Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte
Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte (6)Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte (6)
Wir kommen jetzt zu B 4! Diesen und auch den fünften und letzten Punkt meiner Untersuchung über die inneren Gesichtspunkte der Apg. kann ich besonderer Umstände halber nicht so ausführlich behandeln, wie ich gern möchte. Ich muß es vielmehr den an dem Gegenstand interessierten Lesern überlassen, die beiden Punkte an Hand meiner kurzen Andeutungen für sich selber genauer zu erforschen.
Als Punkt B 4 nannte ich: „Geschichte der Zeichen und Wunder von Mk 16,17.18.“
Im Blick auf diesen Punkt möchte ich zunächst ernstlichst hinweisen auf die beiden Fragen 16 in Jahrbuch 13: „Ist Mk 16,17.18 heute noch anwendbar?“ und noch weiter zurück Frage 15 in Jahrbuch 11: „Was bedeutet die Handauflegung in Apg 6,6?“ 26 - Mit diesen beiden Fragen sind wir mitten im Bereich von Punkt B 4! Und es wird in den Beantwortungen der genannten Fragen sozusagen bewiesen, daß die Zeichen von Mk 16,17-18.20 gleichsam, wenigstens äußerlich, erfüllt seien - von Wundern ist in diesen Markus-Schriftstellen nicht die Rede, und ich habe bei B 4 (vielleicht unvorsichtigerweise) auch nur darum das Wort „Wunder“ mit angewandt, weil Zeichen Wunder sind und weil im landläufigen Sprachgebrauch „Zeichen und Wunder“ oft zusammengenannt werden; außerdem wird davon auch in der Apg. gesprochen, wie wir weiter unten noch sehen werden! Aber Wunder sind durchaus nicht immer Zeichen! Es ist darum vielleicht besser, um Irrtümer zu vermeiden, in dem vorliegenden Punkt nur von der „Geschichte der Zeichen von Mk 16,17.18“ zu reden, denn die Verwechslung von Zeichen und Wundern hat schon manche Verwirrung hervorgerufen. Auch die Irrtümer der „Zungenbewegung“ beruhen mit auf dem Mißverstehen der Bedeutung von Mk 16,17.18!
Nun braucht freilich, wie eben gesagt, die Apg. den Ausdruck „mächtige Taten, Wunder und Zeichen“ (2,22), und Paulus, der vor den Korinthern im 2. Brief, Kap. 12 einiges anführt, was ihn als Apostel beglaubigt (sehr wichtig)!, spricht ebenfalls von „... Zeichen, Wundern und mächtigen Taten“ (V. 12), die von seiner Seite unter ihnen gewirkt seien (man beachte übrigens, wie Petrus in jener Stelle Apg 2,22, wo er von dem Herrn spricht, genau die umgekehrte Reihenfolge wie Paulus in 2Kor 12,12 innehält; das ist sicher nicht gleichgültig)!. Außerdem ist mehrfach von „Wundern und Zeichen“ die Rede, oder auch von „Zeichen und Wundern“ (man vgl. 2,19.22; 2,43; 4,30; 5,12; 6,8; 7,36; 14,3; 15,12)! Daraus geht für mich hervor, daß wir in der Apg. Wunder schlechthin zu unterscheiden haben von solchen Wundern, die zugleich Zeichen sind und sich als Beweis, Bestätigung oder Erfüllung von Mk 16,17.18 offenbaren, somit also als Beglaubigung des Christentums, der neuen Zeit überhaupt, dienen sollten und dienten. Denn Wunder schlechthin sind ja, wie gesagt, nicht immer Zeichen, - diese letzteren aber haben eine überragende Bedeutung, weil sie eben etwas, was Gott vorhatte zu tun oder was Er als etwas ganz Neues schon getan hatte, derart vor aller Welt zu bestätigen hatten, daß kein Zweifel mehr an der betreffenden neuen Tatsache bestehen konnte. Von diesem Gesichtspunkte aus sind auch die „neuen Zungen“ zu werten, die dann „aufhören“ konnten und tatsächlich aufhörten (1Kor 13,8), als die Tatsache des Christentums keiner äußerlich sicht- und hörbaren Bestätigung mehr bedurfte (vgl. 1Kor 14,22a)!. Solche äußerlichen Zeichen waren dann vielmehr gleichsam Sinnbilder für innere Vorgänge - wie für die Siege der Macht Gottes über jede Macht der Finsternis oder für die Tatsache, daß unser ganzes Sein (sogar die Zunge!! vgl. Jak 3 u. a). dem Herrn zur Verfügung stehen sollte usw. -, und die äußeren Zeichen hatten ihren Zweck erfüllt, als das Christentum äußerlich anerkannt war. Zeichen, wie sie in Mk 16,17.18 angekündigt werden, sind innerhalb der apostolischen Tätigkeit (während der Apg). zur Genüge in Erscheinung getreten, während Wunder schlechthin nicht so an die Einführung und Bestätigung von etwas Neuem, Niedagewesenem gebunden sind. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, daß die jerusalemitische religiöse Behörde das Wunder des Petrus und Johannes an dem Lahmen (Kap. 3) ein „kundbares Zeichen“ nennt (4,17), und die Schrift sagt dazu „dieses Zeichen der Heilung“ (V. 22)!
Ich muß es mir, wie zu Anfang angedeutet, leider versagen, näher auf dies hochbedeutsame Gebiet einzugehen, aber ich bitte sehr darum, daß man andere wunderbare Begebenheiten der Apg. daraufhin untersuchen möchte, ob sie nicht als Erfüllung von Mk 16,17.18 und darum als Zeichen zu gelten haben - wie z. B. Apg 5,15 und 19,11.12 (Stellen, über die in oben angegebener Frage 16 in Bd. 13 ausführlich von einem unserer Mitarbeiter geschrieben ist). Aber auch die in 9,32-43 berichteten „Wunder“ tragen ob ihrer Folgen und aus anderen Gründen stark zeichenartigen Charakter. Ferner weise ich noch auf 16,16ff. hin und auf 28,1ff. Und dann vor allem auf die „Handauflegungen“, wie 8,17ff.; 19,6ff. Dazu sei noch einmal auf jene älteren „Fragen“ verwiesen!
Und damit muß ich diesen Punkt jetzt verlassen. Möge seine Wichtigkeit erkannt werden, und möge uns allen, denen daran liegt, zu erfahren, was das Wort Gottes wirklich sagt und lehrt, auch dieses Gebiet durch den Geist, der uns „in alle Wahrheit“ führt, mehr und mehr erschlossen werden!
Und noch einiges über den letzten Punkt meines Aufsatzes.
Ich nannte Punkt B 5 die „Fortsetzung (geistliche Fortsetzung) des Lebens Jesu - Evangelien - in den Seinen hienieden.“ Mehr als irgend ein anderer Punkt der Reihe B scheint mir dieser letzte ein innerer, d. h. ein nicht ohne weiteres auf der Hand liegender Gesichtspunkt zu sein, und es kann wohl geschehen, daß der werte Leser mir hierin nicht leicht folgen kann.
Wir haben in den Evangelien das lückenlos vollkommene Leben unseres geliebten Herrn und Heilandes Jesus Christus vor uns, und sowohl was Seine heilige Menschheit anbelangt als auch nach der Seite hin, „wer es ist“, mit dem wir es zu tun haben (Joh 4,10), läßt die Schrift durchaus keine Unklarheiten aufkommen. Aber dann schied Er von den Seinen und aus der Welt, und diese, die von Gott nie völlig ohne Licht gelassen ist, wäre nun nach Seinem Fortgange doch wieder in ein gewisses Dunkel getaucht worden, wenn der Herr nicht selber Vorsorge getroffen hätte, daß das Licht, das Er der Welt gebracht hatte, auch weiter auf Erden scheinen könnte - in den Seinen! Und zwar ausschließlich in ihnen! Sie werden nämlich nicht nur die Träger des mündlichen wie auch schriftlichen Zeugnisses von Ihm, wie ich es besonders im Anschluß an 1,8 u. a. in Punkt A 5 auszuführen gesucht habe, sondern sie sollten in allem Seine Zeugen sein, gerade auch nach dieser letzteren Stelle. Ihr Dienst als Zeugendienst ging „gegenan“ gegen den herrschenden Zeitgeist, und sie hatten zu bezeugen, was sie „gesehen und gehört“ hatten (1Joh 1,1ff). Ich habe damals eingehend darüber geschrieben, wie sie ihren Zeugendienst auffaßten und ausübten. Aber dieser ihr Dienst sollte doch nicht nur mündlich und schriftlich sein, sondern auch in ihrer ganzen Haltung sollten sie als Seine Zeugen wandeln! So glaube ich das Wort 1,8 in tieferem Sinne auffassen und anwenden zu dürfen: „in Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen!“ - wie Tersteegen singt. „Meine Zeugen“, sagt der HErr, „wenn der
Heilige Geist auf euch gekommen sein wird.“ Ist es aber nicht so, geliebte Geschwister, daß dieser Heilige Geist keine wichtigere Aufgabe zu kennen scheint, als Christum Jesum zu verherrlichen? (Joh 16,14) Das haben wir in allen möglichen Variationen schon gehört und besprochen und geschrieben und gelesen (auch in den „Handr.“). Und wenn Er diese Aufgabe hienieden zu erfüllen sucht - in wem kann Er dies tun? Doch nur in denen, die der Herr die Seinen, das sind aber „Seine Zeugen“, nennt. Sie allein, die den Geist haben, trachten nach dem, was des Geistes ist (Vgl. 1Kor 2)!. Darum bedeutet m. E. der Ausdruck „Meine Zeugen“ mehr als nur Reden und Zeugen von Ihm in mündlichem und schriftlichem Dienst, es bedeutet wenigstens ebensosehr, Seine Gesinnung, Sein Wesen, Sein Licht, Seine Liebe, Seine Demut, Seine Sanftmut, Seine Treue, Seinen Gehorsam usw. in dieser armen gottentfremdeten Welt zu offenbaren und dadurch Seelen zu Ihm hinzuziehen. Und in diesem gesegneten Sinne sehe ich die herrliche Apostelgesch. gleichsam als die Fortsetzung Seines einzigartigen Lebens in dieser Welt an, d. h. ich glaube, daß in den Seinen, die als Seine Zeugen im Rahmen der Apostelgeschichte wirken, gewissermaßen Sein heiliges Leben - wenn auch nicht in Seiner lückenlosen Vollkommenheit - seine Fortsetzung findet. Gewiß soll auch heute noch von Seinem Brennen unser Licht seinen Schein nehmen, und wie Er „das Licht der Welt“ (Joh 12,46) ist, so sollen auch wir es sein und sind es nach Mt 5,14, aber in einem weit höheren Maße; weil unter dem viel unmittelbarer (weil ungehemmter) als Führer wirkenden Geist Gottes stehend, haben jene Jünger, die Er Seine Zeugen nennt, Seine Gedanken, ja, Sein ganzes Wesen geoffenbart. Und zwar nicht nur die Brüder, sondern auch die Schwestern waren besonders in diesem Sinn (durch ihr Benehmen) Seine Zeugen!
Beispiele zu nennen erübrigt sich wohl, aber man lese nur die Folgen der „Pfingstpredigt“ des Petrus, d. h. die Gesinnung des ersten Zusammenkommens der jungen Gemeinde (2,42ff)., und man muß einen Eindruck bekommen von der moralischen Schönheit des Herrn , in dessen Namen sie zusammenkamen. Und ganz offenbar wirkte ihr Wesen auf die jüdische Welt anziehend (V. 47). Und dann des Petrus und Johannes Verhalten bei der „Wohltat an einem kranken Menschen“ (4,9) und den
Folgen dieser Tat. Wie schön kommt die Gesinnung Christi zum Vorschein: „Was ich habe, das gebe ich dir“ (3,6). Ja, teurer HErr, das hast Du getan! Gib uns nur Gnade, auch so handeln zu können! - Und dann später im Verlauf der Anklage wegen dieser Tat - ist ihr Verhalten vor dem Hohen Rat und dann bei den Ihren (Kap. 4) nicht ganz ihres Meisters würdig, der alles dem anheimzustellen gewohnt war, der recht richtet!? (1Pet 2,23, ebenso Apg 5,40.41)! Und dann Stephanus! Der Schluß von Kap. 6 und der Schluß von Kap. 7 entsprechen einander gleichsam, und dieser Knecht Gottes, der erst durch das Zeugnis der ersten Zeugen selber für den Herrn gewonnen war, litt seines Meisters würdig in Kap. 6 und starb seines Meisters würdig in Kap. 7! Und so können wir durch das ganze Buch gehen, und überall, an all Seinen Zeugen, finden wir - wohl auch menschlich Unvollkommenes - bei liebevollem Zusehen köstliche Züge des Wesens Christi (Kap. 9 und Kap. 10)!, vor allem auch bei Paulus, so in Kap. 26, aber auch in 27, aber ebensowohl auch in Kap. 16 und auch in 15, und wenn's hier nur die Demut und Unterordnung seiner Person unter die wäre, deren Anschauung, wie ich glaube und in A 4 ausgeführt habe, der seinen nicht ganz konform war. Wo Demut ist, gibt Gott auch größere Gnade und vermehrtes Licht, und das dürfen wir in Pauli Leben bewundernd bemerken. -
Und damit nun genug! Die Ausführungen über diesen Punkt sind doch länger geworden als ich beabsichtigte, aber es sind gleichwohl nur Andeutungen, die als Grundlage dienen möchten für weiteres Forschen auf diesem Gebiet - wie auf dem ganzen, das ich mit dem Aufsatz von den zehn Gesichtspunkten über die Apostelgeschichte betreten habe. Man begnüge sich nicht damit, sondern beschäftige sich eingehender mit diesem ganzen wunderbaren Buch! Und der treue Herr gebe auch uns vermehrtes Licht und Gnade im Erkennen Seiner Herrlichkeiten!
Er sei gepriesen für Sein kostbares Wort! In Beugung möchten wir jetzt am Schluß betend sagen: „Meine Seele hat Deine Zeugnisse bewahrt, und ich liebe sie sehr.“ (Ps 119,167) Möge das allezeit unsere Gesinnung und unser Verhalten sein - zu Seiner Ehre!
F. K.
26 Wer die erwähnten empfehlenswerten Jahrbücher nicht besitzt, auch nicht imstande oder gewillt ist, sie sich anzuschaffen, dem könnten eventuell auf Wunsch und Bitte die betr. Hefte für ein paar Wochen leihweise gesandt werden! (Der Mitschriftl. F. K).↩︎