein paarmal in der Schrift vor, und es handelt sich dabei wohl um verschiedene Personen; aber sie hinterließen alle ein gutes Andenken - man vgl. Nehem. 3,20 u. 10,7 u. 11,5 -, besonders der erste, der uns als „eifrig“ genannt wird bei dem Mauerbau Jerusalems. Sicher möchten wir durch ihn lernen, wie man von Gott „eifrig“ genannt werden kann. Nun, der Herr beachtet das, was an Seinem Werk geschieht, stets ganz besonders, und es sollte uns nicht schwer sein, „eifrig“ zu sein, wenn es sich um Seine Sache handelt. Welch ein Vorrecht, dabei sein zu dürfen, wenn Sein Wert getan werden soll; vgl. 1Kor 15,58! Eben hierher gehört doch auch Heb 10,24.25!
Aber die Hauptperson dieses Namens (Baruk) ist die jenes Schreibers. Übrigens ist er wohl zuerst ein selbständiger Mann gewesen, wie mir Jer 32,12 anzuzeigen scheint. Aber dann beruft ihn, wie ich glaube, der große „Prophet des Leidens“ in seinen Dienst (V. 13)!, und wir sehen von da an diesen Baruk als einen treuen Gefolgsmann Jeremias, und nicht nur das, sondern auch als einen treuen Mann, der sich von seinem Meister wirklich gebrauchen läßt und Bedeutung erlangt, obwohl er gleichsam nur „im Schatten des Größeren lebt“. Aber was tut das? Er war Gott wohlbekannt! Wenn das der Fall, so bedürfen wir keiner weiteren Beachtung seitens der Menschen! Oder etwa doch? „Ob mich andere tadeln, loben, anerkennen, mißverstehen - Herr, Dein Wohlgefallen droben soll mir über alles gehen!“ Ja, das genügt und genüge für uns! - Die Begebenheit, wo uns Baruk zuerst vorgestellt wird, ist eine Glauben voraussetzende Tat (man lese die Geschichte unbedingt nach)!. Bei Jeremia sehen wir nachher (V. 16ff). ein dringendes gläubiges Gebet im Blick auf die Erfüllung der Verheißung des Herrn, aber von Baruk lesen wir nichts ähnliches. Er glaubt anscheinend auch! - Die nächste Gelegenheit zeigt uns Baruk bei der Niederschrift und Vorlesung der Weissagungen des Propheten (Kap. 36) und der Behandlung, die diese seitens des Königs Jojakim erfährt: Dieser verbrennt aus Oberflächlichkeit die ganze Buchrolle; Baruk aber liest die ganze Rolle vor, getreu dem Auftrag des Jeremia, und zwar zweimal, und es ist tiefbewegend zu sehen, daß die Obersten des Volkes doch nicht so gleichgültig erschienen im Blick auf das angekündigte Gericht, wenigstens halten sie es für gut, den König zu benachrichtigen. Und dann erfolgt die Verlesung dieser Botschaft, und hier zeigt sich die ganze Gemeinheit des gottlosen Königs, der nicht ahnt, was der morgige Tag bringt. Das alles hier näher auszuführen, verbietet der knappe Raum, aber wir sehen, daß Baruk, der uns die Art der Schreibweise bei dieser Gelegenheit beschreibt (V. 17.18), in nachahrnenswerter Treue seinen Dienst tut, bis er in Gefahr kommt, deswegen leiden, gar sterben zu müssen (Gleichwohl, wie schön ist V. 19, wie wacht Gott über die Seinen, vgl. V. 26 am Schluß, und wie macht Er auch die Zuhörer dem treuen Vorleser geneigt)!. Die dritte Verlesung vor dem König hält nicht Baruk, sondern Jehudi, und der Erfolg ist der, daß der gottlose König den Ernst der Weissagungen so sehr verachtet, daß er die Blätter zerschneidet und dem Feuer überantwortet; als wenn man etwas Unbequemem dadurch ausweicht, daß man die Augen davor verschließt!
Aber zum zweiten Male werden die gewaltigen Gerichtsworte aufgeschrieben, und wieder muß es Baruk tun und noch etliche neue Worte gleichen Inhalts hinzufügen! Freuen wir uns nicht an seinem Gehorsam?! Stehen wir auch so bereitwillig im Dienst am Worte Gottes? Heute ist es wahrlich nicht weniger wichtig als damals, dem Worte treu zu sein.
In Kap. 43,3 sehen wir ein offenbares Verleumdetwerden des gehorsamen Mannes seitens der Ungehorsamen! (V. 1ff)., und dann erfahren wir, daß er mit seinem Herrn, dem Propheten, in die Gefangenschaft zieht ...
Kap. 45,1-5 zeigt uns dann eine schmerzliche Seelentrübung bei diesem uns ob seiner Treue gewiß liebgewordenen Manne. Und wenn wir uns ein wenig kennen, so möchten wir wohl auch manchmal solchen Gefahren erliegen, wenn der Herr uns nicht bewahren würde. Hier wird er von dem Propheten, dem zweifellos größeren, standhafteren Manne zurechtgewiesen und getröstet - das Ganze aber als ein über ihn ergangenes Wort von Jehova gesagt. Solche Mühe gibt sich der Herr mit den Seinen! So hat Er, „der die Niedrigen tröstet“ (2Kor 7,6), später auch den Paulus getröstet: „Meine Gnade genügt dir“ (2Kor 11,9), so nimmt Er Sich stets der Schwachheiten der Seinen an, wenn sie sich nur verlassen auf Ihn! So vergißt Er auch deiner nicht, du manches erleidendes Kind Gottes, das du vielleicht gar nahe am Verzweifeln bist!
Der arme Baruk - der offenbar ein tiefes Gebetsleben führt, findet keine Erhörung, keinen Trost mehr im Flehen, da alles um ihn herum aussichtslos erscheint und er nicht versteht, warum das alles so sein müsse. Ja, „in der Welt habt ihr Angst“, sagt der Herr zu den Seinen, aber wie groß ist der Trost, der ihnen wird in Seinem Sieg! (Joh 16,33)! Hier enthält die göttliche Antwort durch den Propheten nicht einen so gearteten Trost, aber doch - wenn man Gottes Gedanken weiß, so ist das schon eine Klärung. Aber ob diese dem Baruk lieb war? Er hatte, ob von dem Ehrgeiz des kleinen Mannes oder durch die hohe Ehre, des Propheten Mitarbeiter zu sein, bewogen, wohl gehofft, es in dieser Welt, in diesem Zeitlauf noch zu etwas Besserem bringen zu können, und nun muß er nach vielem vergeblichem Seufzen erfahren, daß alles Bestehende dem Unglück preisgegeben würde und daß er somit gleichsam nur ein Leben weiteren Leidens zu erwarten haben würde. - Das wird ihn zunächst tief erschüttert, vielleicht auch gebeugt haben, denn vielleicht ist ihm sein Trachten als falsch nicht eher so recht zum Bewußtsein gekommen, als bis der Prophet ihn zurechtwies. Jedenfalls bedurfte er dieser Ermahnung sehr - und wir etwa nicht? Wie oft sagt oder deutet die Schrift im Neuen Testament Mahnungen an wie „Sinnet nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch herunter zu den niedrigen, seid nicht klug bei euch selbst!“ (Röm 12,16 u. a). Und es ist eine gefährliche Sache für uns, in Gerichtszeiten oder in Zeiten, da die Welt dem Gerichtetwerden entgegengeht, nach hohen Dingen zu trachten (Vgl. auch Lk 22,24-27)!. Seien wir auf der Hut, Geliebte! Und lassen wir uns reinigen durch das Wort (wie Baruk hier sozusagen auch durch das Wort zurechtgebracht und gereinigt wird), lassen wir uns warnen vor jeglichem Trachten danach, in der Welt etwas anderes zu sein, als wozu uns der Ruf des Herrn macht: „Seine Zeugen!“ (Apg 1,8) Wir haben hier nichts uns hoch Machendes zu erwarten: In einer Welt, durch die unser geliebter Herr, unberührt von ihrem Wesen, hindurchgeschritten ist als „der treue und wahrhaftige Zeuge“
(Off 3,14, wohlgemerkt im Sendschreiben an Laodicea)!, wo Er nicht trachtete nach äußeren Ehren und Anerkennungen, sondern „der Allerverachtetste“ war (Jes 53) - in solcher Welt haben wir wohl unseren Beruf in jeder Hinsicht treu zu erfüllen, treu zu leben, z. B. auch nach Tit 3,1ff., aber „uns von der Welt unbefleckt zu halten“ (Jak 1,27b). Baruk, der alttestamentliche Gehilfe des Jeremia, war anscheinend in Gefahr zu vergessen, wo er war (in Ägypten!)!, er ersehnte Ruhe und eine gewisse Befriedigung in dieser Welt, ja, er erhoffte noch Größeres, „hohe Dinge“, aber er ward „treulich gedemütigt“, sicher mit Erfolg (Vgl. Ps 119,67 u. 71)!; und auch wir werden oftmals gebeugt und gedemütigt, damit wir wieder und wieder lernen, was Sein Wort sagt von uns, was wir sind und sein sollen für Gott, bis Er, unser Herr, kommt, und dann, ja, dann werden wir Niedrigen erhöht werden.
Laßt uns Sein Wort bewahren und halten, weil wir Ihn lieben, der uns zuerst geliebt hat (Joh 14,23 usw).; das Wort bewahrt uns vor falscher Beurteilung der Welt und dessen, „was in der Welt“ ist, und richtet unsere Blicke dorthin, wo Er jetzt ist, und dann haben wir, was der liebe Baruk suchte: Ruhe für unsere Seelen; und wir werden bewahrt bleiben durch Gottes Macht, durch Glauben (der nicht schaut auf das Sichtbare! 2Kor 5,7)! zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden usw (1Pet 1,5). Mit diesen Worten könnte man die dem Baruk gegebene Schlußverheißung vielleicht ins Neutestamentliche übersetzen. Der Herr bewahre uns vor jeglichem „Trachten nach hohen Dingen“ in dieser Welt, und Er hebe unsere Augen auf, auf daß wir „niemanden sehen als Jesum allein“. (Mt 17,8)
Hiermit möchte ich meine schwachen Bemerkungen über einen der „Unbekannten, dennoch bei Gott Wohlbekannten“ der Heiligen Schrift schließen mit der Bitte zum Herrn, daß Er uns Sein Wort segnen wolle. Er sei dafür gepriesen!
F. K.
(Fortsetzung folgt, s. G. w).