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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 22 - Jahrgang 1937
Sodoms WiederherstellungSodoms Wiederherstellung
„... Sodom und ihre Töchter werden zurückkehren zu ihrem früheren Stande ...“ (Hes 16,55)
Die Schriftstelle Hes 16,53-55 wird von Lehrern der Allversöhnung oft angewandt, um die schriftwidrige Theorie einer zukünftigen Wiederherstellung der gottlos Gestorbenen zu stützen. Weil hier von einer Wiederherstellung oder Zurückkehr Sodoms, Samarias und Jerusalems geweissagt wird, folgert man, daß alle gestorbenen Gottlosen in der Auferstehung an eine Stätte des Segens zurückgeführt werden. Auch andere Stellen des Alten Testamentes, wie Hes 37,1-14; Hos 13,14; Jer 48,47; Jes 25,7.8, werden als Beweis für diese Theorie angeführt. Diese Stellen aber haben nichts mit der leiblichen Auferstehung der Toten zu tun, sondern beziehen sich auf die nationale Auferstehung und Wiederherstellung der Genannten zu ihrem früheren Stande. Drei Tatsachen beweisen den Irrtum, aus dem Alten Testament die Wiederherstellung der gottlos Gestorbenen begründen zu wollen.
I. Das Alte Testament ist nicht der Teil der Schrift, in dem Gott uns Belehrungen über den ewigen Zustand gibt.
Dies zu beachten ist wichtig. Das Alte Testament befaßt sich mit dem Menschen auf der Erde diesseits des Todes, nicht jenseits desselben, es befaßt sich mit Israels Geschichte, mit Gottes Gerichten und Walten auf der Erde, mit den Segnungen der Bewohner der Erde in den zukünftigen Zeitaltern u. a. m. Alles dieses ist klar im Alten Testament offenbart.
Der Zustand nach dem Tode - das, was nach diesem Leben ist, wird nur geheimnisvoll und verhüllt im Alten Testament gefunden. Der Richterstuhl Christi, das Gericht vor dem großen weißen Thron sind nirgends im Alten Testament erwähnt, noch finden wir daselbst ein Wort von dem zweiten Tod.
Wohl war die Auferstehung der Toten manchen Gläubigen des Alten Testaments bekannt; Gottes Geist hatte es ihrem Herzen36 geoffenbart; als eine Lehre aber wird die Auferstehung der Toten im Alten Testament nicht gefunden. Im 16. Psalm, Vers 10, finden wir die Auferstehung des Leibes, und zwar als eine Weissagung von der Auferstehung des Herrn.
II. Wo im Alten Testament etwas über den Zustand der Gerechten und Ungerechten nach dem Tode gesagt wird, können solche Erwähnungen oder Andeutungen darauf nur richtig verstanden und gedeutet werden im Lichte der klaren Offenbarungen, die uns Gott darüber im Neuen Testament gegehen hat.
Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß das Alte Testament der Korrektur durch das Neue Testament bedürfe oder diesem unterordnet wäre. Beide Testamente sind Gottes Wort. Das Alte Testament ist jedoch nicht der Teil der Heiligen Schrift, in dem Gott den Zustand des Menschen nach dem Tode enthüllt. Dies tut Gott im Neuen Testament. Deshalb können solche Erwähnungen über den Zustand der Gerechten oder Ungerechten nach dem Tode nur in dem uns darüber gegebenen vollen Licht des Neuen Testamentes richtig verstanden und erklärt werden. Nie dürfen wir dunkle und symbolische Stellen des Alten Testamentes zu Grundlagen von Lehren machen, die über das Offenbarungsgebiet des Alten Testamentes hinausgehen.
III. Wenn solche Stellen wie Hes 16,53-55; Hes 37,1-14 usw. lehrten, daß in der Auferstehung der gottlos Gestorbenen eine neue Aussicht auf ihre Wiederherstellung gegeben wird, dann würde eine solche wichtige - ja höchst wichtige Lehre von der Auferstehung und Wiederherstellung der Bösen zu einer neuen Gelegenheit, das Heil anzunehmen, ganz klar und deutlich im Neuen Testament offenbart sein.
Danach aber schauen wir vergeblich aus. Eine solche, doch sicher wichtige Lehre, finden wir im Neuen Testament nicht einmal angedeutet. Wohl aber finden wir volles Licht über die Auferstehung und den zukünftigen Zustand. Es lehrt klar die Auferstehung des Leibes, und zwar eines jeden Menschen. Diese
Offenbarung läßt aber keinen Raum dem Gedanken, daß die Sodomiter usw. zu einer neuen Entscheidung auferstehen werden.
In Joh 6,29 spricht der Herr Selbst von nur zwei Auferstehungen, einer Auferstehung des Lebens und einer Auferstehung des Gerichts. Die ganze Menschheit, alle Gestorbenen sind damit in zwei Klassen geteilt; sie kommen hervor entweder in der Auferstehung des Lebens oder in der Auferstehung des Gerichts; eine Zwischenklasse gibt es nicht.
In bezug auf die Auferstehung des Lebens spricht das Neue Testament von einer Vorauferstehung aus den Toten bei der Ankunft des Herrn, an der nur die in Christo entschlafenen Gläubigen teilhaben, sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes, und klar bezeugt das Neue Testament: „Die übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung.“ (Off 20,5)
Mit „den übrigen der Toten“ sind natürlich die gottlos Gestorbenen gemeint. Diese Auferstehung nach den tausend Jahren findet nicht bei der Wiederkunft des Herrn statt, sondern nach den tausend Jahren Seiner Herrschaft hier auf Erden. Die Personen, die der zweiten Auferstehung - der Auferstehung des Gerichts - angehören, erscheinen, wenn die Erde entflohen ist, vor dem „großen weißen Thron“ und werden in den Feuersee geworfen. (Off 20,11-15)
Die Behauptung, die Zurückkehr Sodoms und Jerusalems zu ihrem früheren Stande bedeute ihre Auferstehung zu einer neuen Möglichkeit, selig zu werden, steht ganz im Widerspruch mit dem Neuen Testament.
Die gestorbenen Gottlosen, die das Böse verübt haben, sind noch Gottlose. Wie können sie, wenn der Herr kommt, teilhaben an der Auferstehung, die eine Auferstehung der Gerechten ist? (Lk 14,14) Unmöglich können sie zur Auferstehung der Gerechten gehören. Nirgends finden wir im Neuen Testament auch nur ein Wort von einer anderen, besonderen Auferstehung, in welcher die Bösen auferweckt werden zu einer neuen Gelegenheit, selig zu werden.
Nach der Auferstehung der Gerechten gibt es nur noch eine Auferstehung, und das ist die Auferstehung der Ungerechten zur Verdammnis. Sie werden gerichtet, „ein jeder nach seinen Werken“.
Im Lichte dieser Tatsachen muß die in Rede stehende nichtige Theorie völlig zusammenbrechen. Sie ist auf verkehrt angewandte Schriftstellen, zum größten Teil des Alten Testamentes, die sich auf nationale Wiederherstellung und Segnung beziehen, aufgebaut.
Nachdem wir gesehen haben, was die Aussprüche in diesem Kapitel nicht meinen können, laßt uns forschen, was sie meinen. Nicht meinen können sie eine leibliche Auferstehung und Rückkehr zum früheren Zustand, sicher aber eine nationale Auferstehung, von der in vielen Schriftstellen des Alten Testamentes (insonderheit von der nationalen Rückkehr Israels) geredet wird.
Das zwolfstämmige Volk soll zu seinem früheren Besitz zurückkehren. Geschichtlich als ein Volk existiert es nicht mehr, aber Gott kennt es, und Er wird zu Seiner Zeit Sein Wort wahrmachen und die Juden, die jetzt unter allen Völkern zerstreut sind, in ihr früheres Land zurückführen. Von dieser nationalen Wiederherstellung redet die Schrift in dem Bilde der Auferstehung. Aber nicht nur die Juden, auch andere Völker haben die Verheißung ihrer nationalen Wiederherstellung, wenn der Herr wiederkommen und über die Erde herrschen wird. Solche nationale Auferstehung ist ohne Zweifel Moab, Ammon, Assyrien und Ägypten verheißen, wogegen Edom und Babylon keine Verheißung der Rückkehr zu ihrem früheren Stande gegeben ist.
Wir wissen natürlich nicht, wie und wann Gott diese Verheißungen der nationalen Wiederherstellung vollführen und Er die Überreste dieser früheren Völker aus dem großen Völkermeere wieder sammeln wird. Wir können diese uns unlösbaren Schwierigkeiten dem überlassen, der die Erfüllung Seiner Verheißung zugesagt hat.
Diese Rückkehr zu ihrem früheren Stande ist nicht nur Samaria usw. verheißen, sondern auch Sodom und den Tochterstädten Sodoms, die durch das Feuergericht Gottes untergingen. In diesem tatsächlichen Untergang Sodoms sucht man nun den Beweis, daß es sich in dieser Stelle doch um die leibliche Auferstehung der gottlosen Sodomiter handele, denn wenn Sodom mit allen Bewohnern untergegangen ist, wie kann von einer nationalen Wiederherstellung geredet werden, wenn alle umgekommen sind? Sicher waren alle, die in Sodom waren, umgekommen. Wir wissen aber nicht, wie viele Bewohner dieser stark bevölkerten Städte sich außerhalb derselben, sei es auf der Reise, in Geschäften, Arbeit usw., befanden oder durch die Kriege (1Mo 14) in Gefangenschaft geraten waren und so dem Schicksal Sodoms entgingen.
In dem Gesicht von dem Strom, der vom Tempel ausging und sich in das Meer ergoß, ist das Tote Meer gemeint. „Und werden sie in das Meer hinausgeführt, so werden die Wasser des Meeres gesund werden.“ (Hes 47,8.9; siehe auch Sach 14,8) Wenn wir auch nicht wissen, was alles in diesen Weissagungen enthalten ist, eins ist gewiß, sie bedeuten nicht die Auferstehung der gottlosen Sodomiter zu einem neuen Angebot des Heiles, weil die Schrift uns sagt, „daß sie des ewigen Feuers Strafe leiden“. (Jud 7)
A. C. Gaebelein
36 Übersetzt aus: The Prophet Ezekiel by Arno Gaebelein.↩︎