verschiedene Autoren
Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 14 - Jahrgang 1929
"Reich der Himmel" und "Reich Gottes"
„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ (1)„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ (1)
Im vorigen Jahrbuch veröffentlichten wir über den Unterschied der beiden obigen Begriffe eine Frage (Nr. 21), zu der sich unser Mitarbeiter K. O. St. geäußert hatte. Seine Antwort, auf die wir auch hier verweisen, war die einzige, die wir bei dem damals sehr beschränkten Raum aufnehmen konnten. In Fußnote aber machten wir bekannt, daß unser Mitarbeiter Th. K. gleichfalls eine Antwort, jedoch eine erheblich umfangreichere, eingesandt habe, die wir, so Gott wolle, im nächsten Jahrbuch, also jetzt 1929, in Form eines Aufsatzes im ersten Teil der Lieferungen bringen würden. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, wo wir mit der Veröffentlichung dieser Arbeit beginnen wollen. Da wir aber die Form derselben möglichst nicht verändern möchten, sie aber ja als die Beantwortung einer „Frage“ gegeben war, so halten wir es für das richtigste, jene Frage hier noch einmal zu wiederholen und sie gleichsam als Untertitel der Überschrift mit an die Spitze des Aufsatzes zu setzen.
Ehe wir aber dies tun, sprechen wir den Wunsch aus, daß diese tiefschürfende, sich mit manchen verschiedenen Auffassungen auseinandersetzende Arbeit allen werten Lesern zu überströmendem Segen dienen möchte. Sie kann in hohem Maße dazu beitragen, die Schriftforschung über dies wichtige Gebiet zu bereichern. Auch solche Leser, die vielleicht doch nicht mit allem einverstanden sein zu können glauben, werden, wenn sie in der Prüfung dieses Aufsatzes an der Schrift recht gründlich sind, nicht ohne tiefen geistlichen Gewinn bleiben. Der Herr gebe uns allen Licht und Weisheit zur Erforschung Seines kostbaren Wortes!
Die Schriftleiter A. v. d. K. und F. K.
„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ mit folgender Frage als Untertitel: „Welches ist der Unterschied von „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes?“ (Vergl. z. B. unter vielen Stellen Mt 19,23 u. 24; Mt 3,2 u. Mk 1,14; Mt 19,14 u. Mk 10,15 u. Lk 18,17 usw).
Das „Reich der Himmel“ und das „Reich Gottes“ sind nicht zwei Reiche, sondern eins, doch zeigen diese verschiedenen Bezeichnungen dieses eine Reich von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet.
Im Urtext heißt das in der Elberfelder Bibel und auch von Luther mit „Reich“ übersetzte Wort „Königreich“, Königtum“, überall, wo es vorkommt. Ein Königreich ist ein Machtgebiet, ein Herrschaftsbereich, unter der Herrschaft eines Königs stehend. Dieser Gedanke ist in dem Worte „Königreich“ immer enthalten. Aber wenn diesem Worte ein Zusatz beigefügt ist, wird durch diesen Zusatz der in ihm ausgedrückte Gedanke in den Vordergrund gestellt. So ist es auch mit den Bezeichnungen „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“. Von einem Reich kommen zwei Hauptseiten in Betracht; die eine ist der Charakter (das Wesen) des Reiches, die andere der Herrscher des Reiches. Das eine wie das andere findet durch einen entsprechenden Zusatz Ausdruck. Nehmen wir als Beispiel das frühere Rußland. Man konnte sagen: „Das russische Reich“, da dachte man an den Charakter des Reiches, die Verhältnisse und Zustände in demselben; man konnte aber auch sagen: „Das Reich des Zaren“; da war es der Herrscher des Reiches, der im Vordergrunde stand. Und diese beiden Seiten des „Reiches“ sind es, die durch die Bezeichnungen „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ hervorgehoben werden.
Daß es sich nicht um ein politisch und geographisch umgrenztes Reich handelt, sondern um ein sittliches, geistliches, wissen wir, und ebenso, daß dieses Reich vor dem Erscheinen des Herrn Jesus auf der Erde nicht gestanden hatte, sondern erst durch Ihn seinen Anfang nahm, wie die Gleichnisse von dem „Reich der Himmel“ und vom „Reich Gottes“ uns deutlich zeigen.
Die Bezeichnung „Reich der Himmel“ finden wir nur im Evangelium Matthäus, was für die Beurteilung des Sinnes dieser Bezeichnung von großer Bedeutung ist. Sie kommt wenigstens zweiunddreißigmal vor (Mt 3,2; 4,17; 5,3.10.19.20; 7,21; 8,11; 10,7; 11,11.12; 13,11.24.31.33.44.45.47.52; 16,19; 18,1.3.4.23; 19,12.14.23; 20,1; 22,1; 23,13; 25,1), während die Bezeichnung „Reich Gottes“ in diesem Evangelium nur fünfmal (6,33; 12,28; 19,24; 21,31 und 43), einfach „das Reich“ sechsmal (Mt 4,23; 8,12; 13,19.38; 24,14; 25,34) gebraucht ist. Außerdem finden wir in diesem Evangelium noch das Reich dreimal als Reich des „Vaters“ (Mt 6,10; 13,43; 26,29), einmal als Reich des „Sohnes des Menschen“ (Mt 16,28) und einmal als Reich Christi (Mt 20,21). (Diese Schriftstellenangaben erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen nur das Nachschlagen erleichtern).
Wir wollen nun versuchen, zunächst festzustellen, was die Bezeichnung „Reich der Himmel“ ausdrücken soll.
In der Lutherübersetzung ist anstatt „Reich der Himmel“ immer „Himmelreich“ gesagt. Das mag mit die Ursache sein, daß viele Menschen die Vorstellung haben, das „Reich der Himmel“ sei der Ort der ewigen Ruhe und Freude im Himmel. Das ist es aber nicht, sondern das Wort Gottes zeigt uns deutlich, daß das „Reich der Himmel“ auf der Erde ist. Wer darüber im Zweifel ist, braucht nur die verschiedenen Gleichnisse vom „Reich der Himmel“ zu lesen (Mt 13; 18,23-34; 20,1-16; 22,1-14; 25,1-12), und er wird erkennen, daß der Platz des „Reiches der Himmel“ nicht im Himmel, sondern auf der Erde ist.
Eine andere Auffassung ist die, daß durch die Bezeichnung des Reiches als „Reich der Himmel“ ausgedrückt sein solle, daß es ein Reich sei, das vom Himmel aus regiert werde, und begrenzt infolgedessen die Anwendbarkeit dieser Bezeichnung - also die Dauer des Reiches in seiner Gestalt als „Reich der Himmel“ - auf die Zeit, während welcher der Herr von hier abwesend ist, also bis dahin, wo Er in Macht und Herrlichkeit wiederkommt, um Seine Herrschaft als König Israels und als Herrscher über alle Völker der Erde anzutreten. Man verbindet mit dieser Vorstellung den Gedanken an den „Thron Jehovas“ - den Thron Davids - (1Chr 28,5; 29,23), der mit der Wegführung des Königs Zedekia durch Nebukadnezar zu bestehen aufgehört hat (2Kön 25,1-7) und gleichsam in den Himmel verlegt worden sei, so daß die Regierung seitdem von dort aus geschehe und deshalb „die Himmel herrschen“ (Dan 4,26), bis der Herr wiederkommen und den Thron Davids wieder aufrichten werde. So sei es mit dem „Reich“ bis zur Wiederkunft des Herrn auf die Erde, und darum sei es „Reich der Himmel“ genannt. - Gegen diese Auffassung ergeben sich aber bei genauer Prüfung große Bedenken. Wohl ist richtig, daß auch jetzt „die Himmel herrschen“, wie es in Dan 4,26 gesagt ist, und daß dieser Zustand dauern wird, bis der Herr wieder auf die Erde kommt. Aber dieses „Herrschen der Himmel“ hat mit dem „Reich der Himmel“ gar nichts zu tun, wie leicht zu erkennen ist. Der Zustand, daß „die Himmel herrschen“, war von da an, wo Nebukadnezar den König Zedekia von Jerusalem nach Babel wegführte, eine bestehende Tatsache, die Nebukadnezar nur noch nicht erkannt hatte und daher erst erkennen lernen mußte (Dan 4,25.26). Wenn es nun so wäre, daß die Bezeichnung „Reich der Himmel“ bedeuten solle, daß es ein Reich sei, das vom Himmel aus regiert werde - also ein Reich, über das „die Himmel herrschen“ -, dann hätte zu jener Zeit nicht davon geredet werden können, „daß die Himmel herrschen“, ohne daß ein „Reich der Himmel“ da war, und müßte sonach das „Reich der Himmel“ bereits zur Zeit des Königs Nebukadnezar - seit der Wegführung des Königs Zedekia nach Babel - und seitdem all die Zeit vor dem Erscheinen des Herrn Jesus auf der Erde bestanden haben. Das ist aber nicht der Fall. Jedoch nicht nur das: Aus den Worten in Daniel 4,25.26.34.35 ersehen wir auch, daß das „Herrschen der Himmel“ bedeutet, daß die Geschicke der Völker - und der Menschen überhaupt - von oben regiert werden. Die Menschen leugnen Gott und meinen, ihre Geschicke selbst zu bestimmen und zu lenken, aber in Wahrheit werden sie von Gott - von oben, vom Himmel aus - bestimmt und gelenkt. So war es zur Zeit Nebukadnezars, so ist es heute; darum ist es auch heute wahr, daß „die Himmel herrschen“, und dieses bleibt wahr, bis der Herr Selbst wieder auf die Erde kommt und die Herrschaft in Seine Hand nimmt. Der Zustand, daß „die Himmel herrschen“, besteht also schon seit der Zeit Nebukadnezars und dauert bis zum Wiederkommen des Herrn auf die Erde, und dieses „Herrschen der Himmel“ hat - wie klar zu ersehen ist - die Regierung der Welt, der Völker, der irdischen Reiche zum Gegenstand. In der Zeit, während welcher dem Volke Israel die ihm von Gott zugedachte herrschende Stellung genommen und den Völkern übertragen ist, geschieht die Regierung vom Himmel aus - „die Himmel herrschen“. Das „Reich der Himmel“ aber ist nicht ein irdisches Reich, politisch bestimmt und geographisch umgrenzt, wiewohl es auf der Erde ist, und hat daher mit dem vorstehend betrachteten „Herrschen der Himmel“ nichts zu tun.
Aber nicht nur dieses, sondern auch keine der Stellen, die vom „Reich der Himmel“ reden, bietet eine Grundlage für die Auffassung, daß die Bezeichnung „Reich der Himmel“ das Beherrschtwerden dieses Reiches vom Himmel aus ausdrücken solle. Ein solches Beherrschtwerden ist nirgends in den Vordergrund gerückt, ja nicht einmal in Betracht gezogen. Die Schriftstellen vor Kap. 13 bieten nicht den geringsten Anhalt für obige Auffassung, was schon darum nicht der Fall sein kann, weil nach der bis dahin gedachten Form des „Reiches der Himmel“ - worauf wir später noch zu sprechen kommen - die Abwesenheit des Herrn , des Herrscher dieses Reiches, überhaupt nicht in Frage kam und deshalb von einer solchen nicht geredet ist; und wo in den übrigen, die gegenwärtige Form des „Reiches der Himmel“ betreffenden Stellen die Abwesenheit des Herrn zum Ausdruck kommt, wird mit keinem Wort von einem Herrschen vom Himmel aus oder überhaupt vom Herrschen gesprochen oder dieser Gedanke auch nur irgendwie einbezogen, sondern immer nur die Sache so behandelt, daß während Seiner Abwesenheit die in Beziehung zu Ihm stehenden Personen sich selbst überlassen sind, was wohl von Verantwortlichkeit dieser Personen, aber durchaus nicht von Herrschaft spricht. Merkwürdig in dieser Verbindung ist auch, daß gerade in dem Evangelium, in dem allein von dem Reiche als „Reich der Himmel“ gesprochen ist, die Himmelfahrt des Herrn - Sein Weggang von der Erde in den Himmel - nicht berichtet ist und daß es mit den Worten schließt: „Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Mt 28,20)
Nach all diesem erscheint mir, dem Schreiber dieser Zeilen, die vorstehend behandelte Auffassung, die Bezeichnung „Reich der Himmel“ solle ausdrücken, daß das Reich vom Himmel aus regiert werde und beschränke sich daher auf die Zeit bis zum Wiederkommen des Herrn auf die Erde, nicht als in der Schrift begründet, sondern als ein bloßer Schluß, gefolgert aus der Tatsache, daß der Herr jetzt im Himmel weilt.
Ich bin überzeugt, daß die Erklärung für die Bezeichnung „Reich der Himmel“ nur aus den Schriftstellen selbst gefunden werden kann, die vom „Reich der Himmel“ handeln.
Bei Betrachtung dieser Stellen ist es wichtig, die Tatsache im Auge zu behalten, daß das „Reich der Himmel“ in der Person des Herrn Jesus verkörpert war und in Seiner Person aus dem Himmel auf die Erde herabgekommen ist und seinen Anfang genommen hat. Auf Grund dieser Tatsache und dessen, was die verschiedenen Schriftstellen über das „Reich der Himmel“ sagen, bin ich überzeugt, daß der Ausdruck „Reich der Himmel“ nicht die Art der Regierung dieses Reiches, sondern das Wesen desselben bezeichnen soll, und zwar, dem Hinweis auf „die Himmel“ entsprechend, daß es seinem Wesen nach himmlisch ist und daß damit zugleich auch der Gegensatz gezeigt werden soll, in dem es durch sein himmlisches Wesen zu den Reichen der Erde steht. Dieses zum Ausdruck zu bringen ist der Zweck der Bezeichnung „Reich der Himmel“, und deshalb ist sie gerade und nur dort angewendet, wo es darauf ankommt, diese Seite des Reiches hervorzuheben.
Den Juden war der Hinweis auf „die Himmel“ nicht fremd. „Die Himmel“ waren ihnen bekannt als der Ort, wo Gott wohnt und thront (Ps 2,4; 11,4; 103,19; 115,3; 123,1) und alles Seiner Person entspricht (5Mo 26,15a; Ps 103,20.21; Jes 63,15a). Daher war die Charakterisierung des Reiches durch die Hinzufügung „der Himmel“ wohl geeignet, ihnen das wahre Wesen des Reiches gegenüber ihren eigenen Einbildungen und Gedanken vorzustellen. Das ist auch der Grund, warum der Ausdruck „Reich der Himmel“ nur im Evangelium Matthäus und sonst nirgendwo gebraucht ist. -
Die eben dargelegte Auffassung ist im Einklang mit allen betreffenden Schriftstellen, wird aber durch einige von ihnen besonders begründet. Es sei nur auf zwei von diesen hingewiesen! Die erste und hauptsächlichste dieser Stellen ist die sogenannte Bergpredigt (Kap. 5-7), die uns den Herzenszustand zeigt, der dem „Reich der Himmel“ entspricht, und die Richtlinien für die auf das „Reich der Himmel“ Wartenden während der Wartezeit. Da sehen wir Wesenszüge, die wir in Vollkommenheit in der Person des Herrn Jesus finden, der aus dem Himmel kam, und die darum himmlisch sind. Was wir hier finden, ist das, was dem „Vater, der in den Himmeln ist“, wohlgefällt - es ist himmlisches Wesen, welches die kennzeichnet, von welchen der Herr sagt: „... ihrer ist das Reich der Himmel.“ Demnach muß das Wesen des „Reiches der Himmel“ selbst himmlisch sein. - Eine andere solche Stelle ist Mt 8,11, wo der Herr sagt, daß „viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegen werden in dem Reiche der Himmel“. Abraham und Isaak und Jakob sind im Himmel, wenn sie trotzdem in dem „Reich der Himmel“, das doch auf der Erde ist, „zu Tische liegen“, also dessen geistliche Segnungen genießen - und das muß doch der Fall sein, wenn „viele von Osten und Westen“ mit ihnen im Reiche der Himmel „zu Tische liegen“ sollen -, dann muß in diesem Reiche gleichsam der Himmel auf die Erde herabgekommen, Himmel und Erde vereint sein (siehe 1Mo 28,12 und Joh 1,51) - dann muß also dieses „Reich der Himmel“, obwohl auf der Erde befindlich, himmlisch sein. - Das ist kein gesuchter Schluß, sondern eine von dem Worte selbst uns gegebene Kennzeichnung des „Reiches der Himmel“.
Bei dieser Auffassung ist auch gar keine Ursache dafür vorhanden, den in der Bezeichnung „Reich der Himmel“ ausgedrückten Begriff auf die gegenwärtige, nur bis zum Wiederkommen des Herrn währende Form des Reiches zu beschränken, also das Tausendjährige Reich davon auszuschließen, denn dieses Ausschließen des Tausendjährigen Reiches ist ja nur die unfreiwillige Folge der Auffassung, „Reich der Himmel“ bedeute „Regierung vom Himmel aus“; vielmehr glaube ich nach allem, was das Wort über das „Reich der Himmel“ sagt, daß das Tausendjährige Reich in den Begriff „Reich der Himmel“ eingeschlossen ist und den Schluß desselben bildet, also daß das „Reich der Himmel“ sich bis zum Ende des Tausendjährigen Reiches erstreckt. Hiermit zusammengehend glaube ich auch, daß die Ankündigung des „Reiches der Himmel“, erst durch Johannes den Täufer und dann durch den Herrn Selbst, und überhaupt alles, was bis zum zwölften Kapitel über das „Reich der Himmel“ gesagt ist, sich auf das Tausendjährige Reich, das verheißene messianische Friedens- und Segensreich, bezieht, wenn auch von vornherein unter Berücksichtigung des unpassenden Zustandes des Volkes („Tut Buße!“; 3,2; 4,17) und der Notwendigkeit der Reinigung der Erde durch Gericht (3,10-12), und daß erst infolge der in Kap. 12 völlig zutage tretenden Verwerfung des Herrn Jesus, des Messias, von Kap. 13 an die gegenwärtige, neue Form des „Reiches der Himmel“ eingeführt ist, welche bis zur Entrückung der Versammlung und bezw. bis zum Kommen des Herrn zur Aufrichtung Seines Reiches währt und dann durch das Tausendjährige Reich abgelost wird, in dem das „Reich der Himmel“ dann seine Fortsetzung findet.
Ich weiß, daß dieser Auffassung viel widersprochen wird, und will daher versuchen, zu zeigen, daß sehr wohl vieles in der Schrift für sie spricht.
Erstens: Die Bezeichnung „Reich der Himmel“ finden wir gerade in dem Evangelium, und nur in dem, welches sich in besonderer, augenfälliger Weise an das Alte Testament anschließt und in dem der Herr Jesus gerade als Der gezeigt wird, dem das Königtum, der Thron Davids gehört - als der verheißene und erwartete Messias -, und als Der, in dem die Erfüllung aller Verheißungen ist. Lenkt das uns nicht unwillkürlich auf das Alte Testament hin mit dem Empfinden, daß in diesem Evangelium zunächst die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen der Gegenstand ist?
Zweitens: Es ist von Interesse, zu beachten, daß zuerst nicht der Herr Selbst, sondern Johannes der Täufer das Nahesein des „Reiches der Himmel“ ankündigt, und daß dieser das Reich nur als „Reich der Himmel“ ankündigt (wir lesen nirgends, daß er es als „Reich Gottes“ angekündigt habe). Konnte dieser, der den Herrn als den „Kommenden“ - also als den Messias - betrachtete (Mt 11,3), etwas ankündigen, was ganz neu, fremd, unerwartet war (was der Fall gewesen wäre, wenn er den Juden das „Reich der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt angekündigt hätte)? Hat man nicht vielmehr den Eindruck, wenn man diese Ankündigung liest, daß er etwas ankündigte, was erwartet wurde? Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß Johannes der Täufer als der vorgestellt wird, von welchem Jesaias in Kap. 40 als dem Wegbereiter für den Herrn weissagt (3,3). Wenn wir jene Stelle in Jesaias lesen, können wir nicht anders, als an jene noch zukünftige herrliche Zeit zu denken, die nach der schrecklichen „großen Drangsal“ für das gläubige Israel anbrechen und im messianischen Reich ihren Höhepunkt finden wird, von dem Jesaias so besonders viel redet und auch die anderen Propheten geweissagt haben. Und dieses Reich war infolge dieser Weissagungen die Erwartung der Juden von jeher und auch zur Zeit Johannes des Täufers und des Herrn . So werden wir ganz unwillkürlich durch das Wort selbst dahin geführt, beim Lesen der Ankündigung des „Reiches der Himmel“ an das im Alten Testament verheißene messianische Reich zu denken. Das Nahesein dieses Reiches kündigte Johannes der Täufer und dann der Herr Selbst an.
Aber der Herzenszustand des Volkes war nicht ein dem „Reich der Himmel“ entsprechender. Deshalb mußte es erst zur Buße gerufen werden (3,2; 4,17). Auch hatten die Juden eine falsche Vorstellung von diesem Reiche: sie hatten nur die irdische Seite dieses Reiches im Auge - die Machtstellung, das Herrschen über alle anderen Völker, irdische Wohlfahrt, und hatten das himmlische Wesen des Reiches ganz aus dem Auge verloren; ihre Vorstellung von dem Reiche war rein materiell und irdisch, ganz wie von einem Reiche dieser Erde. Deshalb nannte Johannes der Täufer und dann auch der Herr Selbst dieses Reich „Reich der Himmel“; um damit das wahre Wesen dieses Reiches zu zeigen, im Gegensatz zu den falschen Vorstellungen der Juden, und damit zugleich den Gegensatz desselben zu den Reichen der Erde.
Drittens: Wenn der Herr Jesus der Messias (Christus) war, auf welchen die Juden warteten und als welchen die Glaubenden Ihn auch erkannten und als der Er durch Seine Werke Sich auch erwies, indem Er das tat, was das messianische, Tausendjährige Reich kennzeichnen wird - die „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ (Heb 6,5) -: daß der Tod und alle Krankheit und jedes Gebrechen abgeschafft und der Mensch von jeder Macht des Feindes befreit sein wird (Mt 4,23.24; 8,3.16.17.28-32; 9,1-8.18-35; 11,2-6 u. a. - Jes 29,17.18; 35,5-10), ist es dann nicht auch das Nächstliegende, daß das Reich, das Er ankündigte, das mit Seiner Person als Messias verbundene Reich war, also das messianische Reich? Ich glaube wohl.
Aber nicht nur dieses, sondern auch eine Reihe von Schriftsteller die vom „Reich der Himmel“ reden, sprechen deutlich für obige Auffassung:
In den Seligpreisungen (5,1-12), wo uns die Wesenszüge des „Reiches der Himmel“ gezeigt werden, heißt es V. 5: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.“ „Das Land“ oder „die Erde“ - im Hebräischen wie im Griechischen bedeutet das betreffende Wort beides -, wenn es allein gebraucht ist, wie z. B. Ps 37,9.11.22.29.34; Jes 57,13b, bezieht sich im Alten Testament immer auf das Land Palästina in Verbindung mit dem verheißenen messianischen Reiche und war und ist deshalb der Gegenstand der Hoffnung Israels. In diesem Sinne ist dieses Wort auch hier gebraucht. Daraus ergibt sich klar, daß der Herr hier vom „Reich der Himmel“ nicht in der gegenwärtigen Gestalt, sondern als von dem messianischen Reich redet, denn unsere Hoffnung ist nicht „das Land“ Palästina, das Tausendjährige (messianische) Reich, sondern die Stätte, die der Herr uns droben bereitet hat, in der himmlischen Herrlichkeit, wo Er jetzt weilt; aber die Hoffnung der Juden war es, „das Land“ zu ererben, in dem verheißenen Friedens- und Segensreiche ihres Messias sich zu freuen.
In Mt 5,17-19 belehrt uns der Herr Jesus, daß Er nicht gekommen war, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen, und daß das Gesetz bis zum Ende bestehen bleibe - „bis alles geschehen ist“, und daß der, welcher irgend nun „eines dieser geringsten Gebote“ - das sind also die Gebote des Gesetzes, das dem Volke Israel gegeben war - „auflöst und also die Menschen lehrt, der Geringste heißen wird im Reiche der Himmel; wer irgend sie aber tut und lehrt, groß heißen wird im Reiche der Himmel“. Zeigt die hier dem Gesetz gegebene Bedeutung für den Platz eines Menschen im „Reiche der Himmel“ nicht deutlich, daß hier das „Reich der Himmel“ nicht in der jetzigen Form gemeint sein kann, sondern nur in der Form des messianischen Reiches? In der jetzigen Form hat doch das „Reich der Himmel“ gar keine Beziehung zum Gesetz: weder ist es die Sache eines Menschen, der im „Reich der Himmel“ ist, das Gesetz zu tun und zu lehren, noch kommt jetzt jemand dadurch, daß er das Gesetz tut und lehrt, in das „Reich der Himmel“ hinein; aber für das Tausendjährige (messianische) Reich wird das in V. 19 Gesagte Geltung haben.
Mt 7,21-23 zeigt ebenfalls deutlich, daß der Herr hier vom „Reich der Himmel“ nicht als in der jetzigen Form, sondern als von dem messianischen Reiche spricht. Das ist leicht daraus zu erkennen, daß der Herr das in V. 21 erwähnte Eingehen in das „Reich der Himmel“ in Verbindung bringt mit dem Tun des Willens Seines Vaters - das ist jetzt nicht die Voraussetzung für das Eingehen in das Reich, sondern die Aufgabe derer, die im Reiche sind - und mit „jenem Tage“, an welchem viele zu Ihm sagen werden: „HErr, HErr“ usw., und Er ihnen dann bekennen wird: „Ich habe euch niemals gekannt; weichet von Mir, ihr Übeltäter!“ Das ist also der noch zukünftige, dem messianischen Reich vorausgehende Tag, an welchem Er entscheiden wird, wer in das Reich eingeht und wer nicht, wie wir es in Kap. 25,31-46 ausführlich geschildert finden. An „jenem Tage“ werden die, welche den Willen Seines Vaters getan haben, in das „Reich der Himmel“ eingehen, welches demnach nur das messianische Reich sein kann!
Auch in Kap. 10 sehen wir dasselbe klar und deutlich: Der Herr sandte die zwölf Apostel aus und gab ihnen Weisung: „... indem ihr aber hingehet, prediget und sprechet: Das Reich der Himmel ist nahe gekommen. Heilet Kranke, wecket Tote auf, reiniget Aussätzige, treibet Dämonen aus; ...“ (V. 7.8). „Wenn sie euch aber verfolgen in dieser Stadt, so fliehet in die andere; denn wahrlich, Ich sage euch, ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende sein, bis der Sohn des Menschen gekommen sein wird“ (V. 23). Also: Sie sollten das „Reich der Himmel“ ankündigen und hierbei die angeführten Wunderwerke tun. Letzteres war charakteristisch für die Botschaft, die sie verkündigten, denn es waren dieselben Wunderwerke, die Er, der Messias, Selbst tat, die „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“. Aber nicht nur das: Sie würden auch Ablehnung erfahren und Verfolgung erleiden müssen (V. 14-22) und sollten, wenn sie nicht aufgenommen werden würden, den Staub von den Füßen schütteln und weitergehen, und wenn sie verfolgt würden in der einen Stadt, in die andere fliehen, und hiermit würden sie nicht zu Ende sein, bis Er gekommen sein werde. Hieraus ergibt sich klar, daß die Verkündigung der Botschaft, die der Herr hier Seinen zwölf Aposteln auftrug - daß das „Reich der Himmel“ nahegekommen ist -, andauert, bis Er wiederkommt (auf die Erde), und daß demnach mit dem „Reich der Himmel“ hier nur das messianische Reich gemeint sein kann! Diese Botschaft verkündigten die Gesandten des Herrn damals; durch die Verwerfung des Herrn seitens Seines Volkes wurde die Verkündigung dieser Botschaft unterbrochen: während der jetzigen, eingeschalteten Zeit des „Reiches der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt kann diese Botschaft - daß das „Reich der Himmel“ nahegekommen sei - nicht verkündigt werden, weil es in jener Form, als messianisches Reich, jetzt nicht „nahe“ ist und in der gegenwärtigen Form ja da ist; aber diese Botschaft wird einst, nach der Entrückung der Versammlung, wieder verkündigt werden im Blick auf das kommende messianische Reich. Dann wird der nach dem eben betrachteten Schriftwort vom Herrn Seinen Gesandten aufgetragene, während der Zeit der gegenwärtigen Form des „Reiches der Himmel“ unterbrochene Dienst fortgesetzt werden, bis Er auf die Erde wiederkommt. In Verbindung mit V. 23 ist unverkennbar, daß der Herr hier das messianische Reich meint. - Aus dem Ebengesagten - daß der Dienst der Verkündigung des „Reiches der Himmel“ nach der Entrückung fortgesetzt und bis zum Wiederkommen des Herrn auf die Erde geschehen wird - ergibt sich überdies zugleich, daß das kommende Tausendjährige (messianische) Reich dann ebenfalls als „Reich der Himmel“ verkündigt werden wird, denn so lautet die Weisung des Herrn (V. 7), und nur das messianische Reich kann der Gegenstand dieser Botschaft sein.
Die jetzige, eingeschaltete Zeit des „Reiches der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt ist hier ganz übergangen, als ob sie gar nicht da wäre. Aber andererseits finden wir, daß die Hinausschiebung der Aufrichtung des Reiches (infolge der Verwerfung des Messias) und das, was dazwischen liegt, bereits mit in Betracht gezogen ist. Dieses finden wir auch schon in der Bergpredigt, indem von Verfolgung und von „Lohn in den Himmeln“ geredet ist (5,10-12). Aber es ist bis mit Kap. 11 immer das messianische Reich, von dem gesprochen wird.
Gegen die vorstehend dargelegte Auffassung wird von anderer Seite eingewendet, der Herr könne doch nicht den Juden erst das messianische Reich „angeboten“ haben, da Er doch gewußt habe, daß sie Ihn verwerfen würden und deshalb dieses „Angebot“ vergeblich sein würde; Er würde damit doch nur etwas vorgetäuscht haben; ein solches Verfahren würde nicht Seiner Wahrhaftigkeit entsprochen haben. Deshalb sei obige Auffassung falsch. Diesen Überlegungen gegenüber kann man fragen: Wie konnte dann das Volk aufgefordert werden: „Tut Buße und glaubet an das Evangelium“ (Mk 1,15), wenn doch die Nichterfüllung dieser Aufforderung die Voraussetzung für die Erfüllung des Ratschlusses Gottes war? Der Herr wußte doch dieses und auch, daß der Aufforderung nicht Folge geleistet werden würde. Wäre das dann nicht ebenso unwahrhaftig? Aber solche Überlegungen sind nicht nur müßig und ungeziemend, sondern auch ganz irrig. Gott wußte selbstverständlich im voraus - „vor Grundlegung der Welt“, von Ewigkeit her -, wie alles sein und geschehen würde, und hat Seinen Ratschluß nach dieser Vorkenntnis gefaßt; aber dazu gehört gerade, daß Er den Menschen vor die Entscheidung und auf die Probe stellt, deren Ausfall Er von Ewigkeit her kannte, den Er in Seinem Ratschluß beachtet hat und der zur Erfüllung Seines Ratschlusses mitwirkt. Wenn wir im Worte Gottes die Geschichte des Menschen betrachten, sehen wir, daß Gott immer in der Weise gehandelt hat, daß Er den Menschen erst vor die Entscheidung und auf die Probe stellte und ihm überließ, zu wählen, und daß Er erst dann nach Seinem Vorsatz weiter handelte, nachdem der Mensch sich entschieden hatte, obwohl Er voraus wußte, wie der Mensch sich entscheiden und daß er die Probe nicht bestehen würde. Er tat den Menschen erst in das Paradies, obwohl Er wußte, daß er übertreten würde; Er sandte Mose wieder und wieder zum Pharao mit der Aufforderung, Sein Volk ziehen zu lassen, obwohl Er wußte, daß dieser es nicht ziehen lassen würde und was Er tun wollte; Er gab dem Volke Israel das Gesetz, obwohl Er wußte, daß der Mensch es nicht halten kann. War Er darum nicht wahrhaftig? Und so ist es auch mit der Ankündigung des verheißenen Reiches als „nahegekommen“: der Herr wußte, daß Er würde verworfen werden und infolgedessen das Reich noch nicht würde aufgerichtet werden können; aber Er stellte die Herzen vor die Entscheidung und auf die Probe, um dann zu zeigen, was Gott infolge ihres Versagens beschlossen hatte. Die obige Einwendung ist also völlig irregehend.
Nachdem in Kap. 12 des Evangeliums Matthäus die Verwerfung des Herrn völlig ans Licht getreten ist, finden wir von Kap. 13 an das „Reich der Himmel“ in einer veränderten, neuen Gestalt. In der ursprünglichen Gestalt als das im Alten Testament verheißene Friedens- und Segensreich des Messias konnte es infolge der Verwerfung des Herrn jetzt nicht aufgerichtet werden; aber dadurch wurde nur der Weg frei gemacht, den Ratschluß Gottes in der gegenwärtigen Gestalt des „Reiches der Himmel“ auszuführen. Darum heißt es in den Gleichnissen vom „Reich der Himmel“: „Das Reich der Himmel ist gleich geworden ...“ (13,24; 18,23; 22,1; 25,1); es hat nun die Gestalt angenommen, die in den Gleichnissen uns gezeigt wird. Es ist mir nicht möglich, auf die verschiedenen Gleichnisse hier näher einzugehen; deshalb will ich mich auf einige Bemerkungen darüber beschränken.
Alle Schriftstellen von Kap. 13 an, in denen vom „Reich der Himmel“ gesprochen wird, behandeln das „Reich der Himmel“ immer nur in der Form, die es gegenwärtig hat, während der Abwesenheit des Herrn , und gehen darum in ihrer Darstellung des „Reiches der Himmel“ auch immer nur bis zum Ende der gegenwärtigen Form, also bis zum Wiederkommen des Herrn auf die Erde. Das muß ja so sein, eben weil sie das „Reich der Himmel“ in dieser Form zum Gegenstande haben. Sie zeigen uns, daß diese Form des „Reiches der Himmel“ ein „Geheimnis“ und bis dahin „verborgen“ war (13,11.35), wie das „Reich der Himmel“ in dieser Form entstanden ist und in welchen Zustand es kommen sollte (und nun gekommen ist) unter der Verantwortlichkeit des Menschen (13,24-43), welchen Wert und welche Kostbarkeit es für den Herrn besitzt (44-46), welche Tätigkeit entfaltet wird (47-50) und mancherlei Wesenszüge und Vorgänge (18,23-35; 20,1-16; 22,1-14; 25,1-12). Manche Gleichnisse zeigen auch den Abschluß des „Reiches der Himmel“ in dieser Form (13,41-43.49.50; 22,13; 25,10-12). Was in Kap. 13,41-43 und 49.50 gesagt ist, geht der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches unmittelbar voraus bezw. grenzt an dasselbe unmittelbar an (an dessen Anfang), denn es geschieht in der „Vollendung des Zeitalters“, welche erst dann ist, wenn der Herr wieder auf die Erde kommt, um Sein Reich aufzurichten. Dem entspricht es, daß die Engel als Diener des Herrn in Tätigkeit treten als Vollstrecker Seines Willens, um „aus Seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenzulesen und die das Gesetzlose tun“ (13,41) und „die Bösen aus der Mitte der Gerechten auszusondern“. Das tun die Engel nicht, solange wir hier sind, denn da haben die Engel nicht einen solchen Dienst; also kann es erst nach unserer Entrückung sein. Daraus ergibt sich notwendigerweise weiter, daß auch nach unserer Entrückung, am Ende des „Reiches der Himmel“ in der hier gezeigten Form, nicht nur „Böse“ im „Reiche der Himmel“ sein werden, sondern auch „Gerechte“, da ja durch die Engel die „Bösen“ aus der Mitte der“Gerechten“ ausgesondert werden! Also müssen „Gerechte“ da sein. Diese „Gerechten“ sind die Menschen, die dann gläubig sind: der gläubige Überrest aus den Juden und die durch ihr Zeugnis Gläubiggewordenen aus den Nationen. Aus ihrer Mitte werden dann alle, „die das Gesetzlose tun“, und die „Bösen“ durch Gericht hinweggenommen werden, so daß nur die „Gerechten“ übrig bleiben. Soweit geht die Belehrung in Mt 13 (nicht weiter, weil die dort behandelte Form des „Reiches der Himmel“ nur bis dahin geht). „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters“ (13,43) ist eine Hinzufügung, um uns das Teil dieser Gerechten zu zeigen. Wir wissen aus anderen Stellen. daß die am Ende der großen Drangsal, beim Wiederkommen des Herrn auf die Erde, lebenden „Gerechten“ dann in das Tausendjährige Reich eingehen (Mt 24,31.40.41; 25,34). Deshalb sagt der Herr in Mt 13,52, daß „jeder Schriftgelehrte, der im Reiche der Himmel unterrichtet ist“, einem Hausherrn gleiche, der „aus seinem Schatze Neues und Altes“ hervorbringt. Das Neue ist die in den Gleichnissen gezeigte neue Gestalt des „Reiches der Himmel“, von der im Alten Testament nichts gesagt war, und das Alte das, was aus dem Alten Testament schon bekannt war: das messianische (Tausendjährige) Reich. Beides bringt der im „Reiche der Himmel“ unterrichtete Schriftgelehrte aus seinem Schatze hervor. Aber die Reihenfolge ist jetzt: erst das Neue, dann das Alte. - In Kap. 22,13 und Kap. 25,10-12 werden uns, diesen Gleichnissen entsprechend, andere Seiten des Abschlusses gezeigt: In Kap. 22, wo es sich um die Anerkennung der Ansprüche der Herrlichkeit des Königs handelt, sehen wir in V. 13, daß der dem Gericht verfällt, der diese Ansprüche mißachtet hatte (indem er in seinem eigenen Kleide zur Hochzeit erschienen war und nicht für nötig gehalten hatte, sich mit einem Hochzeitskleide bekleiden zu lassen); und in Kap. 25,10-12, wo es sich um das Erwarten des Bräutigams handelt, wird uns gezeigt, daß nur die zur Hochzeit eingehen können (entrückt werden), die nicht nur eine Lampe (das christliche Bekenntnis), sondern auch Öl in ihren Gefäßen haben (den Heiligen Geist besitzen), und daß die, welche nur eine Lampe, aber kein Öl haben (nur ein Bekenntnis, aber nicht den Heiligen Geist), davon ausgeschlossen sind und ausgeschlossen bleiben; der Herr wird ihnen sagen: „Ich kenne euch nicht!“
(Schluß folgt, s. G. w.)! Th. K.