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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
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Handreichungen - Jahrgang 1913-1938 - Themen Artikel
Handreichungen Band 23 - Jahrgang 1938
Warum so wenig Sieg?Warum so wenig Sieg?
Wie viele Christen, besonders aber die jungen unter ihnen, klagen immer wieder darüber, daß sie so oft vom Feinde überlistet und zu Fall gebracht werden! Viele von ihnen haben den Wunsch, dem Herrn treu zu sein; sie haben vielleicht auch alles Dunkle aus ihrer Vergangenheit vor Gott und, wo es nötig war, vor Menschen geordnet. Sie haben auch etwas von der Kraft des Wortes Gottes und von dem Segen der Gemeinschaft mit dem Herrn und Seinem Volke gespürt; und doch müssen sie einsehen und bekennen, daß sie kein Leben des Sieges führen. „Am Anfang ging's gut und freudig voran, jetzt aber bin ich wieder im alten Fahrwasser drin.“ Wem von uns ist es nicht schon so gegangen oder geht es noch so? Woran liegt es, wenn in unserem Leben keine Beständigkeit und keine Geradheit eines treuen Wandels zu finden ist?
Wenn wir gleichgültig geworden oder gar in offenbares Sündenleben gefallen sind, dann müssen wir bei aufrichtiger Prüfung zugeben, daß das niemals auf einmal und plötzlich eingetreten ist. Nach und nach ist es dem Feind gelungen, ohne daß wir es zuerst gemerkt haben, uns ins Gleiten zu bringen. Vielleicht hat es damit angefangen, daß wir das Gebet vernachlässigt und nicht mehr treu gepflegt haben. Wenn wir nicht mit Gott reden, sind wir auch nicht bereit, auf Ihn zu hören und Seine Wege zu beachten. Trifft uns vielleicht die Anklage aus Hiob 15,4, daß wir die „Andacht vor Gott geschmälert“ und damit die „Gottesfurcht vernichtet“ haben?
Hand in Hand damit geht das Beiseiteschieben der Bibel. Wie schnell ist das Wort Gottes nicht mehr unsere tägliche Nahrung; geringschätzig wird es behandelt. Woher soll dann Kraft zum Überwinden kommen? Wie kann Sich Gott dann noch zu unserem Tun bekennen? „Weil du die Erkenntnis verworfen hast, so verwerfe Ich dich.“ (Hos 4,6) „Siehe, Ich bringe Unglück über dieses Volk, die Frucht ihrer Gedanken; denn auf Meine Worte haben sie nicht gemerkt, und Mein Gesetz - sie haben es verschmäht!“ (Jer 6,19) Wenn wir aber aufhören, selbst im Worte Gottes zu forschen, will uns auch bald der Dienst am Worte, den unsere Bruder ausüben, nicht mehr gefallen. Wir versäumen das regelmäßige Zusammenkommen der Gläubigen (Heb 10,25) oder haben nur noch ein kritisches Ohr für das, was uns dort gesagt wird. Wir können Worte der Ermahnung nicht mehr ertragen und suchen Lehrer, die nach unserem Gutdünken, nach unseren Lüsten reden. (2Tim 4,3)
So entgleitet uns allmählich, aber sicher, der Boden, auf dem wir Kraft und Bewahrung empfangen. Ist's dann noch ein Wunder, wenn das Herz nicht mehr wachsam und die Gesinnung eine oberflächliche ist? Dem Unreinen und Bösen sind Tür und Tor geöffnet. Zwar geht der Feind auch jetzt noch vorsichtig zu Werk. Nicht große Felsen sind's, die er uns in den Weg legt; wir würden sie ja sofort erkennen. Mit kleinen Steinen bringt er uns zu Fall; hinter kleinen Versuchungen verbirgt er seine Macht und List. Die kleinen Füchse verderben den Weinberg! (Hohelied 2,15) Zuerst lassen wir der Sünde in unserer Gedankenwelt Raum; dann beginnt sie uns zu reizen, und wir liebäugeln mit ihr. Jetzt ist's nur noch ein Schritt, und wir sind von ihr gefangen. Die Sünde gleicht der Lawine, die am Anfang wie ein kleiner Ball dahinrollt, am Ende ihres Weges aber zum vernichtenden Ungetüm wird, das alles mitreißt und begräbt. Wer glaubt, mit ihr spielen zu können, wird bald von ihr beherrscht. Jener Weise des Altertums hatte nur zu recht: „Begehe eine Sünde zweimal, und bald hältst du sie für erlaubt.“
Wir alle wissen, daß die Sünde unser Verderben ist (Spr 14,34, Luther-Übers). und daß wir an ihren Lasten am schwersten zu tragen haben. Warum aber geben wir ihr Nahrung, indem wir unseren Augen und Ohren zu großen „Spielraum“ lassen und sie dorthin richten, von woher uns Gefahren drohen? Ach, daß es uns doch nicht so ginge, wie es in jenem Worte heißt: „Gar mancher fleht, das Unkraut möcht' nicht sprießen, und fährt doch fort, es täglich zu begießen!“
Jener chinesische Kaiser, unter dessen Regierung die bekannte große
Mauer errichtet worden ist - sie ist 2500 Kilometer lang, wurde im 3.
Jahrhundert vor Christi Geburt vollendet und hat erst in jüngster Zeit
angefangen, zu verfallen -, hatte mit dem Baubefehl zugleich die strenge
Anweisung gegeben, daß an keiner Stelle der Mauer auch nur der geringste
freie Raum zwischen den Steinen gelassen werden dürfe; wenn aber
irgendwo eine Lücke zu finden sei, die Platz für einen Nagel ließe,
solle der betreffende Arbeiter zur Strafe für seine Nachlässigkeit an
ihm aufgehängt werden. Wo sind bei uns die Lücken, durch die wir der
Sünde ein wenig nur Einlaß gewähren? Wie bald hat sie die kleinen, kaum
erkennbaren Lücken zu großen Löchern erweitert und die Mauer unserer
Vorsätze und Gelöbnisse zusammengerissen und in einen wüsten
Trümmerhaufen verwandelt! Möchten wir doch unser Herz mehr behüten als
alles, was zu bewahren ist; und möchten wir weise sein in der Furcht des
Herrn und Verstand beweisen, indem wir vom Bösen weichen! (
Vom Hermelin, dessen Pelz im Winter blendend weiß wird, erzählt man, es falle in Ohnmacht oder werde krank, wenn irgendein Schmutz auf sein wunderbares Fell gelange. Wie aber sollten erst wir als Gotteskinder ein zartes Gewissen haben und uns vor jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes hüten (2Kor 7,1), die wir im Blute des Lammes Gottes gewaschen sind! Wie sollten wir die Reinheit lieben und den Schmutz und das Böse hassen! Laßt uns in solcher Herzensstellung wachen, beten und flehen; und Er wird uns erhören und zum Siege verhelfen! „Der Herr aber ist treu, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird.“ (2Thes 3,3) „Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun.“ (1Thes 5,24)
H. Metzger.
Erstellt: 25.05.2024 15:42