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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 12 -Jahrgang 1927
Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst
1Thes 1,5 - „Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst“ (1)1Thes 1,5 - „Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst“ (1)
Vor ½ Jahr in Lief. 2 ds. Js. habe ich mich eingehend beschäftigen dürfen mit „Sieben Kennzeichen eines Dieners und Zeugen“ des Herrn (nach Apg 26,14-18), und heute möchte ich aus dem Leben des gleichen Mannes, des Apostels Paulus, vier wichtige Punkte besprechen, durch die sein Dienst ein so besonders gesegneter wurde. Wir können aus allem und jedem lernen, was wir an dem Verhalten und Dienst der Männer Gottes, welche die Schrift uns zeigt, sehen, aber an keinem neutestamentlichen Manne Gottes lernen wir soviel und so vielerlei wie an Paulus, jenem hochbegnadigten Apostel des verherrlichten
Christus Jesus, der ihn einst mitten aus der Bahn eines ärgsten Verfolgers der Gemeinde Gottes herausgerufen und zu Seinem Zeugen gemacht hatte. Was für ein Mensch ist Paulus, dieser treue „Nachahmer Christi“ (1Kor 11,1) - und doch, ebenso wie „Elias ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir“ (Jak 5,17)! Wie dankbar können wir Gott sein für diese kostbaren Vorbilder, wenn auch erst sie alle zusammen uns ein menschlich vollendetes Bild des neuen Menschen übermitteln, das aber noch unendlich überstrahlt wird von dem Bilde Dessen, von dem wir in all den verschiedenen Bildern und Typen der Schrift Stücke finden! Er Selber, Christus Jesus, den anzuschauen uns die Schrift anrät, damit wir in Ihn verwandelt werden, als durch den Herrn, den Geist (2Kor 3,18), Er Selber ist der große Herrlichkeits-Mittelpunkt, in dem alle Strahlen Seines Wortes sich zusammenfinden, denn von Ihm gingen sie auch aus!
Die vier Punkte, die ich betrachten möchte und die sich durch viele mehr ergänzen lassen, wenn man ein vollständiges Bild der Segenstätigkeit des Apostels haben will, finden wir in 1. Thessalonicher, jenem wichtigen Brief, der uns in unzweideutigster Weise über die Wiederkunft des Herrn für die Seinen belehrt, d. h. ehe „der Tag des Herrn“ (2. Thess.-Brf). beginnt. Er zeigt uns die Entrückung als Frucht nicht unseres Wirkens oder unserer Heiligung, sondern Seiner Gnade, indem die Erlösung des Leibes als der Abschluß Seines Erlösungswerkes, soweit es die Person der Seinen betrifft, uns als unsere herrliche Hoffnung vor Augen gestellt wird.
Diesen um Seines Lehrgegenstandes höchst wichtigen Brief beginnt der Apostel mit einem gleichsam einleitenden Kapitel, das zu Anfang den überaus beachtlichen Segensgruß14, dann den üblichen (ausgenommen Galater)! Dank des Apostels enthält, der in V. 3 u. 4 gemäß des Gegenstandes eine sehr bemerkenswerte Ausgestaltung findet, die daran gipfelt, daß Paulus die Tatsache der Auserwählung der Thessalonicher betont.15 (Vgl. 2Thes 2,13). Diese wird aber nicht etwa lehrhaft entwickelt, sondern es wird im folgenden der Grund angegeben, aus dem der Apostel sich ihrer Auserwählung gewiß sei: Sein Evangelium sei nicht ohne Frucht unter ihnen gewesen, sondern sie seien „seine Nachahmer und des Herrn“ (V. 6) geworden und hätten ihren Glauben derart bezeugt, daß die ganze Welt davon geredet habe, „wie sie sich bekehrt hätten ... um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ (V. 7-10).
Und in diesem Zusammenhange der Betonung ihrer Auserwählung nennt Paulus jene vier Punkte, welche zur Segens-Folge hatten, daß sie „das Wort aufnahmen mit Freude des Heiligen Geistes“. Diese vier „Bedingungen für fruchtbaren Dienst“, wie ich sie genannt habe, sollten bei uns allen, die wir irgendwie und irgendwann von Christo Zeugnis ablegen, gefunden werden, wenn auch gewiß nicht in solchem Umfang wie bei dem Apostel Paulus. Aber diese - wie wir sehen werden - an sich ganz einfachen bekannten Dinge sind nicht apostolischer Natur, sind nicht den Aposteln kraft ihrer Würde allein zu eigen, sondern stehen im Grunde uns, d. h. allen Gläubigen, zur Verfügung, wenn wir sie nur beachten, anwenden und in ihnen leben wollen!
In folgendem nun eine Darstellung dieser „Bedingungen“! Gebe der Herr Gnade und Seinen Segen zu dieser Betrachtung!
Paulus schreibt in V. 5 unter der Leitung und Einhauchung des Geistes: „Denn unser Evangelium war nicht bei euch im Worte allein ...“ Also wohl im Worte, aber nicht allein, d. h. nicht ohne die übrigen drei Stücke. „Im Worte“ war sein Evangelium! Ja, es war selber „das Wort“, das Wort von Christo, in dem das ewige Wort Fleisch geworden war und unter uns zeltete (Joh 1). Das ist das wahre Evangelium, das ein Paulus verkündete: „Das Wort“. Und daher diese Wirkung! Dreimal ist in 1Thes 1 vom „Wort“ die Rede, V. 5.6.8. Welche Wichtigkeit liegt doch dieiem Worte bei! Das „Wort“ hatten sie gehört, das „Wort“ nahmen sie auf (wie? Joh 1,12.13; vgl. 1Thes 2,13)!, und „das Wort des Herrn“ erscholl von ihnen aus in die
Welt, soweits sie nur hören wollte! Im Wort verkündete Paulus das Evangelium! Da war nichts Eigenes, keine Erfindung, keine Zusätze oder „Aufsätze der Ältesten“, keine leeren Ausschmückungen, keine Märchen und seelischen Reizmittel - nein, das Wort, schlicht und ehern, wie er selber es gehört hatte (vom Himmel her)! und worin er lebte: das Wort Gottes! Dieses Wort, das göttliche Autorität in sich birgt; dies Wort, in dem „heilige Männer Gottes geredet haben, getrieben durch den Heiligen Geist“ (2Pet 1,21), dieses „Wort“, das „lebendig und kräftig ist und schärfer als jedes zweischneidige Schwert usw.“ - „mit dem wir es zu tun haben'' (Heb 4,12.13), - das Wort, „das Schwert des Geistes“ (Eph 6,17) - das Wort, in dem Gott Selber redet zu den Menschen, die „Ohren haben zu hören“ - das Wort, das sich „irdene Gefäße“, wie einen Paulus, aussucht, um in ihnen seine Kraft zu entfalten und durch sie anderen den Pfad zu erleuchten und ihnen Licht zu geben für den Weg (Ps 119,105) - das Wort predigte Paulus. Das Wort, Ausgangspunkt, Mittel, Kraft und Zielpunkt der Predigt des Evangelisten Paulus, der als Apostel besonders „betraut war mit dem Evangelium“ (Kap. 2,4). Er selber sagt am Ende seines Lebens zu seinem Schüler Timotheus: „Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit ...“ (2Tim 4,2). Er lehrt uns damit die Wichtigkeit des Wortes zu allen Zeiten, und möchten wir uns durch ihn belehren lassen! Möchten wir nie gering denken vom Wort, d. h. von dem Mittel, das Gott uns (so bequem) in die Hand gelegt hat, um anderen das Evangelium zu bezeugen. Wir haben nichts Einfacheres und nichts Gewaltigeres als das Wort. Denken wir nie, daß schöne „fromme Erzählungen“, christliche Anekdoten und Geschichten von Erfahrungen - welch letztere an ihrem Platze gut sein mögen - je das Wort ersetzen könnten. Das Wort ist lebendig, nicht unsere Worte über dasselbe, das Wort weckt und schafft Leben, es ist der lebendige Same der Wiedergeburt (1Pet 1,23) und das Wasser der Reinigung (Joh 3,5; Eph 5,26 u. a)., das Wort ist heutigentags nötiger denn je, wo Hunderte von Irrlehren die Gläubigen zu verführen trachten - usw. usw.!
Das Wort! O lernen wir mehr das Wort gebrauchen und tun! (Jak 1,22). Auch die arme sterbende Welt kann nur leben „durch jedes Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Mt 4,4), wie auch wir uns täglich von diesem Manna nähren müssen. (Joh 6).
Dieses Wort predigte Paulus, und durch dieses wurden die Thessalonicher damals errettet (Apg 17,1-4). Aber sein Evangelium, sagt er, sei nicht im Worte allein gewesen oder zu ihnen gekommen. Damit will er nicht etwa sagen, daß das Wort an sich, etwa wie das menschliche Wort an sich, leer sei, wenn ohne begleitende Taten, sondern er will ihnen gerade sagen, daß das Wort gar nicht allein sein kann ohne in Kraft, „sondern auch in Kraft“ fügt, er hinzu! Daß es so war, das gibt ihm so recht die Gewißheit ihrer Auserwählung. „In Kraft!“ Was meint Paulus damit? Denkt er an Wunder als Begleitumstände seiner Evangeliumsverkündigung? Gewiß hat er hier und da Wunder als Beweise seiner apostolischen Vollmacht getan, wie uns 2Kor 12,12 und ebenso die ganze Apostelgeschichte zeigt. Aber aus Thessalonich wird uns in der Schrift kein einziges sinnenfälliges Wunder mitgeteilt (Apg 17). Was meint er dann? Ich denke, er meint dies, daß er eben das Wort in solcher Weise verkünden durfte, daß es offenbar war: die Kraft Gottes begleitete das geredete Wort, die „Gotteskraft“, von der er auch in 1Kor 2,4.5 schreibt. Das geredete Wort wirkte Glauben in Thessalonich (wie später in Korinth); „das Wort vom Kreuz“ erwies sich als „mächtig zur Zerstörung von Festungen, die sich wider die Erkenntnis Gottes erheben“ mochten (2Kor 10,3ff). Paulus redete in einem „Geist der Kraft“ (2Tim 1,8); er mochte nicht mit besonderer Lungen- und Zungenkraft reden, (so nötig dies auch äußerlich bisweilen sein mag), aber er redete so, daß die Kraft Gottes das Wort anwenden konnte auf die Gewissen zur Aufdeckung und zur Beugung der Herzen. Die Kraft Gottes wirkte so, daß Menschen offenbar wurden, zerbrachen vor Seiner Heiligkeit und Seiner Liebe sich hingaben.
F. K.
(Fortsetzung folgt, s. G. w.)!
14 Bei dieser Gelegenheit der Hinweis, daß in 1. Thess. ganz unverhältnismäßig oft, bald 40mal, das Wort „Gott“ vorkommt! -↩︎
15 Vgl. A. v. d. Kammer, „Die Auserwählung Gottes“, Klotzsche 1927, 50 RPfg.↩︎